Leitsatz (amtlich)
1. Verträge zwischen nahen Angehörigen sind einkommensteuerrechtlich nur dann wie Verträge zwischen Fremden zu behandeln, wenn sie nach Inhalt und Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen.
2. Ein solcher Fremdvergleich ist auch bei Verträgen zwischen einer Personengesellschaft und nahen Angehörigen aller beteiligten Gesellschafter vorzunehmen, wenn die Gesellschafter bei der Vertragsgestaltung einvernehmlich handeln.
2. Werden nach dem Inhalt solcher Verträge Darlehen langfristig gewährt, sind sie steuerrechtlich nicht anzuerkennen, wenn nach den Vertragsmodalitäten die Realisierung des Zahlungsanspruchs der Darlehensgeber nicht gesichert erscheint.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4
Verfahrensgang
Tatbestand
Am 5. November 1964 schenkte Frau H, die seinerzeitige Komplementärin der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin), ihren fünf Enkelkindern -- Jahrgang 1948, 1950, 1959, 1960 und 1964 -- jeweils 20 000 DM mit der Auflage, diese Beträge der Klägerin als langfristige Darlehen zu überlassen. Am selben Tage schlossen die Enkelkinder Darlehensverträge mit der Klägerin und überließen ihr die genannten Beträge zu einem Zins von 6 v. H. Die Darlehen waren frühestens nach Vollendung des 25. Lebensjahres des jeweiligen Darlehensgebers unter Einhaltung einer einjährigen Kündigungsfrist kündbar. Außerordentliche Kündigungsrechte waren für den Fall der Gefährdung der Darlehen durch Vermögensverfall, insbesondere bei Zahlungseinstellung der Klägerin oder eines persönlich haftenden Gesellschafters sowie bei der Eröffnung eines Konkurs- oder Vergleichsverfahrens über das Vermögen der Klägerin oder eines persönlich haftenden Gesellschafters, vereinbart. Die Klägerin konnte die Rückzahlung eines gekündigten Darlehens gegen Erhöhung des Zinssatzes um 1 v. H. ratenweise vornehmen, wenn ihr Bestand oder ihre Liquidität durch die sofortige Zahlung ernstlich gefährdet würden. Zur Feststellung des Vorliegens dieser Voraussetzungen und zur Bemessung der Höhe der Raten war die für beide Vertragsparteien verbindliche Entscheidung des jeweiligen Steuerberaters der Klägerin vorgesehen. Die Darlehen wurden ohne Sicherheit hingegeben. Die Darlehensgeber waren aber berechtigt, jederzeit die Gewährung einer angemessenen Sicherheit für ihre Darlehensforderungen zu verlangen. Die Schenkungen wurden durch Umbuchung vom Kapitalkonto der Frau H im Rahmen ihrer Gesamtentnahmen auf neu errichtete Darlehenskonten ihrer Enkelkinder vollzogen. Bei Abschluß der Schenkungs- und Darlehensverträge waren die minderjährigen Enkelkinder jeweils durch vormundschaftsgerichtlich bestellte Pfleger vertreten. Sämtliche Verträge wurden durch Beschlüsse des Vormundschaftsgerichts genehmigt.
Durch weitere Verträge vom 31. Oktober 1970 schenkte Frau H -- nunmehr Kommanditistin der Klägerin -- ihren Enkeln, vertreten durch deren Eltern, jeweils weitere 50 000 DM mit der Auflage, diese Beträge der Klägerin als langfristige Darlehen zur Verfügung zu stellen.
Ebenfalls am 31. Oktober 1970 schenkten die beiden Väter, nunmehr persönlich haftende Gesellschafter der Klägerin, ihren fünf Kindern je einen Betrag in Höhe von 30 000 DM "zu Lasten ihres Kapitalkontos" ebenfalls mit der Auflage, diese Beträge der Klägerin als langfristige Darlehen zur Verfügung zu stellen. Die Kinder waren wiederum durch vormundschaftsgerichtlich bestellte Pfleger vertreten.
