Nichtanwendungserlass zu dieser Entscheidung
Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerpflicht der Verwaltung von Wertpapieren und Termingelder durch ein deutsches Kreditinstitut für ausländische Anleger?
Leitsatz (amtlich)
1. Die Regelung über den Leistungsort in § 3a Abs. 4 UStG umfasst, anders als die gemeinschaftsrechtliche Regelung in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG, nicht alle Bank- und Finanzumsätze.
2. Die "bankmäßige Vermögensverwaltung" im Sinne einer Verwaltung von aus Wertpapieren und Termingeldern bestehenden Vermögen nach eigenem Ermessen wird entweder vom Begriff der Bank- und Finanzumsätze i.S. des Art. 9 Abs. 2 Buchst. e fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG umfasst oder fällt als Leistung von Beratern u.a. unter die Regelung in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e dritter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG.
3. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG kommt nicht nur für Leistungen der Kapitalanlagegesellschaft selbst in Betracht, sondern bei richtlinienkonformer Auslegung auch für Leistungen eines außenstehenden Verwalters.
Normenkette
UStG 1980 § 15 Abs. 2 Nr. 2, § 4 Nrn. 8, 10, 8 Buchst. a, § 3a Abs. 3, 4 Nr. 6 Buchst. a; UStG 1991 § 15 Abs. 2 Nr. 2, § 4 Nrn. 8, 10, 8 Buchst. a, § 3a Abs. 3, 4 Nr. 6 Buchst. a; EWGRL 388/77 Art. 9 Abs. 2 Buchst. e
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist ein Kreditinstitut i.S. von § 1 Abs. 1 des Kreditwesengesetzes (KWG). In den Streitjahren (1989 bis 1992) bestand eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft zwischen der Klägerin als Organträgerin und der GmbH als Organgesellschaft.
In den Jahren 1989 und 1990 erzielte die Klägerin Erlöse in Gestalt von "Portfolio-Management-Gebühren" aus der Verwaltung von Geldvermögen für einen Anleger aus Oman (C), einen Anleger aus Kuwait (D) sowie für die beiden luxemburgischen Investmentgesellschaften E und F. Diese Tätigkeit wurde in den Jahren 1991 und 1992 von der GmbH fortgeführt.
Grundlage dieser Tätigkeit waren mit den jeweiligen Kunden abgeschlossene Vereinbarungen, denen zufolge die Klägerin bzw. die GmbH verpflichtet war, das ihr von ihren Kunden anvertraute Vermögen im Rahmen der jeweils vereinbarten Anlagerichtlinien nach eigenem Ermessen zu verwalten. Diese Aufgabe hatte sie unter Nutzung ihrer fachmännischen Kenntnisse und Erfahrungen zu erfüllen. Sie war berechtigt, das Portfolio umzuschichten und dabei im Namen und für Rechnung des jeweiligen Anlegers zu handeln. Die jeweiligen Portfolios bestanden überwiegend aus Wertpapieren (Aktien, Obligationen); der Anteil der in kurzfristigen Termingeldern angelegten Beträge belief sich in der Regel auf 10 v.H. bis 20 v.H. des jeweils verwalteten Vermögens. Die Klägerin bzw. die GmbH hatte ihre Kunden über die Portfolio-Entwicklung zu unterrichten. Dabei sahen die jeweiligen Vereinbarungen zum Teil Einzelmitteilungen nach jeder Transaktion, zum Teil monatliche, viertel- oder halbjährliche Zusammenfassungen und jährliche Berichte vor. Die Höhe der Portfolio-Management-Gebühren richtete sich nach der Höhe der verwalteten Vermögenswerte. Die bei der Umschichtung der Portfolios anfallenden Kosten waren von den Kunden gesondert zu tragen. Die Wertpapiere der arabischen Anleger wurden ohne gesonderte Berechnung von Depotgebühren in Depots der Klägerin verwahrt.
Die Klägerin behandelte die o.g. Erlöse als Entgelte für gemäß § 3a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 3 des Umsatzsteuergesetzes 1980/1991 (UStG) nicht steuerbare Beratungsleistungen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte dem im Anschluss an eine Betriebsprüfung nicht, behandelte die Leistungen der Klägerin bzw. der GmbH als steuerbare und steuerpflichtige Vermögensverwaltung und änderte die Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre entsprechend. Nur soweit die von den arabischen Anlegern gezahlten Entgelte auf die reine Depotverwaltung entfielen, lag nach Ansicht des FA eine in den Jahren 1989 und 1990 gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG steuerfreie Leistung vor. Diese Beträge schätzte das FA in Anlehnung an marktübliche Depotgebühren auf 80 000 DM pro Jahr. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die für 1991 und 1992 angesetzten Entgelte keine auf die reine Depotverwaltung entfallenden Beträge enthalten.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Im Klageverfahren hatte die Klägerin ihre Rechtsauffassung außerdem auf § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a i.V.m. § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG gestützt.
