Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusammenhang einer Bilanzänderung mit einer Bilanzberichtigung
Leitsatz (NV)
Der Zusammenhang einer Bilanzänderung mit einer Bilanzberichtigung liegt auch dann vor. wenn sich die Gewinnänderung im Rahmen der Bilanzberichtigung auf die Nicht- oder die fehlerhafte Verbuchung von Entnahmen und Einlagen bezieht (Anschluss an BFH-Urteil vom 31. Mai 2007 IV R 54/05, BFH/NV 2007, 1973).
Normenkette
EStG § 4 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Ehegatten und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger betreibt auf dem zu seinem notwendigen Betriebsvermögen gehörenden Grundstück in X ein Einzelunternehmen. Mit notariellem Vertrag vom 27. Oktober 1998 verkaufte er das unmittelbar an sein Betriebsgrundstück angrenzende unbebaute Grundstück zu einem Preis von 352 063 DM. Der Übergang von Nutzen und Lasten erfolgte mit Kaufpreiszahlung am 2. Juli 1999. Beide Grundstücke waren --anders als in den Vorjahren-- in den Bilanzen der Einzelfirma zum 31. Dezember 1997, 31. Dezember 1998 und 31. Dezember 1999 nicht mehr mit ihren Buchwerten im Anlagevermögen aufgeführt.
In der Einkommensteuer- bzw. Gewerbesteuererklärung für das Streitjahr 1999 sowie der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung erklärten die bzw. der Kläger keinen Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks.
Eine im Jahr 2000 durchgeführte Außenprüfung führte zu dem Ergebnis, dass das verkaufte Grundstück bereits 1963 als Betriebsvermögen bilanziert worden war. Der Außenprüfer erfasste den bislang nicht gebuchten und in der Bilanz nicht ausgewiesenen Verkaufserlös als Betriebseinnahme und errechnete unter Berücksichtigung eines Buchwertabgangs in Höhe von 12 983 DM einen Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks in Höhe von 339 100 DM. Außerdem war der Außenprüfer der Auffassung, dass der "in 1997 irrtümlich erfolgsneutral ausgebuchte" Buchwert der Betriebsgrundstücke (Wert zum 31. Dezember 1996: 40 671 DM) abzüglich des Buchwerts des verkauften Grundstücks in der Bilanz zum 31. Dezember 1999 wieder zu aktivieren sei. Von der Erstellung einer Prüferbilanz sah er "wegen der nur geringen Änderungen" ab.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) folgte den Feststellungen der Außenprüfung und erließ entsprechend geänderte Bescheide über Einkommensteuer und Gewerbesteuermessbetrag, in denen er --unter Berücksichtigung einer Gewerbesteuerrückstellung-- den Gewinn aus der Grundstücksveräußerung zusätzlich als laufenden Gewinn berücksichtigte.
Die hiergegen eingelegten Einsprüche, mit denen sich die Kläger gegen die Zuordnung des verkauften Grundstücks zum Betriebsvermögen wandten und --ebenso wie bereits während der Außenprüfung-- hilfsweise die Bildung einer Rücklage nach § 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe des Veräußerungsgewinns von 339 100 DM beantragten, blieben erfolglos.
Im anschließenden Klageverfahren stellte das Finanzgericht (FG) mit unanfechtbarem Zwischenurteil vom 30. Juli 2003 fest, dass das veräußerte Grundstück noch im Streitjahr 1999 Betriebsvermögen war. Der bei der Veräußerung erzielte Gewinn sei bei den gewerblichen Einkünften zu erfassen. Im Endurteil entsprach das FG dem ursprünglichen Hilfsantrag der Kläger, die Bildung einer Rücklage nach § 6b EStG zuzulassen, und gab der Klage hinsichtlich der Einkommensteuer 1999 in vollem Umfang und hinsichtlich des Gewerbesteuermessbetrags zum größten Teil statt. Die Voraussetzungen für die Bildung einer Rücklage nach § 6b EStG seien unstreitig gegeben. Die Bilanzänderung mit Ansatz dieser Rücklage sei entgegen der Auffassung des FA gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG zulässig.
Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung von § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG.
Es beantragt, das angefochtene FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision des FA ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass im Streitfall die Voraussetzungen für eine Bilanzänderung gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2, § 52 Abs. 9 EStG i.d.F. des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 (StBereinG 1999) vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 1999, 2601, BStBl I 2000, 13) vorlagen.
1. § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG i.d.F. des StBereinG 1999 ist auf den im Jahr 2000 während der Außenprüfung beim FA gestellten Antrag auf Bilanzänderung anwendbar (§ 52 Abs. 9 EStG).
2. Die von den Klägern begehrte Bilanzänderung ist nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG zulässig.
a) Zutreffend hat das FG erkannt, dass entgegen der im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 18. Mai 2000 IV C 2 -S 2141- 15/00 (BStBl I 2000, 587) vertretenen Auffassung ein Zusammenhang der durch die Kläger begehrten Bilanzänderung mit einer Bilanzberichtigung i.S. des § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG i.d.F. des StBereinG 1999 besteht. Von einer Bilanzberichtigung ist nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 31. Mai 2007 IV R 54/05 (Deutsches Steuerrecht 2007, 1665, BFH/NV 2007, 1973, unter II. 1. d bb) nämlich auch dann auszugehen, wenn sich die Gewinnänderung auf die Nicht- oder die fehlerhafte Verbuchung von Entnahmen und Einlagen bezieht. Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsauffassung des IV. Senats an und verweist wegen der Einzelheiten der Begründung zur Vermeidung von Wiederholungen auf dessen Urteil.
b) Die Kläger haben den Antrag auf Bilanzänderung zudem bereits während der Außenprüfung hilfsweise und damit in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Bilanzberichtigung gestellt (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2000, 587). Eine Rücklage nach § 6b EStG konnte zuvor nicht gebildet werden, da die Vorschrift einen nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG ermittelten Gewinn aus der Veräußerung von Grund und Boden voraussetzt.
Fundstellen
Haufe-Index 1887980 |
BFH/NV 2008, 354 |