Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzliche Bedeutung: Folgekosten der Scheidung als außergewöhnliche Belastung; Verfahrensmangel fehlender Urteilsgründe
Leitsatz (NV)
- Die Frage, ob die Neuregelung des § 623 ZPO zu einer Erweiterung der als außergewöhnliche Belastung anzuerkennenden Scheidungskosten geführt hat, ist im Revisionsverfahren nicht klärbar, wenn die geltend gemachten Kosten nicht im Zusammenhang mit einer Streitigkeit entstanden sind, die nach § 623 ZPO zusammen mit der Scheidungssache zu verhandeln und zu entscheiden ist.
- Ein Urteil ist nur dann nicht mit Gründen versehen, wenn das FG seine Entscheidung überhaupt nicht begründet oder ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergangen hat.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, § 116 Abs. 3 S. 3, § 119 Nr. 6; ZPO § 623; EStG § 33 Abs. 1
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) kann eine Revision nur dann wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―) zugelassen werden, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage auch in einem nachfolgenden Revisionsverfahren geklärt werden kann (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 15. Juni 2000 IX B 5/00, BFH/NV 2000, 1238). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht gegeben.
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sieht als grundsätzlich bedeutsam an, ob Folgekosten einer Ehescheidung wie Kosten der unterhalts- und vermögensrechtlichen Auseinandersetzung zwangsläufig und damit als außergewöhnliche Belastung anzusehen seien. Da seit dem 1. Juli 1977 Familiengerichte in einem einheitlichen Verfahren über den Bestand der Ehe, die vermögens- und unterhaltsrechtliche Auseinandersetzung sowie das elterliche Sorgerecht entschieden und hierfür eine einheitliche Kostenentscheidung ergehe, sei die hierzu vorliegende BFH-Rechtsprechung (Urteil vom 10. Februar 1977 IV R 87/74, BFHE 121, 440, BStBl II 1977, 462) überholt, die derartige Kosten nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt habe.
Ob das Erste Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts aus dem Jahre 1976 Auswirkungen auf Art und Umfang der im Zusammenhang mit einer Scheidung anfallenden Kosten und deren Anerkennung als außergewöhnliche Belastung haben kann, ist im vorliegenden Verfahren nicht klärungsfähig. Die vom Kläger als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Kosten sind ihm deshalb entstanden, weil das ihm und seiner früheren Ehefrau gehörende Einfamilienhaus zum Zwecke der Aufhebung der Grundstücksgemeinschaft versteigert worden ist und der Kläger das gesamte Grundstück erworben hat. Insoweit handelt es sich um keine Scheidungsfolgesache, die nach § 623 der Zivilprozessordnung (ZPO) zusammen mit der Scheidungssache zu verhandeln und zu entscheiden ist. Die Frage, ob die Neuregelung des § 623 ZPO zu einer Erweiterung der als außergewöhnliche Belastung anzuerkennenden Scheidungskosten geführt hat, könnte daher in einem nachfolgenden Revisionsverfahren nicht geklärt werden.
Die vom Kläger geltend gemachten Kosten sind der Sache nach Aufwendungen für den Erwerb des hälftigen Miteigentumsanteils seiner früheren Ehefrau am gemeinschaftlichen Einfamilienhaus und damit Anschaffungskosten für den Hälfteanteil. Derartige Kosten sind weder zwangsläufig noch außergewöhnlich. Die Zulassung der Revision ist daher auch nicht zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) angezeigt.
Es kann offen bleiben, ob der Kläger seine Rüge, das Urteil sei nicht mit Gründen versehen (§ 119 Nr. 6 FGO), schlüssig dargetan hat. Der Verfahrensfehler liegt jedenfalls nicht vor. Das Finanzgericht (FG) hat zum einen zur Begründung seiner Entscheidung gemäß § 105 Abs. 5 FGO auf die Einspruchsentscheidung verwiesen und darüber hinaus in einer die Entscheidung für sich tragenden Begründung ausgeführt, warum seines Erachtens Aufwendungen anlässlich einer vermögensrechtlichen Auseinandersetzung nicht abgezogen werden können. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteile vom 31. Mai 2001 IV R 93/99, BFH/NV 2001, 1570, und vom 20. Juni 2001 I R 80/00, BFH/NV 2001, 1583, jeweils m.w.N.) ist ein Urteil nur dann nicht mit Gründen versehen, wenn das FG seine Entscheidung überhaupt nicht begründet oder ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergangen hat.
Von der Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung seiner Entscheidung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.
Fundstellen
Haufe-Index 732064 |
BFH/NV 2002, 810 |
ZErb 2002, 235 |