Entscheidungsstichwort (Thema)
Verletzung rechtlichen Gehörs
Leitsatz (NV)
Die Darlegung einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör aufgrund der Durchführung der mündlichen Verhandlung ohne den Kläger verlangt (unter den Umständen des Falles) dessen konkreten Vortrag, daß und warum er verhindert war, zur mündlichen Verhandlung zu erscheinen und seine Rechte als Kläger sachgerecht wahrzunehmen, und bei wem er mit dieser Begründung um Vertagung nachgesucht hat (Bundesverwaltungsgericht, Beschluß vom 9. Dezember 1994 6 B 32/94, NJW 1995, 799).
Normenkette
FGO § 115 Abs. 3 S. 3
Tatbestand
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Finanzgericht (FG) aufgrund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 12. Dezember 1995 die Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) ab. Es beurteilte die Klage aus zwei Gründen als unzulässig.
Zum einen führte das FG aus, der Kläger habe die Klagefrist von einem Monat versäumt. Die am 28. Juli 1995 erhobene Klage sei verspätet gewesen. Wiedereinsetzung könne nicht gewährt werden. Entgegen der Behauptung des Klägers, die Einspruchsentscheidung erst am 26. Juli 1995 erhalten zu haben, bestünden für den Senat keine Zweifel, daß die Einspruchsentscheidung durch Einlegung in ein Postfach des Klägers fristgerecht bekanntgegeben worden sei. Die Deutsche Post AG habe eindeutig bestätigt, daß der Kläger in der Zeit vom 27. März bis 9. Oktober 1995 Inhaber eines Postfaches gewesen sei und daß auch an die Wohnanschrift adressierte Briefsendungen in das Postfach eingelegt würden. Zudem habe die Deutsche Post AG geäußert, daß der Kläger sein Fach nicht regelmäßig geleert habe. Da der Kläger an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen habe, hätten auch keine näheren Aufschlüsse über eine verspätete Kenntnisnahme der Einspruchsentscheidung gewonnen werden können. Die "eidesstattlich versicherten" Angaben des Klägers seien daher aufgrund der Mitteilung der Deutschen Post AG als widerlegt anzusehen.
Zum anderen beurteilte das FG die Klage auch deshalb als unzulässig, weil der Kläger kein Klagebegehren zum Ausdruck gebracht habe. Er habe lediglich zu erkennen gegeben, daß er die angefochtene Entscheidung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt -- FA --) für falsch halte. Trotz Einräumung einer angemessenen Frist sei weder der Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnet noch seien konkrete Einwendungen, z. B. durch Vorlage der Steuererklärung, erhoben worden; Anhaltspunkte für eine Rechtsverletzung seien nicht ersichtlich (Hinweis auf Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 17. Oktober 1990 I R 118/88, BFHE 162, 534, BStBl II 1991, 242).
In der mündlichen Verhandlung, zu der für die Klagepartei niemand erschienen war, wurde ausweislich der Sitzungsniederschrift "festgestellt, daß der Kläger lt. PZU am 21. 11. 1995 durch Niederlegung bei der Postanstalt geladen worden ist".
Mit der Beschwerde beantragt der Kläger Zulassung der Revision wegen Verfahrensmangels, nämlich Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör. Er rügt in diesem Zusammenhang, daß das FG sich auf die Auskunft der Deutschen Post AG stütze, die ihm, dem Kläger, nicht zur Kenntnis übersandt worden sei, obwohl sie am 27. November 1995, somit über zwei Wochen vor dem Termin, eingegangen gewesen sei. Schriftsätze des FA seien hingegen zugesandt worden. Er, der Kläger, habe offensichtlich mit der Auskunft der Post im Termin (zur mündlichen Verhandlung) "kalt erwischt werden" sollen oder man sei davon ausgegangen, daß er nicht erscheine "und man so das Urteil doch gut begründen" könne.
Der Kläger trägt vor, welche Information er bei Einhaltung des gerügten Rechts auf Gewährung rechtlichen Gehörs gegeben hätte.
Ergänzend führt er aus, er habe sich am Heiligen Abend wegen ... -Beschwerden in die Notfallaufnahme der Chirurgie des Klinikums X begeben, um dort sofort wegen ... stationär eingeliefert zu werden. Schmerzen seien bereits früher sporadisch aufgetreten. Deshalb habe er am 12. Dezember 1995 gegen acht Uhr beim FG angerufen und gebeten, mitzuteilen, daß er wegen der Beschwerden nicht kommen könne und deshalb der Termin kurzfristig verlegt werden möge. Ihm sei zugesagt worden, dies weiterzuleiten, was sich aus den Akten nicht ergebe und dann wohl auch nicht geschehen sei. Er, der kranke Kläger, habe sich darauf aber verlassen können. Er habe zu dieser Zeit vor allem noch gar nichts von der dann ausgiebig, zu Unrecht und falsch verwerteten "Auskunft" der Post zum Postfach gewußt, obwohl ihm dies aber längst hätte mitgeteilt werden können und müssen, außer man habe ihn, den Lügner, damit überraschen wollen. Zusammenfassend werde geltend gemacht, daß das Verfahren unfair geführt und das Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt worden sei.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Der Kläger hat den als Zulassungsgrund geltend gemachten Verfahrensmangel der Verletzung rechtlichen Gehörs jedenfalls nicht entsprechend den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dargelegt. Das FG hatte den Kläger ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung am 12. Dezember 1995, in der die Auskunft der Deutschen Post AG ausweislich der Sitzungsniederschrift zur Sprache kam, geladen. Der Kläger hat die ihm damit gebotene Möglichkeit, hierzu in der mündlichen Verhandlung Stellung zu nehmen, nicht genutzt. Zwar hat er vorgetragen, er habe am Verhandlungstag gegen acht Uhr beim FG angerufen und gebeten, mitzuteilen, daß er wegen der Gesundheitsbeschwerden nicht kommen könne und deshalb der Termin kurzfristig verlegt werden möge. Das reicht unter den konkret gegebenen Umständen indessen nicht aus, eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör aufgrund der Durchführung der mündlichen Verhandlung ohne ihn darzulegen. Er hätte konkret vortragen müssen, daß und warum er verhindert war, zur mündlichen Verhandlung zu erscheinen und seine Rechte als Kläger sachgerecht wahrzunehmen, und bei wem er mit dieser Begründung um Vertagung nachgesucht hat (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluß vom 9. Dezember 1994 6 B 32/94, Neue Juristische Wochenschrift 1995, 799). Die Akten selbst enthalten keinen Hinweis auf einen Vertagungsantrag. Unter diesen Umständen reichen die Angaben in der Beschwerdeschrift nicht für eine schlüssige Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör aus.
Die Entscheidung ergeht im übrigen ohne Wiedergabe von Gründen gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs.
Fundstellen