Entscheidungsstichwort (Thema)
Unvollständige Sachaufklärung des Finanzgerichts bei Streit über die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung von Eheleuten
Leitsatz (NV)
1. Zum Umfang der Sachaufklärungspflicht des Finanzgerichts, wenn die Beteiligten darüber streiten, ob der Kläger von seiner Ehefrau dauernd getrennt gelebt hat.
2. Zur Umdeutung von Steuerverwaltungsakten.
Normenkette
AO 1977 § 128 Abs. 1; EStG § 26 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurde im Jahre 1975 von der Beigeladenen geschieden. Für die Streitjahre 1970 bis 1974 wählte der Kläger in den nur von ihm unterzeichneten Einkommensteuererklärungen die Zusammenveranlagung nach § 26 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes 1969, 1971 (EStG), wobei er die Spalte, daß die Eheleute nicht dauernd getrennt lebten, jeweils ankreuzte.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) besteuerte die Eheleute antragsgemäß nach dem Splittingtarif. Bei einer Betriebsprüfung im Jahre 1976 wurden dem FA Aussagen des Klägers und seiner früheren Ehefrau, der Beigeladenen, im Ehescheidungsverfahren bekannt. Danach haben die Eheleute erklärt, seit 1969 getrennt gelebt zu haben. Das FA versteuerte deshalb in ändernden Einkommensteuerbescheiden das Einkommen des Klägers für die Streitjahre nach der Grundtabelle. Der dagegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) hat die geschiedene Ehefrau des Klägers beigeladen. Diese hat in einem Schriftsatz gegenüber dem FG erklärt, daß auch sie für die Streitjahre die Zusammenveranlagung wähle; nach ihrer Meinung hätten sie, die Eheleute, bis 1975 nicht getrennt gelebt.
Das FG wies die Klage ab. Es führte im wesentlichen aus: Der Kläger und die Beigeladene hätten in den Streitjahren dauernd getrennt gelebt. Ob Eheleute dauernd getrennt lebten, sei nach dem Gesamtbild ihrer gegenseitigen Beziehungen zu beurteilen. Entscheidend sei, ob die zur Ehe gehörende Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft endgültig aufgehoben sei. Dabei sei als Lebensgemeinschaft die räumliche, persönliche und geistige Gemeinschaft der Ehegatten, als Wirtschaftsgemeinschaft die gemeinsame Erledigung der die Ehegatten gemeinsam berührenden wirtschaftlichen Fragen ihres Zusammenlebens zu verstehen.
Im Vordergrund der Beurteilung stehe die räumliche Trennung der Eheleute. Lebten die Eheleute räumlich getrennt, sei das ein wesentliches Anzeichen für ein dauerndes Getrenntleben, sofern die räumliche Trennung nicht durch äußere Umstände aufgezwungen sei.
Der Kläger und die Beigeladene lebten seit 1969 räumlich getrennt. Dies hätten sie im Scheidungsverfahren erklärt. Sie hätten dies auch im vorliegenden Verfahren nicht widerrufen. Seit 1970 hätten der Kläger in A und die Beigeladene in B gelebt. Deshalb habe es der Kläger auch hingenommen, daß die geltend gemachten Kosten des Telefonanschlusses in B im Rahmen der Betriebsprüfung nicht mehr als Betriebsausgaben berücksichtigt worden wären. Auch habe er keine Fahrten zwischen B und A, sondern nur von seiner Wohnung in A zu seiner Arbeitsstätte geltend gemacht . . .
Da eine freiwillige räumliche Trennung gegeben gewesen sei, sei zu vermuten, daß ein dauerndes Getrenntleben vorgelegen habe. Diese Vermutung hätte nur entkräftet werden können, wenn in den Streitjahren eine Wirtschaftsgemeinschaft zwischen den früheren Eheleuten bestanden hätte. Das sei aber nicht der Fall gewesen. Denn der Kläger habe allein bestimmt, wie die wirtschaftliche Lebensführung durchzuführen sei. Das ergebe sich aus der Klageschrift, in der er zum Ausdruck gebracht habe, daß er aufgrund des erheblich höheren Einkommens ein ,,gewisses Übergewicht gehabt" habe. Mit anderen Worten, habe er den finanziellen Rahmen gesetzt.
