Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Gemeinnützigkeit eines Vereins für Yoga-Psychologie
Leitsatz (NV)
Die für die Anerkennung als gemeinnützig erforderlichen Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung müssen so genau sein, daß aufgrund der Satzung die satzungsmäßigen Voraussetzungen für steuerliche Vergünstigungen geprüft werden können (formelle Satzungsmäßigkeit). Die Verwendung des Begriffes ,,Yoga-Psychologie" läßt keine hinreichenden Schlüsse darüber zu, ob eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke verfolgt.
Normenkette
KStG 1977 § 5 Abs. 1 Nr. 9; AO 1977 §§ 52, 60 Abs. 1
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist ein eingetragener Verein.
Der Vereinszweck ist in § IV der Satzung vom 12. April 1975 wie folgt beschrieben:
Zweck und Ziel des Vereines ist es,
1. Yoga-Psychologie und Universale Religion auf der Grundlage der Lehren und Bücher von . . . zu verbreiten - mit dem Ziel, das Verständnis zwischen den verschiedenen Glaubensbekenntnissen und Weltanschauungen zu fördern, und so den Weg für eine internationale Kultur des Friedens im Dienste der Menschheit zu ebnen. (Mit ,,Religion" ist hier keine Kirche oder Konfession gemeint, sondern reine Religosität.) Das Yoga . . . in . . . ist Hauptsitz der Arbeit in Deutschland,
2. ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der Gemeinnützigkeitsverordnung vom 24. Dezember 1953 zu verfolgen . . .
Zur Verwirklichung des Vereinszwecks sollten nach § VI der Satzung die Bücher und Schriften und die darin enthaltenen Lehren des . . . verbreitet werden. Mitglied des Vereins konnte jede Person werden, die bereit war, sich für die Zwecke und Ziele des Vereins miteinzusetzen (§ V der Satzung).
Das ursprüngliche zuständige Finanzamt (FA) bescheinigte dem Kläger am 20. Oktober 1975, daß er nach der eingereichten Satzung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken diene. Die Geltungsdauer der Bescheinigung, mit der der Kläger zur Erteilung von Spendenbescheinigungen ermächtigt wurde, war auf längstens 18 Monate befristet.
Mit Schreiben vom 17. Dezember 1979 teilte das FA dem Kläger mit, seine Gemeinnützigkeit könne nicht weiter bejaht werden, da der satzungsmäßige Zweck nicht so konkretisiert sei, daß er eine eindeutige Aussage über Inhalt und Art und Weise der Aktivitäten des Klägers zulasse.
Am 3. April 1980 erließ der Beklagte und Revisionskläger (Beklagter) einen über null DM lautenden Körperschaftsteuerbescheid für 1978. In der Begründung des Bescheides wurde ausgeführt, der Kläger könne aus den mit Schreiben vom 17. Dezember 1979 mitgeteilten Gründen nicht als gemeinnützig anerkannt werden.
Die hiergegen erhobene Sprungklage hatte Erfolg. Nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) erfüllte der Kläger die gesetzlichen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt der Beklagte die Verletzung des § 76 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und des § 52 der Abgabenordnung (AO 1977).
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).
Die Voraussetzungen für eine Anerkennung des Klägers als gemeinnützige Körperschaft liegen im Streitfall nicht vor. Hierbei kann dahinstehen, ob der Kläger überhaupt gemeinnützige Zwecke i. S. des § 52 AO 1977 verfolgt. Denn entgegen der Auffassung des FG fehlt es bereits an der formellen Satzungsmäßigkeit (§ 60 AO 1977).
1. Die vom FG angenommenen förderungswürdigen Tätigkeiten des Klägers sind in dessen Satzung nicht hinreichend genau bestimmt.
a) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1977) sind von der Körperschaftsteuer befreit Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, dem Stiftungszweck und der sonstigen Verfassung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen. Eine Körperschaft verfolgt nach § 52 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 gemeinnützige Zwecke, wenn die Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Als Förderung der Allgemeinheit sind nach Abs. 2 dieser Vorschrift insbesondere (u. a.) anzuerkennen die Förderung von Bildung und Erziehung, der Religion und der Völkerverständigung.
Die Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung müssen so genau bezeichnet sein, daß aufgrund der Satzung die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Steuervergünstigung geprüft werden können (§ 60 Abs. 1 AO 1977); sog. formelle Satzungsmäßigkeit; vgl. dazu auch Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. Dezember 1978 I R 39/78, BFHE 127, 330, BStBl II 1979, 482 unter 3.).
b) Das FG hat hierzu ausgeführt, der Kläger versuche die in § IV der Satzung festgelegten Zwecke (Förderung des Verständnisses der verschiedenen Glaubensbekenntnisse) dadurch zu erreichen, daß er über die Yoga-Meditation die Aggressionen und Spannungszustände im Einzelmenschen abbaue und diesen zu einem inneren Frieden und zu einer Ausgeglichenheit hinführe. Die Einführung in die Meditation sei eine wertvolle Hilfe für den einzelnen Menschen im psychotherapeutischen Bereich. Hierin sei ein wesentliches Kriterium einer selbstlosen Förderung der Allgemeinheit zu erblicken.
c) Hinsichtlich dieser vom FG angenommenen Art der Verwirklichung der Satzungszwecke entspricht die Satzung des Klägers vom 12. April 1975 nicht dem Erfordernis der formellen Satzungsmäßigkeit des § 60 Abs. 1 AO 1977.
