Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung eines vorläufig anerkannten Vorsteuerabzugs
Leitsatz (NV)
1. Der einer Steuerfestsetzung beigefügte Vermerk über die Vorläufigkeit des Vorsteuerabzugs aus Rechnungen über eine zwischenvermietete Wohnung eröffnet der Finanzbehörde die Möglichkeit, die Steuerfestsetzung zu ändern und den Vorsteuerabzug zu versagen.
2. Führt eine Oberfinanzdirektion bei einem Bauträger eine Außenprüfung durch und wird der Abzug der für die Herstellung von Wohnungen berechneten Vorsteuerbeträge dem Grunde nach nicht beanstandet, so wird gegenüber den Bauherrn dadurch keine verbindliche Zusage gegeben und kein Grundlagenbescheid erlassen, wenn einem Bauherrn der Vorsteuerabzug in einer späteren vorläufigen Steuerfestsetzung zunächst belassen wird.
Normenkette
AO 1977 § 165 Abs. 1-2; UStG 1980 § 4 Nr. 12a, §§ 9, 15 Abs. 2 Nr. 1
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) hatte im Rahmen einer Bauherrengemeinschaft, der sie im Dezember 1981 beigetreten war, eine Wohnung mit Tiefgaragenplatz errichtet. Sie hatte bei dem Beitritt zur Bauherrengemeinschaft eine Mietgarantie erhalten und vermietete ihre Wohnung und den Tiefgaragenplatz im Dezember 1982 an die A-KG (KG) für eine Monatsmiete von 868 DM. Die KG vermietete die im September 1983 fertiggestellte Wohnung an einen Endmieter. Nach einem im Februar 1982 erklärten Verzicht auf die Steuerbefreiung der Grundstücksvermietung zog die Klägerin die ihr berechnete Umsatzsteuer für die Herstellung der Wohnung als Vorsteuer ab und meldete für die Jahre 1981 bis 1983 negative Umsatzsteuerbeträge an. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) stimmte den Steueranmeldungen zu.
In den Jahren 1981/1982 hatte die Oberfinanzdirektion (OFD) bei den von der KG betreuten Bauherrengemeinschaften eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung durchgeführt und im Bericht vom 23. April 1982 (maßgebend auch für die in dem Ergänzungsbericht vom 15. Juli 1982 bezeichneten Bauherren der Bauherrengemeinschaft, der die Klägerin angehörte) die Auffassung vertreten, die von der KG vorgetragenen Gründe für die Gestaltung der Zwischenvermietung rechtfertigten die umsatzsteuerrechtliche Anerkennung der Zwischenmietverhältnisse nicht. Außerdem wird ausgeführt:
"Nach dem Ergebnis der Schlußbesprechung sollen für die Bauherren (Eigentümer) der in diesem Bericht genannten Bauherrengemeinschaften keine Folgerungen gezogen werden, weil diese sich auf das bisher von der Finanzverwaltung nicht beanstandete Konzept der ... verlassen konnten. Insoweit sind daher dem Grunde nach die den Eigentümern mit den Werbungs- und Herstellungskosten in Rechnung gestellten Umsatzsteuern als Vorsteuern anzuerkennen. Das gilt aber nicht, soweit andere, insbesondere in der Person einzelner Eigentümer liegende Gründe gleichwohl zu einer Versagung des Vorsteuerabzugs führen können. Diese Gründe könnten z. B. in verwandtschaftlichen oder beruflichen Beziehungen des Eigentümers zum Endmieter (z. B. Angestellte des Eigentümers als Endmieter) oder in Mietkaufangeboten des Eigentümers an den Endmieter liegen."
Mit Schreiben vom 22. Juli 1983 teilte die KG der Klägerin mit, die garantierte Miete lasse sich am Markt nicht erzielen. Sie schlug der Klägerin vor, die Monatsmiete von 868 DM auf 830 DM zu senken und ihr den abgezinsten Unterschiedsbetrag für einen Zeitraum von fünf Jahren durch eine Einmalzahlung zu vergüten. Dem stimmte die Klägerin zu.
