Entscheidungsstichwort (Thema)
Veräußerung/Aufgabe eines Betriebes grundsätzlich nur bei Einstellung der Tätigkeit
Leitsatz (NV)
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH setzt eine Steuervergünstigung nach § 34 Abs. 2 EStG wegen Veräußerung/Aufgabe einer freiberuflichen Praxis voraus, dass die Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis wenigstens für eine gewisse Zeit eingestellt wird. Durch Urteil des BFH vom 10. Juni 1999 IV R 11/99, BFH/NV 1999, 1594 m.w.N.) ist geklärt, dass auch eine nur vorübergehende Wiederaufnahme nach einer kurzfristigen Einstellung der freiberuflichen Tätigkeit der Steuervergünstigung entgegensteht.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2; EStG §§ 16, 18, 34
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde kann keinen Erfolg haben.
1. Eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―) kommt u.a. nur in Betracht, wenn die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Rechtsfrage (noch) klärungsbedürftig ist (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rdnr. 8, 9). Die Rechtsfrage, ob ein begünstigter Veräußerungsgewinn nur dann vorliegt, wenn eine freiberufliche Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis in jedem Fall und ausnahmslos wenigstens für eine gewisse Zeit eingestellt wird, ist im Grundsatz bereits höchstrichterlich beantwortet.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) setzt die Veräußerung oder Aufgabe einer freiberuflichen Praxis voraus, dass die freiberufliche Tätigkeit in dem bisherigen örtlich begrenzten Wirkungskreis wenigstens für eine gewisse Zeit eingestellt wird (so zuletzt BFH-Urteil vom 10. Juni 1999 IV R 11/99, BFH/NV 1999, 1594, m.w.N.). Durch die Entscheidung des BFH in BFH/NV 1999, 1594 ist auch geklärt, dass eine nur vorübergehende Wiederaufnahme der freiberuflichen Tätigkeit nach einer kurzfristigen Einstellung der Steuervergünstigung entgegenstehen kann. Auch die Frage, was unter Einstellung der freiberuflichen Tätigkeit für eine "gewisse Zeit" zu verstehen ist, ist nicht mehr klärungsbedürftig. Die Auslegung dieses Begriffes richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles (vgl. BFH in BFH/NV 1999, 1594).
b) Es ist ferner geklärt, dass diese Rechtsprechung nicht im Widerspruch zum Urteil des I. Senats des BFH vom 14. September 1994 I R 12/94 (BFHE 176, 520, BStBl II 1995, 407) steht. Der I. Senat des BFH hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem sich die Beteiligungsverhältnisse innerhalb einer fortbestehenden Sozietät geändert hatten. Nach der Rechtsprechung des IV. Senats des BFH ist die Interessenlage bei Änderung der Beteiligungsverhältnisse innerhalb einer Sozietät und dem Ausscheiden aus einer Sozietät eine andere (vgl. BFH-Urteil vom 23. Januar 1997 IV R 36/95, BFHE 182, 533, BStBl II 1997, 498). Damit ist zugleich geklärt, dass der Fall der Praxisveräußerung nicht dem der Änderung von Beteiligungsverhältnissen gleichgestellt werden kann. Die sich im Anschluss an die Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 18. Oktober 1999 GrS 2/98 (BFHE 189, 465, BStBl II 2000, 123) stellende Frage, ob die Veräußerung eines Mitunternehmerteilanteils in Zukunft noch steuerbegünstigt sein kann, könnte im Streitfall nicht geklärt werden, weil die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ihre Praxis insgesamt veräußert hat.
2. Soweit die Klägerin Divergenz rügt, ist die Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig. Die Divergenzrüge entspricht nicht den von § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO gestellten Anforderungen.
Bei einer auf Divergenz gestützten Nichtzulassungsbeschwerde muss die Divergenzentscheidung des BFH genau bezeichnet werden. Dazu müssen in der Beschwerdebegründung abstrakte Rechtssätze des vorinstanzlichen Urteils und der Divergenzentscheidungen des BFH so genau bezeichnet werden, dass eine Abweichung erkennbar wird. Die Behauptung, das Finanzgericht (FG) habe einen vom Revisionsgericht aufgestellten abstrakten Rechtssatz unzutreffend ausgelegt oder fehlerhaft auf den Streitfall angewendet, reicht nicht aus (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rdnr. 63). Soweit die Klägerin in ihrer Beschwerdeschrift unrichtige Anwendung höchstrichterlicher Rechtsprechung rügt, macht sie lediglich einen Subsumtionsfehler geltend, der, selbst wenn er im Streitfall vorliegen sollte, nicht zur Revisionszulassung führen kann.
Aus denselben Gründen kann auch die Rüge der Klägerin, das FG habe die Geringfügigkeitsgrenze von 10 % (z.B. BFH-Urteile vom 7. November 1991 IV R 14/90, BFHE 166, 527, BStBl II 1992, 457; vom 18. Mai 1994 I R 109/93, BFHE 175, 249, BStBl II 1994, 925) unzutreffend berechnet, nicht zur Revisionszulassung führen.
Im Übrigen ergeht die Entscheidung nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 547062 |
BFH/NV 2001, 588 |