Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausfuhrerstattung bei Lieferung an Stationierungsstreitkräfte; Anspruchsberechtigung
Leitsatz (NV)
1. Die Frage, ob für Zwecke der Gewährung von Ausfuhrerstattung für Lieferungen von Marktordnungswaren an die Westgruppe der sowjetischen Streitkräfte zollamtliche Bestätigungen zu erteilen waren, beurteilt sich nur nach den ausfuhrerstattungsrechtlichen Vorschriften, nicht nach Truppenzollrecht.
2. Die zollamtlichen Bestätigungen (1.) in den Kontrollexemplaren T 5 kann nur der Lieferer ("Ausführer") beanspruchen.
3. Der Anspruch des Lieferers auf Erteilung der zollamtlichen Bestätigungen kann nicht abgetreten werden.
Normenkette
EWGV 3665/87 Art. 34 Abs. 1 Buchst. c; AEV § 5 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2-3; AAV Art. 16 Abs. 2-3; AnO/DDR vom 29. August 1990 § 1 Abs. 2
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), ein Unternehmen in Berlin (West), beantragte unter Vorlage von Kontrollexemplaren T 5 im August und September 1991 bei dem beklagten und revisionsbeklagten Hauptzollamt (HZA), ihr für Zwecke der Gewährung von Ausfuhrerstattungen die bestimmungsgemäße Verwendung von Marktordnungswaren (Milcherzeugnisse) durch Lieferung an die Westgruppe der sowjetischen Streitkräfte zu bestätigen. Diese Waren hatte die Klägerin nach den von ihr beigebrachten Unterlagen bei einer Molkerei im Beitrittsgebiet gekauft, an die A-GmbH in Österreich -- mit Niederlassung in Berlin (West) -- weiterverkauft und an die Streitkräfte liefern lassen. Das HZA lehnte die begehrten Bestätigungen ab (Verwaltungsakt vom 17. Juli 1992, Einspruchsentscheidung vom 27. April 1993), weil die Klägerin nicht erstattungsbeteiligt sei; Lieferer sei vielmehr die A-GmbH. Die darauf erhobene Klage wurde abgewiesen. Das Finanzgericht (FG) verneinte einen Rechtsanspruch der Klägerin auf entsprechende zollamtliche Bestätigungen, weil nicht sie, sondern die aufgrund ihrer inländischen Niederlassung im Gemeinschaftsgebiet ansässige A-GmbH Ausführer gewesen sei. Aus der Abtretung des Erstattungsanspruchs der A-GmbH an die Klägerin ergebe sich nichts anderes. Dasselbe müsse gelten, wenn die Klägerin als Ausführer anzusehen wäre. Nach Art. 16 Abs. 3 und 2 des Aufenthalts- und Abzugsvertrages (AAV) vom 12. Oktober 1990 (BGBl II 1991, 258) würden Abgabenvergütungen nur bei Bestehen von Beschaffungsverträgen mit den sowjetischen Truppen gewährt. Ein Beschaffungsvertrag mit der Klägerin sei jedoch nicht nachgewiesen; die A-GmbH sei nicht als amtliche Beschaffungsstelle anzusehen. Ob die begünstigte Verwendung der Waren selbst nachgewiesen sei, brauche nicht beurteilt zu werden. Ein treuwidriges Verhalten des HZA liege nicht vor. Die zollamtlichen Empfehlungen hätten die Gestaltung der vertraglichen Beziehungen zwischen Klägerin, A-GmbH und Beschaffungsstelle nicht beeinflußt.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin insbesondere Verletzung der vom FG angewandten Rechtsvorschriften. Sie macht geltend, auch ein Unterlieferant bei einem Reihengeschäft könne Lieferer i. S. von Art. 16 Abs. 3 AAV bzw. der Anordnung (AnO) vom 29. August 1990 zur Zoll- und Verbrauchsteuerentlastung von Waren, die an die Westgruppe der Streitkräfte der UdSSR geliefert werden (GBl DDR I 1990, 1608), sein; ob (im engeren Sinne) Ausführer, sei nicht entscheidend. Im übrigen seien auch Lieferungen aufgrund von Verträgen mit nicht im Aufenthaltsgebiet ansässigen Vertragspartnern erstattungsbegünstigt, wenn nur der anspruchstellende Lieferer im Aufenthaltsgebiet ansässig sei. Selbst wenn aber die A-GmbH als originär anspruchsberechtigt anzusehen wäre, könne sie -- Klägerin -- den Anspruch aus abgetretenem Recht ("Erstattungseinholung") geltend machen. Zu beanstanden sei auch, daß die Vorinstanz der Klägerin Vertrauensschutz versagt habe. Sie -- Klägerin -- habe die zollamtlichen Anforderungen hinsichtlich der Ausfüllung der vorgeschriebenen Formulare erfüllt und damit Auskünften vertraut, die als Zusagen zu verstehen seien.
