Entscheidungsstichwort (Thema)
Mangels Beschwer unzulässige Revision
Leitsatz (NV)
Eine Revision ist unzulässig, soweit der Revisionskläger durch das angefochtene Urteil nicht beschwert ist.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 1, § 124 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Streitig ist die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1993) auf Umsätze aus dem Betrieb eines Imbisswagens.
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betrieb in den Jahren 1997 und 1998 (Streitjahre) einen Imbisswagen, den er auf Karnevals- und Kirmesveranstaltungen, Jahrmärkten und Weihnachtsmärkten einsetzte.
Nachdem der Kläger keine Steuererklärungen für die Streitjahre eingereicht hatte, erließ der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) zunächst am 1. Oktober 1999 einen Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1997 und schätzte die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 der Abgabenordnung (AO 1977). Die Festsetzung erging nach § 164 Abs. 1 AO 1977 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Das FA wandte im Rahmen seiner Schätzung --wie in den Vorjahren-- auf sämtliche Umsätze aus dem Betrieb des Imbisswagens den ermäßigten Umsatzsteuersatz an. Gegen den Bescheid erhob der Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage.
In der Folgezeit erließ das FA am 28. August 2000 einen Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1998 und schätzte auch insoweit die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO 1977. Gegen diesen Bescheid, der keinen Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO 1977 enthielt, legte der Kläger Einspruch ein.
Im Anschluss an eine Außenprüfung vertrat das FA die Auffassung, die Umsätze des Klägers unterlägen zu 85 v.H. dem allgemeinen Steuersatz und lediglich zu 15 v.H. dem ermäßigten Steuersatz.
Das FA erließ deshalb am 6. Juni 2002 einen nach § 164 Abs. 2 AO 1977 geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1997 und am 13. Juni 2002 einen unter Berufung auf § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1998, in denen es --abweichend von den zwischenzeitlich eingereichten Umsatzsteuererklärungen des Klägers-- die Umsätze aus dem Betrieb des Imbisswagens zu 85 v.H. mit dem allgemeinen Steuersatz und nur zu 15 v.H. mit dem ermäßigten Steuersatz besteuerte. Diese Bescheide wurden Gegenstand des Klage- bzw. Einspruchsverfahrens. Sodann wies das FA den Einspruch des Klägers gegen den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1998 als unbegründet zurück. Auch hiergegen erhob der Kläger Klage.
Im Rahmen beider Klageverfahren beantragte der Kläger sinngemäß, unter Aufhebung der Einspruchsentscheidungen und unter Änderung der Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre die Umsatzsteuer erklärungsgemäß festzusetzen. Lediglich hilfsweise für den Fall, dass seine Umsätze zu 85 v.H. dem normalen Steuersatz und lediglich zu 15 v.H. dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, hatte der Kläger auch gegen den geänderten Gewinnfeststellungsbescheid für das Jahr 1997 und die geänderten Gewerbesteuermessbetragsbescheide für die Streitjahre Klage erhoben und beantragt, die sich aus der Umsatzsteuermehrbelastung resultierenden Gewinnminderungen zu berücksichtigen.
Das Finanzgericht (FG) gab den Klagen im Hauptantrag (Umsatzsteuer) statt. Es vertrat in seinen in "Entscheidungen der Finanzgerichte" (EFG) 2005, 150 und "Deutsches Steuerrecht/ Entscheidungsdienst" (DStRE) 2005, 661 veröffentlichten Urteilen die Auffassung, dass bei Umsätzen eines Imbisswagens die mit der Lieferung der Speisen zusammenhängenden Dienstleistungen der Gesamtleistung nur dann das Gepräge gäben, wenn besondere Vorrichtungen für den Verzehr an Ort und Stelle bereitgehalten würden. Die Umsätze des Klägers seien mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern, weil das FG nicht die Überzeugung habe gewinnen können, dass der Kläger solche Vorrichtungen bereitgehalten habe. Soweit auf den zur Akte gereichten Lichtbildern "Bierzeltgarnituren" von Standnachbarn zu sehen seien, seien diese dem Kläger nicht zuzurechnen.
Über die Hilfsanträge des Klägers (zur gesonderten Feststellung 1997 und zum Gewerbesteuermessbetrag 1997 und 1998) entschied das FG deshalb nicht.
Mit seinen Revisionen hinsichtlich Umsatzsteuer für die Streitjahre rügt das FA Verletzung der § 3 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 und 3 UStG a.F., § 3 Abs. 9 Satz 1, 4 und 5, § 12 Abs. 1 UStG 1993.
…
Daneben hat das FA auch wegen gesonderter Feststellung des Gewinns 1997 und Gewerbesteuermessbetrag 1997 sowie wegen Gewerbesteuermessbetrag 1998 Revision eingelegt.
Das FA beantragt insoweit sinngemäß, die Vorentscheidungen aufzuheben sowie
- hinsichtlich des Jahres 1997 unter Änderung des Gewerbesteuermessbetragsbescheids 1997 und des Gewinnfeststellungsbescheids 1997 vom 17. Mai 2002 eine aus der Umsatzsteuermehrbelastung resultierende Gewinnminderung in Höhe von 36 575,63 DM zu berücksichtigen;
- hinsichtlich des Jahres 1998 unter Änderung des Gewerbesteuermessbetragsbescheids 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Juli 2002 die aus der Umsatzsteuermehrbelastung resultierende Gewinnminderung in Höhe von 37 757,06 DM zu berücksichtigen.
Der Kläger beantragt, die Revisionen als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revisionen des FA, die der Senat gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 121 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu gemeinsamer Entscheidung verbindet, sind bezüglich Gewerbesteuermessbetrag für beide Streitjahre und gesonderter Feststellung des Gewinns für das Jahr 1997 unzulässig; sie sind insoweit nach § 126 Abs. 1 FGO zu verwerfen. Das FG hat über die Hilfsanträge des Klägers (sog. "eventuelle Klagehäufung"), diese Bescheide zu ändern, ausdrücklich nicht entschieden, weil es der Klage im Hauptantrag stattgegeben hat. Schon deshalb ist das FA durch die Urteile insoweit nicht beschwert. Auf den Umstand, dass das FA außerdem zugunsten des Klägers beantragt, einen niedrigeren Gewinn bzw. Gewerbesteuermessbetrag festzustellen, kommt es deshalb nicht mehr an.
Über die Zulässigkeit dieser Revisionen hat nach A.I.1. und 2. Buchst. a der Ergänzenden Regelungen des Geschäftsverteilungsplans des Bundesfinanzhofs für das Jahr 2006 (BStBl II 2006, 107) der erkennende Senat zu befinden, weil in den Bereich der Umsatzsteuer die Sachen mit dem höchsten Streitwert fallen.
Fundstellen