Die Klägerin schloß am 31. Oktober 1970 Darlehensverträge mit den fünf Beschenkten, nach denen ihr die Schenkungsbeträge vom selben Tage zusammen mit den am 5. November 1964 gewährten Darlehen als einheitliche Darlehen von je 100 000 DM langfristig zur Verfügung gestellt wurden. Die einzelnen Bestimmungen der Vereinbarungen entsprachen denen der Verträge vom 5. November 1964. Den Abschluß der Darlehensverträge, bei dem die minderjährigen Kinder durch Pfleger vertreten waren, tätigte jeder der Komplementäre als allein dazu berechtigter Vertreter der Klägerin jeweils mit den Kindern des anderen Komplementärs. Die Vereinbarungen wurden durch Beschlüsse des Vormundschaftsgerichts bzw. -- in einem Fall -- durch einen der Darlehensgeber nach Eintritt der Volljährigkeit genehmigt.
Die Schenkungen der Frau H wurden wiederum durch Umbuchung vom Kapitalkonto im Rahmen der Gesamtentnahmen der Frau H auf die Darlehenskonten der Enkel vollzogen. Die Väter veranlaßten ebenfalls im Rahmen ihrer Entnahmen die entsprechende Umbuchung von ihren Kapitalkonten auf Darlehenskonten der Kinder.
Die Darlehenszinsen wurden den Beschenkten regelmäßig vertragsgemäß ausgezahlt und unstreitig nicht zur Deckung ihres Lebensunterhalts, sondern zur Kapitalansammlung verwendet.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) erkannte in den den Streitjahren 1972 und 1973 vorangehenden Veranlagungszeiträumen die Darlehen stets als Betriebsschulden und die hierauf entrichteten Zinszahlungen als Betriebsausgaben an. Nach einer die Veranlagungszeiträume 1970 bis 1973 umfassenden Betriebsprüfung sah das FA die in den Streitjahren gezahlten Zinsen nicht mehr als betrieblich veranlaßt an. Es änderte den gemäß § 100 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung (AO) vorläufig ergangenen Bescheid über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung für 1972, indem es den bisher festgestellten Gewinn der Klägerin um die Zinsen in Höhe von 30 000 DM erhöhte. Im erstmaligen Bescheid über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung 1973 rechnete es dem erklärten Gewinn die Darlehenszinsen von 30 000 DM hinzu.
Mit der hiergegen gerichteten Sprungklage beantragte die Klägerin, unter Abänderung der Bescheide über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung ihren Gewinn für die Streitjahre um jeweils 30 000 DM herabzusetzen. Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte im wesentlichen aus: Die Darlehensverbindlichkeiten der Klägerin gegenüber den Kindern und Enkeln der Gesellschafter sowie die darauf entrichteten streitigen Zinszahlungen seien betrieblich veranlaßt. Im Hinblick auf ihren privaten Entstehungsgrund seien schenkweise begründete betriebliche Darlehensschulden nicht anders zu behandeln als schenkweise Zuwendungen von Gesellschaftsanteilen. Den Darlehensgebern seien im Streitfall eigene Einkunftsquellen übertragen worden. Die Schenkungs- und Darlehensverträge seien zivilrechtlich wirksam abgeschlossen worden. Sie hätten einer notariellen Beurkundung nicht bedurft, weil sie durch gesellschaftsvertraglich zulässige Abtretungen von gegenüber der Klägerin bestehenden Gewinnansprüchen der Gesellschafter vollzogen worden seien. Der gleichzeitige Abschluß der Schenkungsverträge vom 31. Oktober 1970 zeige, daß die Gesellschafter einvernehmlich gehandelt hätten.
