Leitsatz (amtlich)
Die nach § 96 Abs. 1 Nr. 2 AO getroffene Verfügung, eine zunächst uneingeschränkt gewährte Aussetzung der Vollziehung wegen der später eingetretenen Gefährdung des Abgabenanspruchs nunmehr an eine Sicherheitsleistung zu knüpfen (§ 242 Abs. 2 Satz 4 AO), kann von den Gerichten nur dahin geprüft werden, ob die Behörde beim Erlaß des angefochtenen Verwaltungsakts Inhalt und Ausmaß des ihr eingeräumten Ermessens beachtet hat.
Normenkette
AO §§ 96, 242; FGO §§ 40, 102
Tatbestand
Die Klägerinnen und Revisionsklägerinnen (Klägerinnen) sind als sogenannte Beteiligungsgesellschaften - jeweils in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft - auf die Aufnahme einer Vielzahl von Kommanditisten zur Finanzierung des Gesellschaftszwecks angelegt. Mit der Zuführung der Kommanditisten zu diesen Massengesellschaften waren Unternehmen beauftragt, an denen der einzige persönlich haftende Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerinnen, der Kaufmann A, maßgeblich beteiligt war. In den Hauptsachverfahren, die sich in unterschiedlichen Verfahrensstadien befinden, ist streitig, ob die auf diesen Leistungen ruhenden und den Klägerinnen gesondert in Rechnung gestellten Umsatzsteuern abziehbare Vorsteuerbeträge im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967 sind. Die Klägerinnen hatten die Abzugsfähigkeit dieser Vorsteuerbeträge bejaht und waren hiervon in ihren Umsatzsteuererklärungen (Jahreserklärungen und Voranmeldungen) ausgegangen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA), der zunächst die Umsatzsteuer entsprechend den abgegebenen Umsatzsteuererklärungen festgesetzt hatte, kam nach einer Sonderprüfung durch die er Kenntnis von den zugrundeliegenden Sachverhalten gewonnen hatte, zu einer abweichenden Rechtsauffassung. Das FA erließ aufgrund der Prüfungsfeststellungen im Jahr 1972 berichtigte Bescheide, die im Verhältnis zu den ursprünglichen Steuerfestsetzungen Mehrsteuern auslösten. Die Klägerinnen verbanden die Einlegung des Einpruchs bzw. der Beschwerde mit Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung der streitigen Steuerbeträge gemäß § 242 Abs. 2 AO, denen das FA auch mit Verfügungen aus dem Jahre 1972 entsprach.
Durch gleichlautende Verfügungen vom 11. März 1974 widerrief das FA unter Hinweis auf § 96 Abs. 1 Nr. 2 AO die bisherigen Aussetzungsverfügungen "insoweit, als bisher die Aussetzung von einer Sicherheitsleistung nicht abhängig gemacht worden ist". Die Aussetzung der Vollziehung erfolgte nunmehr unter der Bedingung, daß in Höhe der streitigen Steuerbeträge binnen 8 Tagen ab Zustellung der Verfügung eine geeignete Sicherheit (z. B. Bankbürgschaft) geleistet wird. Das FA stützte seine Verfügungen auf den Hinweis, daß der persönlich haftende Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerinnen laut Presseberichten flüchtig sei und daß gegen ihn unter dem Aktenzeichen … vom Amtsgericht X bereits am 1. Februar und ergänzt am 6. Februar 1974 ein Haftbefehl wegen Steuerhinterziehung in Höhe von rd. 6 Mio. DM erlassen worden sei.
Die hiergegen eingelegten Beschwerden wurden von der OFD … mit gleichlautenden Beschwerdeentscheidungen vom 29./30. April 1974 als unbegründet zurückgewiesen. Die OFD hielt die vom FA getroffenen Entscheidungen aus denselben Gründen für sachgerecht.