Der Kläger habe zwar vorgetragen, daß er noch in den Streitjahren zusammen mit der Beigeladenen am gesellschaftlichen Leben teilgenommen habe; er habe auch noch Anfang 1975 verschiedentlich betont, sich nicht scheiden zu lassen. Dieser Vortrag könne als wahr unterstellt werden. Gleichwohl sei daraus nicht zu folgern, daß eine Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft bestanden habe. Die gemeinsame Teilnahme beider Ehegatten am gesellschaftlichen Leben könne aus Gründen der gesellschaftlichen Reputation erfolgt sein. Dasselbe könne auch für die Äußerung gelten, sich nicht scheiden zu lassen. Es sei im übrigen nicht selten, daß sich Eheleute nicht scheiden ließen, obwohl keine echte Lebensgemeinschaft zwischen ihnen mehr bestehe.
Auch der Hinweis des Klägers auf gemeinsame Urlaubsfahrten und gemeinsam verbrachte Weihnachtsfeiertage spreche nicht gegen die Annahme dauernden Getrenntlebens. Denn dies sei geschehen, um den Kindern die Trennung der Eltern leichter zu machen.
Mit der Revision rügt der Kläger vor allem mangelnde Sachaufklärung durch Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes und Verletzung von Denkgesetzen sowie eine Verletzung des § 26 EStG. Er führt im einzelnen aus:
Er habe in den Streitjahren von seiner Ehefrau nicht dauernd getrennt gelebt. Das habe diese zum einen gegenüber dem FG schriftlich bestätigt. Zum anderen habe er beim FG Rechtsanwalt X und Pfarrer Y als Zeugen dafür benannt, daß eine Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft bestanden habe. Er hätte dafür noch zahlreiche Zeugen benennen können, habe aber davon zunächst abgesehen, weil er eine weitere Publizität habe vermeiden wollen.
Die räumliche Trennung sei nicht deshalb herbeigeführt worden, um sich endgültig zu trennen, sondern aufgrund äußerer Zwänge. Bereits wegen dieser räumlichen Trennung habe das FG eine Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft verneint. Dies jedoch zu Unrecht, weil er in den Streitjahren immer bestrebt gewesen sei, mit seiner Ehefrau eine dem Wesen der Ehe entsprechende Haus- und Lebensgemeinschaft wieder herzustellen. Daß es letzten Endes nicht dazu gekommen sei, sei nicht von Bedeutung.
Er habe im Verfahren vor dem FG Beweis dafür angeboten, daß eine Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft bestanden habe. Das FG habe seinen Vortrag insoweit allerdings als wahr unterstellt. Ihm sei aber ein Denkfehler unterlaufen, da es seinen Vortrag zwar als wahr unterstellt habe, jedoch lediglich im Hinblick auf die Teilnahme der Eheleute am gesellschaftlichen Leben. Das FG habe die Zeugen hingegen nicht zu dem weiteren Beweisthema gehört, daß die Eheleute die gegenseitig berührenden wirtschaftlichen Fragen zusammen besprochen und erledigt hätten.
Im übrigen gehöre zu einer ehelichen Wirtschaftsgemeinschaft nicht unbedingt auch eine gemeinsame Haushaltsführung. Es genüge vielmehr, daß sich die Eheleute gelegentlich besuchten und gemeinsam über die Verwendung des Einkommens des alleinverdienenden Ehemannes disponierten.
Er habe im finanzgerichtlichen Verfahren wiederholt darauf hingewiesen, daß er sich häufiger mit seiner Frau getroffen habe, um die wichtigsten finanziellen und erzieherischen Dinge mit ihr zu besprechen. Das habe seine Ehefrau gegenüber dem FG auch schriftlich bestätigt. Das FG habe dies jedoch unberücksichtigt gelassen. Es habe vielmehr unterstellt, daß er allein über die wirtschaftlichen Dinge bestimmt habe. Insoweit gebe das FG den Klageschriftsatz aber unrichtig wieder. Er habe nicht, wie es das FG nun unterstelle, ausgeführt, daß er den finanziellen Rahmen gesetzt habe. Im Gegenteil habe seine frühere Ehefrau in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegeben, daß er ihr das Haushaltsgeld regelmäßig bar übergeben habe und daß sie sich ,,auch zu Besprechungen gemeinsam interessierender Fragen etwa ein-, zweimal in der Woche getroffen" hätten. Die Beigeladene habe auch seinen Ausführungen nicht widersprochen, daß er von ihr regelmäßig an den Wochenenden und auch an jedem freien Mittwoch verpflegt worden sei. Sie habe ferner bestätigt, daß die Familie Weihnachten gemeinsam in . . . verbracht habe. Sie habe auch zusammen Urlaub an diesem Ort und in . . . gemacht. Das FG nehme diese Aussagen zwar zur Kenntnis, folgere dann aber, daß dies nur geschehen sei, ,,um den Kindern die Trennung der Eltern leichter zu machen". Diese Feststellung entbehre jeglicher Grundlage.
