Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkünfteermittlung bei Ferienwohnungen
Leitsatz (NV)
Reagiert der Steuerpflichtige bei einer teils selbstgenutzten und teils an wechselnde Feriengäste vermieteten Ferienwohnung auf die sich ergebenden Werbungskostenüberschüsse bereits nach wenigen Jahren und geht zur Dauervermietung über, ist (auch für die Zeit der Vermietung als Ferienwohnung ohne Prognose) vom Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen.
Normenkette
EStG §§ 2, 9, 21; FGO § 118 Abs. 2
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute. Der Kläger erwarb im September 1992 das Erbbaurecht an einem Haus mit zwei Wohnungen. Die Erdgeschosswohnung vermietete er auf Dauer an seinen Vater. Die im Dachgeschoss befindliche Wohnung ließ der Kläger aufgrund einer im Januar 1996 geschlossenen Vereinbarung durch das Verkehrsamt X als Ferienwohnung an wechselnde Feriengäste vermieten. Im Streitjahr (1997) war die Ferienwohnung an 47 Tagen vermietet; ab dem Jahre 1999 ist sie dauervermietet.
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Hauses "B-Straße 4" einen Werbungskostenüberschuss von insgesamt 23 663,21 DM geltend, den der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) ―nach einigen Änderungen― letztlich in Höhe von 13 840 DM zum Abzug zuließ. Das FA ermittelte nur für die Erdgeschosswohnung einen Werbungskostenüberschuss. Bei der Ferienwohnung berücksichtigte es die ―auf Selbstnutzung und Vermietung entfallenden― Werbungskosten entsprechend der Zahl der Vermietungstage lediglich mit 47/365 und errechnete positive Einkünfte.
Die dagegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Die Leerstandszeiten einer Ferienwohnung seien nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) der Selbstnutzung zuzurechnen, wenn diese dem Steuerpflichtigen ―wie im Streitfall― trotz Einschalten eines Vermittlers zur jederzeitigen Nutzung zur Verfügung stehe; die Möglichkeit der Selbstnutzung reiche aus. Auf den Vortrag der Kläger, die Ferienwohnung im Streitjahr zu keinem Zeitpunkt selbst genutzt zu haben, den das FG als wahr unterstelle, komme es deshalb nicht an. Ebenso sei unerheblich, ob der Kläger ―wie von ihm angegeben― die Ferienwohnung nur zum Zwecke der Inspektion und Instandhaltung aufgesucht habe. Das FA habe auch zutreffend die Einkünfte aus der Vermietung der Ferienwohnung der Besteuerung unterworfen. Selbst wenn man entsprechend den Vorstellungen des Klägers die Leerstandszeiten nicht der Selbstnutzung zurechne und im Streitjahr von einem auf die Ferienwohnung entfallenden Werbungskostenüberschuss ausgehe, habe der Kläger diese mit Einkünfteerzielungsabsicht vermietet. Er habe nach einer noch nicht lang andauernden Verlustphase auf die aus seiner Sicht bestehende Unwirtschaftlichkeit reagiert und die Wohnung ab Mitte Juni 1999 dauervermietet.
Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
Die Kläger beantragen, unter Aufhebung der Vorentscheidung und Abänderung des Einkommensteuerbescheides 1997 vom 20. August 2001 aus der Vermietung des Objekts B-Straße 4, einen Werbungskostenüberschuss von (insgesamt) 23 851,19 DM zu berücksichtigen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Das FG hat zu Unrecht allein wegen der Möglichkeit der Selbstnutzung die Leerstandszeiten der Selbstnutzung zugerechnet.
1. Bei der Ermittlung des Einkommens für die Einkommensteuer sind nur solche positiven oder negativen Einkünfte anzusetzen, die unter die Einkünfte des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) fallen. Kennzeichnend für die Einkunftsarten ist, wie der Große Senat des BFH im Beschluss vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, 435, BStBl II 1984, 751, 766 f., unter C. IV. 3. c aa (1)) ausgeführt hat, dass die ihnen zugrunde liegenden Tätigkeiten oder Vermögensnutzungen der Erzielung positiver Einkünfte dienen.
a) Bezogen auf die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung folgt hieraus, dass eine Vermietungstätigkeit nur dann dieser Einkunftsart zuzurechnen ist, wenn der Vermieter die Absicht hat, auf die Dauer der Vermögensnutzung einen Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwirtschaften (z.B. BFH-Urteil vom 5. September 2000 IX R 33/97, BFHE 192, 559, BStBl II 2000, 676, unter II. 2.); nichtsteuerbare Veräußerungsgewinne bleiben dabei unberücksichtigt (Beschluss in BFHE 141, 405, 435, BStBl II 1984, 751, 766 f., unter C. IV. 3. c aa (2)). Die Einkünfteerzielungsabsicht kann erst nachträglich einsetzen und auch wieder wegfallen (BFH-Urteil vom 31. März 1987 IX R 112/83, BFHE 150, 325, BStBl II 1987, 774, m.w.N.).
b) Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, dass die Steuerpflichtigen beabsichtigen, letztlich einen Einnahmenüberschuss zu erwirtschaften, selbst wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben (BFH-Urteil vom 30. September 1997 IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771). Die Grundsätze des vorgenannten Urteils sind auch beim Vermieten von Ferienwohnungen anzuwenden, wenn diese von den Steuerpflichtigen ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten werden (z.B. BFH-Urteil vom 21. November 2000 IX R 37/98, BFHE 193, 479, BStBl II 2001, 705, m.w.N.). Dies gilt ―wie der Senat in seinem Urteil vom 6. November 2001 IX R 97/00 (BFHE 197, 151) unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung entschieden hat― unabhängig davon, ob die Steuerpflichtigen die Ferienwohnung in Eigenregie oder durch Einschalten eines Dritten vermieten. Aus dem Urteil ergibt sich auch, dass durch die Vermietung veranlasste kurzfristige Aufenthalte in der Ferienwohnung keine Selbstnutzung sind.
c) Dagegen ist nach dem Urteil in BFHE 197, 151 bei teilweise selbstgenutzten und teilweise vermieteten Ferienwohnungen die Frage, ob die Steuerpflichtigen mit oder ohne Einkünfteerzielungsabsicht vermietet haben, anhand einer unter Heranziehung aller objektiv erkennbaren Umstände zu treffenden Prognose zu entscheiden. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die Gründe des Urteils in BFHE 197, 151.
2. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Vorentscheidung aufzuheben und die nicht spruchreife Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Das FG hat ausgehend von seiner Rechtsauffassung keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Kläger die Ferienwohnung auch (zu privaten Zwecken) selbst (ggf. durch unentgeltliches Überlassen an Angehörige, Freunde oder sonstige Dritte, s. BFH-Urteil vom 6. November 2001 IX R 2/99, BFH/NV 2002, 771) genutzt und ob und in welchem Umfang die Aufenthalte des Klägers in der Ferienwohnung durch die Vermietung veranlasst waren. Dies muss es nachholen.
a) Ergeben die Feststellungen des FG, dass der Kläger die Ferienwohnung durch Einschalten des Vermittlers ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit zur Vermietung bereitgehalten hat, ist ohne weitere Prüfung von dessen Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen. Die die Ferienwohnung betreffenden Werbungskosten sind nicht zu kürzen.
b) Haben die Kläger die Ferienwohnung dagegen teilweise selbst genutzt oder zur Selbstnutzung vorbehalten, muss das FG die auf die Leerstandszeiten entfallenden Aufwendungen entsprechend dem zeitlichen Verhältnis der tatsächlichen Selbstnutzung zur tatsächlichen Vermietung aufteilen und darf nur den so ermittelten Werbungskostenüberschuss bei den Einkünften aus der Vermietung der Ferienwohnung berücksichtigen.
Nach den vom FG getroffenen Feststellungen ist auch in diesem Fall von der Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers auszugehen. Das FG hat sie mit der Erwägung bejaht, der Kläger habe auf die sich aus der Vermietung der Ferienwohnung ergebenden Werbungskostenüberschüsse bereits nach wenigen Jahren reagiert und sei zur Dauervermietung übergegangen. Diese Würdigung der festgestellten Tatsachen durch die Vorinstanz ist verfahrensrechtlich einwandfrei zustande gekommen und nicht durch Denkfehler oder die Verletzung von Erfahrungssätzen beeinflusst; sie bindet damit den Senat (§ 118 Abs. 2 FGO; vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 197, 151, unter II. 1. h). Die Rechtsauffassung des FG steht insbesondere nicht im Widerspruch zu den Grundsätzen des vorgenannten Urteils des Senats. Für eine 30 Jahre umfassende Prognose ist im Streitfall kein Raum. Der Kläger hat die Wohnung im Dachgeschoss nach den Feststellungen des FG längstens von 1994 bis Mitte Juni 1999 als Ferienwohnung vermietet. Rechnete man die in diesem Zeitraum gegebenen Einnahmen und Ausgaben auf 30 Jahre hoch, bliebe unberücksichtigt, dass der Kläger auf die Werbungskostenüberschüsse reagiert hat. Ein Abkürzen des Prognosezeitraums auf die Zeit der Vermietung als Ferienwohnung (s. dazu z.B. BFH-Urteil vom 6. November 2001 IX R 44/99, BFH/NV 2002, 773) scheidet schon deshalb aus, weil der Kläger die Wohnung nicht veräußert, sondern ab Mitte 1999 dauervermietet hat und damit weiterhin zum Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einsetzt.
Fundstellen
Haufe-Index 893789 |
BFH/NV 2003, 454 |
DStRE 2003, 513 |
KÖSDI 2003, 13707 |