Leitsatz (amtlich)
Überläßt ein Komplementär einer KG sein Anlagevermögen zur Nutzung, so handelt es sich bei den von der KG hierfür übernommenen Lasten und gezahlten Beträgen um Entgelte im Rahmen eines Leistungsaustausches. Das gilt auch dann, wenn diese Beträge sowohl nach dem Grade der Ausnutzung des überlassenen Anlagevermögens als auch nach dem Gewinn der KG berechnet werden.
Normenkette
UStDB 1951 § 10
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Steuerpflichtige), eine GmbH, die ein Holzbearbeitungswerk und ein Möbeltransportunternehmen betrieb, sowie drei andere Gesellschaften mit beschränkter Haftung (Möbelfabriken) beteiligten sich ab 1. Januar 1953 als Komplementäre an einer KG. Diese wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 13. Dezember 1952 gegründet, in dem u. a. folgendes vereinbart war.
Die Gründung erfolgt zum Zweck der „Konzentration des Kräftepotentials” der vier Gesellschaften; Gegenstand des Unternehmens ist die Holzbe- und Holzverarbeitung und die Herstellung von sowie der Handel mit Hölzern und Möbeln (§ 1 des Vertrages). Die Komplementäre leisten eine bestimmte Bareinlage; die Steuerpflichtige eine solche von … DM (§ 3 des Vertrages). Gewinn und Verlust werden im Verhältnis der Einlagen verteilt, soweit die Gesellschafter nichts anderes beschließen (§ 4).
Am 15. Januar 1954 schlossen die Steuerpflichtige und die KG über die Nutzung des Anlagevermögens der Steuerpflichtigen durch die KG eine als Pachtvertrag bezeichnete schriftliche Vereinbarung, die u. a. folgendes bestimmte:
§ 1
Die Pächterin hat am 1. Januar 1953 von der Verpächterin die an diesem Tage vorhandenen Maschinen und Einrichtungen pachtweise übernommen.
Soweit nach dem 1. Januar 1953 von der Verpächterin Grundstücke erworben, Gebäude errichtet und Maschinen und Einrichtungen beschafft werden, gelten diese Werte bis zum Ablauf dieses Vertrages als mitverpachtet.
§ 4
Alle auf den verpachteten Gegenständen ruhenden Lasten, Steuern, Gebühren und Abgaben sind von der Pächterin zu tragen. Die Versicherungsbeiträge für sämtliche Pachtgegenstände betreffend Feuer- und sonstige Sachversicherungen zahlt die Pächterin.
§ 5
Als Pachtzins zahlt die Pächterin die steuerlichen Abschreibungen auf die verpachteten Objekte und darüber hinaus einen Pachtzins der vom Zeitwert oder Buchwert der gesamten verpachteten Objekte berechnet und jährlich nach Aufstellung der Bilanz in seiner Höhe zwischen Pächter und Verpächter festgelegt wird, sich im wesentlichen nach dem Grade der Ausnutzung der verpachteten Anlagen einerseits und dem Gewinn der Pächterin andererseits bemessen soll und vorläufig mit 6 % vorgesehen wird …
Durch eine zusätzliche Vereinbarung wurden die Bestimmungen des Pachtvertrages auf die in diesem Vertrag nicht aufgeführten Gegenstände des Anlagevermögens der Steuerpflichtigen ausgedehnt.
Die Steuerpflichtige, die zunächst die nach §§ 4 und 5 des Pachtvertrages errechneten Vergütungen als Entgelte für steuerpflichtige Umsätze behandelt hatte, wich in der Umsatzsteuerjahreserklärung 1962 von dieser Behandlung ab und stellte sich unter Bezugnahme auf das Urteil des Senats V 156/59 U vom 30. November 1961 (Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 74 S. 194 – BFH 74, 194 –, BStBl III 1962, 73) auf den Standpunkt, daß es sich bei den Vergütungen für die Überlassung des Anlagevermögens nicht um Leistungsentgelte, sondern um nicht steuerbare Gewinnbeteiligungen handele. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt – FA –) zog die Steuerpflichtige jedoch durch Umsatzsteuerbescheid 1962 auch wegen der auf die Überlassung des Anlagevermögens von der KG entfallenden Vergütung zur Umsatzsteuer heran.