Das FG habe sich damit begnügt, einzelne Aussagen mit Annahmen zu widerlegen. Es habe sich nicht Gewißheit durch Vernehmung der angebotenen Zeugen verschafft.
Die Eheleute seien häufig gemeinsam eingeladen gewesen. Das FG habe hierzu gemutmaßt, daß die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben aus ,,Gründen der gesellschaftlichen Reputation, auf die der Kläger großen Wert legt", erfolgt sein ,,kann". Er habe dies indessen nie geäußert, in der Klageschrift vielmehr nur zum Ausdruck gebracht, daß aufgrund seiner gesellschaftlichen Stellung genug Gelegenheit gegeben gewesen sei, an Einladungen teilzunehmen.
Das FA habe auch die Vorschriften der §§ 119, 128 der Abgabenordnung (AO 1977) mißachtet. Es habe die Einkommensteuerbescheide an ,,Herrn und Frau" gerichtet und diese den Eheleuten jeweils nur in einer Ausfertigung übersandt. Es hätte aber jedem Ehepartner eine Bescheidausfertigung bekanntgegeben werden müssen.
Da die aufgrund der Betriebsprüfung ergangenen Änderungsbescheide also auf unwirksamen Bescheiden beruhten, seien sie unzulässig. Das FA habe zwar mit Schreiben vom . . . die Änderungsbescheide gemäß § 128 Abs. 1 AO 1977 in Erstbescheide ,,umgedeutet". Diese ,,Umdeutung" sei aber nichtig, weil ein nullum nicht in einen wirksamen Bescheid umgedeutet werden könne. Die Änderungsbescheide seien nur Scheinbescheide. Ein Schein könne indessen nicht in einen Erstbescheid umgedeutet werden.
Ein nicht vorhandener Bescheid (nullum) könne auch nicht, wie es hier geschehen sei, gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden.
Der Einkommensteuerbescheid 1970 habe auch deshalb nicht mehr geändert werden dürfen, weil aufgrund einer früheren Betriebsprüfung der ursprüngliche Einkommensteuerbescheid 1970 bereits einmal geändert worden sei. Schließlich sei die Prüfungsanordnung für die Streitjahre 1971 bis 1974 am . . . ergangen. Das Kalenderjahr 1970 sei aber ohne eine schriftliche Prüfungsanordnung geprüft worden; dies sei ebenfalls unzulässig.
Der Kläger beantragt, die Einkommensteuerbescheide 1970 bis 1974 in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben und ihn mit seiner früheren Ehefrau für diese Jahre zusammen zur Einkommensteuer zu veranlagen. Hilfsweise beantragt er, die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Auf die Revision des Klägers wird die Vorentscheidung aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen.
1. Die formalen Einwendungen des Klägers gegen die Einkommensteuerbescheide 1970 bis 1974 als solche sind allerdings unberechtigt.
Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die ursprünglichen Einkommensteuerbescheide 1970 bis 1974, wenn auch nicht gegenüber der Beigeladenen, so jedoch gegenüber dem Kläger, wirksam bekanntgegeben worden sind. Waren sie ihm wirksam bekanntgegeben worden, so konnten sie später aufgrund der im Rahmen der Betriebsprüfung festgestellten neuen Tatsachen - Getrenntleben der Eheleute - geändert werden. Waren sie hingegen, wie der Kläger nunmehr meint, ihm nicht wirksam bekanntgegeben worden, so konnte das FA ihm gegenüber nach der Betriebsprüfung erstmals wirksame Einkommensteuerbescheide erlassen.
Daß das FA diese Bescheide zunächst als Änderungsbescheide ansah und später in Erstbescheide ,,umdeutete", ist dabei ohne Belang. Denn ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Finanzbehörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlaß erfüllt sind (§ 128 Abs. 1 AO 1977). Die falsche Bezeichnung der Einkommensteuerbescheide 1970 bis 1974, mit denen der Kläger nach der Grundtabelle besteuert worden ist, war demnach unschädlich, weil das FA diese Bescheide, falls die ursprünglichen Einkommensteuerbescheide für diese Jahre nicht wirksam bekanntgegeben worden wären, dem Kläger ohne weiteres als Erstbescheide hätte bekanntgeben dürfen.