Die Schenkungs- und Darlehensverträge seien auch nicht in einer unter fremden Dritten unüblichen Art gestaltet gewesen. Schenker und Darlehensschuldner seien nicht identisch gewesen. Wegen der Zugehörigkeit der Gesellschafter zu verschiedenen Familienstämmen habe es an gleichgerichteten Interessen zwischen der Klägerin und den Darlehensgebern (den Beschenkten) gefehlt. Die Laufzeiten der Darlehen, die nach den Verträgen vom 5. November 1964 zwischen 9 und 25 Jahre und nach den Verträgen vom 31. Oktober 1970 zwischen 3 und 19 Jahre betragen hätten, stünden einer steuerrechtlichen Anerkennung nicht entgegen. Die Beschenkten seien durch die streitigen Verträge unmittelbar bereichert worden. Rechtlich unerheblich sei die Anknüpfung des Kündigungsrechts der Gläubiger an ein bestimmtes Lebensalter. Hinzu komme, daß ihnen für den Fall der Gefährdung der Darlehen ein außerordentliches und unbefristetes Kündigungsrecht eingeräumt worden sei. Schließlich spreche auch das Fehlen von Sicherheiten für die Darlehen nicht gegen eine auch zwischen Fremden übliche Vertragsgestaltung. Denn die Darlehensgeber hätten jederzeit die Gewährung einer angemessenen Sicherheit verlangen können. Auch fremde Dritte seien bereit, ertragsstarken Unternehmen Kredite in der Größenordnung der streitigen Darlehen ohne Hingabe von Sicherheiten zu gewähren. Die Klägerin habe dies durch Vorlage von Kreditzusagen mehrerer Geldinstitute belegt. Schließlich seien die vereinbarten Zinsen unstreitig ausbezahlt und nicht für den Unterhalt der Darlehensgeber verwendet, sondern in ihnen gehörenden Wertpapieren angelegt worden.
Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts. Es trägt im wesentlichen vor: Darlehensverträge der streitigen Art seien unter Fremden unüblich. Außerdem fehle den Darlehen das für die steuerrechtliche Anerkennung erforderliche Merkmal der betrieblichen Veranlassung.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.
Dem FG ist nicht darin zu folgen, daß die streitigen Darlehenszinsen als Betriebsausgaben der Klägerin abziehbar sind.
Nach § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind Betriebsausgaben die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Eine betriebliche Veranlassung ist gegeben, wenn ein wirtschaftlicher oder tatsächlicher Zusammenhang mit dem Betrieb besteht. Hiervon kann bei einem Vertrag zwischen Angehörigen nach ständiger Rechtsprechung nur dann ausgegangen werden, wenn die Vereinbarung in der gesetzlich vorgeschriebenen Form zustande gekommen ist und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entspricht. Nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, daß die Vertragsbeziehungen tatsächlich im betrieblichen und nicht in Wirklichkeit im privaten Bereich (§ 12 EStG) wurzeln. Diese Grundsätze gelten gleichermaßen für Arbeitsverträge (vgl. BFH-Urteil vom 23. April 1975 I R 208/72, BFHE 115, 481, BStBl II 1975, 579), für Vereinbarungen stiller Gesellschaften (BFH-Urteile vom 20. Februar 1975 IV R 62/74, BFHE 115, 232, BStBl II 1975, 569; vom 8. August 1974 IV R 101/73, BFHE 113, 361, BStBl II 1975, 34; vom 19. Dezember 1979 I R 176/77, BFHE 129, 475, BStBl II 1980, 242) und für Darlehensverträge zwischen Eltern und Kindern (BFH-Urteile vom 16. März 1977 I R 213/74, BFHE 121, 458, BStBl II 1977, 414; vom 25. Januar 1979 IV R 34/76, BFHE 127, 364, BStBl II 1979, 434) sowie zwischen Großeltern und Enkeln (BFH-Urteil vom 22. November 1963 VI 178/62 U, BFHE 78, 184, BStBl III 1964, 74).
Sie haben auch durch das BFH-Urteil vom 10. November 1982 I R 135/80 (BFHE 137, 308, BStBl II 1983, 173) keine Veränderung erfahren. In dieser Entscheidung ist ausgesprochen, daß Aufwendungen für eine Arbeitnehmer-Direktversicherung von Angehörigen auch dann betrieblich veranlaßt sein können, wenn diese Form der betrieblichen Altersversorgung in vergleichbaren Unternehmen (noch) nicht üblich ist. Gleichwohl kommt es darauf an, ob eine gleiche Versorgung auch einem familienfremden Arbeitnehmer gewährt worden wäre (vgl. BFH-Urteil vom 24. November 1982 I R 42/80, BStBl II 1983, 405).
