Leitsatz (amtlich)
Für einen PKW (Mercedes-Benz Typ 280 S) kann eine Investitionszulage nicht gewährt werden, wenn bis zum 30. Juni 1975 ein anderer PKW (Mercedes-Benz Typ 250) bestellt war.
Normenkette
InvZulG § 4 b
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), die ein Bauunternehmen betreibt, begehrt für einen PKW eine Konjunkturzulage nach § 4 b des Investitionszulagengesetzes (InvZulG).
Als PKW wurde von der Klägerin zunächst am 9. Juni 1975 ein Mercedes-Benz Typ 250 mit verschiedenen Sonderausstattungen zum Gesamtpreis von 21 290 DM bestellt. Als unverbindliche Lieferzeit war die erste Jahreshälfte 1976 vorgesehen. Lackierung und Polsterung sollten noch festgelegt werden. Außerdem heißt es in dem Bestellschein:
"Änderung des Auftrages auf ein anderes Fahrzeug des PKW-Programms bei Anerkennung der für dieses Fahrzeug zum Zeitpunkt der Änderung in Frage kommenden Lieferzeit und des am Tage der Lieferung gültigen Listenpreises bleibt vorbehalten."
Der Auftrag wurde von der Firma Daimler-Benz AG am 19. Juni 1975 bestätigt.
Geliefert wurde jedoch im November 1975 ein Mercedes-Benz Typ 280 S mit verschiedenen Sonderausstattungen zum Gesamtpreis von 28 466 DM. Dazu liegt eine weitere Auftragsbestätigung der Lieferfirma vom 3. Oktober 1975 vor, in der bestätigt wird, daß die Klägerin aufgrund des Änderungsvorbehalts in dem Kaufvertrag nunmehr die Lieferung eines Mercedes-Benz Typ 280 S in Auftrag gegeben habe.
Den Antrag der Klägerin, ihr für den PKW eine Investitionszulage von 2 134,95 DM zu zahlen, lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ab. Das FA vertrat die Auffassung, daß ein anderes Wirtschaftsgut als bestellt geliefert worden sei.
Auch die Klage blieb erfolglos.
Mit der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) läßt die Klägerin vortragen:
Ob eine Vertragsänderung eine neue Bestellung sei, beurteile sich nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt und nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Die Klägerin habe vor dem 30. Juni 1975 eine unwiderrufliche Investitionsentscheidung getroffen und diese später lediglich modifiziert. Das schließlich gelieferte Fahrzeug erfülle in ihrem Betrieb die gleiche Funktion wie das ursprünglich bestellte. Der gelieferte Wagen habe zwar einen um 192 ccm größeren Hubraum, einen um 31 PS stärkeren Motor und sei um 7 176 DM (34 v. H.) teurer als der zuerst bestellte Wagen. Diese preislichen und technischen Unterschiede hätten aber auf die Funktion des Wagens keinen Einfluß.
Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil sowie die Einspruchsentscheidung aufzuheben und unter Änderung des Investitionszulagebescheids vom 1. März 1976 eine weitere Investitionszulage von 2 134,95 DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. Nach § 4 b InvZulG erhalten Steuerpflichtige i. S. des Einkommensteuergesetzes (EStG) für begünstigte Investitionen, die sie in einem Betrieb (einer Betriebstätte) im Inland vornehmen, auf Antrag eine Investitionszulage. Eine begünstigte Investition in diesem Sinne ist u. a. die Anschaffung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, soweit es sich dabei nicht um geringwertige Wirtschaftsgüter nach § 6 Abs. 2 EStG handelt. Voraussetzung ist jedoch, daß die Wirtschaftsgüter nach dem 30. November 1974 und vor dem 1. Juli 1975 bestellt und vor dem 1. Juli 1976 geliefert worden sind. Die Investitionszulage beträgt 7,5 v. H. der Anschaffungskosten.
Zielsetzung der Einführung dieser sog. Konjunkturzulage war es, eine Belebung der abgeschwächten Wirtschaftstätigkeit und der rückläufigen Beschäftigung durch Förderungsmaßnahmen für private Investoren zu erreichen (vgl. Begründung zum Gesetzesentwurf der SPD/FDP, Bundestags-Drucksache 7/2979 S. 1). Durch die kurze Frist, während der die Bestellung erfolgt sein mußte, sollte im Interesse der angestrebten Konjunkturbelebung erreicht werden, daß die entsprechenden Aufträge alsbald vergeben werden (Bericht des Finanzausschusses, Bundestags-Drucksache 7/3010 S. 5).
2. Aus § 4 b Abs. 2 InvZulG ergibt sich, daß das bestellte und das gelieferte Wirtschaftsgut identisch sein müssen, d. h. das bestellte Wirtschaftsgut muß später auch geliefert werden. Das bedeutet, daß nachträgliche Änderungen des Liefergegenstandes grundsätzlich schädlich sind. Aus der kurzen für die Bestellung maßgeblichen Frist vom 1. Dezember 1974 bis 30. Juni 1975 muß man schließen, daß sich der Steuerpflichtige in diesen sieben Monaten endgültig mit seiner Bestellung festlegen mußte. Allerdings mißt der Senat einem Änderungsvorbehalt, wie er hier zugunsten der Klägerin in den Kaufvertrag aufgenommen worden ist, als solchem keine Bedeutung bei, solange später das Wirtschaftsgut geliefert wurde, das ursprünglich bestellt worden ist. Andererseits läßt der Begriff des "Wirtschaftsguts" einen Spielraum für eine wirtschaftliche Beurteilung zu. Der Senat sieht es deshalb als unschädlich an, daß sich die Klägerin vorbehalten hat, Lackierung und Polsterung erst nach dem 30. Juni 1975 zu bestimmen. Ebenso verhält es sich mit anderen unwesentlichen späteren Festlegungen und Änderungen. Dagegen stimmt der Senat nicht der Auffassung der Klägerin zu, daß nach dem Sinn und Zweck des § 4 b InvZulG eine großzügige Auslegung der Änderungsmöglichkeit von Bestellungen angebracht sei. Denn es ist zu beachten, daß jede großzügige Gesetzesauslegung bei Ablauf der Frist sich zu deren Beginn als für die Steuerpflichtigen nachteilig erweist. Mit anderen Worten, ließe man im vorliegenden Fall die Änderung der Bestellung eines Mercedes 250 in eine solche eines Mercedes 280 S als zulageunschädlich zu, so wäre die gleiche Änderung einer Bestellung am Anfang der Frist (1. Dezember 1974) zulageschädlich. Das macht es notwendig, nur unwesentliche Vertragsänderungen als für die Investitionszulage unschädlich anzuerkennen. Im vorliegenden Fall ist der Senat der Auffassung, daß ein anderes als das bestellte Wirtschaftsgut geliefert worden ist. Für diese Annahme sprechen der Übergang zu einer anderen Wagenklasse, der wesentlich höhere Preis und die um mehrere Monate verkürzte Lieferzeit.
Fundstellen
BStBl II 1980, 476 |
BFHE 1980, 359 |