Leitsatz (amtlich)
Bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten berechtigen neue Tatsachen, die für die Ermittlung von Einkünften eines Ehegatten wesentlich sind, zu einer Wiederaufrollung der gesamten Veranlagung, auch soweit es sich um Einkünfte des anderen Ehegatten handelt.
Normenkette
AO § 222 Abs. 1 Nr. 1; EStG 1961 § 26b
Tatbestand
Streitig ist bei der Einkommensteuerveranlagung 1961, ob bei Zusammenveranlagung von Ehegatten neue Tatsachen, die für die Ermittlung der Einkünfte eines Ehegatten wesentlich sind, zu einer Wiederaufrollung der gesamten Veranlagung auch insoweit berechtigen, als es sich um Einkünfte des anderen Ehegatten handelt (§ 26b EStG, § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO).
Die Revisionskläger sind Eheleute. Sie wurden zusammen veranlagt. Die Ehefrau war Ärztin. Der Ehemann betrieb seit April 1961 auf gepachtetem Gelände eine Pferdezucht. In der Einkommensteuererklärung 1961 bezeichnete er sich als nichtbuchführender Landwirt. Er gab einen Verlust von 10 845,33 DM an, den das FA zunächst anerkannte.
Bei einer Betriebsprüfung ergab sich für 1961 ein um 1 200 DM höherer Gewinn aus der Praxis der Ehefrau. Das FA behandelte nunmehr die Pferdezucht als Liebhaberei und versagte den Verlustausgleich. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
In ihrer Klage, die auch die Veranlagungszeiträume 1962 bis 1964 betraf, begehrten die Eheleute die Anerkennung des jetzt als gewerblich angesehenen Verlustes.
Das FG gab der Klage für 1961 statt; im übrigen wies es sie als unbegründet ab. Es führte zu den Einkommensteuerveranlagungen 1962 bis 1964 aus, daß die Pferdezucht als Liebhaberei zu behandeln sei, da es an einer Gewinnerzielungsabsicht fehle.
Den Berichtigungsbescheid 1961 hob das FG aber auf, weil keine neue Tatsache vorläge (§ 222 Abs. 1 Nr. 1 AO). Daß die Betriebsprüfung zu einer Wiederaufrollung der Einkommensteuerveranlagung mit Wirkung für von der Ehefrau erzielte Einkünfte berechtige, rechtfertige nicht die Gesamtaufrollung mit Wirkung für Einkünfte des Ehemannes, mit der Folge, daß der Verlustausgleich zu versagen sei.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision des FA führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Klage als unbegründet.
Bei der Zusammenveranlagung im Sinn des § 26b EStG liegen zwei getrennte Veranlagungen vor, die nur in einem Steuerbescheid zusammengefaßt sind und bei denen jedem Ehegatten als "Einkommen" das Einkommen zugerechnet wird, das sich nach Zusammenrechnung der Einkünfte der Ehegatten ergibt. Beide Ehegatten beziehen somit das gleiche Einkommen (vgl. BFH-Urteile IV 28/62 S vom 5. Dezember 1963, BFH 78, 239, BStBl III 1964, 96; IV 279/62 vom 14. Oktober 1966, BFH 87, 380, BStBl III 1967, 172). Daraus ergibt sich, daß neue Tatsachen, die bei der Ermittlung der Einkünfte des einen Ehegatten festgestellt werden, die gesamte Aufrollung der beide Ehegatten betreffenden Einkünfte rechtfertigt und daß dabei unerheblich ist, welcher der Ehegatten durch seine Arbeit oder durch sein Vermögen zu einzelnen Einkunftsarten beigetragen hat, denn bei der Zusammenveranlagung wirkt sich jede Änderung in der Ermittlung der Einkünfte des einen Ehegatten in entsprechender Weise bei dem anderen Ehegatten aus.
Fundstellen
Haufe-Index 68461 |
BStBl II 1969, 273 |
BFHE 1969, 522 |