Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer Erbschaft/Schenkung und Steuern
Leitsatz (amtlich)
Zur Anwendung des § 6 StAnpG auf freigebige Zuwendungen an Abkömmlinge.
Normenkette
StAnpG § 6; ErbStG § 3 Abs. 1 Ziff. 2
Tatbestand
Der Kommanditgesellschaftsvertrag der mechanischen Webereien A. wurde unter dem 15. November 1952 dahin geändert, daß die Ehefrau des Beschwerdeführers (Bf.) und ihre drei Kinder G., E. T. und M. mit Wirkung ab 1. Januar 1953 als Kommanditisten in das Unternehmen eintreten und ihre Einlagen je 40.000 DM betragen sollten, während der Bf. persönlich haftender Gesellschafter der Firma blieb. Der Lastenausgleich aus den übertragenen Anteilen sollte dem Bf. "verbleiben". Unter dem 15. Januar 1953 schrieb der Bf. jedem der drei Kinder, er schenke ihm zu Lasten seines Kapitalkontos DM 20.000 zur Verwendung als Kommanditeinlage. Gleichzeitig schenkte er seiner Ehefrau DM 100.000 Anteil zu Lasten seines Kapitalkontos. Hiervon sollte die Ehefrau je 20.000 DM an die drei Kinder abtreten. Dies führte sie unter dem 15. Januar 1953 aus.
Nach Vornahme dieser Transaktionen betrug die Einlage der genannten vier Kommanditisten je 40.000 DM.
Das Finanzamt hat die Zuwendung des Bf. an seine Ehefrau in Höhe von insgesamt 60.000 DM, die sie an die drei Kinder zu gleichen Teilen weiterübertrug, als eine Steuerumgehung angesehen und deshalb nicht nur die unmittelbaren Zuwendungen des Bf. von je 20.000 DM an die drei Kinder, sondern die angeführten 60.000 DM Teilbetrag der formell der Ehefrau abgetretenen 100.000 DM als weitere mittelbare Zuwendung des Bf. an die drei Kinder in Höhe von je 20.000 DM als freigebige Zuwendung des Bf. an die Kinder der Schenkungsteuer - vorläufig wegen des noch ungeklärten Wertes der übertragenen Anteile - unterworfen.
Einspruch und Berufung des Bf. sind ohne Erfolg geblieben. Der Bf. hat folgenden Standpunkt vertreten, den er in der Rechtsbeschwerde beibehalten hat:
Da die Vereinbarung vom 15. November 1952 mangels der Form des § 518 BGB unwirksam gewesen sei, sei es auf den Vollzug der Zuwendungen angekommen. Seine Ehefrau habe tatsächlich 100.000 DM Anteil zugewandt erhalten. Sie habe nicht von vornherein auf anderweitige Verfügung verzichtet oder die Auflage erhalten, 60.000 DM an die Kinder weiterzuübertragen. Das letztere hätte auch ein Jahr später vor sich gehen können.
Daß der Bf. zunächst 100.000 DM Anteil auf seine Ehefrau übertragen habe, von dem sie dann 60.000 DM auf die Kinder übertragen habe, sei nicht ungewöhnlich gewesen. Die Betriebsbeteiligung von Ehefrauen sei üblich geworden, besonders wenn sie, wie die seinige, geschäftlich erfahren seien. Er habe seit längerem beabsichtigt, seine Ehefrau wirtschaftlich sicherzustellen und deshalb ihr Haus in G. mit seinen Mitteln wieder aufbauen lassen.
Seine Ehefrau habe die Weiterübertragung der je 20.000 DM auf die drei Kinder nicht verzögert, um nicht nach längerer Zeit nochmals die Mitgesellschafter um Zustimmung angehen zu müssen.
Die Transaktionen seien so, wie sie bürgerlich-rechtlich ausgeführt seien, steuerfrei, gegenüber der Ehefrau nach § 17 a des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) und gegenüber den Kindern nach § 17 b ErbStG. Es stehe im Belieben der Steuerpflichtigen, die steuerlich günstigste Form zu wählen.
Entscheidungsgründe
Der Rechtsbeschwerde ist der Erfolg zu versagen.