Die Einkommensteuerbescheide 1970 bis 1974, mit denen der Kläger nach der Grundtabelle besteuert worden ist, sind auch - gleichgültig ob es sich um ändernde oder Erstbescheide handelt - Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, weil der Kläger beim FG einen Antrag nach § 68 FGO gestellt hat.
2. Soweit der Kläger nun erstmals vorträgt, hinsichtlich des Einkommensteuerbescheids 1970 habe eine Änderungssperre gemäß § 173 Abs. 2 AO 1977 bestanden, kann er mit der vorliegenden Revision schon deshalb keinen Erfolg haben, weil er insoweit neue Tatsachen (frühere Außenprüfung sowie Änderung des Einkommensteuerbescheids 1970 aufgrund dieser Prüfung) vorträgt, die gemäß § 118 Abs. 2 FGO unbeachtet bleiben müssen.
Dasselbe gilt für den weiteren Vortrag des Klägers, die Prüfung des Jahres 1970 im Jahre 1976 sei deshalb unzulässig gewesen, weil es insoweit an einer Prüfungsanordnung gefehlt habe. Der Senat braucht folglich im vorliegenden Verfahren auch nicht darauf einzugehen, ob dieser Einwand nur im Wege der Beschwerde gegen die Prüfung 1970 hätte geltend gemacht werden können.
3. Die Vorentscheidung ist indessen wegen mangelnder Sachaufklärung aufzuheben.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats leben Ehegatten dauernd getrennt i.S. des § 26 Abs. 1 EStG, wenn die zum Wesen der Ehe gehörende Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft nach dem Gesamtbild der Verhältnisse nicht mehr besteht. Lebensgemeinschaft in diesem Sinne bedeutet die räumliche, persönliche und geistige Gemeinschaft der Ehegatten, während unter Wirtschaftsgemeinschaft die gemeinsame Erledigung der die Ehegatten gemeinsam berührenden wirtschaftlichen Fragen ihres Zusammenlebens zu verstehen ist (Urteile vom 9. März 1973 VI R 396/70, BFHE 109, 44, BStBl II 1973, 487; vom 15. Juni 1973 VI R 150/69, BFHE 109, 363, BStBl II 1973, 640, und die jeweils angegebene weitere Rechtsprechung).
Bei einem Antrag der Ehegatten auf Zusammenveranlagung besteht in der Regel eine Vermutung dafür, daß sie nicht dauernd getrennt leben. Diese Vermutung gilt jedoch wegen des ihr widersprechenden Anscheins nicht, wenn die Ehegatten räumlich getrennt voneinander wohnen. Aber auch bei dieser Gestaltung kann sich aus dem Gesamtbild ergeben, daß die Eheleute nicht dauernd getrennt leben. Dies kann außer in Fällen der Trennung infolge zwingender äußerer Umstände auch dann anzunehmen sein, wenn die Ehegatten eine räumliche Trennung durch freie Willensentschließung herbeigeführt haben, diese aber nur vorübergehend sein soll, weil die Ehegatten die Ehe aufrechterhalten und die volle eheliche Gemeinschaft wieder aufnehmen wollen.
Da es sich bei diesen Fragen aber um schwer nachprüfbare innere Vorgänge handelt, die zudem - wie der Streitfall verdeutlicht - häufig viele Jahre zurückliegen, ist die Entscheidung anhand des Gesamtbildes der äußerlich erkennbaren Merkmale zu treffen (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. August 1971 VI R 206/68, BFHE 104, 51, BStBl II 1972, 173). Hierbei kann einzelnen Umständen besonderes Gewicht zukommen, wie z.B. einer auf Dauer angelegten räumlichen Trennung (BFHE 109, 363, BStBl II 1973, 640), einer fortbestehenden gemeinsamen Haushalts- und Wirtschaftsführung (BFHE 109, 44, BStBl II 1973, 487) oder dem langjährigen Zusammenleben eines Ehegatten mit einer anderen Person (BFH-Urteil vom 5. Oktober 1966 VI 42/65, BFHE 87, 208, BStBl III 1967, 84).
