Entscheidungsstichwort (Thema)
Einlage von Forderungen bei Gründung einer Gesellschaft - Forderungsabschreibung
Leitsatz (NV)
Legen Gesellschafter einer KG bei deren Gründung Forderungen in das Betriebsvermögen ein, die im Zeitpunkt der Einlage bereits wertlos waren, so kommt eine spätere Abschreibung auf diese Forderungen nicht in Betracht.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nrn. 6, 5
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine KG, beschäftigt sich nach ihrem Gesellschaftsvertrag mit . . . und unterhält außerdem . . . Nach dem Gesellschaftsvertrag vom 11. Dezember 1973 ist die Klägerin mit Wirkung vom 10. September 1973 gegründet worden; auf diesen Stichtag hat sie auch eine Eröffnungsbilanz erstellt. Persönlich haftender Gesellschafter der Klägerin ist eine GmbH. Kommanditisten waren die Kaufleute A und B; 1976 übertrug A seine Gesellschaftsbeteiligung auf B.
A und B waren außerdem als Kommanditisten an der X-KG, einer . . .-fabrik, beteiligt; Komplementär war der Kaufmann C. Diese KG stellte ihren Betrieb im Mai 1973 ein. Daneben waren A und B als Kommanditisten, C als Komplementär an der Y-KG beteiligt, die einen . . . betrieb. Der Betrieb dieser Gesellschaft wurde im Februar 1973 durch Brandschaden weitgehend zerstört und 1974 eingestellt; die Eröffnung des Konkursverfahrens wurde mangels Masse abgelehnt.
Durch Vertrag vom 11. Dezember 1973 übernahm die Klägerin von der X-KG und der Y-KG Einrichtungsgegenstände und Warenbestände, für die nach Feststellung des Finanzgerichts (FG) ein Wert von 163 200 DM angesetzt wurde. Dieser Betrag wurde auf Forderungen verrechnet, die A und B gegen beide Kommanditgesellschaften zustanden. Die Kommanditisten hatten danach Forderungen von 427 970 DM. C sagte die Tilgung dieses Betrags in bestimmten Raten zu; hierfür übernahm sein Vater D die Bürgschaft. Zahlungen sind jedoch nicht erfolgt.
In der Eröffnungsbilanz der Klägerin sind die Forderungen von A und B gegen die X- und Y-KG aktiviert. Die Beträge erhöhten sich in der Folge um angefallene Zinsen und andere Leistungen der Klägerin bzw. ihrer Kommanditisten für die erwähnten Gesellschaften. Andererseits wurde der Wert seitens der Klägerin von der X- und der Y-KG übernommener Wirtschaftsgüter abgesetzt. Außerdem wurde in Höhe eines Schuldkontos der X- KG bei einer Sparkasse bei der Klägerin eine Forderung eingebucht; nach dem Vortrag der Klägerin sind ihre Gesellschafter aufgrund einer Bürgschaft für diesen Betrag in Anspruch genommen worden. Die sich aus diesen Vorgängen insgesamt ergebende Forderung von 550 002 DM schrieb die Klägerin in den Jahren 1975 und 1976 jeweils zur Hälfte ab. Außerdem setzte die Klägerin die Verbindlichkeiten gegenüber der Sparkasse als eigene Schuld an und behandelte die Zinsen in den Jahren 1974 bis 1977 als Betriebsausgaben.
Nach einer Betriebsprüfung erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Forderungsabschreibungen nicht als Betriebsausgaben an. Außerdem berücksichtigte er die 1973 verbuchten Zinserträge aus den abgeschriebenen Forderungen nicht als Betriebsertrag und ließ ebenfalls die 1974 bis 1977 verbuchten Zinsaufwendungen aus dem Konto der Sparkasse außer Betracht. Die Gewinnfeststellungsbescheide 1973 bis 1977 und die Einheitswertfeststellungen zum 1. Januar 1974 bis 1. Januar 1976 wurden entsprechend geändert.
Die Klage blieb erfolglos.
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. Das FG hat der Klägerin zu Recht die Abschreibung auf Forderungen gegen die X- und Y-KG versagt.
Die Feststellungen des FG ergeben nicht eindeutig, wie diese Forderungen Betriebsvermögen der Klägerin geworden sind. Die Klägerin beruft sich darauf, daß sie den Betrieb der Y-KG fortgesetzt und ihr Betriebsvermögen übernommen habe. Dies kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden. Daraus folgt jedoch nicht, daß die fraglichen Forderungen ihr Betriebsvermögen geworden sind. Hierbei handelt es sich nämlich um Verbindlichkeiten der Y-KG, die bei der Klägerin, hätte sie den Betrieb der Y-KG übernommen, zu passivieren, nicht aber, wie geschehen, zu aktivieren waren. Da sich die Betriebsübernahme aus dem erst im Dezember 1973 geschlossenen Vertrag über die Übernahme bestimmter Vermögensgüter ergeben soll, könnte damit auch die Aufnahme von Forderungen bereits in die Eröffnungsbilanz zum 10. September 1973 nicht begründet werden. Zudem enthält die Eröffnungsbilanz auch Forderungen gegen die X-KG, für die eine Betriebsübernahme ersichtlich nicht behauptet werden soll.
