Leitsatz (amtlich)
Die Grunderwerbsteuerbefreiung aus § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GrEStEigWoG entfällt nicht dadurch, daß der Erwerber das Grundstück vor Erfüllung der vom Gesetz geforderten Mindestnutzungszeit von einem Jahr an eine Person überträgt, die nach dem Gesetz für ihn das Haus begünstigt nutzen darf. Voraussetzung für die endgültige Befreiung ist allerdings, daß das Haus durch den ursprünglichen Erwerber, seinen Ehegatten oder einen seiner Verwandten in gerader Linie innerhalb der für den ursprünglichen Erwerber laufenden Fünfjahresfrist ein Jahr ununterbrochen bewohnt wird.
Normenkette
GrEStEigWoG § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Im Termin zur Zwangsversteigerung des Grundstücks ...-Weg in G vom 7. Juni 1977 ist der Kläger und Revisionskläger (Kläger) laut Beschluß des Amtsgerichts G Meistbietender geblieben. Die Ehefrau des Klägers war an einer Erbengemeinschaft beteiligt gewesen, die an dem Grundstück berechtigt war. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 21. September 1977 hat der Kläger die aus dem Meistgebot erworbenen Rechte an seine Ehefrau abgetreten. In dieser Urkunde heißt es: "In dem Zwangsversteigerungsverfahren ... habe ich in dem Versteigerungstermin vom Juni 1977 das Höchstgebot mit 141 000 DM gemacht. Das Gebot habe ich für meine Ehefrau ... abgegeben, wegen seinerzeit nicht vorhandener Bietervollmacht." Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 22. September 1977 der Ehefrau des Klägers den Zuschlag erteilt und den Kläger selbst für die Verpflichtungen aus dem Meistgebot gemäß § 81 Abs. 4 des Zwangsversteigerungsgesetzes (ZVG) zum Mithaltenden erklärt. Mit Bescheid vom 14. Oktober 1977 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt FA) gegen den Kläger Grunderwerbsteuer fest.
Mit der nach erfolgloser Durchführung des außergerichtlichen Verfahrens erhobenen Klage begehrt der Kläger die Aufhebung der Steuerfestsetzung. Das Amtsgericht habe die Erklärung seines Prozeßbevollmächtigten im Versteigerungstermin falsch verstanden. Von einer nachträglichen Protokollberichtigung sei Abstand genommen worden und der einfachere Weg der Abtretung der Rechte aus dem Meistgebot beschritten worden. Außerdem müsse von der Erhebung der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr 1 des Gesetzes zur Grunderwerbsteuerbefreiung beim Erwerb von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen (GrEStEigWoG) Abstand genommen werden, weil der Kläger oder einer seiner Verwandten in gerader Linie beabsichtigten, das Haus binnen fünf Jahren zu beziehen.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen.
Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Er rügt Verletzung materiellen Rechts.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochten en Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zu anderweitiger Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat die Steuerbefreiung nach dem Gesetz zur Grunderwerbsteuerbefreiung beim Erwerb von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen zu Unrecht mit der Begründung verneint, der Kläger habe seine Rechte aus dem Meistgebot auf seine Ehefrau übertragen, bevor das Gebäude aus eigenem Recht des Klägers ein Jahr lang in der für die Begünstigung erforderlichen Weise bewohnt war.
1. Zutreffend hat das FG dahin erkannt, daß der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 4 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) durch den Kläger als Meistbietenden erfüllt wurde und deshalb gegen ihn - sofern der Erwerbsvorgang nicht befreit ist - nach § 15 Nr. 4 GrEStG Grunderwerbsteuer festzusetzen ist.
