Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Bei Abzahlungsgeschäften stellen die Finanzierungskosten, die der Käufer zu zahlen hat, einen Teil des vom Einzelhändler vereinnahmten Entgeltes dar.
Normenkette
UStG § 10/1, § 5
Tatbestand
Die Steuerpflichtige (Stpfl.) hat im Jahre 1949 den Einzelhandel mit Rundfunkgeräten und Schallplatten betrieben. Bei einer Anzahl ihrer Verkaufsgeschäfte sind den Käufern Teilzahlungen eingeräumt worden. In solchen Fällen leistete der Käufer 20 v. H. des Kaufpreises als sofortige Zahlung und verpflichtete sich für den Kaufpreisrest unter Zurechnung von Teilzahlungszuschlägen und Nebenkosten zur Entrichtung monatlicher Beträge, die jedoch nicht an die Stpfl., sondern an die die Stpfl. beliefernden Unternehmen oder an ein Finanzierungsinstitut zu zahlen waren. Die Lieferfirmen der Stpfl. schrieben dieser, nachdem sie oder das Finanzierungsinstitut den jeweiligen Kaufvertrag genehmigt hatten, den Kaufpreisrestbetrag gut, nicht jedoch die Teilzahlungszuschläge und die Nebenkosten. Streitig ist, ob diese Teilzahlungszuschläge und Nebenkosten bei der Stpfl. zum umsatzsteuerpflichtigen Entgelte gehören. Das Finanzamt hat das bejaht. Das Finanzgericht hat hingegen der Berufung der Stpfl. stattgegeben, weil die Teilzahlungszuschläge usw. nur dann zum Entgelte des Einzelhändlers gehörten, wenn er selbst das Teilzahlungsgeschäft finanziere, also die Teilzahlungen vereinbare und selbst einziehe. Das sei hier nicht der Fall gewesen. Der Käufer habe mit der Stpfl. einen Kaufvertrag, mit der jeweiligen Lieferfirma oder dem Finanzierungsinstitut einen Kreditvertrag abgeschlossen. Der dieser Meinung entgegenstehenden Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs könne nicht beigetreten werden; es werde vielmehr auf das amtlich nicht veröffentlichte Urteil des Bundesfinanzhofs II 24/51 vom 3. August 1951 Bezug genommen.
Der Vorsteher des Finanzamts hat sich mit der Rechtsbeschwerde gegen die Auffassung des Finanzgerichts gewandt, während die Stpfl. die Ansicht des Finanzgerichts verficht.
Die Kaufverträge auf Teilzahlung sind im vorliegenden Falle auf zweierlei Weise zustande gekommen.
Insoweit, als die die Stpfl. beliefernden Unternehmen die Finanzierung der Teilzahlungsgeschäfte selbst in die Hand genommen haben, hat die Stpfl. dem jeweiligen Kunden einen Vordruck zur Unterschrift vorgelegt, der die überschrift "Bestellschein" oder "Bestellung" trägt und auf dem der Käufer bestimmte Geräte bestellt. Es wird in dem Vordruck der Gesamtkaufpreis für die bestellten Waren ermittelt, davon die Anzahlung von mindestens 20 v. H. abgesetzt, die an die Stpfl. zu leisten ist, sodann der Restkaufpreisbetrag festgestellt und diesem der Teilzahlungszuschlag sowie die Nebenspesen zugerechnet. Diesen Betrag verpflichtet sich der Käufer an die Lieferfirma der Stpfl. in monatlichen Teilbeträgen zu zahlen, weil die Lieferfirma infolge Abtretung durch die Stpfl. sämtliche Rechte aus dem Bestellschein erwerben soll. Nachdem der Käufer den Bestellschein unterschrieben hat, unterzeichnet die Stpfl. am Ende des Vordruckes eine Erklärung, wonach sie alle Rechte aus dem Bestellschein an ihre Lieferfirma abtritt und ihr gegenüber die Haftung für den Eingang der Forderung übernimmt.
