Entscheidungsstichwort (Thema)
Anschaffungsnaher Aufwand - Verborgene Mängel
Leitsatz (NV)
1. Werden an einem Mietwohnhaus im Jahr nach dem erheblich verbilligten Erwerb isolierverglaste Fenster und Türen angebracht sowie anstelle von Öfen Gasetagenheizungen eingebaut, handelt es sich um anschaffungsnahen Herstellungsaufwand (Anschluß an Urteil des Bundesfinanzhofs vom 11. August 1989 IX R 44/86, BFHE 158, 240, BStBl II 1990, 53).
2. Die Aufwendungen für die wirtschaftlich gebotene Heizungsumstellung können auch nicht als der Beseitigung verdeckter Mängel dienend zum sofortigen Werbungskostenabzug zugelassen werden.
3. Anforderungen an die Darlegung versteckter Mängel.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 7, § 21
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind seit dem Jahre 1984 Miteigentümer eines Mietwohngrundstücks. Das darauf 1960 errichtete Gebäude enthält . . . vermietete Wohnungen, die im Erwerbszeitpunkt - bis auf drei - mit kohlebefeuerten Öfen ausgestattet waren. Der Kaufpreis für das von dem in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckenden Veräußerer zunächst für 950 000 DM angebotene Grundstück war Anfang Oktober 1984 in Verhandlungen mit dem Makler auf 800 000 DM ermäßigt worden, womit sich auch die Gläubigerbank des Verkäufers einverstanden erklärte. Nach Feststellung des Finanzgerichts (FG) besichtigten die Kläger sodann am . . . Oktober 1984 das Gebäude und schlossen am 14. Oktober 1984 den notariellen Kaufvertrag ab. Ende Oktober 1984 suchten die Kläger alle Mieter auf, die sie auf verschiedene Mängel des Hauses, vor allem die Reparaturbedürftigkeit des Garagendachs und einer Dachrinne hinwiesen; im übrigen regten die Mieter nach Angaben der Klägerin den Einbau von isolierverglasten Fenstern an. Nunmehr einigten sich die Kläger mit ihrer Bank über die Finanzierung des Kaufpreises sowie der voraussichtlichen Modernisierungsaufwendungen, zu denen sie schon Kostenvoranschläge eingeholt hatten. Zum 31. Dezember 1984 wurde das Grundstück den Klägern übergeben. Im Streitjahr 1985 ließen sie an dem Haus mit einem Aufwand von 147 661 DM isolierverglaste Fenster und Türen anbringen, für 5 440,02 DM das Garagendach - zugleich die Dachlaufbretter - sowie für 7 031,27 DM die Dachrinne erneuern. Ferner wurden im Frühjahr 1985 in zwei Wohnungen anstelle der inzwischen defekten Öfen Gasetagenheizungen für 19 046,47 DM eingebaut. Aufgrund der Fensterrenovierung hoben die Kläger den Mietzins um 12,5 v. H. und wegen des Heizungseinbaus um 2 v. H. an. Im Jahre 1986 wurde eine weitere Gasetagenheizung installiert.
In ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte für das Streitjahr machten die Kläger die Aufwendungen in Höhe von insgesamt 179 179 DM als sofort abziehbare Werbungskosten geltend. Dagegen erkannte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) lediglich einen Betrag von rd. 7 500 DM für kleinere Reparaturen als laufenden Erhaltungsaufwand an, im übrigen ging es von anschaffungsnahem Herstellungsaufwand aus. Das FA ermittelte den Verkehrswert des Grundstücks bei der Veranlagung für 1984 auf 1,7 Mio DM mit einem Anteil für den Grund und Boden von 15 v. H. Dementsprechend legte es bei Anschaffungskosten von insgesamt 853 974 DM einen Gebäudeanteil von 725 875 DM zugrunde.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das FG der Klage mit dem in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1987, 297 veröffentlichten Urteil statt. Das FG führte im wesentlichen aus: Es lägen weder Anschaffungskosten noch Herstellungskosten i. S. von § 255 des Handelsgesetzbuches (HGB) vor. Vielmehr seien lediglich Reparaturen bzw. - hinsichtlich der Fenster - eine Modernisierung vorgenommen worden. Die bisherige Rechtsprechung zum anschaffungsnahen Aufwand finde in § 255 HGB keine Stütze. Auch ein dahingehendes Gewohnheitsrecht sei nicht gegeben. Eine für den anschaffungsnahen Aufwand abweichende Begriffsbildung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten verstoße gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG -). Auch für die von der Finanzverwaltung gehandhabte Aufgreifgrenze der Höhe nach - 20 v. H. der Gebäudeanschaffungskosten - und die Abstellung auf einen Zeitraum von drei Jahren sei keine Rechtfertigung ersichtlich.
Außerdem sei hier die Aufgreifgrenze nicht überschritten. Denn die Aufwendungen für die Heizungsinstallation hätten nicht in den anschaffungsnahen Aufwand einbezogen werden dürfen, weil es sich um versteckte Mängel gehandelt habe. Der Anfang 1985 eingetretene Defekt an den ausgewechselten ,,Heizungen" sei bei der Anschaffung nicht voraussehbar gewesen.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung materiellen und formellen Rechts.
In der Sache sei das FG von der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) abgewichen. In den anschaffungsnahen Aufwand sei auch die Erneuerung der Heizungsanlage einzubeziehen; es handle sich um keine Beseitigung versteckter Mängel, da der Mangel in den nicht mehr zeitgemäßen Ofenheizungen bestanden habe und dies bei Kaufabschluß bekannt gewesen sei.
