Leitsatz (amtlich)
Die Vorschriften der StVVO 1944 über den Zuschlag zur Grunderwerbsteuer an Stelle der Wertzuwachssteuer sind - soweit sie nicht schon früher von der Landesgesetzgebung aufgehoben oder geändert worden sind - vom 6. Mai 1955 an als erloschen anzusehen.
Da im Lande Hamburg eine landesrechtliche Regelung nicht besteht, kann dort der Zuschlag von 2 v. H. zur Grunderwerbsteuer an Stelle der Wertzuwachssteuer von dem vorgenannten Zeitpunkt an nicht mehr erhoben werden.
Normenkette
StVVO § 14 Abs. 1, § 15 Abs. 1, § 21 Abs. 4
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin (Bfin.), eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter der Wirtschaftsprüfer X und der Rechtsanwalt Y sind, erwarb ein Grundstück. Seitens des Finanzamts wurde an Stelle der Hamburgischen Wertzuwachssteuer der im § 15 Abs. 1 der Steuervereinfachungsverordnung (StVVO) vom 14. September 1944 (Reichsgesetzblatt 1944 I S. 202, Reichssteuerblatt 1944 I S. 577) vorgesehene Zuschlag zur Grunderwerbsteuer erhoben. Die in Betracht kommenden Vorschriften der StVVO lauten:
"§ 14
Die ...... und die Wertzuwachssteuer werden nicht mehr erhoben.
§ 15
Das Reich erhebt an Stelle der Wertzuwachssteuer einen Zuschlag zur Grunderwerbsteuer zugunsten der Steuergläubiger. Der Zuschlag beträgt 2 vom Hundert des Betrags, von dem die Grunderwerbsteuer berechnet wird.
§ 21
Die Vorschriften dieser Verordnung gelten, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist, während der weiteren Dauer des Krieges."
An die Stelle des Reichs als Steuergläubiger sind gemäß Art. 106 Abs. 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) die Länder getreten; auch die Gesetzgebung auf den Gebieten der Grunderwerbsteuer und der Wertzuwachssteuer ist auf die Länder übergegangen (Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit Art. 70 Abs. 1 GG). Streitig ist, ob die Vorschrift des § 15 Abs. 1 StVVO im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld - Anfang September 1955 - im Land Hamburg noch anwendbar oder nach § 21 Abs. 4 StVVO bereits erloschen war.
Das Finanzgericht ist unter Hinweis auf die Urteile des erkennenden Senats II 125/51 U vom 21. Dezember 1951 (Slg. Bd. 56 S. 88, Bundessteuerblatt - BStBl - 1952 III S. 35) und II 243/52 S vom 10. Dezember 1952 (Slg. Bd. 57 S. 153, BStBl 1953 III S. 60) zu dem Ergebnis gelangt, daß der in Betracht kommende Zuschlag noch erhoben werden kann, und hat die mit Einwilligung des Vorstehers des Finanzamts eingelegte Sprungberufung als unbegründet zurückgewiesen.
Die Finanzbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg, die ihren Beitritt zum Verfahren erklärt hat, hat sich der Auffassung des Finanzgerichts angeschlossen. Sie hat zugleich auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die sich einer Erhebung der Wertzuwachssteuer nach dem in Hamburg geltenden Wertzuwachssteuerrecht entgegenstellen, und im Hinblick darauf die Auffassung vertreten, daß die Frage der Weitergeltung des Zuschlages zur Grunderwerbsteuer und der Wiedererhebung der Wertzuwachssteuer nach einem Wegfall des Zuschlages nur einheitlich betrachtet werden könne. Bis zu einer gesetzlichen Neuregelung durch die hamburgische Landesgesetzgebung müsse der Zuschlag zur Grunderwerbsteuer als fortgeltend angesehen werden.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Freistellung der Bfin. von dem an Stelle der Hamburgischen Wertzuwachssteuer geforderten Zuschlag zur Grunderwerbsteuer.