Das HZA schließt sich der Rechtsauffassung des FG an und führt u. a. aus, daß der Klägerin nur unverbindliche Auskünfte entsprechend dem damaligen Erkenntnisstand erteilt und keinerlei Zusagen gegeben worden seien.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Das FG hat im Ergebnis zutreffend und ohne durchgreifenden Verfahrensfehler erkannt, daß die Klägerin die zollamtlichen Bestätigungen auf den von ihr vorgelegten Kontrollexemplaren T 5 (§ 5 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 und 3 der Ausfuhrerstattungs-Verordnung -- AEV -- vom 17. Februar 1988, BGBl I 1988, 155) weder aus eigenem noch aus übertragenem Recht verlangen kann, und daß die Ablehnung ihres entsprechenden Begehrens rechtmäßig war.
1. Für die Beurteilung, ob der Klägerin der von ihr geltend gemachte Anspruch zusteht, sind allerdings entgegen der Meinung des FG und der Beteiligten truppenzollrechtliche Vorschriften nicht heranzuziehen. Art. 16 Abs. 3 AAV -- zoll- oder verbrauchsteuerrechtliche ausfuhrbezogene Abgabenbefreiungen oder -vergütungen für näher bestimmte Lieferungen für die sowjetischen Truppen -- ist nicht einschlägig. Ausfuhrerstattungen, wie sie hier aufgrund der beantragten Bestätigungen erstrebt werden sollten, sind weder Abgabenbefreiungen noch -vergütungen; sie sind vielmehr marktordnungsrechtliche Subventionen (Senat, Urteil vom 17. Februar 1987 VII R 21/84, BFHE 149, 15, 17, BStBl II 1987, 368 m. N.; vgl. auch -- für die Gewährung von Ausgleichsbeträgen Währung -- Urteil vom 17. Februar 1988 VII R 68/86, BFHE 152, 377, 379 m. N.), besondere (marktordnungsrechtliche) Vergünstigungen, die nicht als abgabenrechtliche Vergütungen angesehen werden können, auch wenn bestimmte abgabenrechtliche Vorschriften für erstattungsrechtliche Verwaltungsakte sinngemäß gelten (z. B. § 20 AEV). Sie fallen nicht unter den in Art. 16 Abs. 3 und 2 AAV geregelten Tatbestand. Die Frage des Verhältnisses zwischen Truppenzoll- und Ausfuhrerstattungsrecht, das im Beitrittsgebiet gemäß Art. 10 Abs. 2 -- sekundäres Gemeinschaftsrecht -- bzw. Art. 8 -- innerstaatliches Recht -- des Einigungsvertrages gilt (vgl. auch Senat, Urteil vom 27. September 1994 VII R 75/93, BFHE 176, 83, 85), stellt sich nicht. Es erübrigt sich somit, auf die weitere Frage einzugehen, ob die in Berlin (West) ansässige Klägerin überhaupt als berechtigter Lieferer i. S. von Art. 16 Abs. 2, Art. 1 Nr. 4 AAV in Betracht gekommen wäre (vgl. Senatsbeschluß vom 31. August 1993 VII B 80/93, BFH/NV 1994, 210).
Innerstaatliches Truppenzollrecht ist gleichfalls nicht heranzuziehen. Die AnO, die als Bundesrecht fortgilt (BFH/NV 1994, 210), sieht in § 1 Abs. 2 für den Fall der Ausfuhr Abgabenbefreiungen oder -vergünstigungen vor, die in den Zoll-, Verbrauchsteuer- und Monopolgesetzen geregelt sind. Zu den "Abgabenvergünstigungen" sind jedoch, wie ausgeführt, die marktordnungsrechtlichen Ausfuhrerstattungen nicht zu rechnen. Inwieweit die Vorschriften der AnO durch die des AAV (in Verbindung mit dem Zustimmungsgesetz vom 21. Dezember 1990, BGBl II 1991, 256) verdrängt worden sind, ist hier unerheblich.
2. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch ist hiernach allein nach den Vorschriften des Ausfuhrerstattungsrechts zu beurteilen, d. h. nach der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 (VO Nr. 3665/87) der Kommission vom 27. November 1987, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften L 351/1 (vgl. auch für die Lieferungen an ausländische Streitkräfte im Beitrittsgebiet R. Schmidt, Zeitschrift für Zölle + Verbrauchsteuern 1991, 2, 4) und der -- nationalen -- AEV. Außenwirtschaftsrechtliche Bestimmungen bleiben -- jedenfalls zunächst -- außer Betracht. Die Frage, ob insoweit das frühere nationale Außenwirtschaftsrecht oder die später in Kraft getretenen, jedoch im Zeitpunkt der Vorentscheidung bereits geltenden Vorschriften des Zollkodex (ZK) -- Art. 161 -- und der dazu erlassenen Durchführungsverordnung (ZK- DVO) heranzuziehen wären (vgl. einerseits Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 3. November 1987 9 C 3/87, Buchholz 402.25 § 28 AsylVfG Nr. 12; andererseits Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl. 1993, § 101 Anm. 6), stellt sich nicht.
Aus den ausfuhrerstattungsrechtlichen Vorschriften ergibt sich, daß die Klägerin, weil nicht Lieferer (Ausführer) der Sendungen, die zollamtlichen Bestätigungen nicht beanspruchen kann.
Nach Art. 34 Abs. 1 Buchst. c VO Nr. 3665/87 ist der Ausfuhr gleichgestellt die Lieferung an Streitkräfte, die auf dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats stationiert sind, aber nicht dessen Flagge führen (vgl. auch § 5 Abs. 1 Nr. 3 AEV, der dies dahin präzisiert, daß der Lieferung Verträge mit amtlichen Beschaffungsstellen der Streitkräfte zugrunde liegen müssen). Diese "Lieferung" ist ein Sonderfall der Ausfuhr (Überschrift vom Titel 3 VO Nr. 3665/87; vgl. auch deren Art. 35, Art. 47 Abs. 1, sowie § 5 Abs. 2, § 3 Abs. 1 und 3 AEV). Die Begriffe "Lieferung" und "Ausfuhr" bzw. "Lieferer" und "Ausführer" sind in diesem Zusammenhang mithin gleichbedeutend. Auch wenn sie im Ausfuhrerstattungsrecht nicht ausdrücklich definiert sind, so ergibt sich doch bereits aus dem Zusammenhang der Vorschriften (insbesondere denjenigen über die Antragsberechtigung: Art. 47 Abs. 1 VO Nr. 3665/87; § 14 Abs. 1 Nr. 1 AEV), daß als "Ausführer" die Person anzusehen ist, der die Ausfuhr bzw. Lieferung wirtschaftlich zuzurechnen ist, für deren Rechnung die Ausfuhranmeldung abgegeben wird. Da es sich bei dem Kontrollexemplar T 5 um das Dokument zur Inanspruchnahme der Ausfuhrerstattung handelt (§ 3 Abs. 1 AEV), kann dessen Bestätigung auch nur von dem oder für den allein erstattungsberechtigten Ausführer verlangt werden. Ein anderes Ergebnis kann, entgegen der Meinung der Klägerin, nicht mit der umsatzsteuerlichen Vorschrift über das Reihengeschäft (§ 3 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes) begründet werden. Abgesehen von der Frage, ob die sowjetischen Streitkräfte überhaupt als "Abnehmer" gelten können, kommt es auf umsatzsteuerliche Gesichtspunkte in dem hier erheblichen ausfuhrerstattungsrechtlichen Zusammenhang nicht an.
Wie sich aus den Feststellungen der Vorinstanz ergibt, die für den Senat bindend sind (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --), war die Klägerin nicht Ausführer (Lieferer) der Sendungen. Dies folgt zwar nicht aus der vom FG geäußerten Rechtsansicht, daß die Klägerin nicht Ausführer sei (im außenwirtschaftlichen Sinne), wohl aber aus den Feststellungen über den Kauf der Waren durch die Klägerin und den Weiterverkauf an die A-GmbH. Der letzteren sind die Lieferungen an die Streitkräfte wirtschaftlich zuzurechnen, nicht der Klägerin, die nur "Vorlieferant" und somit nicht Ausführer war (auch arg. § 13 Abs. 2 AEV -- Aufbewahrungspflicht des Ausführers und des Vorlieferanten --). Daß die A- GmbH keine amtliche Beschaffungsstelle der Streitkräfte war, hat das FG ausdrücklich festgestellt.