Mit der gegen diesen Bescheid eingelegten Sprungklage hatte die Steuerpflichtige keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat unter Hinweis auf das Urteil des Senats V 294/60 vom 24. Oktober 1963 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1964 S. 181 – HFR 1964, 181 –) folgende Auffassung vertreten: Die Steuerpflichtige habe der KG die Nutzung ihres Anlagevermögens auf Grund eines vom Gesellschaftsvertrag losgelösten Pachtvertrages überlassen. Diese Nutzungsüberlassung werde nicht durch eine Gewinnbeteiligung, sondern durch ein Sonderentgelt abgegolten.
Hiergegen richtet sich die Revision der Steuerpflichtigen. Sie vertritt folgende Meinung: Ihre Verpflichtung zur Nutzungsüberlassung habe sich bereits aus § 1 des Gesellschaftsvertrages, wonach sich die beteiligten Gesellschafter zur „Konzentration des Kräftepotentials” zusammengefunden hätten, ergeben. Dieses Ziel habe man dadurch erreichen können, daß der Geschäftsführer der KG gleichzeitig alleiniger Geschäftsführer der vier als Komplementäre beteiligten Gesellschafter gewesen sei. Alle Beteiligten hätten bereits bei der Gründung der KG klare Vorstellungen darüber gehabt, welche Verpflichtungen sich für sie aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben. Dementsprechend seien auch eine ganze Reihe von Maßnahmen unmittelbar im Anschluß an die Gründung der KG durchgeführt worden. Dem Pachtvertrag komme nur deklaratorische Bedeutung zu. Schließlich sei die Gegenleistung der KG nicht als Entgelt anzusehen. Wenn das FG davon ausgegangen sei, daß auch in Verlustjahren eine Vergütung zu zahlen sei, so handele es sich um eine reine Mutmaßung, da die KG nie mit Verlust abgeschlossen habe. Auch habe das FA die Vergütung für die Gebrauchsüberlassung in der einheitlichen Gewinnfeststellung als „Gewinn-Vorab” anerkannt. Letztlich sei die Gegenleistung in ihrer Höhe nicht genau bestimmbar gewesen.
Die Steuerpflichtige beantragt,
unter Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils die Umsatzsteuer für das Jahr 1962 auf 0 DM festzusetzen.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Es hält die Rechtsausführungen des FG für zutreffend und weist insbesondere darauf hin, daß nach der Fassung des § 1 des Gesellschaftsvertrages die Beteiligten die verschiedensten Möglichkeiten für die Gestaltung ihrer Zusammenarbeit gehabt hätten. Von diesen Möglichkeiten habe man für die Überlassung des Anlagevermögens den Weg eines Pachtverhältnisses eingeschlagen. Der Pachtvertrag stelle daher zwar eine Ergänzung des Gesellschaftsvertrages dar; ihm komme aber nicht nur deklaratorische Bedeutung zu, weil nach dem Gesellschaftsvertrag eben auch andere Möglichkeiten bestanden hätten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Verpflichtung der Steuerpflichtigen, ihr Anlagevermögen der KG zur Nutzung zu überlassen, als gesellschaftsrechtliche oder als nicht gesellschaftsrechtliche zu beurteilen ist, da auch der Beitrag eines Gesellschafters eine Lieferung oder sonstige Leistung im Sinne des § 1 Nr. 1 UStG 1951 ist. Wie der Senat unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung in dem Urteil V 200/65 vom 18. Juli 1968 (BFH 93, 98, BStBl II 1968, 702) ausgeführt hat, ist vielmehr auch in solchen Fällen, in denen ein Gesellschafter auf Grund des Gesellschaftsvertrages Leistungen erbringt, für die Frage der Umsatzsteuerbarkeit dieser Leistungen allein entscheidend, ob diesen Leistungen Entgelte als Gegenleistung gegenüberstehen.