I. - Erwerberin des Grundstücks ist eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Wie der Reichsfinanzhof durch Urteil Gr.S. 4/22 vom 9. April 1923 (Slg. Bd. 12 S. 76, Reichssteuerblatt 1923 S. 255) und später in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, z. B. durch die Urteile II A 320/25 vom 10. Juli 1925 (Slg. Bd. 17 S. 40, Reichssteuerblatt 1925 S. 193) und II A 409/33 vom 18. Mai 1934 (Slg. Bd. 36 S. 151, Reichssteuerblatt 1934 S. 957), sind die Offene Handelsgesellschaft, die Kommanditgesellschaft, die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts und die Erbengemeinschaft für das Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) 1919/1927 als selbständige Rechtsträger anzusehen. Der erkennende Senat hat für das jetzt anwendbare GrEStG 1940 die gleiche Auffassung vertreten; auf die Urteile II 68/51 S vom 4. Mai 1951 (Slg. Bd. 55 S. 299, BStBl 1951 III S. 116) und II 294/55 U vom 25. Juli 1956 (Slg. Bd. 63 S. 229, BStBl 1956 III S. 285) wird hingewiesen.
Folgerichtig können, wenn eine solche Gesellschaft als Steuerschuldnerin in Anspruch genommen wird, Rechtsmittel nur von der Gesellschaft eingelegt werden. Siehe dazu die Urteile des Reichsfinanzhofs II A 319/32 vom 6. September 1932 (Steuer und Wirtschaft 1933 Nr. 405, Mrozek-Kartei, Rechtsspruch 16 zu § 20 Abs. 1 GrEStG 1927) und II A 409/33 vom 18. Mai 1934 (vgl. oben) sowie Ott, Handbuch des gesamten Grunderwerbsteuerrechts, 4. Aufl., 1936, Anm. 12 zu § 20 GrEStG 1927 (S. 393).
Im Streitfall ist die Sprungberufung seitens der Gesellschaft eingelegt worden. Das angefochtene Urteil läßt jedoch in seinen Gründen nicht zweifelsfrei erkennen, ob über die Sprungberufung der Gesellschaft oder über eine Sprungberufung des Mitgesellschafters Y entschieden werden sollte. Der Senat geht davon aus, daß über die Sprungberufung der Gesellschaft entschieden wurde. Die Bfin., die in der mündlichen Verhandlung zu dieser Zweifelsfrage gehört wurde, hat gegen diese Auslegung Bedenken nicht erhoben.
II. - In der Sache selbst konnte dem Finanzgericht nicht zugestimmt werden.
Der erkennende Senat hat in den Urteilen II 125/51 U vom 21. Dezember 1951 und II 243/52 S vom 10. Dezember 1952 (siehe oben) die Auffassung vertreten, daß, soweit der Zuschlag zur Grunderwerbsteuer in Betracht kommt, die Regelung in den § 14 Abs. 1, § 15 Abs. 1 StVVO nicht schon durch die tatsächliche Beendigung der Kampfhandlungen ihre Geltung verloren habe, sondern daß es der Entschließung der Landesgesetzgeber vorbehalten sei, ab wann die eingeführten Vorschriften als erloschen anzusehen seien. In dem Urteil II 243/52 S vom 10. Dezember 1952 hat der Senat ergänzend ausgeführt:
"Wie auch schon der Oberste Gerichtshof für die Britische Zone in dem Urteil ZS 65/48 vom 8. Juli 1948 (Slg. Zivils. Bd. 1 S. 133) ausgesprochen hat, muß im Hinblick darauf, daß weder durch die Besatzungsmacht noch durch den deutschen Gesetzgeber der Begriff "Kriegsende" für den Bereich der britischen Besatzungszone festgesetzt worden ist, sowohl in Gesetzen und Verordnungen wie auch in rechtsgeschäftlichen Erklärungen in jedem einzelnen Falle geprüft werden, was unter Kriegsende zu verstehen ist."
