Entscheidungsstichwort (Thema)
Kreditverwaltung durch Kreditvermittler
Leitsatz (NV)
Ein sog. Bankrepräsentant, der im Auftrage der Bank bei der Verwaltung der von ihm vermittelten Kredite mitwirkt, erbringt dieser gegenüber weder eine ,,einheitliche Leistung", noch ist grundsätzlich die verwaltende Tätigkeit eine umsatzsteuerrechtlich unbedeutende ,,Nebenleistung" (Abgrenzung gegen BFH-Urteil vom 9. August 1974 V R 140/73, BFHE 113, 391, BStBl II 1975, 28).
Normenkette
UStG 1967 § 4 Nr. 8
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war für die A-Kredit-Bank, die B-Bank und die C-Bank als sog. Bankrepräsentant tätig. Laut Vertrag mit der A-Kredit-Bank vom 2. November 1970 oblag ihm
- die Überprüfung der Angaben im Darlehensvertrag und der dazu gehörigen Unterlagen (z. B. Lohnbescheinigungen),
- Einholung von Auskünften über die Bonität der Kunden (Schufa-Auskunft),
- Auszahlung der Kreditbeträge an die Kreditnehmer.
Wurde ein Kredit notleidend, war der Kläger verpflichtet, nach Aufforderung für die Sicherstellung des Sicherungsgutes zu sorgen, der Bank beim Wiederverkauf behilflich zu sein und sie darüber hinaus bei der Abwicklung des notleidenden Kredits in geeigneter Weise zu unterstützen (z. B. durch Einziehung von Imformationen an Ort und Stelle über den Schuldner, seinen Arbeitsplatz). Für seine Tätigkeit erhielt der Kläger eine nach Höhe und Laufzeit des vermittelten Kredits gestaffelte Provision. Die ihm durch die Unterstützung der Bank bei notleidend gewordenen Krediten entstandenen Sachkosten wurden ihm gegen Vorlage einer detaillierten Rechnung gesondert vergütet. Ferner wurden die Auslagen für Schufa-Auskünfte teilweise ersetzt. Für die Vermittlung der grundsätzlich abzuschließenden Restschuldversicherungen erhielt der Kläger eine besondere Provision.
Die Verträge mit den anderen Banken haben nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) ,,einen ähnlichen Inhalt".
Mit dem Einspruch gegen den Umsatzsteuerbescheid für 1971 vom 12. August 1974 beantragte der Kläger eine Aufteilung seiner Umsätze unter Berücksichtigung einer nach § 4 Nr. 8 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1967) steuerfreien Kreditverwaltung. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung des § 4 Nr. 8 UStG 1967.
Er beantragt sinngemäß, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils, den Steuerbescheid vom 12. August 1974 dahin abzuändern, daß die streitigen Entgelte in Höhe von 60 v. H. von der Umsatzsteuer freigestellt werden.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Der Kläger hat im Rahmen der Vertragsbeziehungen zu Teilzahlungsbanken jeweils eine Mehrheit selbständiger steuerbarer Leistungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967) erbracht, die teils - als Verwaltung von Krediten - nach § 4 Nr. 8 UStG 1967 steuerfrei, im übrigen - als Kreditvermittlung - steuerpflichtig sind. Auf diese Leistungen ist das insgesamt - unaufgegliedert - gezahlte Entgelt aufzuteilen.
a) Kreditvermittlung und Kreditverwaltung bilden im Streitfall nicht eine im umsatzsteuerrechtlichen Sinn einheitliche Leistung (vgl. hierzu Husmann in Rau / Dürrwächter / Flick / Geist, Umsatzsteuergesetz (Mehrwertsteuer), Kommentar, § 1 Rdnrn. 85 ff.; Giesberts in Rau / Dürrwächter / Flick / Geist, a.a.O., § 3 Rdnrn. 78 ff.). Ein bestimmtes Geschäft wird noch nicht dadurch Bestandteil eines anderen, daß beide zusammen angeboten werden und das eine nicht ohne das andere zustandekäme. Haben beide Geschäfte einen eigenen wirtschaftlichen Gehalt und geht keines von ihnen in dem jeweils anderen auf, können sie umsatzsteuerrechtlich nicht zu einer Leistung zusammengefaßt werden (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 9. August 1974 V R 140/73, BFHE 113, 391, BStBl II 1975, 28; vom 3. Juli 1980 V R 99/75, Umsatzsteuer-Rundschau - UR - 1980, 209). Wirtschaftlich zusammengehörige Vorgänge können nicht allein deshalb als einheitliche Leistung angesehen werden, weil sie einem einheitlichen (wirtschaftlichen) Ziel dienen (BFH-Urteil vom 20. November 1975 V R 138/73, BFHE 118, 99, BStBl II 1976, 307). Wenn mehrere, untereinander gleichzuwertende Faktoren zur Erreichung dieses Zieles beitragen und aus diesen Gründen zusammengehören, ist die Annahme einer einheitlichen Leistung nur gerechtfertigt, wenn die einzelnen Faktoren so ineinander greifen, daß sie bei natürlicher Betrachtung hinter dem Ganzen zurücktreten (BFH-Beschluß vom 18. Dezember 1980 V B 24/80, BFHE 132, 147, 149, BStBl II 1981, 197, m. w. N.). Im Streitfall hat weder die - steuerpflichtige - Kreditvermittlung in dem Sinne leistungsbestimmenden Charakter, daß die einzelnen Leistungselemente der Kreditverwaltung bei natürlicher Betrachtung als unselbständige Teile einer einheitlichen, nicht aufteilbaren Leistung erscheinen, noch geht die Kreditverwaltung in der Kreditvermittlung auf. Sie bleiben trennbare Tätigkeiten von eigenem Gewicht und damit umsatzsteuerrechtlich eine Mehrheit von selbständigen Hauptleistungen (vgl. auch BFH-Urteil vom 10. Dezember 1981 V R 75/76, BFHE 134, 470, BStBl II 1982, 200, zum unechten Factoring-Geschäft).