Diese Gesichtspunkte sind auch maßgebend, wenn die Vereinbarungen nicht unmittelbar zwischen Angehörigen, sondern zwischen einer Personengesellschaft und Angehörigen der Gesellschafter geschlossen worden sind. In seinem Urteil vom 12. April 1979 IV R 14/76 (BFHE 128, 207, BStBl II 1979, 622) hat der Senat entschieden, daß die zum Ehegatten-Arbeitsverhältnis entwickelten Grundsätze auch auf Arbeitsverträge zwischen einem Ehegatten und einer von dem anderen Ehegatten beherrschten Personengesellschaft anzuwenden sind. Auch im Streitfall gewährleistet der Vertragsschluß mit der Personengesellschaft nicht, daß eine private (Mit)Veranlassung für den Abschluß der Darlehensverträge ausgeschlossen ist. Die Klägerin war zum Zeitpunkt des Abschlusses eine reine Familienpersonengesellschaft, bestehend nur aus der Großmutter und den Vätern der Beschenkten und Darlehensgeber. Dementsprechend war die Klägerin bei den Vertragsschlüssen nur durch nahe Angehörige der Beschenkten und Darlehensgeber vertreten. Zudem hat das FG -- wenn auch in anderem Zusammenhang -- festgestellt, die Gesellschafter hätten bei Abschluß der Schenkungs- und Darlehensverträge einvernehmlich gehandelt. Diese Umstände legen es nahe, daß bei Abschluß der streitigen Verträge auf seiten der Klägerin durch ihre Gesellschafter ähnliche Überlegungen angestellt wurden, wie sie auch sonst bei Darlehensverträgen unmittelbar zwischen Angehörigen vorzukommen pflegen. Damit erscheint auch eine Prüfung der streitigen Verträge nach den genannten Grundsätzen angezeigt.
Wenn die Klägerin demgegenüber unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 26. Juli 1978 I R 138/76 (BFHE 125, 557, BStBl II 1978, 659) vorträgt, im Streitfall habe es wegen ungleicher Auswirkungen der Verträge auf die Familienstämme an einer Gleichrichtung der Interessen gefehlt, kann sie keinen Erfolg haben. Die genannte Entscheidung erging zur Frage der verdeckten Gewinnausschüttung durch eine GmbH, an der einander fremde Personen unterschiedlich hoch beteiligt waren. Mit dem Streitfall ist jener Sachverhalt somit nicht vergleichbar.
Die streitigen Verträge halten einem Fremdvergleich nicht stand.
a) Der Senat hat keine Veranlassung, darüber zu befinden, ob die Beurteilung des FG zutrifft, die Schenkungs- und Darlehensverträge seien in zivilrechtlich wirksamer Weise zustande gekommen. Denn er teilt nicht die Auffassung des FG, daß die Darlehensverträge in einer auch unter fremden Dritten üblichen Weise ausgestaltet seien. Zwar mag es sein, daß eine Laufzeit eines Darlehensvertrages von bis zu 25 Jahren auch unter fremden Dritten nicht unüblich ist. Ein fremder Dritter wird aber bei derart langen Laufzeiten im allgemeinen Vertragsmodalitäten aushandeln, durch die zumindest der Rückfluß der Darlehensvaluta gesichert erscheint. An dieser Voraussetzung fehlt es im Streitfall.