Das FA erklärte die Steuerfestsetzung für 1983 mit dem (bestandskräftig gewordenen) Bescheid vom 20. Mai 1988 für vorläufig nach §165 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977), "da über die Anerkennung des Zwischenmietverhältnisses bisher noch nicht abschließend entschieden wurde".
Durch Änderungsbescheid vom 5. Februar 1990 setzte das FA die Umsatzsteuer für 1983 auf 0 DM fest. Das FA hatte einen Bericht des FA für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung vom 9. August 1989 ausgewertet, der die Klägerin und die Bauherrengemeinschaft betraf, an der sie sich beteiligt hatte. Darin war ausgeführt worden, die ursprüngliche Monatsmiete sei nur zur Vortäuschung einer Rohgewinnmarge gemindert worden. Weil durch die Ausgleichszahlung nur ein anderer Zahlungsmodus gewählt worden sei, habe diese Gestaltung lediglich dem Zweck gedient, dem Anleger den Vorsteuerabzug zu sichern. Die Einschaltung der KG in die Zwischenvermietung habe keinen anderen Sinn gehabt.
Das FA wies den Einspruch gegen den Steueränderungsbescheid für 1983 zurück. Der dagegen erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) statt und hob die angefochtene Steuerfestsetzung auf.
Zur Begründung führte das FG u. a. aus, das FA habe den angefochtenen Umsatzsteuerbescheid für 1983 nicht ändern dürfen, weil es daran durch eine Zusage gehindert worden sei. Die OFD habe zugesagt, die Umsatzsteuer für 1983 unter Anerkennung des Abzugs der den Bauherrn berechneten Vorsteuerbeträge festzusetzen. Die in dem Sonderprüfungsbericht der OFD enthaltene Zusage habe für die Bauherren einen Vertrauenstatbestand geschaffen. Diese hätten darauf vertrauen können, daß die im Anschluß an eine Außenprüfung von der für das FA vorgesetzten Behörde vorgenommene Beurteilung als Billigkeitsmaßnahme auch für die Besteuerung maßgebend bleibe. Die Bindung sei auch nicht wegen einer wesentlichen Abweichung des später verwirklichten Sachverhalts von dem bei der Beurteilung zugrunde gelegten Sachverhalt entfallen. Weil die Rohgewinnmarge für den Ausspruch der Billigkeitsmaßnahme erkennbar keine Bedeutung gehabt habe, beseitige die Einmalzahlung der KG an die Klägerin wegen der Zustimmung zur Mietherabsetzung die Bindungswirkung nicht.
Im übrigen habe das FA dadurch, daß es die geltend gemachten Vorsteuerbeträge in der geänderten (vorläufigen) Umsatzsteuerfestsetzung für 1983 vom 20. Mai 1988 zum Abzug zugelassen habe, die in dem bezeichneten Bericht der OFD ausgesprochene Billigkeitsmaßnahme nach §163 AO 1977 umgesetzt. Aus der maßgebenden Sicht des Empfängers habe das FA die Billigkeitsentscheidung äußerlich mit der Steuerfestsetzung verbunden. Da die Billigkeitsentscheidung ein Grundlagenbescheid sei, bestehe die Bindungswirkung für die Steuerfestsetzung fort, was das FA bei der Änderung nach §165 Abs. 2 AO 1977 nicht beachtet habe.