Der Standpunkt des erkennenden Senats, daß - bis auf weiteres - die Entschließung der Landesgesetzgeber abgewartet werden müsse, war auch deshalb gerechtfertigt, weil die Wiedererhebung anderer Steuern, die ebenfalls durch die StVVO außer Erhebung gesetzt waren, ausdrücklich durch Gesetz bestimmt worden war. Siehe über die Wiedererhebung der Kapitalverkehrsteuer und der Wechselsteuer die Vorschrift im Art. VI § 1 des Anhangs zum Gesetz Nr. 64 zur vorläufigen Neuregelung von Steuern vom 20. Juni 1948 (Beilage Nr. 4 zum Gesetz- und Verordnungsblatt des Wirtschaftsrates des Vereinigten Wirtschaftsgebiets - WiGBl - 1948; Verordnungsblatt für die Britische Zone 1948 Nr. 31) und die entsprechende Regelung in den Ländern der damaligen französischen Zone; über die Wiedererhebung der Beförderungsteuer im Möbelfernverkehr und im Werkfernverkehr siehe § 1 des Bundesgesetzes vom 2. März 1951 (Bundesgesetzblatt 1951 I S. 159, BStBl 1951 I S. 83) und die im Land Rheinland-Pfalz durch Landesgesetz vom 15. Juni 1949 (Gesetz- und Verordnungsblatt 1949 I S. 227) getroffene gleiche Anordnung. Was insbesondere den hier in Betracht kommenden Zuschlag betrifft, so konnte der Senat in dem Urteil II 125/51 U vom 21. Dezember 1951 auf die im Land Baden durch Landesgesetz vom 17. Oktober 1951 (Gesetz- und Verordnungsblatt 1951 S. 183) und im Urteil II 243/52 S vom 10. Dezember 1952 auf die im Land Baden-Württemberg durch Landesgesetz vom 27. Oktober 1952 (Gesetz- und Verordnungsblatt 1952 S. 45, BStBl 1952 II S. 138) und im Land Bayern durch Landesgesetz vom 28. Oktober 1952 (Gesetz- und Verordnungsblatt 1952 S. 293, BStBl 1952 II S. 139) ergangenen Maßnahmen hinweisen; in diesen Ländern wurde unter Aufhebung des § 14 Abs. 1 und des § 15 Abs. 1 StVVO entsprechend der Vorschrift des § 15 Abs. 1 StVVO eine den Schwebezustand beseitigende endgültige Regelung getroffen.
Andererseits war, ohne daß es in den vorerwähnten Urteilen des Senats ausdrücklich ausgesprochen wurde, zu berücksichtigen, daß bei einer etwaigen Wiedererhebung von Wertzuwachssteuer wegen der Schwierigkeiten, einen den wirklichen Verhältnissen entsprechenden Wertzuwachs zu berechnen (insbesondere mit Rücksicht auf die als Begleit- und Folgeerscheinung des Krieges bedingte Veränderung der Wertverhältnisse, auf die Währungsumstellung und auf die Gründe, die die Finanzbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg anführt), gesetzliche Regelungen über die Wertberechnung geboten waren. Auch die Schwierigkeiten, eine Wertzuwachssteuerverwaltung neu einzurichten, die größer gewesen wären als die Schwierigkeiten, die bei der Wiedererhebung der durch die StVVO außer Erhebung gesetzten anderen Steuern bestanden, stützen die Auffassung, daß es im Sinn der angeführten Vorschriften der StVVO liege, die Maßnahmen der Landesgesetzgeber abzuwarten.
III. - Seit dem Urteil II 243/52 S vom 10. Dezember 1952 waren im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld fast drei Jahre vergangen.
Inzwischen hat sich auch der I. Senat in zwei Urteilen, nämlich im Urteil I 166/53 U vom 2. Februar 1954 (Slg. Bd. 58 S. 534, BStBl 1954 III S. 114), betreffend das Kriegsende im Sinne des § 21 Abs. 4 StVVO, und I 19/53 S vom 7. Dezember 1954 (Slg. Bd. 60 S. 116, BStBl 1955 III S. 45), betreffend die Erhebung der Dividendenabgabe, mit der Frage der Anwendbarkeit von Kriegsvorschriften befaßt. Der I. Senat ist in beiden Fällen - ebenso wie der III. Senat in einem früheren Urteil III 230/51 S vom 28. Februar 1952 (Slg. Bd. 56 S. 207, BStBl 1952 III S. 84), die Anwendbarkeit des § 19 Abs. 3 Satz 1 StVVO betreffend - zu der Auffassung gelangt, daß eine weitere Dauer des Krieges im Sinne der bezeichneten Vorschriften verneint werden müsse.
Auch nach der Rechtsprechung des I. Senats kommt es nicht darauf an, daß die Kampfhandlungen beendet waren oder daß der Krieg völkerrechtlich als nicht beendet galt, sondern darauf, ob im einzelnen Fall nach Sinn und Zweck der innerdeutschen Vorschriften der Krieg noch als fortdauernd anzusehen ist oder nicht (siehe auch das vorerwähnte Urteil II 243/52 S vom 10. Dezember 1952).