Das Finanzgericht (FG) begründete sein in "Entscheidungen der Finanzgerichte" (EFG) 2004, 1012 veröffentlichtes Urteil im Wesentlichen wie folgt: Die von der Klägerin erbrachten Portfolio-Management-Leistungen seien steuerbar und steuerpflichtig. Die Klägerin habe die Leistungen gemäß § 3a Abs. 1 UStG im Inland ausgeführt.
Die Leistungen der Klägerin gehörten insbesondere nicht zu den in § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG genannten, zu einer Verlagerung des Leistungsortes an den Sitz des Leistungsempfängers führenden Katalogleistungen. Zwar sei davon auszugehen, dass zu den in § 4 Nr. 8 Buchst. a bis g UStG "bezeichneten" Leistungen sämtliche in diesen Vorschriften genannten Leistungen gehörten, auch wenn sie von den dort geregelten Steuerbefreiungen ausgenommen seien. Bei den von der Klägerin ausgeführten Leistungen handele es sich aber weder um Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren noch um die Vermittlung dieser Umsätze noch um die Verwahrung oder Verwaltung von Wertpapieren.
Bei den zwischen der Klägerin und ihren Kunden geschlossenen Verträgen handle es sich um Vermögensverwaltungsverträge. Die "bankmäßige Vermögensverwaltung" aber zähle nicht zu den Katalogleistungen des § 3a Abs. 4 UStG. Die durch die Portfolio-Management-Gebühren abgegoltenen Tätigkeiten des Vermögensverwalters seien keine steuerfreien Wertpapierumsätze, weil sie keine Änderung der rechtlichen und finanziellen Lage zwischen den Parteien bewirkten, sondern diese nur qualifiziert vorbereiteten. Die anschließende tatsächliche Umsetzung der Anlageentscheidungen durch Kauf und Verkauf von Wertpapieren sei zwar eine für sich genommen steuerfreie Betätigung. Diese werde aber im Streitfall nicht durch die Portfolio-Management-Gebühren abgegolten. Vielmehr seien die bei der Umschichtung der Portfolios anfallenden Kosten von den Kunden gesondert zu tragen.
Das Portfolio-Management der Klägerin sei auch keine Verwaltung von Wertpapieren i.S. von § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG. Verwaltung in diesem Sinn sei nur die Sonderverwahrung gemäß § 2 des Depotgesetzes (DepotG) vom 11. Januar 1995 (BGBl I, 34) und die Sammelverwahrung gemäß § 5 DepotG einschließlich der im Rahmen dieser depotgeschäftlichen Verwahrung getätigten Verfügungs- und Verwaltungsgeschäfte. Die im Rahmen des Depotgeschäftes in Bezug auf Wertpapiere ausgeübte Verwaltungstätigkeit sei von der bankmäßigen Vermögensverwaltung zu unterscheiden, wie sie die Klägerin im Streitfall ausgeführt habe. Wesentliches Unterscheidungsmerkmal sei der bei der Vermögensverwaltung bestehende Entscheidungsspielraum des Vermögensverwalters, während ein solcher bei den im Rahmen des Depotgeschäftes geschuldeten Dienstleistungen fehle. Anders als bei der Vermögensverwaltung komme den im Rahmen des Depotgeschäftes geschuldeten Verwaltungsleistungen nicht der Charakter von Anlageentscheidungen zu.
Auch das Gebot gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung verlange nicht die Einbeziehung der bankmäßigen Vermögensverwaltung in den Begriff der "Verwaltung von Wertpapieren" i.S. von § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG.
Soweit die Klägerin das Vermögen der beiden luxemburgischen Investmentgesellschaften verwaltet habe, komme eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG nicht in Betracht. Bei den beiden luxemburgischen Investmentgesellschaften dürfte es sich zwar um Kapitalanlagegesellschaften im Sinne der genannten Vorschriften gehandelt haben. § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG befreie aber nur Leistungen der Kapitalanlagegesellschaft selbst. Die Verwaltung derartiger Sondervermögen durch Dritte werde von der Steuerbefreiung nicht umfasst, sondern es bleibe insoweit bei der allgemeinen Regel, dass Leistungen eines Vermögensverwalters steuerpflichtig seien.
