Leitsatz (amtlich)
Hinsichtlich der Absetzbarkeit im Jahre der Anschaffung oder Herstellung ist bei Rüst- und Schalungsteilen jeweils auf den einzelnen Teil abzustellen.
Normenkette
UStG 1967 § 30
Tatbestand
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) hat die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) durch Umsatzsteuerbescheid 1968 u. a. wegen der Anschaffungskosten für den Zugang von genormten Rüst- und Schalungsteilen zur Umsatzsteuer auf den Selbstverbrauch gemäß § 30 Abs. 2 UStG 1967 herangezogen. Einspruch und Klage blieben insoweit erfolglos. Mit der Revision vertritt die Klägerin erneut die Auffassung, der aufgezeigte Vorgang unterliege nicht der Umsatzsteuer auf den Selbstverbrauch im Sinne des § 30 UStG 1967. Zur Begründung ihrer Auffassung trägt sie im wesentlichen folgendes vor:
Der BFH habe durch Urteil vom 18. Dezember 1956 1 84/50 U (BFHE 64, 70 BStBl III 1957, 27) entschieden, daß bei einem Bauunternehmer Schalungstafeln und Schalungsträger mangels selbständiger Bewertbarkeit eine Sachgesamtheit darstellen, die nur als solche selbständig bewertbar und nach einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen bilanzierungsfähig sei. Teile einer Sachgesamtheit seien daher keine Wirtschaftsgüter. Gehe man aber umgekehrt davon aus, daß jeweils die einzelnen genormten Rüst- und Schalungsteile als Wirtschaftsgüter anzusehen seien, so müsse auch ihre selbständige Nutzbarkeit bejaht werden. Schließlich könne dem FG jedenfalls insoweit nicht gefolgt werden, als es ausgeführt habe, daß auch die Anschaffung solcher Schalungsteile, deren Nutzungsdauer unter einem Jahr liege, der Steuer auf den Selbstverbrauch unterliege. Die Anschaffungskosten dieser Teile betrügen...DM.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
unter teilweiser Aufhebung der Vorentscheidung die Umsatzsteuer für das Jahr 1968 auf ... DM, hilfsweise auf ... DM (das sind ... DM abzügl. 8 % von ... DM), festzusetzen.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen. Es teilt im wesentlichen die Auffassung der Vorinstanz und verweist auf das Urteil des Senats vom 23. März 1972 V R 139/71 (BFHE 105, 307, BStBl II 1972, 683).
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Zutreffend geht die Klägerin davon aus, daß die in § 30 UStG 1967 enthaltenen, dem Einkommensteuerrecht entlehnten Begriffe auch nach einkommensteuerrechtlichen Gesichtspunkten auszulegen sind (vgl. Urteil des Senats vom 19. August 1971 V R 18/71, BFHE 103, 282, BStBl II 1972, 75). Hiernach ist, wie der Senat bereits in seinem Urteil V R 139/71 unter Hinweis auf die entsprechende Rechtsprechung der Einkommensteuersenate ausgeführt hat, die Gesamtheit des genormten und aufeinander abgestimmten Rüst- und Schalungsmaterials nicht ein Wirtschaftsgut. Daher können Zugänge weder als nicht steuerbare Ergänzungsinvestitionen noch als Erhaltungsaufwand behandelt werden. Andererseits sind zwar die einzelnen Rüst- und Schalungsteile selbständig bewertungsfähige Wirtschaftsgüter; sie sind jedoch ihrer Natur nach nicht selbständig nutzungsfähig. Dementsprechend wurden in dem Urteil des BFH vom 29. Juli 1966 VI 302/65 (BFHE 87, 310, BStBl III 1967, 151) Aufwendungen der genannten Art gemäß § 6 Abs. 2 EStG nicht als sofort abzugsfähig angesehen.
Zutreffend ist das FG daher zu dem Ergebnis gekommen, daß die Zuführung der Rüst- und Schalungsteile zur Verwendung oder Nutzung als Anlagevermögen grundsätzlich der Steuer auf den Selbstverbrauch gemäß § 30 UStG 1967 unterliegt.
Zu Unrecht hat jedoch das FG dabei nicht die Zuführung derjenigen Rüst- und Schalungsteile, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten wegen der kurzen Nutzungsdauer der einzelnen Teile im Rahmen der Gesamtheit im Jahr der Anschaffung oder Herstellung nach einkommensteuerrechtlichen Vorschriften in voller Höhe als Betriebsausgaben abgesetzt werden können, von der Besteuerung nach § 30 UStG 1967 ausgenommen.
Das Urteil des FG war daher aufzuheben.
Die Sache ist nicht spruchreif, da das FG-Urteil keine Feststellungen darüber enthält, in welchem Umfange sich solche Wirtschaftsgüter unter den Rüst- und Schalungsteilen befinden. Die Sache wird daher an das FG zurückverwiesen. Dieses wird die entsprechenden Feststellungen zu treffen und den auf diese Teile entfallenden Wert (§ 30 Abs. 4 UStG 1967) aus der Bemessungsgrundlage für die Besteuerung des Selbstverbrauchs herauszunehmen und sodann die Umsatzsteuer erneut festzusetzen haben (vgl. auch Erlaß des BdF vom 30. Januar 1968 - IV A/2 - S 7470 - 13/67 unter B Nr. 2 Abs. 2 - BStBl I 1968, 310).
Fundstellen
BStBl II 1973, 604 |
BFHE 1973, 87 |