Die von den Klägerinnen zum FG erhobenen Klagen blieben ohne Erfolg. Das FG hat zu dem von FA und OFD angegebenen Sicherungsgrund ergänzende Feststellungen getroffen. Die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht X hat auf Anfrage des FG mit Schreiben vom 2. September 1974 mitgeteilt, daß am 22. Oktober 1973 gegen A Anklage wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen in Höhe von 1,3 Mio. DM erhoben worden sei. Der Angeschuldigte und sein Verteidiger hätten sich zu der am 9. November 1973 zugestellten Anklageschrift bisher nicht geäußert. Über die Zulassung der Anklage und die Eröffnung des Hauptverfahrens sei noch nicht entschieden. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft sei das Verfahren durch Beschluß des Landgerichts vom 6. März 1974 wegen Abwesenheit des Angeschuldigten gemäß § 205 der Strafprozeßordnung vorläufig eingestellt und Haftbefehl gegen A erlassen worden, weil dieser flüchtig sei. Des weiteren werde gegen A wegen des Verdachts anderer umfangreicher Steuerhinterziehungen in seiner Eigenschaft als persönlich haftender Gesellschafter der Klägerinnen, und zwar in zwei Fällen und in Höhe von 6 Mio. DM ermittelt. Deswegen habe das Amtsgericht X am 1. Februar 1974 Haftbefehl erlassen. Außerdem sei A in der Bundesrepublik Deutschland zur Festnahme ausgeschrieben. Gegenstand eines weiteren Ermittlungsverfahrens sei der Verdacht, daß A im Zusammenhang mit den ihm angelasteten Steuerhinterziehungen den Straftatbestand der fortgesetzten Untreue zum Nachteil seiner Mitgesellschafter verwirklicht habe. Die Eintragung weiterer Beteiligungsgesellschaften nach dem Vorbilde der Klägerinnen in das Handelsregister habe das zuständige Amtsgericht unter Hinweis auf die schwebenden Verfahren abgelehnt. Ferner hat das jetzt zuständige FA X mit Schreiben vom 20. September 1974 mitgeteilt, daß wegen der im einzelnen angegebenen Umsatzsteuerrückstände erfolglose Sachpfändungen am 27. März 1974 und ferner erfolglose Kontenpfändungen bei verschiedenen Banken durchgeführt worden seien. Es existierten weder Büroräume für die Klägerinnen, noch besäßen die Klägerinnen Bankkonten. Über Bankkonten verfüge nur die A-GmbH, die als Verwaltungsgesellschaft für die Klägerinnen tätig werde. Aufgrund dieser Feststellungen ist das FG zu dem Ergebnis gekommen, daß eine objektive Gefährdung der Abgabenansprüche gegeben und damit die Anordnung einer Sicherheitsleistung gerechtfertigt sei.
Gegen die Urteile des FG haben die Klägerinnen Revision eingelegt, über die nach dem Beschluß des Senats durch Verbindung gemäß § 73 FGO gemeinsam verhandelt und entschieden werden soll. Die Klägerinnen bestreiten, daß die Voraussetzungen für einen Widerruf nach § 96 Abs. 1 Nr. 2 AO vorgelegen haben. Der vom FG aufgrund der staatsanwaltschaftlichen Auskünfte unterstellte Tatverdacht gegen A bestehe nicht. Das FG hätte prüfen müssen, ob der Tatverdacht begründet sei. Die ungeprüfte Übernahme staatsanwaltschaftlicher Erklärungen verletze das im Grundgesetz verankerte Prinzip der Rechtmäßigkeit. Der Auslandsaufenthalt des A gründe sich auf die Befürchtung, Opfer eines Justizirrtums zu werden. Begründeten schuldrechtlichen Verpflichtungen sei A bis jetzt immer nachgekommen; Schaden habe er entgegen der Auffassung des FG nicht angerichtet. Die Tatsache, daß Haftbefehle gegen A erlassen worden seien, rechtfertige daher nicht die Annahme einer Gefährdung von Abgabenansprüchen, die einerseits nicht beständen, andererseits sich nicht gegen A, sondern die Klägerinnen richteten.
Die Klägerinnen beantragen, das FA unter Aufhebung der Verfügungen vom 11. März 1974 und der hierzu ergangenen Beschwerdeentscheidungen der OFD … vom 29./30. April 1974 sowie der Urteile des FG zu verpflichten, die Vollziehung der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide weiterhin ohne Sicherheitsleistung bis zum Ergehen einer Entscheidung des BFH in einer bei ihm anhängigen Hauptsache auszusetzen.