Mit der Revision macht die Klägerin Verletzung materiellen Rechts geltend. Sie vertritt die Auffassung, das FG habe § 3a Abs. 1, Abs. 3 und 4, § 4 Nr. 8 UStG sowie Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) rechtsfehlerhaft ausgelegt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des FG vom 16. Januar 2004 1 K 3363/00 U aufzuheben und die Umsatzsteuerbescheide 1989 bis 1992 vom 1. Juni 1999 dahingehend zu ändern, dass die steuerpflichtigen Umsätze um
"…" gemindert werden.
Das FA ist der Revision entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision der Klägerin ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin die streitigen Umsätze im Inland ausgeführt hat. Der Senat kann nicht durcherkennen, weil die Feststellungen des FG nicht ausreichen, um zu beurteilen, in welchem Umfang ein Vorsteuerausschluss nach § 15 Abs. 2 Nr. 2 UStG in Betracht kommt.
1. Die Klägerin hat die streitigen Leistungen nicht im Inland ausgeführt.
a) Nach § 3a Abs. 1 UStG wird eine sonstige Leistung an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Abweichend hiervon bestimmt § 3a Abs. 3 Satz 1 UStG für einzelne in § 3a Abs. 4 UStG aufgezählte sonstige Leistungen an einen Unternehmer den Leistungsort danach, wo der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Ist der Empfänger einer der in Absatz 4 bezeichneten sonstigen Leistung kein Unternehmer und hat er seinen Wohnsitz oder Sitz im Drittlandsgebiet, wird die sonstige Leistung an seinem Wohnsitz oder Sitz ausgeführt.
Zu den in § 3a Abs. 4 UStG aufgezählten --hier allein in Betracht kommenden-- Leistungen gehören u.a. …
"6. a) die sonstigen Leistungen der in § 4 Nr. 8 Buchst. a bis g und Nr. 10 bezeichneten Art."
§ 4 Nr. 8 Buchst. a bis g und Nr. 10 UStG lauten:
Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 fallenden Umsätze sind --soweit hier von Bedeutung (§ 4 Nr. 8 Buchst. c, e und f)-- steuerfrei:
…
8.
c) die Umsätze im Geschäft mit Geldforderungen und die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Einziehung von Forderungen,
e) die Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren,
f) die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen,
b) § 3a Abs. 3 und Abs. 4 Nr. 3 und Nr. 6 Buchst. a UStG sollen Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG umsetzen. Diese Bestimmung lautet --soweit hier von Interesse (dritter und fünfter Gedankenstrich)-- wie folgt:
"Es gilt jedoch
e) als Ort der folgenden Dienstleistungen, die an außerhalb der Gemeinschaft ansässige Empfänger oder an innerhalb der Gemeinschaft, jedoch außerhalb des Landes des Dienstleistenden ansässige Steuerpflichtige erbracht werden, der Ort, an dem der Empfänger den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, für welche die Dienstleistung erbracht worden ist, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen Niederlassung sein Wohnort oder sein üblicher Aufenthaltsort:
…
- Leistungen von Beratern, Ingenieuren, Studienbüros, Anwälten, Buchprüfern und sonstige ähnliche Leistungen sowie die Datenverarbeitung und die Überlassung von Informationen,
…
- Bank-, Finanz- und Versicherungsumsätze, einschließlich Rückversicherungsumsätze, ausgenommen die Vermietung von Schließfächern
…".
c) § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG setzt mit der Verweisung auf § 4 Nr. 8 Buchst. a bis g und Nr. 10 UStG die Regelung in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG der "Bank-, Finanz- und Versicherungsumsätze …" betrifft, nicht zutreffend um. Während § 3a Abs. 3 und Abs. 4 Nr. 3 und Nr. 6 Buchst. a UStG den Ort der Leistung mittels einer Verweisung auf Befreiungsvorschriften in § 4 Nr. 8 Buchst. a bis g bestimmen, regelt Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG den Ort der Leistung in diesem Zusammenhang umfassend einheitlich für "Bank-, Finanz- und Versicherungsumsätze" ohne Bezugnahme auf die Steuerbefreiungen in Art. 13 Teil B Buchst. d der Richtlinie 77/388/EWG Bezug zu nehmen. Gleichwohl führen beide Regelungen im vorliegenden Fall zum selben Ergebnis.