Die Entscheidung des vorliegenden Falles ist daher von der Frage abhängig, ob die der Steuerpflichtigen für die Nutzung ihres Anlagevermögens gewährten Vergütungen einschließlich der übernommenen Lasten als Entgelte im Sinne des Umsatzsteuerrechts oder als Gewinnbeteiligung anzusehen sind.
Zutreffend ist das FG zu dem Ergebnis gekommen, daß hier Entgelte im Sinne des Umsatzsteuerrechts vorliegen. Mit Recht hat das FG dabei nicht nur die in § 5 des Pachtvertrages als „Pachtzins” bezeichneten, sondern auch die nach § 4 von der KG zu erbringenden Leistungen in die Betrachtung einbezogen, da auch diese von der KG aufgewendet wurden (§ 10 UStDB 1951), um das Anlagevermögen der Steuerpflichtigen zu nutzen. Bezüglich der nach § 4 des Vertrages übernommenen Leistungen besteht aber nach den getroffenen Vereinbarungen nicht nur keine Gewinnabhängigkeit, sondern überhaupt kein Zusammenhang mit dem Gewinn. Das gleiche gilt für die nach § 5 des Pachtvertrages übernommenen Zahlungen der steuerlichen Abschreibung. Aber auch der übrige Teil des Pachtzinses, der nach § 5 des Vertrages jährlich zwischen der Steuerpflichtigen und der KG festzulegen ist, ist als Entgelt im Sinne des Umsatzsteuerrechts anzusprechen. Dieser Teil, der vom Zeit- oder Buchwert des genutzten Anlagevermögens berechnet wird, ist in seiner Höhe im wesentlichen von zwei Faktoren abhängig, einmal vom Grad der Ausnutzung dieser Anlagen und zum anderen vom Gewinn der KG. Auch dieser Teil der Vergütung ist also keine Gewinnbeteiligung, sondern lediglich hinsichtlich seiner Höhe u. a. von der Höhe des Gewinns der KG abhängig. Zutreffend weist die Vorinstanz darauf hin, daß im Wirtschaftsleben die Vereinbarung eines vom Gewinn abhängigen Pachtzinses nicht ungewöhnlich ist.
Demgegenüber kommt es nicht darauf an, wie die Beteiligten den Pachtzins in etwaigen Verlustjahren berechnet hätten. Nach den Vereinbarungen in den Pachtverträgen wäre der Pachtzins jedenfalls mindestens insoweit zu zahlen gewesen, als er von dem Gewinn völlig unabhängig zu berechnen war.
Wie die Verträge ertragsteuerlich behandelt worden sind oder zu behandeln gewesen wären, ist für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung, die von völlig anderen Gesichtspunkten auszugehen hat, ohne Bedeutung (vgl. Entscheidung des Bundesfinanzhofs – BFH – V 200/65, a. a. O.).
Soweit die Steuerpflichtige darauf hinweist, daß die Gegenleistung der KG der Höhe nach nicht bestimmt war und deshalb nicht als Entgelt angesehen werden könne, ist folgendes zu bemerken: Die Leistungsvergütungen, welche die KG im Streitjahr 1962 an die Steuerpflichtige erbracht hat, sind eindeutig festgestellt. Allein darauf aber kommt es an. Daß sie vorher in ihrer Höhe noch nicht bestimmbar waren, weil sie zum Teil vom Gewinn abhängig waren und jährlich einer gemeinsamen Feststellung durch die Steuerpflichtige und die KG bedürften, ist ohne Bedeutung. Es liegt in der Natur der Sache, daß Pachtentgelte, die vom Gewinn oder – wie im Falle des obigen Urteils – vom Umsatz abhängig sind, erst dann in ihrer Höhe feststehen, wenn die Bezugsgrößen bekannt sind.
Die Revision war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 514882 |
BFHE 1971, 426 |