Das FG hat bei seinen rechtlichen Erwägungen diese Grundsätze im wesentlichen beachtet.
b) Es hat indessen nicht alle tatsächlichen Umstände ausreichend geprüft und in seine tatsächliche Würdigung auch Überlegungen miteinfließen lassen, die auf Vermutungen oder Unterstellungen beruhen und nicht ausreichend nachgewiesen sind.
aa) Das FG hat tatsächlich festgestellt, der ,,Kläger hat allein bestimmt", weshalb es ,,an einer gemeinsamen Wirtschaftsführung" gefehlt habe. Das FG hat diese Erkenntnis aus der Erklärung des Klägers gefolgert, die Eheleute hätten ,,alle sich gegenseitig berührenden wirtschaftlichen Fragen besprochen und erledigt. . . . Daß hierbei der Kläger aufgrund seines erheblich höheren Einkommens ein gewisses Übergewicht hatte, versteht sich von selbst."
Der Kläger macht mit der Revision zu Recht geltend, daß sich die Folgerung des FG - ,,allein bestimmt" - nicht aus seinem Vortrag - ,,ein gewisses Übergewicht" - ergibt. Aus der Aussage, daß alle wirtschaftlichen Fragen gemeinsam besprochen und erledigt wurden, wäre eher das Gegenteil zu schließen, zumal die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung vor dem FG erklärt hat, die Eheleute hätten sich seinerzeit ein- bis zweimal in der Woche getroffen und dabei gemeinsam interessierende Fragen besprochen. Die Beweiswürdigung des FG verstößt deshalb in diesem Punkt gegen den Akteninhalt und gegen Denkgesetze (vgl. hierzu Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 11. Aufl., § 115 FGO Tz. 66).
bb) Das FG hat auch zu Unrecht Beweisanträge des Klägers übergangen.
Der Kläger hat unter Angabe von Zeugen erklärt, daß er in den Streitjahren nicht daran gedacht habe, sich scheiden zu lassen. Das FG hat diese Angaben zwar als wahr unterstellt, sie aber damit abgetan, daß derartiges häufig erklärt werde, z.B. wegen der wirtschaftlichen Folgen dieses Schrittes. Die angebotenen Zeugen hätten indessen möglicherweise auch etwas dazu sagen können, weshalb sich der Kläger seinerzeit nicht habe scheiden lassen wollen. Sie hätten auch dazu gehört werden können, ob der Kläger in den Streitjahren die räumliche Trennung der Eheleute bereits als endgültig oder nur vorübergehend betrachtet hat. Eine generelle Unterstellung im Sinne des Verständnisses des FG erscheint jedenfalls nicht gerechtfertigt.
cc) Dasselbe gilt für die Angabe des Klägers, er habe mit der Beigeladenen ,,bis 1975 noch aktiv am gesellschaftlichen Leben teilgenommen". Das FG hat auch diese Behauptung als wahr unterstellt, indessen - ohne Nachweise im einzelnen - weiter unterstellt, daß dies aus Gründen der gesellschaftlichen Reputation geschehen sein könne, ,,auf die der Kläger sehr großen Wert legt". Weder die Annahme des FG, daß dies aus Gründen der gesellschaftlichen Reputation geschehen sein könne, noch seine Unterstellung, daß der Kläger hierauf großen Wert gelegt habe, ist durch tatsächliche Umstände belegt.
Bevor das FG zu derartigen Folgerungen gekommen ist, hätte es den Sachverhalt insoweit weiter aufklären müssen. Eine weitere Sachaufklärung in dieser Hinsicht hätte sich dem FG von Amts wegen aufdrängen müssen, bevor es seiner Entscheidung derartige Annahmen zugrunde legte.
dd) Ebenso basiert die Annahme des FG, die Eheleute hätten Weihnachten und Urlaub deshalb zusammen verbracht, ,,um den Kindern die Trennung der Eltern leichter zu machen", auf einer Unterstellung, die durch den Akteninhalt nicht bestätigt wird. Auch insoweit wäre eine weitere Sachaufklärung notwendig gewesen, zumal das gemeinsame Verbringen von Weihnachten und Urlauben dafür hätte sprechen können, daß die räumliche Trennung der Eheleute während des Jahres doch noch als vorübergehend und nicht als endgültig zu betrachten war, wofür nicht zuletzt auch die schriftliche Erklärung der Beigeladenen gegenüber dem FG hätte sprechen können, nach welcher sie meint, bis 1975 nicht dauernd getrennt gelebt zu haben.
4. Nach Zurückverweisung der Sache wird das FG unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen nach dem Gesamtbild der Verhältnisse feststellen müssen, ob der Kläger und die Beigeladenen in den Streitjahren dauernd getrennt gelebt haben.
Fundstellen
Haufe-Index 414062 |
BFH/NV 1987, 431 |