Vereinszweck soll u. a. sein (§ IV Nr. 1 der Satzung), ,,Yoga-Psychologie . . . auf der Grundlage der Lehren und Bücher von . . . zu verbreiten"; das soll nach § VI durch Verbreiten der Bücher und Schriften und der darin enthaltenen Lehren des . . . verwirklicht werden. Diese Formulierungen beschreiben die Art der Verwirklichung der in der klägerischen Satzung bezeichneten Zwecke nicht so genau, daß eine Prüfung möglich ist.
So mangelt es bereits an einer genügenden, inhaltlichen Umschreibung des Begriffes Yoga-Psychologie. Während als Yoga (Joga) ein philosophisch-religiöses Meditationssystem Indiens verstanden wird, das dem Ziel dient, die Seele von der Materie zu trennen, um sie in einen Zustand der Bewußtlosigkeit jenseits der Welt zu führen, wobei zur Erreichung dieses Zieles bestimmte Meditationstechniken angewendet werden (vgl. Meyers Großes Universallexikon, Bd. 7, 1983 S. 305), ist Yoga-Psychologie kein vom allgemeinen Sprachgebrauch her bestimmbarer Begriff. Zweifelhaft ist insbesondere, ob diese Wortschöpfung mit dem vom FG verwendeten Begriff ,,Yoga-Meditation" umschrieben und/oder gleichgesetzt werden kann.
Der Satzung ist ferner nicht zu entnehmen, in welcher Form die sog. Yoga-Psychologie praktiziert werden soll. Die in § VI der Satzung zur Verwirklichung des Satzungszwecks vorgesehene Verbreitung der Bücher und Schriften des . . . läßt sich nicht ohne weiteres, wie vom FG geschehen, mit der Anwendung der Technik der Meditation im psychotherapeutischen Bereich gleichsetzen. Die Verbreitung kann sich vielmehr bereits im bloßen Verkauf der Werke des . . . erschöpfen.
Das FG kann seine Entscheidung auch nicht auf das Urteil des BFH vom 20. Januar 1972 I R 81/70 (BFHE 104, 534, BStBl II 1972, 440) stützen, in dem die Verbreitung der Yoga-Meditation als gemeinnützig anerkannt worden ist. Denn im dortigen Fall war die Art der Verwirklichung der Satzungszwecke (Anwendung der Technik der Meditation) hinreichend konkretisiert, während sich diese im Streitfall mangels Erläuterung des Begriffs Yoga-Psychologie und seiner Bedeutung in der Lehre des . . . auch durch Auslegung aller Satzungsbestimmungen nicht ermitteln läßt (vgl. zur Möglichkeit der Ermittlung der Satzungszwecke im Wege der Auslegung Urteil in BFHE 127, 330, BStBl II 1979, 482). Der Senat läßt ausdrücklich offen, ob er auch heute noch der in dem Urteil in BFHE 104, 534, BStBl II 1972, 440 vertretenen Auffassung folgen würde.
2. Das FG hat die Frage, ob der Kläger gemeinnützige Zwecke i. S. des § 52 AO 1977 verfolgt, lediglich unter dem Gesichtspunkt der Yoga-Psychologie geprüft. Der Kläger hält sich jedoch nach seinem eigenen Selbstverständnis, wie sich insbesondere aus seinem Vorbringen im gerichtlichen Verfahren ergibt, für eine Vereinigung auf religiöser Grundlage. Nach dem Beispielskatalog des § 52 Abs. 2 AO 1977 sind als die Förderung der Allgemeinheit auch die Förderung der Religion anzuerkennen.
Es kann offenbleiben, ob der Kläger religiöse Zwecke im Sinne dieser Vorschrift verfolgt. Denn auch insoweit fehlt es an der formellen Satzungsmäßigkeit.
Nach § IV der Satzung soll die universale Religion auf der Grundlage der Lehren und Bücher von . . . verbreitet werden. Damit wird auf für den Satzungszweck und dessen Prüfung wesentliche Elemente verwiesen, die außerhalb der Satzung liegen und zudem ihrem Inhalt nach unbestimmt sind und dauernden Änderungen unterliegen können. Denn aus der Satzung können noch nicht einmal Anzahl und Titel der Werke des . . . entnommen werden.
Die von . . . verbreiteten Lehren beruhen auf buddhistischem Gedankengut. Die Lehren des Buddhismus, der eine Vielzahl unterschiedlicher Strömungen aufweist, sind inhaltlich weniger konkret festgelegt als bei anderen Religionen. Gerade hieraus ergeben sich für die formelle Satzungsmäßigkeit besondere Anforderungen.
Fundstellen