Zum Gegenstand der Leistungen der Klägerin hat das FG festgestellt, dass sie das ihr von Kunden anvertraute, aus Wertpapieren und zum Teil aus kurzfristigen Termingeldern bestehende Vermögen im Rahmen der vereinbarten Anlagerichtlinien nach eigenem Ermessen im Namen und für Rechnung der Kunden verwaltet und umgeschichtet hat. Diese Leistungen der Klägerin sind in § 4 Nr. 8 Buchst. c, e und h UStG bezeichnet. § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG ist zwar erst durch das Jahressteuergesetz 2007 vom 13. Dezember 2006 (BGBl I 2006, 2878) mit Wirkung vom 19. Dezember 2006 in § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG aufgenommen worden. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich aber, dass der Gesetzgeber mit der Erweiterung des § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG um die in § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG genannten Finanzdienstleistungen eine Anpassung des deutschen Umsatzsteuerrechts an Art. 9 Abs. 2 Buchst. e fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG angestrebt hat (BTDrucks 16/2712, zu Art. 7 Nr. 2, S. 75). § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG ist deshalb auch für den Streitzeitraum richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass auch die in § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG beschriebenen Leistungen von der Regelung umfasst sind.
Bei den Leistungen der Klägerin handelt es sich damit --entgegen der Auffassung des FG-- um Leistungen, bei denen sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 3 UStG bzw. Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG richtet und damit dort ist, wo der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt bzw. seinen Wohnsitz hat.
d) Die Leistungen der Klägerin sind gemäß § 3a Abs. 3, Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG dort ausgeführt, wo die Empfänger ihr Unternehmen betrieben bzw. ihren Sitz gehabt haben.
aa) Bei den beiden luxemburgischen Investmentgesellschaften, der C und der D, hat es sich unstreitig um Unternehmer gehandelt. Hinsichtlich der im Oman ansässigen C und der in Kuwait ansässigen D ist deren Unternehmereigenschaft nicht entscheidungserheblich, weil gemäß § 3a Abs. 3 Satz 3 UStG die in § 3a Abs. 4 UStG bezeichneten sonstigen Leistungen auch dann am Wohnsitz oder Sitz des Empfängers ausgeführt werden, wenn dieser zwar kein Unternehmer ist, aber seinen Sitz oder Wohnsitz im Drittlandsgebiet hat.
bb) Gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG 1980 in der bis 31. Dezember 1990 geltenden Fassung waren steuerfrei die Umsätze von Wertpapieren und die Optionsgeschäfte mit Wertpapieren, die Vermittlung dieser Umsätze, die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren (Depotgeschäft) sowie die sonstigen Leistungen im Emissionsgeschäft. Diese Regelung stand hinsichtlich der Behandlung der Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren nicht im Einklang mit Art. 13 Teil B Buchst. d der Richtlinie 77/388/EWG, wonach die Mitgliedstaaten die Umsätze --einschließlich der Vermittlung, jedoch mit Ausnahme der Verwahrung und Verwaltung--, die sich auf Aktien, Anteile an Gesellschaften und Vereinigungen, Schuldverschreibungen oder sonstige Wertpapiere beziehen, von der Steuer befreien. Mit der ab 1. Januar 1991 geltenden Fassung des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG 1980 und der Fassung des UStG 1991 sind deshalb nunmehr von der Umsatzsteuer befreit die Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren.
Bei den für den Streitfall maßgeblichen Leistungen der Klägerin hat es sich um Umsätze von Wertpapieren bzw. um Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und nicht um deren Verwaltung gehandelt. Die Klägerin hat im Rahmen des Portfolio-Managements im Rahmen der Anlagerichtlinien aufgrund eigener Entscheidungsbefugnis für die luxemburgischen Investmentgesellschaften Wertpapiere gekauft und verkauft. Nach den Feststellungen des FG handelte sie dabei im Namen und für Rechnung der Investmentgesellschaften. Dadurch wurden unmittelbar Rechte und Pflichten der Investmentgesellschaften in Bezug auf die gekauften bzw. verkauften Wertpapiere begründet, geändert oder zum Erlöschen gebracht. Darunter fällt auch die Übertragung von Wertpapieren aufgrund einer Abschlussvollmacht. Die Klägerin hat nicht lediglich rein materielle, technische oder administrative Leistungen ausgeführt (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. Juli 2002 V R 44/01, BFHE, 200, 93, BStBl II 2003, 730, zu II.1.b); vgl. auch Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften --EuGH--, Urteil vom 13. Dezember 2001 C-235/00, CSC, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2002, 84 Randnr. 28).