2. Im Gegensatz zur Auffassung des FG steht dem Kläger jedoch antragsgemäß Grunderwerbsteuerbefreiung aus § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GrEStEigWoG zu, sofern - was das FG nicht festgestellt hat - das Erwerbsobjekt ein Grundstück mit einem Einfamilienhaus ist.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GrEStEigWoG ist von der Grunderwerbsteuer auf Antrag ausgenommen der Erwerb eines Grundstücks mit einem Einfamilienhaus, wenn dieses vom Erwerber, seinem Ehegatten oder einem seiner Verwandten in gerader Linie binnen fünf Jahren mindestens ein Jahr lang ununterbrochen bewohnt wird und zu mehr als 66 2/3 v. H. Wohnzwecken dient. Das Verlangen nach der eigenwohnlichen Nutzung des erworbenen Objekts durch den Erwerber oder seine nächsten Angehörigen unterstreicht den Willen des Gesetzgebers, das Wohnen im eigenen Heim durch die Befreiung von der Grunderwerbsteuer zu begünstigen. Grundsätzlich ist es erforderlich, daß das erworbene Objekt aufgrund des Rechts des Erwerbers genutzt wird. Das bedeutet, daß die nächsten Angehörigen des Erwerbers, die das Grundstück ohne Verlust der Steuervergünstigung bewohnen können, ihr Wohnrecht vom Erwerber ableiten müssen. Der Verkauf des Grundstücks vor Ablauf der Mindestwohndauer von einem Jahr steht der Befreiung grundsätzlich entgegen. Dies gilt auch dann, wenn der Erwerber oder seine im Gesetz genannten nächsten Angehörigen auch nach dem Verkauf des Grundstücks das Haus aufgrund eines Mietverhältnisses mit dem Käufer weiterhin bewohnen.
Das Gesetz begünstigt den Erwerb nicht nur, wenn der Erwerber selbst das Haus wohnlich nutzt, sondern es läßt auch ohne steuerliche Nachteile die Nutzung durch die genannten nächsten Angehörigen des Erwerbers zu. Wenn aber der Erwerber die Befreiungsvoraussetzungen auch dadurch erfüllen kann, daß sein Ehegatte oder einer seiner Verwandten in gerader Linie das erworbene Objekt bewohnt, dann kann er die Steuervergünstigung nicht dadurch verlieren, daß er das Grundstück vor Erfüllung der Mindestnutzungsdauer von einem Jahr auf eine der genannten Personen überträgt. Voraussetzung ist in diesem Fall aber daß das Haus innerhalb von fünf Jahren seit seinem Erwerb mindestens ein Jahr lang durch ihn selbst, seinen Ehegatten oder einen seiner Verwandten in gerader Linie bewohnt wird. Daraus, daß die nächsten Angehörigen des Erwerbers stellvertretend für ihn die tatbestandsmäßige Voraussetzung des Wohnens i. S. des Gesetzes erfüllen können, ergibt sich, daß es auf die Frage nicht ankommen kann, ob sie aufgrund des Eigentums des Erwerbers oder aufgrund eigenen Eigentums das Haus bewohnen. Damit werden die Voraussetzungen der Grunderwerbsteuerbefreiung auch dann erfüllt, wenn das Grundstück vor Aufnahme oder Beendigung der begünstigten Nutzung von einem Jahr den Eigentümer wechselt, sofern der neue Eigentümer zum Kreis der im Gesetz genannten nächsten Angehörigen des ursprünglichen Erwerbers gehört, die für diesen das Haus in begünstigter Weise stellvertretend bewohnen können. Wenngleich durch eine derartige Eigentumsübertragung die Vergünstigung nicht entfällt, so ist doch Voraussetzung für die endgültige Befreiung, daß das Haus innerhalb der für den ursprünglichen Erwerber und Veräußerer laufenden Frist von fünf Jahren durch diesen ursprünglichen Erwerber selbst, durch seinen Ehegatten oder durch einen seiner Verwandten in gerader Linie für mindestens ein Jahr ununterbrochen bewohnt wird.
3. Die Sache ist nicht spruchreif, weil das FG von seinem Standpunkt aus zu Recht keine Feststellungen darüber getroffen hat, ob das Grundstück mit einem Einfamilienhaus bebaut ist.
Fundstellen
Haufe-Index 413648 |
BStBl II 1981, 680 |
BFHE 1981, 448 |
NJW 1981, 2144 |