Nach § 6 der Darlehensverträge konnte die Klägerin die Rückzahlung eines gekündigten Darlehens ratenweise vornehmen, wenn ihr Bestand oder ihre Liquidität durch die sofortige Zahlung gefährdet werden würde. Das bedeutet, daß nach dem Willen der Vertragsparteien die Art und Weise der Darlehensrückzahlung an den Bedürfnissen und Möglichkeiten der Darlehensnehmerin ausgerichtet werden sollte. Das Interesse der Darlehensgeber an einer möglichst problemlosen Realisierung ihrer Forderung wurde hierbei nicht berücksichtigt. Im Gegenteil unterwarfen sich die Darlehensgeber zur Feststellung der Voraussetzungen für die Ratenzahlungen und zur Bemessung der Höhe der Raten der verbindlichen Entscheidung des jeweiligen Steuerberaters der Klägerin. Damit aber bestand in zweifacher Hinsicht die Möglichkeit, daß die Darlehensgeber auch nach einer ordentlichen Kündigung nur unter erschwerten Bedingungen über die Darlehensbeträge würden verfügen können. Zum einen bedeutete diese Vertragsbestimmung, daß auch nach Beendigung der zum Teil langjährigen Laufzeiten der Darlehen die Rückzahlung auf bei Abschluß der Darlehensverträge nicht vorhersehbare Zeit hinausgeschoben werden konnte. Darüber hinaus bedeutete die Unterwerfung unter die verbindliche Entscheidung des jeweiligen Steuerberaters der Klägerin, daß die Darlehensgeber sich jeder Möglichkeit, die Art und Weise der Rückzahlung zu beeinflussen, begeben hatten. Denn durch diese Vertragsbestimmung war der Klägerin faktisch die Möglichkeit eingeräumt, sich mit dem von ihr beauftragten und bezahlten Steuerberater abzustimmen und in ihrem Sinne auf dessen Entscheidung einzuwirken. Für die Darlehensgeber dagegen wären in einem solchen Falle weder das Zustandekommen noch die Grundlagen der für sie verbindlichen Entscheidung erkennbar. Der Senat hält es für ausgeschlossen, daß ein fremder Darlehensgeber -- zumal bei langfristigen Darlehen der streitigen Art -- sich in dieser Weise in die Hand des Darlehensnehmers begeben würde.
Auch das den Darlehensgebern für den Fall der Gefährdung der Darlehen, insbesondere bei Zahlungseinstellung durch die Klägerin oder bei Eröffnung eines Konkurs- oder Vergleichsverfahrens, eingeräumte Recht zur außerordentlichen Kündigung gab den Darlehensgebern nur eine im Hinblick auf die Sicherung der Darlehensrückzahlung schwache Position. Denn zum einen blieb auch im Falle der außerordentlichen Kündigung die Geltung des § 6 der Darlehensverträge unberührt; danach konnte die Klägerin unter Berufung auf ihre fehlende Liquidität die Rückzahlung der Darlehensvaluta hinausschieben. Zum anderen hätten die Darlehensgeber bei einer außerordentlichen Kündigung der Darlehensverträge im Falle der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Klägerin nur eine quotenweise Befriedigung nach § 61 Nr. 6 der Konkursordnung (KO) zu erwarten gehabt. Entsprechendes gilt für den Fall der Eröffnung des Vergleichsverfahrens nach den §§ 7, 25 und 82 der Vergleichsordnung (VerglO).