Das FA beantragt, die Revisionen zurückzuweisen. Es tritt im wesentlichen der Auffassung des FG bei.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen sind nicht begründet.
1. Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß die Verfügungen des FA vom 11. März 1974, mit denen die weitere Aussetzung der Vollziehung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht wurde, die ursprünglichen Aussetzungsverfügungen des FA durch Beifügung einer Bedingung zum Nachteil der Klägerinnen geändert haben. Die (hinzugefügte) Bedingung der Sicherheitsleistung kann für sich allein nicht angefochten werden. Gegenstand der Anfechtungsklagen sind vielmehr die Aussetzungsverfügungen des FA in der Gestalt, die sie durch die Beifügung der Klausel über eine Sicherheitsleistung gefunden haben (vgl. BFH-Urteil vom 31. Oktober 1973 I R 249/72, BFHE 111, 5, BStBl II 1974, 118, mit weiteren Nachweisen).
2. Nach Auffassung des Senats haben diese geänderten Aussetzungsverfügungen die Klägerinnen nicht in ihren Rechten verletzt (§ 40 Abs. 2 FGO). Es handelt sich bei den angegriffenen Änderungsverfügungen - ebenso wie bei den ursprünglichen - um Verwaltungsakte im Sinne des § 96 AO. Es kann hier dahinstehen, welche rechtliche Tragweite dem in den ursprünglichen Aussetzungsverfügungen enthaltenen freien Widerrufsvorbehalt beizumessen ist, denn das FA hat sich bei seinem Vorgehen auf § 96 Abs. 1 Nr. 2 AO gestützt. Die nach dieser Bestimmung erforderliche Änderung derjenigen tatsächlichen Verhältnisse, die für den Erlaß der ursprünglichen Verfügungen maßgebend waren, hat das FG zutreffend bejaht. Eine Änderung im vorbezeichneten Sinne ist gegeben, da es die nachträglich eingetretenen Umstände - wie noch darzulegen sein wird - rechtfertigen, die Aussetzung der Vollziehung nunmehr von der Beibringung einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen. Bei diesen von der Verwaltung getroffenen Entscheidungen, die die Rechtsposition der Klägerinnen zu ihrem Nachteil verändert haben, handelt es sich um Ermessensentscheidungen (vgl. BFH-Beschluß vom 25. August 1967 III S 4/67, StRK, Finanzgerichtsordnung, § 69, Rechtsspruch 68; BFH-Urteile vom 27. August 1970 V R 102/67, BFHE 100, 291, BStBl II 1971, 1; I R 249/72). Es ist rechtlich möglich, daß die Beurteilung des Gegenstandes eines unbestimmten Rechtsbegriffs (hier die konkrete Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 96 Abs. 1 Nr. 2 AO) von einer (nach § 242 Abs. 2 AO) zu treffenden Ermessensentscheidung abhängt. Ein solcher Fall ist jedenfalls dann gegeben, wenn dieselben Tatsachenvorgänge eine einheitliche rechtliche Wertung unter dem Gesichtspunkt verschiedener Rechtsvorschriften erfahren müssen. In solchen Fällen von rechtlichen Beziehungen wechselseitiger Abhängigkeit ist zu prüfen, ob die Ermessensentscheidung im Sinne des § 242 Abs. 2 AO Rechtens ergangen ist, womit bejahendenfalls zugleich das Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen des § 96 Abs. 1 Nr. 2 AO indiziert ist. Eine andere (d. h. umgekehrte und die Akzessorietät des § 96 Abs. 1 Nr. 2 AO verneinende) Beurteilung würde dazu führen, daß die der gerichtlichen Nachprüfung von Ermessensentscheidungen gezogenen Grenzen überschritten werden würden, obwohl die der Verwaltung obliegende Sachentscheidung (Anordnung der Sicherheitsleistung oder nicht) allein nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen ist. Aus diesen Gründen kann die Entscheidung der Verwaltung, eine bereits bestehende Aussetzung der Vollziehung für die Zukunft nur gegen Sicherheitsleistung gewähren zu wollen, gerichtlich nur unter dem Gesichtspunkt überprüft werden, ob die Behörde beim Erlaß des angefochtenen Verwaltungsakts Inhalt und Ausmaß des ihr eingeräumten Ermessens beachtet hat.
