Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Eigenanteile einer GmbH, die nicht zur Einziehung bestimmt sind und bereits im Verkehr waren, sind bei dieser zu bewerten.
Normenkette
BewG §§ 13, 11, 54, 95
Tatbestand
Bei beiden Einheitswertbescheiden ist die Bewertung der eigenen Anteile der Bfin. streitig. Die Anteile waren von der Bfin. erworben worden, nachdem sie bereits im Verkehr gewesen waren. Während das Finanzamt die eigenen Anteile je mit dem Nennbetrage von 2.780 DM (1. Januar 1953) und 3.480 DM (1. Januar 1954) zum Rohvermögen hinzurechnete, verlangt die Bfin. die Bewertung der eigenen Anteile jeweils mit 0 DM.
Zur Begründung führte die Bfin. aus: Die im Besitz der Bfin. befindlichen eigenen Anteile dürften nicht bewertet werden. Es komme dabei nicht darauf an, ob die Eigenanteile einen erheblichen oder nur einen kleinen Anteil des Kapitals der GmbH oder Aktiengesellschaft ausmachten.
Einspruch und Berufung der Bfin. blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht lehnte es ab, die eigenen Anteile der Bfin. bei der Bewertung des Betriebsvermögens außer Ansatz zu lassen. Die Geschäftsanteile seien bereits im Verkehr gewesen und nicht zur Einziehung bestimmt. Auch eigene Anteile seien umsatzfähige Wirtschaftsgüter, die ihre Selbständigkeit als rechtsverkehrsfähige Güter im Besitze der Gesellschaft behielten, solange diese fortbestehe. Da die Bfin. nur wenige eigene Anteile besitze, trete dadurch eine Beeinträchtigung des Verkehrswerts der Anteile nicht ein. Die anders lautenden Ausführungen von Mondorf in "Industrie und Steuer" (1943 S. 38 ff.) lehnte das Finanzgericht ab.
Mit der Rb. wiederholt die Bfin. ihr bisheriges Vorbringen.
Zur Frage der Bewertung eigener Aktien überreichte sie neben einer Fotokopie der obengenannten Abhandlung in "Industrie und Steuer" Abschriften eines mathematischen Gutachtens und führte aus, aus dem mathematischen Gutachten ergebe sich, daß die Formel, die der Reichsfinanzhof zur Ermittlung des Wertes eigener Aktien aufgestellt habe, dazu führe, eine Gesellschaft, die alle Anteile selbst besitze, sei "unendlich" reich. Durch diesen Widersinn sei die Unrichtigkeit der Formel bewiesen. Rechtlich könne sich der Wert der Eigenanteile nur in der Wertsteigerung der Fremdanteile auswirken, während bei der Gesellschaft die Eigenanteile nicht zu bewerten seien.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist nicht begründet.
Die Bewertung der eigenen GmbH-Anteile beim Betriebsvermögen der Bfin. ist zu Recht erfolgt. Rechtsgrundlagen hierfür sind die §§ 13 und 54 des Bewertungsgesetzes (BewG) - vgl. auch Abschn. 36 der Vermögensteuer-Richtlinien 1953 -.
Das Finanzgericht hat auf die Entscheidung des Reichsfinanzhofs III 166/41 vom 28. Juli 1943 (RStBl 1943 S. 807) verwiesen. Danach sind Eigenanteile einer GmbH, die nicht zur Einziehung bestimmt sind, grundsätzlich bewertungsfähige Wirtschaftsgüter, die wie Fremdanteile zu bewerten sind. Der Reichsfinanzhof hat auf sein früheres Urteil III 42/41 vom 26. Februar 1942 (RStBl 1942 S. 586) Bezug genommen, wonach Eigenaktien, unter Beschränkung auf ein gewisses Verhältnis zum Grundkapital als bewertungsfähige Wirtschaftsgüter anzusehen sind, wenn sie jederzeit veräußert werden können. Diese richtungweisenden Rechtssätze gelten auch für den vorliegenden Rechtsstreit, ohne daß dabei auf die Abhandlung von Mondorf in "Industrie und Steuer" und das dazu eingereichte mathematische Gutachten im einzelnen eingegangen zu werden braucht. Wenn die Bfin. das Prinzip der Bewertung der Eigenanteile durch Anwendung der Formeln des Reichsfinanzhofs auf Fälle des Eigenbesitzes einer AG oder GmbH an ihren sämtlichen Anteilen als