Der Senat ist der Auffassung, daß § 14 Abs. 1, soweit diese Vorschrift die Wertzuwachssteuer betrifft, und § 15 Abs. 1 StVVO nunmehr als erloschen angesehen werden müssen.
Die Beziehungen der Bundesrepublik zu den ehemals feindlichen Staaten haben sich in den letzten Jahren sehr erheblich normalisiert. Dazu sei hingewiesen auf den Umstand, daß eine Reihe ehemals feindlicher Staaten, insbesondere die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, den Kriegszustand für beendet erklärt haben auf die am 5. Mai 1955 ratifizierten Pariser Verträge (Bundesgesetzblatt 1955 II S. 213 ff.), auf die mit ehemals feindlichen Staaten abgeschlossenen internationalen Verträge (z. B. auf das Abkommen mit Großbritannien und Nord- Irland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen vom 18. August 1954, auf das Abkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen vom 22. Juli 1954, auf das Abkommen mit der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien vom 21. Juli 1954 über gewisse Rechte auf dem Gebiete des gewerblichen Rechtsschutzes und des Urheberrechts) sowie darauf, daß zwischen der Bundesrepublik und ehemals feindlichen Staaten, insbesondere auch mit der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, ein Austausch diplomatischer Vertreter stattgefunden hat.
Diese Umstände sind zwar, wie bereits ausgeführt wurde, bei Beurteilung der Frage, ob der Krieg im Sinne der bezeichneten Steuervorschriften noch fortbesteht oder nicht, nicht ausschlaggebend. Sie können aber andererseits auch nicht als bedeutungslos angesehen werden. Es ist zwar unbedenklich, im Sinn der steuerlichen Vorschriften den Krieg als beendet anzusehen, obwohl er völkerrechtlich noch als fortbestehend gilt. Es ist aber bedenklich und liegt auch nicht im Sinn der vorbezeichneten Vorschriften der StVVO, die mehr oder minder große Annäherung, die im Zuge der Entwicklung in den letzten Jahren im Verhältnis der Bundesrepublik zu den ehemaligen Feindstaaten eingetreten ist und weitgehend zu einer Normalisierung der Beziehungen geführt hat, steuerlich unbeachtet zu lassen.
Zu berücksichtigen sind außerdem Sinn und Zweck der in Betracht kommenden steuerlichen Vorschriften. Die StVVO beruht auf Abschn. I Abs. 1 des Erlasses über den totalen Kriegseinsatz vom 25. Juli 1944 (Reichsgesetzblatt 1944 I S. 161). Nach diesem Erlaß sollte der "gesamte Staatsapparat ..... mit dem Ziel überprüft werden, durch einen restlosen rationellen Einsatz von Menschen und Mitteln, durch Stillegung oder Einschränkung minder kriegswichtiger Aufgaben und durch Vereinfachung der Organisation und des Verfahrens das Höchstmaß von Kräften für Wehrmacht und Rüstung freizumachen". Die Erwägungen, die zum Erlaß der in Betracht kommenden Vorschriften Veranlassung gaben, sind somit - bei Entstehung der Steuerschuld waren seit der Beendigung der Kampfhandlungen mehr als zehn Jahre vergangen - längst weggefallen.
Zwar mußte, wie auch in den Urteilen II 125/51 U vom 21. Dezember 1951 und II 243/52 S vom 10. Dezember 1952 (siehe oben) dargelegt wurde, mit ausdrücklichen Maßnahmen der Landesgesetzgeber gerechnet werden, so daß es geboten war, während einer angemessenen übergangszeit derartige Maßnahmen abzuwarten. Die Länder haben seit dem Urteil II 243/52 S vom 10. Dezember 1952 von ihrem Gesetzgebungsrecht weitgehend Gebrauch gemacht und unter Aufhebung der Wertzuwachssteuer bestimmt, daß es bei dem durch § 15 Abs. 1 StVVO eingeführten Zuschlag zur Grunderwerbsteuer endgültig verbleibt. Hingewiesen sei für das Land Hessen auf das Gesetz vom 12. Februar 1953 (Gesetz- und Verordnungsblatt 1953 S. 4), für das Land Nordrhein-Westfalen auf das Gesetz vom 28. April 1953 (Gesetz- und Verordnungsblatt 1953 S. 262, BStBl 1953 II S. 70), für das Land Rheinland-Pfalz auf das Gesetz vom 12. Mai 1953 (Gesetz- und Verordnungsblatt 1953 S. 59), für das Land Bremen auf das Gesetz vom 2. Juli 1954 (Gesetz- und Verordnungsblatt 1954 S. 74), für das Land Niedersachsen auf das Gesetz vom 20. April 1955 (Gesetz- und Verordnungsblatt 1955 S. 176, BStBl 1955 II S. 85) und für das Land Schleswig-Holstein auf das Gesetz vom 27. Mai 1955 (Gesetz- und Verordnungsblatt 1955 S. 122, BStBl 1955 II S. 90).