Mit der Revision rügt das FA unrichtige Anwendung von §163 AO 1977 und des Rechtsinstituts der verbindlichen Zusage. Die Finanzverwaltung habe sich im Prüfungsbericht nicht binden wollen, weil sie darin ausdrücklich ausgeführt habe, die Anerkennung des Zwischenmietverhältnisses gelte nicht, wenn andere Gründe zu einer Versagung des Vorsteuerabzugs führen könnten. Durch die Abweichung von der geprüften Vertragskonstruktion habe sich die Klägerin treuwidrig verhalten und könne sich nicht mehr auf die erteilte Zusage berufen. In dem geänderten Bescheid habe die Finanzbehörde auch keine bindende Billigkeitsentscheidung nach §163 AO 1977 "umgesetzt", weil der ursprüngliche Bescheid ausdrücklich mit der Begründung für vorläufig erklärt worden sei, daß über die Anerkennung des Zwischenmietverhältnisses noch nicht abschließend entschieden worden sei. Die Minderung der Miete sei nur mit Rücksicht auf die Regelung in Absatz 5 des Schreibens des Bundesministers der Finanzen vom 27. Juni 1983 (BStBl I 1983, 347) vereinbart worden, um eine Rohgewinnmarge vorzutäuschen, die nach der seinerzeit maßgebenden Verwaltungsauffassung Voraussetzung für die Anerkennung des Zwischenmietverhältnisses gewesen sei.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin ist der Revision entgegengetreten. Sie vertritt die Ansicht, das FA habe bei der Änderung der angefochtenen Steuerfestsetzung gegen die Bindung an die Billigkeitsentscheidung der OFD über die Anerkennung des Vorsteuerabzugs trotz Zwischenvermietung der Wohnung verstoßen. Darüber sei auch eine tatsächliche Verständigung erreicht worden; das FA habe nicht beachtet, daß die neue Rechtsprechung zur Zwischenvermietung nach §176 AO 1977 bei der Änderung der Steuerfestsetzung nicht habe berücksichtigt werden dürfen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
1. Die Revision ist entgegen der Rüge der Klägerin zulässig. Sie ist rechtzeitig innerhalb eines Monats nach Zustellung des angefochtenen Urteils am 26. Januar 1996 eingelegt worden (§120 Abs. 1 Satz 1 FGO). Ausweislich des Eingangsstempels ist die Revisionsschrift beim FG am 26. Februar 1996 -- und nicht, wie die Klägerin annimmt, am 1. März1996 -- eingegangen. Im übrigen entspricht ihr Inhalt den gesetzlichen Anforderungen (§120 Abs. 2 FGO).
2. Die Revision ist begründet. Die angefochtene Steuerfestsetzung ist rechtmäßig.
a) Das FA war zu der Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung nach §165 Abs. 2 AO 1977 berechtigt.
aa) Die ursprüngliche Steuerfestsetzung für 1983 vom 20. Mai 1988 war vorläufig "gemäß §165 Abs. 1 AO, da über die Anerkennung des Zwischenmietverhältnisses bisher noch nicht abschließend entschieden wurde". Dieser Vorläufigkeitsvermerk (§165 Abs. 1 Satz 1 AO 1977) steckte durch die Angabe von Umfang und Grund der Vorläufigkeit (§165 Abs. 1 Satz 3 AO 1977) mit der notwendigen Bestimmtheit den Rahmen ab, innerhalb dessen die Steuerfestsetzung änderbar sein sollte. Die Umsätze durch die Vermietung der Wohnung der Klägerin sollten danach hinsichtlich der Steuerpflicht und des Vorsteuerabzugs noch geändert werden können, wenn eine abschließende Entscheidung zu einer anderen Beurteilung führte. Einwendungen gegen die durch den Vorläufigkeitsvermerk begründete Änderbarkeit hätte die Klägerin nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -- BFH -- (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 23. September 1992 X R 10/92, BFHE 169, 331, BStBl II 1993, 338; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., §165 AO 1977 Tz. 13, m. w. N.) durch Anfechtung des vorläufigen Bescheids vom 20. Mai 1988 geltend machen müssen. Nur bei Nichtigkeit des Vorläufigkeitsvermerks könnte etwas anderes gelten. Der der Steuerfestsetzung vom 20. Mai 1988 beigefügte Vorläufigkeitsvermerk ist aber nicht nach §125 Abs. 1 AO 1977 nichtig (vgl. dazu BFH-Beschluß vom 16. August 1995 VIII B 156/94, BFH/NV 1996, 125).
bb) Die Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung ist im Rahmen der Vorläufigkeit formell und sachlich zutreffend vom FA durchgeführt worden. Die Frist zur Festsetzung der geänderten Umsatzsteuer für 1983 war bei Bekanntgabe des angefochtenen Umsatzsteuer-Änderungsbescheids vom 5. Februar 1990 nicht abgelaufen (§169 Abs. 1, §171 Abs. 8 AO 1977).