b) Entgegen der Ansicht des FA ist die Kreditverwaltung keine Nebenleistung zur Kreditvermittlung. Ein Verhältnis von Haupt- und Nebenleistung setzt voraus, daß eine Leistung im Vergleich zu anderen nebensächlich ist, mit ihr eng zusammenhängt und in ihrem Gefolge üblicherweise vorkommt (BFH-Urteile vom 14. Januar 1960 V 22/58 U, BFHE 70, 394, BStBl III 1960, 147; in UR 1980, 209; in BFHE 134, 470, BStBl II 1982, 200; vom 12. Dezember 1985 V R 15/80, BFHE 146, 181, BStBl II 1986, 499; vgl. ferner Weiß, UR 1977, 179; 1982, 256). Nebensächlich ist eine Leistung, wenn sie die andere lediglich dergestalt ergänzt, daß sie diese erst ermöglicht, abrundet oder verbessert (Urteil in BFHE 134, 470, BStBl II 1982, 200).
Eine derartige Beziehung besteht hier zwischen der Kreditvermittlung und der zeitlich nachfolgenden Verwaltung des vermittelten Kredits nicht. Dies schon deshalb nicht, weil die Kreditverwaltung die Kreditvermittlung nicht lediglich ergänzt und verbessert. Vielmehr behält jede Leistung für die Teilzahlungsbanken ihren besonderen Wert, auch wenn sich im Einzelfalle je nach Interessenlage der größte wirtschaftliche Nutzen für den Leistungsempfänger erst bei Inanspruchnahme des vollen Leistungsangebots des Klägers einstellt. Unzutreffend ist die Erwägung des FG, für die Teilzahlungsbanken habe die Vermittlungstätigkeit deswegen ,,eindeutig im Vordergrund" gestanden, weil diese an den Kreditzinsen verdient haben. Diese Aussage über die wirtschaftliche Gewichtung ist nicht im einzelnen belegt. Die hieran anschließende Feststellung des FG, ,,dementsprechend" hätten die Teilzahlungsbanken mit dem vereinbarten Entgelt diese Vermittlungstätigkeit honoriert, steht im Widerspruch zu der weiteren Aussage des FG, aus dem Vertrag des Klägers mit der B-Bank sei deren wirtschaftliches Interesse an der Verwaltungstätigkeit des Klägers ersichtlich. Darauf, ob die Verwaltungstätigkeit des Klägers im Rahmen seiner Gesamttätigkeit ihrem Umfang nach von erheblicher Bedeutung war, kommt es nicht an. Der Umstand, daß der Kläger im Zusammenhang mit der Bearbeitung notleidend gewordener Kredite keinen Auslagenersatz geltend gemacht hat, besagt nicht, daß diese Tätigkeit selbst nicht besonders entgolten worden wäre.
Die Grundsätze des Urteils in BFHE 113, 391, BStBl II 1975, 28, wonach die Tätigkeit eines Kreditvermittlers in ihrer Gesamtheit als nach § 4 Nr. 8 UStG 1967 steuerpflichtige Kreditvermittlung zu beurteilen ist, wenn sich die Verwaltung der vermittelten Kredite lediglich auf solche beschränkt, bei deren Vermittlung Fehler unterlaufen sind, sind im Streitfall nicht anwendbar. Vorliegend ist ein anderer Sachverhalt zu beurteilen. Das FG hat nicht festgestellt, daß der Kläger die verwaltende Tätigkeit letztlich nur deswegen ausgeübt hätte, um Schadensersatzforderungen wegen Verletzung des Vermittlungsvertrages abzuwenden. Es verhält sich nicht anders als bei der Kreditvermittlung unter Übernahme der Haftung für die Rückzahlung des Kredits; nach den hierzu im BFH-Urteil in UR 1980, 209 dargelegten Rechtsgrundsätzen, denen der erkennende Senat zustimmt, steht hier keine der beiden Leistungen zur jeweils anderen im Verhältnis der unselbständigen Nebenleistung.
2. Da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war das Urteil aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Bei der anderweitigen Verhandlung und Entscheidung wird das FG die einzelnen seitens des Klägers den Teilzahlungsbanken erbrachten Dienstleistungen feststellen und ihren wirtschaftlichen Wert beurteilen. Es wird ferner insbesondere auf der Grundlage der abgeschlossenen Rahmenverträge prüfen, welche Leistungen den Teilzahlungsbanken gegenüber zu erbringen waren und welche - so dann mangels Entgelts nicht steuerbare - Leistungen den Kreditnehmern erbracht worden sind. Es wird weiterhin prüfen, ob und ggf. in welchem Umfang in den Entgelten Auslagen (z. B. für Schufa-Auskünfte) enthalten sind, die der Vorbereitung des Vertragsabschlusses dienten und insofern der Tätigkeit des Klägers als Kreditvermittler zuzuordnen sind.
Fundstellen
Haufe-Index 415396 |
BFH/NV 1988, 465 |