Für das Land Hamburg ist eine Regelung durch den Landesgesetzgeber nicht vorgenommen worden. Die übergangszeit, während der ausdrückliche Maßnahmen der Landesgesetzgebung abzuwarten waren, muß als verstrichen gelten. Die in Betracht kommenden Vorschriften des § 14 Abs. 1 und des § 15 Abs. 1 StVVO werden mit dem Ablauf des 5. Mai 1955 - d. h. mit dem Ablauf des Tages, an dem die Pariser Verträge ratifiziert wurden - als erloschen angesehen.
Der Auffassung der Finanzbehörde, daß über die Frage der Weitergeltung des Zuschlags zur Grunderwerbsteuer und der Wiedererhebung der Wertzuwachssteuer nur einheitlich entschieden werden könne, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Streitig ist lediglich, ob der durch § 15 Abs. 1 StVVO eingeführte Zuschlag zur Grunderwerbsteuer im Fall der Bfin. zu Recht erhoben worden ist. Darüber, ob mit Wirkung ab 6. Mai 1955 ohne weiteres wieder das vor dem Inkrafttreten der StVVO in Hamburg maßgebend gewesene Wertzuwachssteuerrecht anwendbar ist und ob und in welcher Weise etwaige Gesetzeslücken durch die Rechtsprechung auszufüllen sind, ist eine Entscheidung nur möglich, wenn in künftig anhängigen Streitfällen dahingehende Fragen entstehen.
Ebenso kann es nicht als zutreffend angesehen werden, wie der Vertreter der Finanzbehörde in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, daß der an Stelle der Wertzuwachssteuer erhobene Zuschlag zur Grunderwerbsteuer im ganzen Geltungsbereich des GG nur einheitlich wegfallen darf, da er durch die StVVO vom 14. September 1944 auch einheitlich im ganzen Reichsgebiet eingeführt wurde. Wie bereits ausgeführt wurde, steht die Gesetzgebung auf dem Gebiet der Grunderwerbsteuer nach dem GG vom 23. Mai 1949 den Ländern zu; auch die Gesetzgebung auf dem Gebiet der Wertzuwachssteuer ist Aufgabe der Länder (Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit Art. 70 Abs. 1 GG). Dadurch, daß die Länder für die Gesetzgebung zuständig sind, ist es durchaus möglich, daß im Verhältnis der verschiedenen Länder zueinander Rechtsungleichheiten eintreten.
Der Senat verkennt nicht, daß diese Entscheidung für das Land Hamburg von erheblicher Tragweite sein wird. Er ist aber nach sorgfältiger Prüfung der Auffassung, daß es nicht vertretbar ist, die hier fraglichen Vorschriften auch über den bezeichneten Zeitpunkt hinaus als fortbestehend anzuerkennen.
Es mag zweckmäßig sein, wie das Finanzgericht ausführt, den durch § 15 Abs. 1 StVVO geschaffenen Rechtszustand unverändert zu lassen. Für die Entscheidung des Streitfalles kann es aber nicht darauf ankommen, welche Regelung zweckmäßig ist, sondern nur darauf, ob der durch die StVVO eingeführte Rechtszustand noch fortbesteht.
Der Rechtsbeschwerde war somit stattzugeben.
Fundstellen
Haufe-Index 408731 |
BStBl III 1957, 216 |
BFHE 1957, 575 |
BFHE 64, 575 |
StRK, GrEStG:1 R 46 |