abwegig hinstellen will, so ist dies unzutreffend. Denn eine GmbH, die ihre sämtlichen Anteile besitzt, ist rechtlich nicht zulässig, sei es, daß der Erwerb des letzten Anteils nichtig ist oder daß sich die Gesellschaft als "Keinmanngesellschaft" zwangsläufig auflöst (vgl. Hachenburg, Kommentar zum Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 1956, § 33 Anm. 21; Baumbach-Hueck, Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 9. Aufl., § 33 Anm. 3). Ebenso ist eine Aktiengesellschaft ohne Aktionäre nicht denkbar (vgl. Gadow-Heinichen, Kommentar zum Aktiengesetz, 1939, § 102 Anm. 1 und 2, vgl. dazu auch Teichmann-Koehler, Aktiengesetz, 1950, § 102, Anmerkungen). Im übrigen schränkt für die Aktiengesellschaft § 65 des Aktiengesetzes (AktG) den Erwerb eigener Aktien ein. Außerdem richten sich die Ausführungen der Bfin. gegen die Anwendung einer Formel, die im vorliegenden Falle gar nicht angewendet worden ist. Das Finanzamt hat vielmehr gemäß § 13 Abs. 2 BewG und Abschn. 2 der Richtlinien 1953 zur Bewertung nichtnotierter Aktien und Anteile an Kapitalgesellschaften den Wert der Anteile aus den Verkäufen abgeleitet, indem sie den eigenen, kurz zuvor aufgewandten Erwerbspreis der Bfin., der dem Nennwert entspricht, ansetzte.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Reichsfinanzhof die Begrenzung der Zurechnung der Eigenanteile durch etwa 10 % entsprechend § 65 AktG zutreffend gezogen hat, und es kann weiter dahingestellt bleiben, ob nach dem Tatbestand des obengenannten Urteils des Reichsfinanzhofs III 166/41 vom 28. Juli 1943 die dortigen Eigenanteile noch als verkehrsfähige Anteile anzusehen sind. Denn im vorliegenden Fall sind diese Fragen, auf die sich die Bewertung der Eigenanteile der Bfin. gründet, in jedem Falle tatbestandsmäßig zu bejahen. Der hier vorhandene geringfügige Eigenanteil übt bei dem hohen Reinvermögen der Bfin. von mehreren 100.000 DM an den Bewertungsstichtagen auf die Bewertung und die Verkehrsfähigkeit sämtlicher GmbH-Anteile keinen Einfluß aus. Die Eigenanteile haben für die Bfin. den gleichen Wert wie eine Vermögensanlage in Fremdpapieren (so auch Hachenburg, a. a. O., § 33 Anm. 19). Der Eigenbesitz hat sich auf den Wert der Fremdanteile der GmbH nicht ausgewirkt, da die Bewertung nach den Verkaufspreisen erfolgte. Es ist auch davon auszugehen, daß bei der wirtschaftlichen Struktur der Bfin. die Eigenanteile jederzeit von ihr gleichwertig verkauft werden können und bei Interessenten begehrt sind. Die Bfin. hat in der mündlichen Verhandlung nichts vorgetragen, was gegen die Verkehrsfähigkeit der Eigenanteile spräche. Sie hatte nach dem Akteninhalt in der RM-Zeit einen höheren Bestand an Eigenanteilen als zu den streitigen Zeitpunkten, die dann offensichtlich in der Zwischenzeit wieder veräußert wurden.
Die Tatsache, daß die Eigenanteile einer GmbH in der Liquidationsbilanz nicht unter die Aktiven einzustellen sind, spricht nicht gegen die Bewertung der Eigenanteile in der laufenden Handels- oder Steuerbilanz. Denn die Liquidationsbilanz ist keine normale Vermögensbilanz, sondern eine Vermögensverteilungsbilanz für die Gesellschafter (vgl. Hachenburg, a. a. O., § 33 Anm. 19). Dementsprechend ist auch der Reichsfinanzhof in seiner Rechtsprechung für die Bewertung eigener Anteile vom Fortbestehen der Gesellschaft ausgegangen.
Die Eigenanteile haben nicht in einer Werterhöhung der Fremdanteile ihren Niederschlag gefunden. Sie sind daher zutreffend bei der Bfin. zu den von ihr selbst aufgewendeten Kaufpreisen bewertet worden (siehe § 13 Abs. 2 BewG).
Fundstellen
Haufe-Index 409687 |
BStBl III 1960, 364 |
BFHE 1961, 304 |
BFHE 71, 304 |
StRK, BewG:13 R 4 |
NJW 1960, 2166 |