Die Aktivierung von Forderungen der Gesellschafter in der Eröffnungsbilanz der Klägerin wären allenfalls gerechtfertigt, wenn die Gesellschafter ihre Ansprüche gegen die X- und die Y-KG anläßlich der Gründung der Klägerin im Wege einer Gesellschaftereinlage übertragen hätten. Hierauf deutet die buchmäßige Behandlung der Forderungen hin, die den Einlage- und den Darlehenskonten der Kommanditisten gutgeschrieben worden sind. Im Gesellschaftsvertrag ist allerdings lediglich bestimmt, daß die Kommanditisten eine Einlage von je 50 000 DM übernehmen und diese in vollem Umfang bereits erbracht hätten. Wie dies geschehen ist, ergibt sich aus dem Gesellschaftsvertrag nicht. Hierfür kommt die Übernahme von Einrichtungsgegenständen und Warenbeständen der X- und Y-KG in Betracht, wie sie im Dezember 1973 vereinbart worden ist. Diese zwischen der Klägerin und den genannten Gesellschaften getroffene Vereinbarung läßt sich dahin auslegen, daß die X- und die Y-KG die genannten Gegenstände für Rechnung von A und B übertragen, die hierfür eine entsprechende Minderung ihrer Forderungen hinnehmen. Da die übertragenen Vermögensgegenstände einen Wert von 163 200 DM hatten, A und B jedoch nur eine Einlage von insgesamt 100 000 DM aufbringen mußten, hätten sie ihrer Einlageverpflichtung damit genügt.
Selbst wenn aber aus dem Zusammenspiel von Gesellschaftsvertrag, Eröffnungsbilanz und späterer Übertragung von Wirtschaftsgütern durch die X- und Y-KG geschlossen werden müßte, daß A und B zunächst ihre Forderungen gegen die X- und die Y-KG eingelegt haben und die Gesellschaften später bestimmte Wirtschaftsgüter in Anrechnung auf ihre Verbindlichkeiten übertragen haben, würde sich daraus nicht die von der Klägerin begehrte Abschreibung rechtfertigen. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 6 i. V. m. Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind Einlagen bei der Eröffnung eines Betriebs mit ihrem Teilwert anzusetzen; dieser Wert entspricht, da ein Betrieb als wirtschaftliche Einheit bei der Gründung noch nicht vorhanden ist, in der Regel dem gemeinen Wert des eingelegten Wirtschaftsgutes (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 7. Dezember 1978 I R 142/76, BFHE 128, 178, BStBl II 1979, 729). Nach den Feststellungen des FG muß aber angenommen werden, daß die Forderungen bereits im September 1973 insoweit wertlos waren, als nicht mit einer Übertragung von Wirtschaftsgütern seitens der X- und der Y-KG gerechnet werden konnte. Die Bürgschaftserklärung des D, zu der es erst nach dem im Dezember 1973 geschlossenen Übergabevertrag mit den Gesellschaften gekommen ist, war danach von vornherein ohne Wert. Gegen diese tatsächlichen Feststellungen des FG sind Verfahrensrügen nicht vorgebracht worden; der Senat ist daher an die Tatsachenwürdigung der Vorinstanz gebunden (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
2. Die Klägerin hat im Rahmen der in der Eröffnungsbilanz aktivierten Forderungen auch einen Anspruch ihrer Gesellschafter gegen die X-KG im Zusammenhang mit einer Bankverbindlichkeit angesetzt. Gleichzeitig ist jedoch auch diese Verbindlichkeit passiviert worden. Diese Buchungsweise ist widersprüchlich. Haben die Gesellschafter der Klägerin, wie von dieser vorgetragen, die Forderung der Bank aufgrund einer Bürgschaft befriedigt, würde die Bankverbindlichkeit nicht mehr bestehen. Möglicherweise soll die Buchung besagen, daß die Bankverbindlichkeit fortbesteht, daß A und B für sie einzustehen haben und daß sie Rückgriffsansprüche gegen die X- und Y-KG geltend machen. Die Bankschuld hat, da die Klägerin den Betrieb der X-KG nicht übernommen hat, jedoch keine Beziehung zum klägerischen Unternehmen; sie kann, da es keine gewillkürten Betriebsschulden gibt (BFH-Urteil vom 1. Juni 1978 IV R 109/74, BFHE 125, 254, BStBl II 1978, 618, m.w.N.), deshalb nicht in einer Bilanz der Klägerin passiviert werden. Aus diesem Grunde stellen die für diese Schuld gezahlten Zinsen auch keine Betriebsausgaben dar. Einem Rückgriffsanspruch von A und B gegen die genannten Gesellschaften kam nach dem Vorgesagten kein wirtschaftlicher Wert zu, so daß er in der Eröffnungsbilanz nicht aktiviert und später nicht abgeschrieben werden konnte.
3. Das FG hat auch zu Recht verneint, daß die Forderungen Sonderbetriebsvermögen von A und B bei ihrer Beteiligung an der Klägerin sein könnten. Dies würde voraussetzen, daß es sich bei den Forderungen um Wirtschaftsgüter handelt, die unmittelbar zur Begründung oder Stärkung der Beteiligung der Mitunternehmer A und B an der Klägerin eingesetzt werden (vgl. Schmidt, Einkommensteuergesetz, 6. Aufl., § 15 Anm. 79, m.w.N.); hierfür hat das FG nichts feststellen können.
5. Aufgrund dieser Erwägungen erweist sich auch die Änderung der Einheitswertbescheide des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1974 bis 1. Januar 1976 als zutreffend.
Fundstellen
Haufe-Index 415378 |
BFH/NV 1988, 772 |