cc) Auch soweit es sich bei dem von der Klägerin verwalteten Vermögen zu 10 v.H. bis 20 v.H. um kurzfristige Termingelder gehandelt hat, ist das von der Klägerin ausgeführte Portfolio-Management dort ausgeführt worden, von dem aus die Empfänger ihr Unternehmen betrieben bzw. an dem sie ihren Sitz gehabt haben. Insoweit sind die Leistungen der Klägerin in § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG bezeichnet. Nach dieser Bestimmung sind die Umsätze im Geschäft mit Geldforderungen und die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Einziehung von Forderungen von der Umsatzsteuer befreit.
dd) Auch soweit die Umsätze der Klägerin von § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG umfasst sein sollten, sind sie gemäß § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG im Drittlandsgebiet ausgeführt. § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG ist in der in den Streitjahren geltenden Fassung zwar nicht ausdrücklich in § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG erwähnt, aber dennoch aus den unter II. 1 c) genannten Gründen in der Bestimmung bezeichnet.
e) Auch nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG sind die Leistungen der Klägerin an dem Ort erbracht worden, an dem der Empfänger den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat. Für entgeltlich erbrachte Dienst-, Informations- und Beratungsleistungen für Investmentgesellschaften, die beim Publikum beschaffte Gelder für gemeinsame Rechnung zur Bildung und Verwaltung von Portefeuilles, die sich aus Wertpapieren zusammensetzen, hat der EuGH zu Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG entschieden, es sei für die Frage des Leistungsortes unerheblich, ob und inwieweit es sich nur um Beratungsumsätze i.S. des Art. 9 Abs. 2 Buchst. e dritter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG oder um Umsätze gehandelt habe, für die eine rechtliche und wirtschaftliche Entscheidungsbefugnis kennzeichnend sei (Art. 9 Abs. 2 Buchst. e fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG: Bank- und Finanzumsätze: vgl. auch EuGH-Urteile vom 21. Oktober 2004 C-8/03, Banque Bruxelles Lambert SA --BBL--, Slg. I-2004, 10157 Randnr. 46 und 47, UR 2004, 642, BFH/NV Beilage 2005, 13, und vom 13. Dezember 2001 C-235/00, CSC Financial Services, BFH/NV Beilage 2005, 35, UR 2002, 84 zu Art. 13 Teil B Buchst. d der Richtlinie 77/388/EWG). Denn in beiden Fällen richte sich der Leistungsort nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG. So ist es hier.
Da das FG von anderen Grundsätzen ausgegangen ist, war sein Urteil aufzuheben.
2. Der Senat kann aber anhand der vom FG getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, in welchem Umfang ein Vorsteuerausschluss nach § 15 Abs. 2 Nr. 2 UStG in Betracht kommt. Nach dieser Bestimmung ist vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung von Umsätzen im Ausland verwendet hat, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
a) Soweit die Klägerin Leistungen an die C (Oman) und die D (Kuwait) erbracht hat, kommt ein Vorsteuerausschluss nicht in Betracht.
aa) Insoweit ist es unschädlich, dass diese Leistungen der Klägerin im Falle der Steuerbarkeit im Inland nach § 4 Nr. 8 Buchst. c und e UStG von der Steuer befreit wären, weil der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b UStG u.a. dann nicht eintritt, wenn die Umsätze nach § 4 Nr. 8 Buchst. a bis g oder Nr. 10 Buchst. a UStG steuerfrei wären und der Leistungsempfänger --wie hier-- im Drittlandsgebiet ansässig ist.
bb) Eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG, bei der es beim Vorsteuerausschluss nach § 15 Abs. 2 Nr. 2 UStG bleiben würde, weil sie von der Regelung in § 15 Abs. 3 UStG nicht erfasst wird, kommt insoweit nicht in Betracht.
Gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung sind u.a. steuerfrei die Verwaltung von Sondervermögen nach dem --durch das Gesetz zur Modernisierung des Investmentwesens und zur Besteuerung von Investmentvermögen (BGBl I 2003, 2676) mit Wirkung ab 1. Januar 2004 aufgehobenen-- Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG).