b) Der Senat ist der Auffassung, daß bereits die aufgezeigten Umstände die streitigen Verträge als unter fremden Dritten unüblich ausweisen. Es kommt hinzu, daß die Darlehensgeber trotz ihrer auf lange Sicht schwachen Position die Darlehen ohne Gewährung von Sicherheiten hingegeben haben. Bereits in seinem Urteil in BFHE 129, 475, BStBl II 1980, 242 hat der BFH ausgesprochen, daß eine langfristige Kapitalhingabe ohne Bestellung von Sicherheiten im Rahmen einer stillen Beteiligung zwischen Fremden unüblich ist. Für die langfristige Kapitalhingabe aufgrund reiner Darlehensverträge kann nichts anderes gelten. Ein fremder Dritter würde erst recht auf der Bestellung von Sicherheiten bestehen, wenn -- wie im Streitfall -- der Modus der Darlehensrückzahlung von für den Darlehensgeber nicht kalkulierbaren Unwägbarkeiten, insbesondere von Einflußmöglichkeiten des Darlehensnehmers selbst abhängt. Dem steht nicht entgegen, daß die Darlehensgeber im Streitfall jederzeit berechtigt waren, eine angemessene Sicherheit zu verlangen. Auch dieses Recht war nicht geeignet, die Position der Darlehensgeber wesentlich zu stärken. Denn zum einen läßt sich dem Vertrag nicht entnehmen, was unter einer angemessenen Sicherheit zu verstehen ist und wer die Bestimmung der Leistung vorzunehmen hat. Auch eine Anwendung der Vorschriften der §§ 315 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), nach denen im Zweifelsfalle die Bestimmung der Leistung nach billigem Ermessen zu erfolgen hat, vermag in diesem Zusammenhang nicht zu helfen. Denn auch im Falle der Bestimmung der Leistung durch Urteil (§ 315 Abs. 3 Satz 2, § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB) bleibt es der Klägerin unbenommen darzutun, daß sie über ausreichende Sicherheiten nicht mehr verfügt. Den Darlehensgläubigern bliebe in diesem Falle nur die Möglichkeit, die Darlehen wegen Gefährdung zu kündigen, mit der bereits erwähnten, für sie nachteiligen Folge aus § 6 der Darlehensverträge.
Die Klägerin hat auch keinen Erfolg mit ihrem Hinweis auf die von ihr belegte Bereitschaft mehrerer Kreditinstitute, ihr wegen ihrer Ertragsstärke weitere Kredite ohne Gestellung von Sicherheiten einzuräumen. In diesem Zusammenhang weist der Senat zunächst auf die Entscheidungen in BFHE 121, 458, BStBl II 1977, 414, in BFHE 127, 364, BStBl II 1979, 434, und in BFHE 129, 475, BStBl II 1980, 242 hin. Dort ist ausgeführt, daß der Beurteilung der Unüblichkeit der Darlehenshingabe ohne Sicherheiten die augenblicklich günstigen Vermögensverhältnisse des Schuldners grundsätzlich nicht entgegenstehen. Es ist selbst kurzfristig kaum möglich, eintretende Verschlechterungen in der Ertrags- und Vermögenslage eines Handelsgeschäfts vorauszusehen. Um so mehr gilt dies für Prognosen, die einen Zeitraum von bis zu 25 Jahren betreffen. Die vorerwähnte Bereitschaft der Kreditinstitute vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern. Zum einen läßt sich diesen Angeboten nicht entnehmen, daß die Kreditinstitute bereit gewesen wären, lange Zeit unkündbare Darlehen ohne jede Sicherheit zu gewähren. Im Gegenteil betreffen z. B. die Angebote der Girokasse eine relativ kurzfristige Kreditierung von 1 1/2 bis 2 Jahren Laufzeit. Zum anderen fehlen Hinweise dafür, daß die Geldinstitute bereit gewesen wären, zu etwa ähnlich ungünstigen Tilgungsbedingungen zu kreditieren, wie dies die Darlehensgeber des Streitfalles taten. Auch diesbezüglich läßt sich dem Angebot der Girokasse das Gegenteil entnehmen. Denn danach sollte diese berechtigt sein, das Darlehen jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen. Für die Rückzahlung machten sich die Komplementäre mitverbindlich. Darüber hinaus bleibt in den Angeboten offen, inwieweit die Kreditinstitute bereits über Sicherheiten verfügten oder im Ernstfall auf bei ihnen befindliche Sicherheiten -- etwa weitere Konten oder Depots der Klägerin oder der Gesellschafter -- zurückgreifen konnten. Angesichts dieser erheblichen Unterschiede in der den Kreditinstituten und den Darlehensgebern eingeräumten oder einzuräumenden Rechtsposition hinsichtlich der Rückzahlung und der Sicherung der Darlehen vermag der Senat der Würdigung des FG nicht beizutreten, die streitigen Darlehensverträge lägen im Hinblick auf die Gewährung von Sicherheiten noch im Bereich des zwischen Fremden Üblichen.
Fundstellen
Haufe-Index 74671 |
BStBl II 1983, 555 |
BFHE 1983, 359 |
NJW 1983, 2048 |