Leitsatz (amtlich)
1. Durch einen Wasserrohrbruch und Kriegsschäden verursachte kleinere Reparaturen an einem Haus sind in der Regel keine Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnhauses.
2. Ausgaben zur Verbesserung eines Wohnhauses sind prämienunschädlich im Sinn des § 2 Abs. 2 WoPG nur, wenn sie - gemessen am Verkehrswert des Hauses - nicht unerheblich sind.
Normenkette
WoPG § 2 Abs. 2
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte hat am 31. Dezember 1962 mit einer Bausparkasse einen Bausparvertrag über 3 000 DM geschlossen und für das gleiche Jahr wegen seiner Sparbeiträge von 1 482 DM eine Wohnungsbau-Prämie von 400 DM erhalten. Ende 1964 hat er die angesparten Mittel dazu verwendet, Handwerkerrechnungen zu begleichen. Es handelte sich um die Reparatur der Wasserleitung und Malerarbeiten, die durch einen Rohrbruch und beschädigte Dachziegel sowie zur Beseitigung von Rissen und Löchern aus Fliegerschäden in einem Einfamilienhaus erforderlich geworden waren. Das FA sah die Reparaturen nicht als Verbesserung des Wohngebäudes an und forderte die Wohnungsbau-Prämie zurück.
Das FG gab der Klage statt. Es führte aus, unter Verbesserung eines Wohngebäudes dürfe man nicht nur Herstellungsaufwand oder größeren Erhaltungsaufwand verstehen, sondern jede Maßnahme, die den vorigen Wert erhöhe. Auch die Renovierung eines Gebäudes sei darum eine Verbesserung. Auch jede Beseitigung baulicher Schäden bedeute eine Verbesserung des Wohnraums. Auf den Umfang der Schäden komme es nicht an, da auch geringe Schäden den Verfall des Hauses beschleunigen könnten.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision, mit der das FA die Verletzung von Bundesrecht rügt, führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Für Beiträge an Bausparkassen wird eine Wohnungsbau-Prämie nicht gewährt oder eine gewährte Prämie zurückgefordert, wenn die Bausparsumme vor Ablauf von sechs Jahren seit dem Vertragsabschluß ganz oder zum Teil zurückgezahlt wird (§ 2 Abs. 2 WoPG, § 2 Abs. 1 Nr. 3 der VO zur Durchführung des WoPG). Prämienunschädlich ist es nur, wenn die Bausparsumme unverzüglich und unmittelbar zum Wohnungsbau verwendet wird. Was dabei "Verwendung zum Wohnungsbau" bedeutet, ist, wie in der Entscheidung des Senats VI 274/63 U vom 19. Februar 1965 (BFH 82, 348, BStBl III 1965, 371) ausgeführt ist, weder dem Gesetz noch der Durchführungsverordnung zu entnehmen. In Abschn. 17 der Richtlinien zur Durchführung des WoPG ist zwar ausgeführt, daß bei vorzeitiger Auszahlung der Bausparsumme der Verwendungszweck grundsätzlich geprüft werden muß. Die Bundesregierung verweist dabei jedoch wegen der dem Bausparvertrag gemäßen Verwendung auf die EStR. Die Voraussetzungen, unter denen Beiträge an Bausparkassen zur Erlangung von Baudarlehen begünstigt werden, sind für Sonderausgaben und Wohnungsbau-Prämien gleich, wie im Urteil des Senats VI 55/63 S vom 27. November 1964 (BFH 81, 598, BStBl III 1965, 214) dargelegt ist. Bei § 10 Abs. 2 Nr. 2 EStG ergibt sich deshalb für den Abzug der Bausparbeiträge als Sonderausgaben bei Nichteinhaltung der Sperrfrist die gleiche Auslegungsfrage wie für die Prämienbegünstigung nach dem WoPG. Der Senat hat die Verwaltungsanweisungen in Abschn. 93 Abs. 5 und 92 Abs. 2 EStR als vertretbare Auslegung des EStG und der Bestimmungen über die Gewährung von Wohnungsbau-Prämie angesehen (Urteil VI 274/63 U, a. a. O.). Als Wohnungsbau im Sinne des § 10 Abs. 2 Nr. 2 EStG und des § 2 Abs. 2 WoPG gelten danach der Bau, der Erwerb oder die Verbesserung eines Wohngebäudes sowie die Ablösung von Hypotheken, die mit diesen Vorhaben zusammenhängen (Urteil des Senats VI 187/58 U vom 18. September 1959, BFH 69, 546, BStBl III 1959, 464).