Im übrigen ergäbe sich auch bei Berücksichtigung der ausfuhrrechtlichen Vorschriften -- auf die es indes, wie ausgeführt, nicht ankommt -- keine andere Beurteilung. Das gilt auch für das neue Gemeinschaftsrecht. Ausführer im jetzigen zollrechtlichen Ausfuhrverfahren ist die Person, für deren Rechnung die Ausfuhrerklärung abgegeben wird und die über die Ware verfügen darf; Art. 788 Abs. 1 ZK-DVO. Art. 788 Abs. 2 ZK-DVO, nach dem der in der Gemeinschaft ansässige Beteiligte des Rechtsgeschäfts Ausführer ist, wenn der Verfügungsberechtigte außerhalb der Gemeinschaft ansässig ist, findet keine Anwendung. Die Klägerin war nach dem Verkauf der Waren an die A-GmbH und bei Wahrnehmung der Aufgabe, die Lieferung für den Käufer zu bewirken (durch die Molkerei), nicht mehr geschäftsbeteiligt. Zudem war die A-GmbH im Hinblick auf ihre Inlandsniederlassung gebietsansässig; das Ausfuhrgeschäft wurde von dort aus abgewickelt.
3. Auch aus übertragenem Recht steht der Klägerin der von ihr geltend gemachte Anspruch nicht zu. Der Senat hat in seinem von der Revision selbst angeführten Urteil vom 25. April 1978 VII R 2/75 (BFHE 125, 138, BStBl II 1978, 464) entschieden, daß der nach Ausfuhrerstattungsrecht Erstattungsberechtigte nur den "reinen Zahlungsanspruch", nicht aber die Rechtsposition aus dem Erstattungsrechtsverhältnis abtreten kann. Hieran ist festzuhalten. Zu der nicht abtretbaren Rechtsposition gehört auch der Anspruch, sich (durch zollamtliche Bestätigung der entsprechenden Zollpapiere) die rechtliche Möglichkeit zur Inanspruchnahme der Ausfuhrerstattung zu verschaffen. Seine Erfüllung ist eine Voraussetzung für die Gewährung der Erstattung; er ist nicht, wie die Klägerin meint, ein mit dem Zahlungsanspruch übergehendes "Nebenrecht", und kann von der Klägerin auch nicht im Wege der Prozeßstandschaft geltend gemacht werden (BFHE 125, 138, 142).
Die von der Revision in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge geht ins Leere. Es ist nicht ersichtlich, daß das FG unter Verstoß gegen Verfahrensrecht die Abtretung an die Klägerin für "unerheblich" gehalten hätte. Die Vorinstanz hat lediglich -- zutreffend -- entschieden, daß die Abtretung aus Rechtsgründen nicht die von der Klägerin angenommene Rechtswirkung hat.
4. Richtig hat das FG auch erkannt, daß die Klägerin ihren Anspruch nicht auf treuwidriges Verhalten des HZA stützen kann. Der Vertrauensgrundsatz, auf den die Klägerin sich beruft, gilt zwar allgemein auch im Verwaltungsrecht und nicht nur im Steuerrecht (Senat, Urteil vom 13. Mai 1987 VII R 37/84, BFHE 150, 108, 112, BStBl II 1987, 606), doch kann nach den getroffenen Feststellungen ein Vertrauenstatbestand nicht angenommen werden. Es kann dahingestellt bleiben, ob die von der Klägerin bezeichneten zollamtlichen Hinweise (einschließlich derjenigen über die Ausfüllung der Kontrollexemplare T 5) für einen Rechtsverlust ursächlich werden konnten. Jedenfalls hat sie das FG ohne Verstoß gegen Erfahrungssätze und Denkgesetze als bloße (unverbindliche) Empfehlungen gewürdigt und ihnen damit die Eigenschaft abgesprochen, die Grundlage für ein schützenswertes Vertrauen zu bilden. An diese Tatsachenwürdigung ist der Senat gebunden. Die von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen (§ 76 FGO) greifen nicht durch. Die Klägerin mußte mit einer entsprechenden Beurteilung schon aufgrund des erstinstanzlichen Vorbringens des HZA rechnen; es war ihre Sache, dieser Auffassung spätestens in der mündlichen Verhandlung entgegenzutreten. Auf die Frage, ob die Klägerin die von ihr als Auskünfte bzw. Zusagen gewerteten zollamtlichen Hinweise befolgt hat, kam es im Hinblick auf den ihnen vom FG beigelegten Charakter nicht an. Auch die weitere Frage, ob die Klägerin im Vertrauen auf "Zusagen" Vermögensdispositionen getroffen hat, stellt sich nicht.
Fundstellen
Haufe-Index 420840 |
BFH/NV 1996, 278 |