3. Nach § 242 Abs. 2 letzter Satz AO kann das FA die Aussetzung der Vollziehung erlassener Steuerbescheide von einer Sicherheitsleistung abhängig machen. Eine derartige Maßnahme ist möglich und im öffentlichen Interesse geboten, wenn durch die Aussetzung der Vollziehung die spätere Durchsetzung des Abgabenanspruchs gefährdet wäre (vgl. BFH-Entscheidungen vom 8. März 1967 VI B 50/66, BFHE 88, 78, BStBl III 1967, 294; vom 22. Juni 1967 I B 7/67, BFHE 89, 24, BStBl III 1967, 512; vom 19. Juli 1973 I B 27/73, BFHE 110, 3, BStBl II 1973, 782, sowie Entscheidungen III S 4/67 und V R 102/67).
a) Bei Nachprüfung des von der Finanzverwaltung ausgeübten Ermessens ist das FG zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, daß sich die OFD (deren Handeln gemäß § 44 Abs. 2 und § 63 Abs. 1 FGO dem beklagten FA zuzurechnen ist) bei ihrer Entscheidung innerhalb der von der vorbezeichneten Rechtsprechung gezogenen Schranken des Ermessensgebrauchs gehalten hat (§ 102 FGO). Das FG konnte dabei nur diejenigen Tatsachen zugrunde legen, die im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (dem 29./30. April 1974) gegeben waren, denn die Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Ermessensausübung kann nur von Tatsachen abhängen, welche der zuständigen Behörde bekannt waren oder bekannt sein konnten (vgl. BFH-Urteile vom 10. Mai 1972 II 57/64, BFHE 105, 458, BStBl II 1972, 649, und vom 26. Juli 1972 I R 158/71, BFHE 106, 489, BStBl II 1972, 919). Dies ist geschehen. Das FA hat bereits in seinen Änderungsverfügungen vom 11. März 1974 die seine Entscheidungen tragenden Gründe, welche aus seiner Sicht in der Flucht des Komplementärs und dem erlassenen Haftbefehl vom 1. Februar 1974 nach außen hin sichtbar wurden, angegeben. Hierauf hat sich auch die Prüfung der OFD im Beschwerdeverfahren erstreckt. Die Beurteilung der Verwaltung, daß steuerliche Unregelmäßigkeiten mit der Folge erheblicher steuerlicher Mehrbelastungen bei den Klägerinnen die Durchsetzung der nach § 242 AO ausgesetzten Steueransprüche gefährdeten, ist durch die ergänzenden Feststellungen des FG jedenfalls in tatsächlicher Hinsicht bestätigt worden. Diese Feststellungen beziehen sich auf Tatsachenvorgänge, die vor dem Ergehen der letzten Verwaltungsentscheidung liegen. Sie lassen außerdem, weil sie lediglich ergänzender Natur sind, nicht den Schluß zu, daß die Verwaltung den Umfang der ihr durch § 242 Abs. 2 AO auferlegten Prüfungspflichten verkannt habe.