Die Vorsteuerbeträge aus Rechnungen über die Herstellung der Wohnung waren nicht abziehbar, weil die Klägerin die bezeichneten Wirtschaftsgüter nicht für Umsätze verwendet hat, die den Vorsteuerabzug zulassen. Die Zwischenvermietung der Wohnung an die KG war wegen Gestaltungsmißbrauchs (§42 Satz 1, 2 AO 1977) nicht als eine steuerpflichtige Vermietung zu beurteilen.
Die Zwischenvermietung der Wohnung berechtigte die Klägerin nicht, auf die Steuerbefreiung der Grundstücksvermietung zu verzichten, weil keine umsatzsteuerrechtlich beachtlichen Gründe für eine dem §9 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes 1980 (UStG 1980) entsprechende Gestaltung vorlagen. Das FG hat keine eigenen erfolglosen Bemühungen der Klägerin zur Vermietung der Wohnung festgestellt. Die Zwischenvermietung von Wohnungen ist unter diesen Umständen als rechtsmißbräuchliche Gestaltung (§42 Satz 2 AO 1977) nicht zu berücksichtigen (ständige Rechtsprechung des BFH, z. B. Urteil vom 14. Mai 1992 V R 12/88, BFHE 168, 468, BStBl II 1992, 931, m. w. N.; Beschlüsse vom 3. Mai 1993 V B 164/92, BFH/NV 1994, 511; vom 11. November 1991 V B 54, 55/91, Umsatzsteuer-Rundschau 1992, 79; die gegen die Entscheidung in BFH/NV 1994, 511 eingelegte Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung angenommen worden, Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Juli 1994 2 BvR 1802/93).
b) Eine zugunsten der Klägerin wirkende bindende Zusage, den Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit der Errichtung ihrer Wohnung zuzulassen, ist im Streitfall nicht gegeben. Das FA war deshalb unabhängig von der Vorläufigkeit der ursprünglichen Steuerfestsetzung nicht gehindert, die ursprüngliche Steuerfestsetzung für 1983 vom 20. Mai 1988 zu ändern.
aa) Eine Zusage nach §§204 ff. AO 1977 liegt nicht vor. Das FA hat der Klägerin nicht im Anschluß an eine Außenprüfung zugesagt, daß sie die ihr berechneten Vorsteuerbeträge abziehen dürfe.
bb) Auf eine allgemeine Zusage, die nach den Grundsätzen von Treu und Glauben im Regelungsbereich von Steuerbescheiden zu einer Bindung des FA geführt hätte, kann sich die Klägerin nicht berufen.
Voraussetzung für eine Bindung an eine verbindliche Zusage des FA ist u. a., daß von der Zusage offensichtlich gewichtige wirtschaftliche Entscheidungen des Steuerpflichtigen abhängen und daß der für die spätere Entscheidung im Veranlagungsverfahren zuständige Beamte die Zusage gemacht hat (vgl. dazu auch Tipke/Kruse, a.a.O., vor §204 AO 1977 Rz. 15; Seer, Verständigungen in Steuerverfahren, 461 ff.).
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Die wirtschaftlichen Entscheidungen durch den Beitritt zur Bauherrengemeinschaft hatte die Klägerin bereits vor dem Ergänzungsbericht der OFD vom 15. Juli 1982 getroffen. Die Ausführungen der OFD, die außerdem bei einer Prüfung einer Bauherrengemeinschaft und nicht bei einer Prüfung gegenüber den Bauherren gemacht worden waren, konnten für die Dispositionen der Klägerin im Hinblick auf den Abzug von Vorsteuerbeträgen nicht ursächlich gewesen sein.
c) Das FA war auch nicht durch die Bindungswirkung einer als Grundlagenbescheid (i. S. von §171 Abs. 10, §175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977) wirkenden Billigkeitsentscheidung nach §163 Satz 1 AO 1977 gehindert, die ursprüngliche Steuerfestsetzung zu ändern. Eine mit der ursprünglichen Steuerfestsetzung verbundene Billigkeitsentscheidung nach §163 Satz 1 AO 1977, Vorsteuerbeträge abweichend von den gesetzlichen Voraussetzungen (§15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. §4 Nr. 12 Buchst. a UStG 1980) zum Abzug zuzulassen, ist im Streitfall nicht getroffen worden.
