Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung von Aussetzungszinsen in mehreren Bescheiden rechtlich zulässig
Leitsatz (NV)
1. Setzt ein Bescheid nur Zinsen zur Körperschaftsteuer 1971 bis 1973 und nur für die Zeit vom 21. August 1987 bis zum 8. Mai 1988 fest, so darf der Adressat des Bescheides nicht annehmen, daß das FA Zinsen für die Zeit vor dem 21. August 1987 nicht erheben wird.
2. Ein Zinsbescheid muß so gestaltet sein, daß sich aus ihm ergibt, für welchen ausgesetzten Steuerbetrag (Art und Höhe) und für welchen Zeitraum welcher Zinsbetrag festgesetzt wird. Der Bescheid muß die erlassende Behörde und den Adressaten bezeichnen. Die Angabe der Rechtsgrundlage ist nur Teil der Begründung des Bescheides.
Normenkette
AO 1977 §§ 155, 157 Abs. 2, § 237 Abs. 2, § 239
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde ist teilweise unzulässig und im übrigen unbegründet. Sie war deshalb insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.
1. Die Beschwerde ist unzulässig, soweit sie auf Divergenz gestützt ist. Nach § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) muß in der Beschwerdeschrift die Divergenz bezeichnet werden. Dies setzt die Darlegung eines Rechtssatzes, auf den das Finanzgericht (FG) seine Entscheidung gestützt hat, und die eines davon abweichenden anderen Rechtssatzes voraus, der in einer zu zitierenden Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) enthalten ist. Die Beschwerdebegründung der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) enthält eine solche Darlegung nicht.
2. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung.
Die Rechtsfrage, ob eine überlange Verfahrensdauer ein Grund für den Erlaß von Aussetzungszinsen sein kann, ist nicht klärungsbedürftig, weil sie höchstrichterlich geklärt ist. Der BFH hat in seinem Urteil vom 21. Februar 1991 V R 105/84 (BFHE 163, 313, BStBl II 1991, 498) entschieden, daß bei einer nicht rechtzeitigen Rechtsschutzgewährung nur eine Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheides, jedoch kein Erlaß von Aussetzungszinsen in Betracht komme. Er hat ferner im Urteil vom 8. September 1993 I R 30/93 (BFHE 172, 304, BStBl II 1994, 81) entschieden, daß der Grundsatz von Treu und Glauben einer Festsetzung von Nachforderungszinsen gemäß § 233 a der Abgabenordnung (AO 1977) grundsätzlich auch dann nicht entgegenstehe, wenn der Veranlagungsbeamte die Bearbeitung der Steuererklärung schuldhaft verzögert habe. Es liegt auf der Hand, daß Entsprechendes für Aussetzungszinsen und die schuldhaft verzögerte Rechtsbehelfsbearbeitung durch ein FG gelten muß. Schließlich hat der BFH in seinem Beschluß vom 13. September 1991 IV B 105/90 (BFHE 165, 469, BStBl II 1992, 148) noch einmal entschieden, daß die überlange Verfahrensdauer nicht zur Rechtswidrigkeit eines Steuerbescheides führe und kein Anlaß für einen Erlaß von Aussetzungszinsen sein könne. Mit dieser Begründung hat er in BFHE 165, 469, BStBl II 1992, 148 die Zulassung einer Revision abgelehnt. Die Klägerin hat in ihrer Beschwerdebegründung nichts dargelegt, was für den Streitfall eine andere Entscheidung rechtfertigen könnte.
3. Der Senat läßt unentschieden, ob die Klägerin den von ihr behaupteten Verfahrensfehler in ihrer Beschwerdebegründung ausreichend dargelegt hat. Er greift schon deshalb nicht durch, weil Verfahrensfehler auf der Grundlage der Rechtsauffassung des FG im übrigen zu prüfen sind. Das FG hat jedoch die von der Klägerin behauptete Kapitalverzinsung nicht für entscheidungserheblich angesehen, weshalb sich ihm insoweit keine Beweisaufnahme aufdrängen konnte. Richtigerweise kann ein konkreter Schaden, wie er in BFHE 163, 313, BStBl II 1991, 498 angesprochen wird, weder in der Zahlung der letztlich geschuldeten Steuer noch in der Tatsache gesucht werden, daß bezüglich der Steuerbeträge, deren Vollziehung ausgesetzt wurde, häufig eine gewisse Unsicherheit besteht und sie deshalb nicht wie andere Beträge angelegt werden können, die zur "freien Verfügung" stehen. Ungeachtet dessen konnte die Klägerin den hier interessierenden Steuerbetrag entweder zur Ersparnis von Schuldzinsen oder aber zur Erzielung von Habenzinsen verwenden. Die Finanzämter und FG können von dem Vermutungssatz ausgehen, daß ein Steuerpflichtiger, der die Aussetzung der Vollziehung beantragt und beibehält, den damit verbundenen Vorteil der Kapitalnutzung höher als den Nachteil späterer Aussetzungszinsen einschätzt. So gesehen mußte sich dem FG keine Beweisaufnahme aufdrängen.
Fundstellen