Außerdem werde Verletzung von § 96 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gerügt, weil das FG auf die vom FA als entscheidend angesehene Erhöhung des Nutzungswerts des Gebäudes nicht eingegangen sei. Im Folgejahr 1986 hätten die Kläger Instandsetzungsaufwendungen von 24 487 DM geltend gemacht, wovon das FA 20 210 DM als anschaffungsnahen Aufwand berücksichtigt habe.
Das FA beantragt, unter Aufhebung des FG-Urteils die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Im Ergebnis sei das FG nicht von der BFH-Rechtsprechung abgewichen. Denn das Gebäude sei im Zeitpunkt des Erwerbs weder stark heruntergewirtschaftet gewesen, noch sei deswegen ein entsprechend niedrigerer Kaufpreis gezahlt worden. Die Erhöhung des Nutzungswerts des Gebäudes durch die strittigen Maßnahmen sei nicht erheblich. In der bisherigen Rechtsprechung habe der BFH über im Vergleich zum Gebäudekaufpreis weit höhere Aufwendungen entschieden.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und Entscheidung in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).
Das FG hat zu Unrecht die strittigen Aufwendungen als Erhaltungsaufwand zum sofortigen Werbungskostenabzug (§ 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG -) bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zugelassen. Denn es handelt sich um anschaffungsnahen Herstellungsaufwand, der nach ständiger Rechtsprechung, welcher sich der erkennende Senat im wesentlichen angeschlossen hat, nur im Rahmen der Absetzung für Abnutzung (AfA) für das Gebäude zu berücksichtigen ist. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest und verweist zunächst, um Wiederholungen zu vermeiden, auf sein Urteil vom gleichen Tage IX R 44/86, BFHE 158, 240, BStBl II 1990, 53.
Geht man hiervon aus, kann die Vorentscheidung keinen Bestand haben. Das FG hat zu Unrecht das Vorliegen anschaffungsnahen Herstellungsaufwands verneint. Denn die Kläger haben das in wirtschaftlich veraltetem Zustand erworbene Mietwohngebäude im auf den Erwerb folgenden Jahr durch aufwendige Maßnahmen vor allem den modernen Erfordernissen des Witterungsschutzes und der Wärmedämmung angepaßt. Die Tatsache des ungewöhnlich verbilligten Erwerbs liegt angesichts des Unterschieds zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem unstreitigen Verkehrswert des Anwesens auf der Hand. Es kommt hinzu, daß die Höhe des anschaffungsnahen Aufwands ungefähr dem Preisnachlaß entspricht, den die Kläger gegenüber dem ursprünglich verlangten Kaufpreis erreicht haben. Die strittigen Aufwendungen haben auch zu einer erheblichen Erhöhung des Mietwerts des Gebäudes geführt, wie schon in der von den Klägern anschließend vorgenommenen Anhebung des Mietzinses zum Ausdruck kommt.
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist auch hinsichtlich der Höhe des anschaffungsnahen Aufwands entgegen dem FG-Urteil aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Soweit das FG hilfsweise die Kosten der Heizungsumstellung als Erhaltungsaufwand beurteilt hat, weil dadurch versteckte Mängel beseitigt worden seien, kann sich dem der Senat ebenfalls nicht anschließen. Zwar kommt für die Beseitigung verborgener Mängel nach dem Erwerb mit der ständigen Rechtsprechung ein Abzug als Erhaltungsaufwand nach den allgemeinen Grundsätzen in Betracht, weil solche Mängel zu keiner Minderung des Kaufpreises geführt haben (Beschluß des Großen Senats vom 22. August 1966 GrS 2/66, BFHE 86, 792, BStBl III 1966, 672). Das FA rügt aber zu Recht, daß hier der mit der Heizungsumstellung beseitigte Mangel der wirtschaftliche Verbrauch der Ofenheizung war (vgl. BFH-Urteil vom 8. Juli 1980 VIII R 189/78, BFHE 131, 312, BStBl II 1980, 744). Daß ihnen die Ausstattung des Gebäudes mit solchen Öfen unbekannt gewesen sei, haben die Kläger nicht behauptet. Wie lange ihnen die Ofenheizung technisch noch verwendbar erschien, ist demgegenüber unerheblich; der dann im Frühjahr 1985 eingetretene Defekt bildete nurmehr den Anlaß für die wirtschaftlich ohnehin gebotene Heizungsumstellung.
Die Sache ist auch im übrigen spruchreif. Das Vorbringen der Kläger, auch die Dachmängel seien ihnen erst nach der Anschaffung bekannt geworden, ist nicht schlüssig. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob es insoweit auf den Kenntnisstand des Erwerbers beim Abschluß des Kaufvertrags oder bis zur Erlangung wirtschaftlichen Eigentums an dem gekauften Gebäude ankommt und welche Anforderungen an die Verborgenheit des Mangels zu stellen sind. Hebt man auf die Kenntnis des Käufers im Zeitpunkt des Übergangs wirtschaftlichen Eigentums ab, widerspricht die Behauptung der Kläger ihrem eigenen Vortrag, wonach sie noch im Oktober 1984 durch die Mieter auf die Notwendigkeit von Dachreparaturen hingewiesen worden seien. Sollte allein der Kenntnisstand zur Zeit des Abschlusses des Kaufvertrags maßgeblich sein, ist das Vorbringen der Kläger nicht hinreichend substantiiert. Denn es fehlt die erforderliche Darlegung, daß und warum diese Mängel bei der einige Tage vor dem Abschluß des Kaufvertrags vorgenommenen Grundstücksbesichtigung nicht bemerkbar gewesen oder weshalb sie sonst unbemerkt geblieben seien.
Daher war unter Aufhebung des FG-Urteils die Klage abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 62486 |
BFH/NV 1990, 285 |