Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Erfolgsaussicht einer Verpflichtungsklage auf Ausstellung einer Lohnsteuerkarte für ein abgelaufenes Kalenderjahr
Leitsatz (NV)
1. Ein berechtigtes Interesse an der Verpflichtung der Gemeinde zur Ausstellung einer Lohnsteuerkarte besteht längstens bis Ende März des Folgejahres.
2. Ein Feststellungsinteresse im Sinne von § 100 Abs. 1 S. 4 FGO setzt voraus, daß die Erledigung des Rechtsstreits erst nach Klageerhebung eingetreten ist.
Normenkette
EStG § 42b Abs. 3 S. 1; FGO § 100 Abs. 1 S. 4
Verfahrensgang
Tatbestand
Zwischen dem Antragsteller und der Gemeinde A (Gemeinde) ist streitig, ob die Gemeinde verpflichtet war, ihm für 1985 eine Lohnsteuerkarte auszustellen. Hierzu wird auf den Beschluß des Senats . . . vom heutigen Tage verwiesen.
In seinem am 18. Februar 1986 beim Finanzgericht (FG) eingegangenen Schreiben, mit dem der Antragsteller gegen das finanzgerichtliche Urteil Revision eingelegt hat, führte er u.a. aus, es gehe ihm nicht nur, wie das FG angenommen habe, um das Jahr 1985, sondern auch um die Jahre 1981 bis 1984. Das FG registrierte daraufhin ein neues Klageverfahren betreffend die Ausstellung der Lohnsteuerkarten 1981 bis 1984.
Die Gemeinde antwortete auf eine entsprechende Anfrage des FG, daß der Antragsteller im November 1982 von Amts wegen abgemeldet worden sei, weil er in der Gemeinde keine Wohnung mehr innegehabt habe. Sie fuhr fort, der Antragsteller habe deshalb ab 1984 keinen Anspruch mehr auf Ausstellung der Lohnsteuerkarte durch die Gemeinde gehabt. Für die Jahre 1981 bis 1983 seien keine Lohnsteuerkarten angefordert worden, weil der Antragsteller damals selbständig gewesen sei; wäre er nicht selbständig tätig gewesen, so wäre die Gemeinde für die Ausstellung dieser Lohnsteuerkarte zuständig gewesen.
Ferner beantragte der Antragsteller, ihm für das Klageverfahren Prozeßkostenhilfe zu gewähren und ihm einen Rechtsanwalt seiner Wahl als Prozeßbevollmächtigten beizuordnen.
Das FG wies die Klage durch Vorbescheid vom . . . als unzulässig ab. Es führte aus, der Antragsteller habe nicht dargetan, warum er heute noch die Lohnsteuerkarten für die Streitjahre benötige und wodurch er beschwert sei. Im übrigen bewiesen sämtliche Briefe, die der Antragsteller in großer Zahl mit dem Gericht gewechselt und von X aus abgesandt habe, daß er in X und nicht im Bereich der Gemeinde wohne; die Gemeinde könne deshalb mangels dortigen Wohnsitzes oder Aufenthaltes keine Lohnsteuerkarten ausstellen.
Mit Beschluß vom gleichen Tage wies das FG auch den Antrag auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe zurück. Zur Begründung bezog es sich auf den im Klageverfahren ergangenen Vorbescheid. Es führte ferner aus, von der Übersendung von Formularen für das Verfahren zur Gewährung von Prozeßkostenhilfe sei abgesehen worden, da keine Erfolgsaussichten bestünden . . .
Gegen den vorbezeichneten Beschluß legte der Antragsteller Beschwerde ein; gleichzeitig brachte er zum Ausdruck, daß er sich auch gegen den Vorbescheid wende. Im vorliegenden Verfahren beantragte der Antragsteller Prozeßkostenhilfe für das vorgenannte Beschwerdeverfahren betreffend die Verweigerung von Prozeßkostenhilfe und bittet um Beiordnung des Rechtsanwalts als Prozeßbevollmächtigten. Er reichte eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom . . . 1986 ein.
Entscheidungsgründe
Der Antrag kann keinen Erfolg haben.
Zwar kann Prozeßkostenhilfe grundsätzlich - wegen des Vertretungszwangs beim Bundesfinanzhof (BFH) - auch für das Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von Prozeßkostenhilfe gewährt werden (BFH-Beschluß vom 18. Juli 1985 V S 3/85, BFHE 143, 528, BStBl II 1985, 499). Nach § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) setzt die Gewährung von Prozeßkostenhilfe jedoch u. a. voraus, daß die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
An der hinreichenden Erfolgsaussicht der Beschwerde fehlt es jedenfalls deshalb, weil der Antragsteller mit seinem Antrag in der Hauptsache, Lohnsteuerkarten für die Jahre bis 1984 zu erhalten, keinen Erfolg haben kann. Insoweit hat der Antragsteller kein berechtigtes Interesse mehr an der Verpflichtung der Gemeinde zur Ausstellung der Lohnsteuerkarten; denn diese waren für ihn längstens für den Lohnsteuer-Jahresausgleich durch den Arbeitgeber bei der Lohnabrechnung für den Lohnzahlungszeitraum, der im März des jeweiligen Folgejahres endete, von Bedeutung (§ 42 b Abs. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes).
Es besteht für den Antragsteller auch kein Interesse i. S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO für entsprechende Feststellungen, daß die Gemeinde zur Ausstellung der Lohnsteuerkarten für die Jahre bis 1984 verpflichtet war. Eine solche Feststellung würde nämlich voraussetzen, daß die Erledigung des Rechtsstreits erst nach Klageerhebung eingetreten wäre. Hier wurde die Klage betreffend die Jahre bis 1984 aber erst mit am 18. Februar 1986 beim FG eingegangenen Schriftsatz erhoben, da das beim FG bereits anhängige Klageverfahren lediglich das Streitjahr 1985 betraf. Zu diesem Zeitpunkt bestand für den Antragsteller nach den vorstehenden Ausführungen aber bereits kein Interesse mehr, . . . noch Lohnsteuerkarten von der Gemeinde zu erhalten.
Fundstellen
Haufe-Index 414620 |
BFH/NV 1987, 118 |