b) Die für die Anordnung einer Sicherheitsleistung erforderliche Gefährdung des Abgabenanspruchs ist vornehmlich darin zu erblicken, daß der Abgabenpflichtige in seiner Person oder aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse nicht oder nicht mehr die Gewähr dafür bietet, daß der Abgabenanspruch nach Abschluß des anhängigen Rechtsstreits in der Hauptsache noch verwirklicht werden kann (vgl. BFH-Beschlüsse VI B 50/66 und III S 4/67). Eine unmittelbare, sich z. B. in entsprechenden Handlungen des Abgabenpflichtigen niederschlagende Gefährdung ist nicht erforderlich (vgl. BFH-Beschluß I B 7/67). Hieran gemessen war das an die Klägerinnen gerichtete Verlangen, eine Sicherheitsleistung - z. B. in Form einer Bankbürgschaft - beizubringen, nicht ermessensfehlerhaft. Die wegen des Vorwurfs unberechtigter Inanspruchnahme steuerlicher Vergünstigungen gegen die Klägerinnen laufenden Verfahren (Steuerermittlungsund Strafverfahren) würden wegen der Höhe der in Rede stehenden Beträge von ca. 1,3 Mio. DM und 6 Mio. DM ohnehin die Annahme einer Gefährdung anderer noch bestehender Abgabenansprüche rechtfertigen, es sei denn, daß das Gesellschaftsvermögen der Klägerinnen nach Größe, Zusammensetzung und Belegenheit eine abweichende Beurteilung ermöglichen würde. Hier steht jedoch fest, daß Pfändungsversuche des FA hinsichtlich eines Gesamtbetrages von (nur) rd. 250 000 DM Umsatzsteuer erfolglos blieben, da weder Bankkonten noch pfändbare Gegenstände im Inland vorhanden sind. Die Verwaltungsgeschäfte werden durch ein anderes Unternehmen, an dem der persönlich haftende Gesellschafter maßgeblich beteiligt ist, erledigt. Wenn die Klägerinnen meinen, der Finanzverwaltung bei dieser Sachlage noch den Vorwurf mangelnder Ausnutzung aller Zugriffsmöglichkeiten machen zu können, so bestätigen sie damit, daß eine objektive Gefährdung im Sinne der BFH-Rechtsprechung gegeben ist; denn im vorliegenden Fall ist der Zugriff (bei hinzutretender mangelnder Zahlungsbzw. Sicherungsbereitschaft) in nicht übersehbarer Weise erschwert.
Hinzu tritt der Umstand, daß der alleinige Komplementär der Klägerinnen unter dem Verdacht steht, als der zur Geschäftsführung und Vertretung der Klägerinnen allein befugte Gesellschafter Steuerhinterziehungen erheblichen Umfangs zugunsten der Klägerinnen begangen zu haben; er hat sich deswegen ins Ausland begeben. Ob die von der hierfür zuständigen Finanzbehörde geltend gemachten Rechtsauffassungen und die von den Strafverfolgungsbehörden erhobenen strafrechtlichen Beschuldigungen im Ergebnis zutreffend sind, ist bei einer nach § 242 Abs. 2 letzter Satz AO ergangenen Maßnahme, die in einem summarischen und vorläufigen Verfahren zu treffen ist, nicht zu prüfen. Es kann ferner einerseits davon ausgegangen werden, daß die vorbezeichneten anderen Behörden die Gesetze beachten; andererseits wird dem Abgabenpflichtigen durch die Forderung nach einer Sicherheitsleistung kein nicht mehr rückgängig zu machender Nachteil in rechtlicher oder wirtschaftlicher Sicht zugefügt.
In dem Verhalten des Komplementärs, der allein zur Geschäftsführung und Vertretung der Klägerinnen befugt ist, muß ein zusätzliches, in seiner Person liegendes Moment der Gefährdung der Abgabenansprüche gesehen werden. Es ist nicht zu beanstanden, wenn seine Flucht ins Ausland mit unbekanntem Aufenthaltsort im Sinne einer mangelnden Bonität der Klägerinnen bewertet worden ist.
c) Die Anordnung von Sicherheitsleistungen ist auch nicht - wie die Klägerinnen meinen - deswegen ermessensfehlerhaft, weil in den Hauptsacheverfahren die Gewähr sicherer Erfolgsaussichten gegeben sei (vgl. BFH-Beschluß vom 22. Dezember 1969 V B 115-116/69, BFHE 97, 240, BStBl II 1970, 127). Eine derartige Auffassung ist, wie aus den Ausführungen des Senats im Beschluß vom 28. November 1974 V B 52/73 (BFHE 114, 169, BStBl II 1975, 239) zu entnehmen ist, nicht zutreffend.
Fundstellen
Haufe-Index 413353 |
BStBl II 1976, 53 |