Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe wegen allgemeinem wirtschaftlichem Interesse an der Rechtsverfolgung
Leitsatz (redaktionell)
1. Nur wenn bei Unterlassung der Rechtsverfolgung außer den an der Führung des Prozesses wirtschaftlich Beteiligten ein erheblicher Personenkreis in Mitleidenschaft gezogen wurde, ist das für die Gewährung von Prozeßkostenhilfe nach § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO erforderliche allgemeine wirtschaftliche Interesse an der Rechtsverfolgung gegeben. Daß der Rechtsstreit allgemein interessierende Rechtsfragen betrifft, reicht nicht aus.
2. Ob Prozeßkostenhilfe für das Verfahren auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe bewilligt werden kann, braucht dann nicht entschieden zu werden, wenn seit Einreichung des hierauf gerichteten Antrags für das den Rechtsstreit betreffende Prozeßkostenhilfeverfahren Kosten, für die eine Hilfe zu gewähren ist, nicht entstanden sind und nicht mehr entstehen können.
Normenkette
FGO § 142 Abs. 1; ZPO § 116 S. 1 Nr. 2, § 114
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin und Antragstellerin wurde mit Haftungsbescheid des beklagten Finanzamts vom 13.März 1978 (Übersendung am 11.März 1978) für rückständige Umsatzsteuern 1976 der X-GmbH (GmbH) als Haftungsschuldner in Anspruch genommen. Das Finanzamt ging hierbei davon aus, daß die GmbH, die ihren Geschäftsbetrieb zum 31. Dezember 1975 eingestellt hatte, ihr Umlauf- und Anlagevermögen zum 1.Januar 1976 an die Klägerin veräußert habe und die Klägerin als Übernehmerin des Vermögens der GmbH für deren Schulden hafte (§ 419 BGB). Mit Haftungsbescheid vom 13.April 1982, der während des Klageverfahrens erlassen wurde, hat das Finanzamt die Haftungssumme herabgesetzt.
Das Finanzgericht hat die Klage abgewiesen.
Die Klägerin hat unter Vorlage einer Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beantragt, ihr zur Durchführung des beabsichtigten Revisionsverfahrens vor dem Bundesfinanzhof Prozeßkostenhilfe zu bewilligen.
Entscheidungsgründe
Der Antrag ist abzulehnen.
Gemäß § 142 Abs.1 FGO i.V. mit § 116 Satz 1 Nr.2 der Zivilprozeßordnung (ZPO) in der Fassung des Gesetzes über Prozeßkostenhilfe vom 13.Juni 1980 (BGBl I 1980, 677) erhält eine inländische juristische Person Prozeßkostenhilfe, wenn die Kosten des Rechtsstreits weder von ihr noch den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung allgemeinen wirtschaftlichen Interessen zuwiderlaufen würde.
Im vorliegenden Fall fehlt es an der letztgenannten Voraussetzung. Denn ein allgemeines wirtschaftliches Interesse an der Rechtsverfolgung ist nur dann gegeben, wenn bei Unterlassung der Rechtsverfolgung außer den an der Führung des Prozesses wirtschaftlich Beteiligten ein erheblicher Personenkreis in Mitleidenschaft gezogen würde (vgl. BFH-Beschluß vom 31.Juli 1973 VII R 125/71, BFHE 110, 176, BStBl II 1973, 851, mit Hinweisen). Die Klägerin hat nicht dargetan, daß diese Möglichkeit im vorliegenden Fall bestehen könnte, und es ist dies auch nicht erkennbar.
Daß der Rechtsstreit –was hier nicht auszuschließen ist– allgemein interessierende Rechtsfragen betrifft, reicht nicht aus (vgl. Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 20.Januar 1965 VIII ZR 304/62, Neue Juristische Wochenschrift 1965, 585).
Ob Prozeßkostenhilfe für das Verfahren auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe bewilligt werden kann, braucht nicht entschieden zu werden, da seit Einreichung des hierauf gerichteten Antrags der Klägerin vom 21.Oktober 1982 für das die Revision betreffende Prozeßkostenhilfeverfahren Kosten, für die eine Hilfe zu gewähren ist, nicht entstanden sind und mit Erlaß dieses Beschlusses nicht mehr entstehen können.
Fundstellen