Leitsatz (amtlich)
Der Einbau einer gebrauchten Taxameteruhr und eines gebrauchten Taxibügels in ein neues Taxifahrzeug kann zulagebegünstigt sein.
Normenkette
Berlin FG § 19
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Taxiunternehmer. Im Jahre 1976 beantragte er die Gewährung von Investitionszulagen nach § 19 des Berlinförderungsgesetzes - BerlinFG - (10 v. H.) und nach § 4 b des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1975 (7,5 v. H.) für im Jahre 1975 angeschaffte Wirtschaftsgüter, und zwar für eine Kraftdroschke nebst Zubehör und ein Telecar TS-Funkgerät, einschließlich Einbaukosten.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) entsprach diesen Anträgen im wesentlichen. Er lehnte es jedoch u. a. ab, die Inzahlunggabe eines für 45,05 DM erworbenen alten Bosch-Funkgerätes für das angeschaffte neue TS-Funkgerät in den Anschaffungspreis mit einzubeziehen und für die Aufwendungen für eine gebrauchte Taxameteruhr und einen gebrauchten Bügel von insgesamt 315,32 DM sowie für die Einbaukosten der Taxameteruhr von 178,10 DM Investitionszulagen zu gewähren. Die Einsprüche blieben insoweit ohne Erfolg. Im Klageverfahren hat der Kläger darauf hingewiesen, daß er zwischenzeitlich einen Rabatt von 372,80 DM erhalten habe, der die Bemessungsgrundlage für die Investitionszulage entsprechend verringere.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Es war der Auffassung, der Kläger habe durch das Anbringen des gebrauchten Bügels und den Einbau der gebrauchten Taxameteruhr in den neuen PKW nicht ein neues Wirtschaftsgut hergestellt. Es handele sich vielmehr um die Anschaffung und den Einbau von nichtzulagebegünstigten gebrauchten Zubehörteilen. Dagegen war das FG der Auffassung, daß die von dem Kläger gezahlten 45,05 DM in die Bemessungsgrundlage mit einzubeziehen waren. Diese Berichtigung der Bemessungsgrundlage zugunsten des Klägers konnte sich jedoch zulagemäßig nicht auswirken, weil die Erhöhung um 45,05 DM, mit der Minderung von 372,80 DM zu verrechnen war.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt der Kläger Verletzung der §§ 19 BerlinFG und 4 b InvZulG 1975. Er ist der Ansicht, das FG habe den Begriff der Herstellung verkannt. Ein Kraftfahrzeug könne nur dann als Kraftdroschke eingesetzt werden, wenn es eine Taxameteruhr und einen Bügel mit der Aufschrift "Taxi" aufweise. Das Wirtschaftsgut "Taxi" sei dementsprechend erst hergestellt, wenn die genannten Teile eingebaut seien. Der Einbau bewirke den Verlust der selbständigen Bewertungsfähigkeit dieser Teile.
Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und weitere Investitionszulagen von insgesamt 28,99 DM zu gewähren.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
1. Eine Investitionszulage wird sowohl nach § 19 BerlinFG als auch nach § 4 b InvZulG 1975 nur für neue abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens gewährt. Das Tatbestandsmerkmal "neu" hat in beiden Gesetzen den gleichen Inhalt. Sinn und Zweck der Regelungen sind zwar nicht gleich, dennoch besteht, wie der Senat in seinem Urteil vom 8. Februar 1980 III R 79/78 (BFHE 130, 102, BStBl II 1980, 341) entschieden hat, kein Grund für eine unterschiedliche Begriffsbestimmung.
Für die Beurteilung, ob ein Wirtschaftsgut neu ist, kommt es in den Fällen, in denen das Wirtschaftsgut mit einem im Betriebsvermögen bereits vorhandenen Wirtschaftsgut zu einer Einheit verbunden wird, auf den Zeitpunkt der bestimmungsgemäßen Verwendung, nicht auf den der Anschaffung an (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 20. März 1981 III R 114/80, BFHE 134, 75, BStBl II 1981, 785).
2. a) Ein Wirtschaftsgut ist neu, wenn es ungebraucht ist (vgl. BFH-Urteil vom 13. März 1979 III R 71/78, BFHE 127, 117, BStBl II 1979, 287). In den Fällen des Einbaus ist dementsprechend eine Zulage grundsätzlich nur zu gewähren, wenn das Wirtschaftsgut auch im Zeitpunkt seines Einbaus noch nicht wirtschaftlich genutzt war.
Bei der Herstellung eines Wirtschaftsguts hat der erkennende Senat allerdings die Einbeziehung von gebrauchten Teilen in geringem Umfang als unschädlich angesehen (Urteil in BFHE 130, 102, BStBl II 1980, 341). Der Bundesminister der Finanzen (BMF) sieht in seinem Schreiben vom 5. Mai 1977 IV B 2 - S 1988 - 150/77 (BStBl I 1977, 246) ein angeschafftes Wirtschaftsgut noch als "neu" an, wenn der Teilwert der vom Hersteller verwendeten gebrauchten Wirtschaftsgüter 10 v. H. des Teilwerts des hergestellten Wirtschaftsguts nicht überschreitet (Tz. 28 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Tz. 27; ebenso insbesondere auch Sönksen/Söffing, Berlinförderungsgesetz, Kommentar, Randnote 39 zu § 19). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Steuerpflichtige in unmittelbarem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Anschaffung eines Taxifahrzeugs in dieses gebrauchte Teile einbauen läßt, um es als Taxi verwenden zu können.
Voraussetzung für die Begünstigung ist allerdings, daß durch den nachfolgenden Einbau der gebrauchten Teile die 10 v. H.-Grenze für das gesamte Wirtschaftsgut nicht überschritten wird.
b) Sowohl § 19 BerlinFG als auch § 4 b InvZulG 1975 begünstigen nicht bestimmte Aufwendungen, sondern das Wirtschaftsgut. Dementsprechend sind die gesamten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten einschließlich der Aufwendungen für gebrauchte Teile in die Bemessungsgrundlage der Investitionszulagen mit einzubeziehen.
3. Wie der Senat in seinem Urteil vom 27. November 1981 III R 48/79 (BFHE 134, 504, BStBl II 1982, 176) entschieden hat, verliert eine Taxameteruhr mit dem festen Einbau in das Fahrzeug ihre selbständige Bewertbarkeit und wird unselbständiger Teil des Wirtschaftsguts Kraftfahrzeug. Nach Ansicht des Senats bilden auch das Taxifahrzeug und der dazugehörige Bügel im Streitfall eine Einheit.
Nach den Feststellungen des FG hat der Kläger die gebrauchte Taxameteruhr und den Bügel in unmittelbarem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Anschaffung der Kraftdroschke erworben und einbauen lassen. Der Wert der gebrauchten Teile betrug wesentlich weniger als 10 v. H. des Wertes der neuen Kraftdroschke und war damit von untergeordneter Bedeutung.
4. Das FG war von einer anderen Rechtsauffassung als der Senat ausgegangen. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist spruchreif.
Unter Berücksichtigung des Rabatts von 372,80 DM und der Erhöhung der Bemessungsgrundlagen um 45,05 DM hat der Kläger noch Anspruch auf Investitionszulagen nach Maßgabe einer Bemessungsgrundlage von 165,67 DM.
Die zu gewährenden Zulagen betragen demnach 16,57 DM und 12,42 DM, insgesamt also 28,99 DM. In dieser Höhe setzt der Senat die an den Kläger noch zusätzlich zu zahlenden Investitionszulagen fest.
Fundstellen
BStBl II 1984, 630 |
BFHE 1985, 198 |