Da die Ehefrau des Bf. von den zunächst ihr übertragenen 100.000 DM Anteil planmäßig je 20.000 DM, also im ganzen 60.000 DM, an die drei Kinder weiter übertrug, und da der Bf. den letzteren außerdem unmittelbar je 20.000 DM Anteil überließ, hat jedes der Kinder im ganzen 40.000 DM Anteil empfangen; auch die Ehefrau hat 40.000 DM Anteil erhalten. Dieses Ergebnis hat dem von vornherein bestehenden Plan entsprochen.
Bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung hätte er der Ehefrau nur 40.000 DM Anteil und jedem der Kinder unmittelbar je 40.000 DM Anteil übertragen. Um jedoch die Steuerpflicht der Zuwendungen an die Kinder zu umgehen, hat er hinsichtlich je 20.000 DM den Umweg über die Ehefrau gewählt. Bei dieser Gestaltung lagen äußerlich getrennte Zuwendungen von ihm und seitens der Ehefrau an die Kinder vor, die sich je innerhalb der steuerlichen Freigrenze hielten.
Diese Art der Gestaltung der wirtschaftlichen Vorgänge stellt den typischen Fall dar, an den der Gesetzgeber bei Schaffung des § 6 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) gedacht hat. Bei solchem Mißbrauch der Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts ist die Steuer so zu erheben, wie sie bei einer den wirklich durchgeführten wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wäre. Die Schenkungsteuer ist daher, ungeachtet der vom Bf. gewählten äußeren Form, für eine freigebige Zuwendung von je 40.000 DM Anteil an die drei Kinder zu erheben.
Das Vorliegen eines Mißbrauchs wäre nur dann zu verneinen, wenn der Umweg über die Ehefrau durch einen besonderen wirtschaftlichen Zweck gerechtfertigt werden könnte. Dies ist hier indessen nicht der Fall. Das Konto der Ehefrau hat nur als Durchgangsstation für die streitigen 60.000 DM Anteil gedient.
Der Hinweis des Bf. auf die üblichkeit der Beteiligung geschäftserfahrener Ehefrauen an den Unternehmen ihrer Ehemänner und auf den Wunsch wirtschaftlicher Sicherstellung rechtfertigt sich nur insoweit, als der Bf. tatsächlich die Ehefrau am Unternehmen beteiligt und sichergestellt hat, d. h. lediglich in Höhe der nicht streitigen 40.000 DM Beteiligung.
Zu Unrecht verweist der Bf. schließlich auf einzelne frühere Entscheidungen. Ihnen liegen abweichende Tatbestände zugrunde. Dies gilt z. B. von dem Falle des Urteils des Reichsfinanzhofs III 63/42 vom 18. Juni 1942 (Reichssteuerblatt 1942 S. 827). Dort hat es sich um die Gewährung einer Ausstattung seitens des Vaters an die Tochter mit Rücksicht auf ihre Eheschließung und einer nachträglichen Vergütung für geleistete Dienste, also um eine selbständige wirtschaftliche Zweckbestimmung des Rechtsgeschäfts gehandelt. Von einer bloßen Durchgangsstation konnte dort keine Rede sein. Eine Weitergabe an den Schwiegersohn war nicht vorgesehen.
Auch das Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs III (IV) 26/47 S vom 9. März 1948 (Amtsblatt des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen 1948 S. 125) läßt sich nicht zum Vergleich heranziehen; denn dort hat sich das wirtschaftlich Erstrebte mit der rechtlichen Gestaltung gedeckt.
Der Einwand des Bf., seine Ehefrau hätte die übertragung auf die Kinder unter Umständen erst viel später oder gar nicht vornehmen können, greift nicht durch, weil steuerrechtlich nicht das entscheidet, was möglicherweise hätte geschehen oder unterbleiben können, sondern der tatsächliche Verlauf maßgebend ist.
Daß die Beteiligten selbst nicht die Ehefrau, sondern den Bf. als Schenker angesehen haben, wird dadurch bestätigt, daß der Bf. seinerseits - im Innenverhältnis - für alle übertragenen Anteile die Abgabeschuld aus dem Lastenausgleichsgesetz zu tragen sich verpflichtet hat, während die Ehefrau keine diesbezüglichen Verpflichtungen übernommen hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 307 der Reichsabgabenordnung.
Fundstellen
Haufe-Index 408323 |
BStBl III 1955, 395 |
BFHE 1956, 509 |
BFHE 61, 509 |