Die OFD hat gegen die Klägerin Steuern nicht aus Billigkeitsgründen abweichend festgesetzt. Auch das FA hat die geänderte Steuerfestsetzung vom 20. Mai 1988 nicht mit einer Billigkeitsentscheidung nach §163 Satz 1 AO 1977 verbunden (§163 Satz 3 AO 1977), so daß eine Bindung nicht bestehen kann. Vielmehr hat das FA die Umsatzsteuer für 1983 in dem Bescheid vom 20. Mai 1988 unter dem ausdrücklichen Hinweis festgesetzt, daß über die Anerkennung des Zwischenmietverhältnisses bisher noch nicht abschließend entschieden worden sei. Für die Klägerin als Empfängerin des Bescheids war damit zweifelsfrei erkennbar (§133 des Bürgerlichen Gesetzbuches), daß die Vorsteuerbeträge noch nicht unabänderbar als abziehbar beurteilt worden waren. Da dieser Bescheid unanfechtbar geworden war, stand auch fest, daß die Steuerfestsetzung im Umfang der Vorläufigkeit, somit wegen der abgezogenen Vorsteuerbeträge für die vermietete Wohnung, im Rahmen eines Änderungsbescheids nach §165 Abs. 2 AO 1977 noch überprüfbar war. Wenn die Klägerin eine Änderung im Umfang des Vorläufigkeitsvermerks hätte verhindern wollen, hätte sie die Steuerfestsetzung vom 20. Mai 1988 anfechten und den Vorläufigkeitsvermerk unter Hinweis auf die nach ihrer Ansicht vorhandene Bindungswirkung durch Zusage oder Billigkeitsentscheidung angreifen müssen.
d) Eine Bindung wegen einer tatsächlichen Verständigung, wie die Klägerin meint, besteht nicht. Die im Prüfungsbericht der OFD gezogenen Schlußfolgerungen stellen keine für die Klägerin wirkende tatsächliche Verständigung dar, weil ihr nur Aussagen über eine rechtliche Beurteilung, aber keine Einigung über tatsächliche Umstände zu entnehmen sind (vgl. zur Unbeachtlichkeit einer Verständigung über Rechtsfolgen BFH-Urteil vom 14. September 1994 I R 125/93, BFH/NV 1995, 369). Das von der Klägerin herangezogene Urteil des BFH vom 11. Januar 1963 VI 97/61 U (BFHE 76, 489, BStBl III 1963, 180) betrifft eine Sachbehandlung über eine einmalige Zahlung des Steuerpflichtigen an seine unterhaltsberechtigte geschiedene Ehefrau im Rahmen von §33 des Einkommensteuergesetzes und ist für den Streitfall nicht bedeutsam.
e) Eine Bindung des FA nach §176 AO 1977 besteht in Zwischenvermietungsfällen regelmäßig nicht. Die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung herangezogene Vorschrift des §176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO 1977 ist nicht anwendbar, weil sich die Rechtsprechung des BFH in Zwischenvermietungsfällen nicht geändert hat. Der Änderung der Steuerfestsetzung in dem Bescheid vom 20. Mai 1988 steht auch §176 Abs. 2 AO 1977 nicht entgegen, weil der BFH die in der Vorschrift bezeichneten allgemeinen Verwaltungsvorschriften nicht als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet hat (vgl. dazu BFH-Urteil vom 24. Juli 1997 V R 60/94, BFH/NV 1998, 233, m. w. N.).
f) Das Urteil des FG, das auf einer mit den vorstehenden Gründen unvereinbaren Rechtsauffassung beruht, wird aufgehoben. Das Urteil hat auch aus anderen Gründen keinen Bestand. Die Klage wird abgewiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 67519 |
BFH/NV 1998, 1067 |
HFR 1998, 808 |