Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen das Finanzgericht einen Prüfer der Finanzverwaltung zu einer Betriebsprüfung im finanzgerichtlichen Verfahren heranziehen darf.
Normenkette
AO § 257; FGO §§ 81, 96 Abs. 2, § 76
Tatbestand
Das Finanzgericht ordnete im Berufungsverfahren bei der Bfin. eine Betriebsprüfung durch einen von der Oberfinanzdirektion zu benennenden Prüfer an, der jedoch nicht dem beteiligten Finanzamt angehören dürfe. Die Bfin. machte mit der Rb. gegen dieses Verfahren geltend, das Gericht sei verpflichtet, die Prüfung selbst durchzuführen.
Entscheidungsgründe
Der Senat nahm dazu wie folgt Stellung:
Wenn das Finanzgericht die Durchführung der Betriebsprüfung durch einen Prüfer der Oberfinanzdirektion oder durch einen anderen, nicht dem beteiligten Finanzamt angehörigen Prüfer angeordnet hat, so ist dieses Verfahren nicht zu beanstanden. Es steht in Einklang mit den vom Bundesfinanzhof aufgestellten Grundsätzen (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 305/55 U vom 7. März 1957, BStBl 1957 III S. 197, Slg. Bd. 64 S. 528). Dort wurde es ausdrücklich für zulässig erklärt, daß das Finanzgericht, wenn es eine Betriebsprüfung für erforderlich hält und über geeignete Prüfer nicht verfügt, ein an der Steuerfestsetzung unbeteiligtes Finanzamt oder die Oberfinanzdirektion in Anspruch nimmt, falls der Steuerpflichtige nicht damit einverstanden ist, daß ein Prüfer des beteiligten Finanzamts tätig wird.
Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung des IV. Senats an (so auch der VI. Senat in seinem Urteil VI 179/58 vom 7. Oktober 1960, Steuerrechtsprechung in Karteiform, EStG, § 21 Rechtsspruch 77). Die AO enthält - im Gegensatz zu § 404 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung - keine das richterliche Ermessen einschränkende Vorschrift darüber, in welcher Weise das Gericht bei der Auswahl von Sachverständigen zu verfahren hat. Die Beamten des Betriebsprüfungsdienstes bieten auf Grund ihrer beruflichen Ausbildung und Erfahrung die Gewähr, daß die ihnen übertragene überprüfung der Bücher und sonstigen Unterlagen sachgerecht durchgeführt wird. Ihrer Heranziehung steht auch nicht entgegen, daß sie Bedienstete der Finanzverwaltung sind. Der Auftrag des Prüfers erschöpft sich in der Ermittlung von Tatsachen, die er dem Gericht mitzuteilen hat. Dieses muß dem Rechtsmittelführer Gelegenheit geben, dazu Stellung zu nehmen. Dem Rechtsmittelführer steht es frei, gegen die Feststellungen des Prüfers Einwendungen zu erheben, über die gegebenenfalls das Gericht im einzelnen entscheiden muß.
Der Senat hält es allerdings nicht für zulässig, daß das Finanzgericht die endgültige Entscheidung, welcher Prüfer tätig wird, der Verwaltungsbehörde überläßt. Das Finanzgericht kann lediglich anordnen, daß diese einen geeigneten Prüfer benennt. Ist dies geschehen, so obliegt es dem Gericht, nach Anhörung des Rechtsmittelführers im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens zu entscheiden, ob der genannte Prüfer oder eine andere geeignete Person tätig werden soll. Diese Entscheidung muß im Streitfall von der Vorinstanz noch getroffen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 424062 |
BStBl III 1963, 164 |
BFHE 1963, 451 |
BFHE 76, 451 |
StRK, AO:277 R 8 |