Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiederaufnahmeantrag im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung
Leitsatz (NV)
1. Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens, in dem durch Beschluß der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt worden ist, ist nicht statthaft.
2. Ein auf Besorgnis der Befangenheit gestütztes Ablehnungsgesuch ist nicht zulässig, wenn es ausschließlich mit der behaupteten Rechtswidrigkeit einer vorangegangenen Entscheidung der abgelehnten Richter begründet wird und wenn nicht zusätzlich Tatsachen oder Gesichtspunkte vorgetragen werden, die über die behauptete Rechtswidrigkeit der Entscheidung hinausgehen.
Normenkette
FGO § 51 Abs. 1, § 69 Abs. 3, § 134; ZPO § 42 Abs. 2
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg, denn sie ist zumindest unbegründet.
1. Das FG hat den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zu Recht zurückgewiesen. Dieser Antrag ist gegenüber einem Beschluß, durch den die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung abgelehnt worden ist, nicht statthaft.
Nach § 134 FGO kann ein rechtskräftig beendetes Verfahren nach den Vorschriften des Vierten Buches der ZPO wieder aufgenommen werden. Es ist allgemeine Meinung, daß auch gegenüber Beschlüssen, soweit sie selbständige Verfahren abschließen und der materiellen Rechtskraft fähig sind, ein Wiederaufnahmeverfahren zulässig ist und daß in solchen Fällen an die Stelle der Klage der Antrag und an die Stelle des Urteils der Beschluß tritt (vgl. Gräber / von Groll, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 134 Rz. 2). Ein Beschluß, durch den - wie im Streitfall - ein Antrag auf Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung abgelehnt wird, ist jedoch nicht der materiellen Rechtskraft fähig, weil er von dem Gericht, das ihn erlassen hat, gemäß § 69 Abs. 3 Satz 5 FGO jederzeit wieder geändert oder aufgehoben werden kann (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 29. April 1970 I B 2/70, BFHE 99, 178, BStBl II 1970, 597).
2. Auch die im Beschwerdeverfahren auf die Berichterstatterin und den Vorsitzenden Richter beschränkte Richterablehnung hat keinen Erfolg.
Nach § 51 Abs. 1 FGO i. V. m. § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Da sich das Mißtrauen nach dem Wortlaut des Gesetzes auf die Unparteilichkeit eines Richters beziehen muß, ist ein Ablehnungsgesuch grundsätzlich nicht statthaft, wenn es sich gegen den gesamten Spruchkörper richtet und eine Globalablehnung vorliegt (vgl. Gräber / Koch, Finanzgerichtsordnung, § 51 Anm. 19). Es kann dahingestellt bleiben, ob die im finanzgerichtlichen Verfahren erfolgte Ablehnung eine solche nicht statthafte Globalablehnung gewesen ist und ob eine Konkretisierung des Ablehnungsgesuchs auf einzelne Richter im Beschwerdeverfahren zulässigerweise erfolgen konnte. Denn auch die im Beschwerdeverfahren auf die Berichterstatterin und den Vorsitzenden Richter eingeschränkten Ablehnungsgesuche sind unzulässig.
Wird die Richterablehnung auf den Inhalt einer vorangegangenen Entscheidung gestützt, so genügt es für die Zulässigkeit des Ablehnungsgesuchs nicht, daß allein Umstände angeführt werden, die möglicherweise die Rechtswidrigkeit der vorangegangenen Entscheidung begründen könnten. Vielmehr wäre für die Zulässigkeit des Ablehnungsgesuchs erforderlich, daß etwa Tatsachen oder Gesichtspunkte angeführt würden, die über die Behauptung einer bloßen Rechtswidrigkeit der vorangegangenen Entscheidung hinaus einen Begründungsüberhang erkennen ließen, der bei dem Prozeßbeteiligten von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger, objektiver Betrachtung die Befürchtung rechtfertigt, daß die Richter voreingenommen seien (vgl. BFH-Beschluß vom 4. Juli 1985 V B 3/85, BFHE 144, 144, BStBl II 1985, 555 m. w. N.). Würde die Zulässigkeit des Ablehnungsgesuchs angenommen, ohne daß Gründe vorliegen, die über die Behauptung der Rechtswidrigkeit der Vorentscheidung hinausgehen, so hätte es der Prozeßbeteiligte in der Hand, über den Umweg der Richterablehnung das Gesetz zu umgehen. Er könnte die nach ausdrücklicher gesetzlicher Regelung nicht mit der Beschwerde anfechtbaren Entscheidungen des FG mittelbar anfechten, weil die Entscheidung über die Richterablehnung nach § 128 Abs. 1 FGO mit der Beschwerde anfechtbar ist (vgl. Günther in Neue Juristische Wochenschrift 1986, 281, 285 f.).
Im Streitfall hat der Antragsteller seine Ablehnungsgesuche auf eine nach seiner Meinung nicht korrekte Vorgehensweise der abgelehnten Richter in dem Beschluß . . . - und den sich daran anschließenden Verfahren - gestützt. Dies begründet die Zulässigkeit des Ablehnungsgesuchs nicht. Der Beschluß . . . und der mit der vorliegenden Beschwerde angefochtene Beschluß lassen weder ihrem Inhalt noch der Art ihrer Begründung nach auf eine Voreingenommenheit dem Antragsteller gegenüber schließen.
Fundstellen