Wird die Bausparsumme unverzüglich und unmittelbar zur Verbesserung eines Wohngebäudes verwendet, so ist die vorzeitige Rückzahlung prämienunschädlich. Das FA versteht unter der Verbesserung eines Wohngebäudes nur größere Baumaßnahmen, die Herstellungsaufwand oder größerer Erhaltungsaufwand sind. Es ist dem FG zuzugeben, daß es im Einzelfall schwierig sein mag, den größeren vom geringeren Erhaltungsaufwand abzugrenzen, vor allem, weil es zweifelhaft ist, ob dabei ein absoluter Betrag oder das Verhältnis der Aufwendungen zur Größe des Hauses den Maßstab bilden soll. Das FG betrachtet deshalb alle Reparaturausgaben, die über einer Bagatellgrenze liegen, als zur Verbesserung bestimmt. Aufwendungen für ein Wohnhaus können jedoch nicht schlechthin als prämienunschädlich gelten. Denn das Gesetz läßt erkennen, daß die vorzeitig ausgezahlten Mittel unverzüglich und unmittelbar zum Wohnungsbau verwendet werden müssen. "Wohnungsbau" können aber nur qualifizierte Bauvorhaben sein. Die Gleichstellung der Verbesserung eines Wohnhauses mit dem Bau und dem Erwerb eines Wohnhauses sowie der Ablösung einer früher für Herstellungsaufwand aufgenommenen Hypothek zwingt zu dem Schluß, daß man nicht jeden die Bagatellgrenze überschreitenden Instandsetzungsaufwand als Verbesserung eines Wohnhauses werten kann. Welche Aufwendungen unter diesen Gesichtspunkten zur Verbesserung eines Wohnhauses dienen, läßt sich nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall entscheiden. Sicherlich ist der Herstellungsaufwand in seinen verschiedenen Erscheinungsformen dazu zu rechnen. Aber auch Aufwendungen zur gründlichen Überholung eines Wohnhauses oder zur Beseitigung erheblicher Hausschäden können Verbesserungsmaßnahmen sein. Jedenfalls dürfen aber die Mittel für diese Maßnahmen - gemessen an dem Verkehrswert des Hauses - nicht unerheblich sein. Den Hinweis des FG, daß für den Abschluß von Bausparverträgen keine Mindestsumme vorgesehen sei, hält der Senat in diesem Zusammenhang für unerheblich. Das FG meint, wenn es möglich sei, auch Verträge über kleine Bausparsummen abzuschließen, so könne der Einsatz einer derartigen Bausparsumme nicht allein wegen der geringen baulichen Maßnahmen prämienschädlich werden. Die Tatsache, daß Bausparverträge auch über geringe Beträge abgeschlossen werden können, rechtfertigt indessen den Schluß des Gerichtes nicht. Denn auch vorzeitige Rückzahlungen auf kleine Bausparverträge sind nach dem Gesetz nur prämienunschädlich, wenn sie zum "Wohnungsbau" in dem oben dargelegten Sinn verwendet werden.
Der Revisionsbeklagte hat Klempner- und Malerarbeiten ausführen lassen. Bei Malerarbeiten werden normalerweise bei größeren Reparaturen auch die regelmäßig anfallenden Erneuerungsarbeiten mit erledigt. Reparaturen, die nach einem Wasserrohrbruch und kleinen Kriegsschäden entstehen, sind keine prämienunschädliche Verwendung der Bausparmittel zur Verbesserung des Wohnhauses, sofern nicht gleichzeitig das ganze Wohnhaus gründlich überholt wird. Das FG hat eine derartige Feststellung jedoch nicht treffen können. Infolgedessen waren der Rückforderungsbescheid des FA vom 16. Februar 1965 und die Einspruchsentscheidung vom 7. Mai 1965 wieder herzustellen.
Fundstellen
Haufe-Index 68047 |
BStBl II 1968, 512 |
BFHE 1968, 142 |