Im Streitfall liegen die Voraussetzungen des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG nicht vor, weil es sich bei den möglicherweise als Sondervermögen organisierten Kunden der Klägerin in Oman (C) und in Kuwait (D) nicht um Sondervermögen nach dem KAGG gehandelt hat.
Ob eine Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Richtlinie 77/388/EWG, der durch § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG in deutsches Recht umgesetzt wird, in Betracht kommt, kann dahingestellt bleiben, weil sich die Klägerin insoweit ausdrücklich nicht auf das Gemeinschaftsrecht beruft.
Im Übrigen sind aber auch die Voraussetzungen des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Richtlinie 77/388/EWG nicht erfüllt. Danach befreien die Mitgliedstaaten "die Verwaltung von durch die Mitgliedstaaten als solche definierten Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften". Dabei haben die Mitgliedstaaten bei der Definition der in ihrem Hoheitsgebiet angesiedelten Fonds, die unter den Begriff "Sondervermögen" fallen ein Ermessen (EuGH-Urteil vom 28. Juni 2007 C-363/05, JP Morgan Fleming Claverhouse Investment Trust plc, BFH/NV Beilage 2007, 412, UR 2007, 727). Bei den Kunden der Klägerin im Oman und in Kuwait kann es sich nicht um von einem Mitgliedstaat definiertes Sondervermögen gehandelt haben.
b) Hinsichtlich der Leistungsbezüge, die die Klägerin für Umsätze an die beiden luxemburgischen Anlagegesellschaften "E" und "F" verwendet hat, besteht allerdings ein Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Nr. 2 UStG, soweit diese Leistungen aus den unter I.1.d) genannten Gründen gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. c und e UStG von der Steuer befreit wären, wenn sie im Inland ausgeführt worden wären. Die Feststellungen des FG lassen aber keine Beurteilung zu, in welchem Umfang ein solcher Vorsteuerausschluss in Betracht kommt. Das FG wird die erforderlichen Feststellungen nachholen müssen.
c) Darüber hinaus kommt auch ein --teilweiser-- Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Nr. 2 UStG in Betracht, weil die Leistungen der Klägerin möglicherweise nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG von der Steuer befreit sind, soweit sie an die beiden luxemburgischen Investmentgesellschaften ausgeführt worden sind.
Die Klägerin selbst ist hinsichtlich ihrer Leistungen an die luxemburgischen Investmentgesellschaften kein derartiges Sondervermögen, weil sie insoweit nicht für gemeinschaftliche Rechnung tätig geworden ist. Das FG ist jedoch zu Unrecht davon ausgegangen, dass § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG nur Leistungen der Kapitalanlagegesellschaft selbst befreit und die Verwaltung derartiger Sondervermögen durch Dritte nicht von der Befreiung umfasst wird. Das steht nicht im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht.
Bei den in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Richtlinie 77/388/EWG befreiten Sondervermögen handelt es sich unabhängig von ihrer Rechtsform um Organismen für gemeinsame Anlagen, deren Umsätze darin bestehen, beim Publikum beschaffte Gelder für gemeinsame Rechnung in Wertpapieren anzulegen (EuGH-Urteil vom 4. Mai 2006 C-169/04, Abbey National u.a., Randnr. 56, 61, BFH/NV Beilage 2006, 305). Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Richtlinie 77/388/EWG schließt seinem Wortlaut nach nicht grundsätzlich aus, dass die Verwaltung von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften sich in verschiedene Dienstleistungen aufteilen lässt, die auch dann in den Genuss der dort vorgesehenen Befreiung gelangen können, wenn sie von einem außenstehenden Verwalter erbracht werden (EuGH-Urteil Abbey National u.a., Randnr. 67 in BFH/NV Beilage 2006, 305). Das FG wird deshalb Feststellungen dazu treffen müssen, ob es sich bei den Vertragspartnern der Klägerin in Luxemburg um Sondervermögen i.S. des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Richtlinie 77/388/EWG gehandelt hat und ob es sich bei den Leistungen der Klägerin um ausgelagerte Dienstleistungen gehandelt hat, die als mit spezifischen und wesentlichen Funktionen ausgestattetes eigenständiges Ganzes angesehen werden können.
Fundstellen
Haufe-Index 1887746 |
BFH/NV 2008, 502 |
BStBl II 2008, 993 |
BFHE 2007, 257 |
BFHE 219, 257 |
BB 2008, 425 |
DB 2008, 385 |
DStR 2008, 250 |
DStRE 2008, 258 |
HFR 2008, 487 |
UR 2008, 215 |