Das Finanzgericht hat außer den bereits erwähnten Ausführungen hierzu noch bemerkt, daß insoweit, als sich das Finanzamt auf das Urteil des Reichsfinanzhofs V A 236/35 vom 26. Juni 1936 (Reichssteuerblatt - RStBl. - S. 854) stütze, nicht einzusehen sei, daß die Forderungsabtretung nicht zu einem festen Preise erfolgt sein solle. Mit der Rechtsbeschwerde wird demgegenüber geltend gemacht, daß der Käufer überhaupt nur mit der Stpfl. vertragliche Bindungen eingehe. Er verpflichte sich auch nur der Stpfl. gegenüber zur Entrichtung der Teilzahlungen; die Stpfl. trete dann diese Ansprüche ab.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde ist insoweit begründet. Der Beschwerdeführer (Bf.) hat mit Recht darauf hingewiesen, daß erst, nachdem sich ein Käufer der Stpfl. gegenüber verpflichtet hatte, bestimmte Teilzahlungsbeträge zu leisten, die Abtretung der Ansprüche der Stpfl. an ihre Lieferfirma erfolgte. In die Verpflichtung der Käufer zur Leistung bestimmter Beträge war aber jedesmal die Leistung der Teilzahlungszuschläge und Nebenkosten eingeschlossen. Da die Stpfl. diesen Leistungsanspruch ebenfalls an ihre Lieferfirma abtrat, so ergibt sich daraus, daß sie ihn auch erworben hatte; denn abtreten kann man nur einen erworbenen Anspruch. Es liegt auch ein echter Kreditkauf vor, denn der Kaufvertrag und die Kreditgewährung hängen hier ganz eng miteinander zusammen. Die Stpfl. hatte ein Interesse an dem Zustandekommen der Kaufverträge. Diese wären nicht zustande gekommen, wenn nicht jedesmal die Möglichkeit der Kreditgewährung bestanden hätte. Die Stpfl. hatte also auch ein Interesse an der Kreditgewährung. Ein gesondert neben dem Kaufvertrage bestehendes Kreditgeschäft liegt sonach nicht vor, weil die Kreditgewährung erst den Kaufvertrag ermöglichte. Die Stpfl. bewilligte die Zahlung in Teilbeträgen nur, weil ihre Lieferfirmen gegen Abtretung der Rechte aus dem Kaufvertrage den Kredit einräumten. Auch Punkt 7 der Bedingungen, die den Einzelhändler, hier also die Stpfl. berechtigen, bei unpünktlichen oder nicht voll geleisteten Teilzahlungen Verzugszinsen nach banküblichen Sätzen sowie Mahngebühren und Verwaltungskosten zu berechnen, zeigen, daß die Stpfl. Ansprüche auf die Teilzahlungszuschläge usw. erworben hatte; denn die Berechnung der Verzugszinsen, Mahngebühren und Verwaltungskosten konnte sich nur nach der Höhe der Teilzahlungsbeträge richten, in denen die Teilzahlungszuschläge usw. enthalten waren.
Daß ein Einzelhändler ein Interesse sowohl an dem Zustandekommen der Kaufverträge als auch an den Kreditgewährungen hat, ergibt sich auch aus der Schrift von Fischer, "Das Teilzahlungskreditgeschäft, Organisation und Rechtsgrundlagen", erschienen 1952 im W. Kohlhammer-Verlage Stuttgart und Köln. Dort finden sich auf Seite 21 die folgenden Ausführungen:
"Anders jedoch, wenn der Konsument, obgleich ein Bedürfnis in ausreichendem Maße vorhanden ist, weder im Augenblick über die zum Erwerbe notwendigen baren Geldmittel verfügt, noch eine kurzfristig nachfolgende Bezahlung zusichern kann. Das Verlangen und die Notwendigkeit, auch diese Verbraucher als Käufer zu gewinnen, läßt für den Einzelhändler das Absatzproblem in diesem Falle zum Kreditproblem werden. Hier bietet die Institution des Teilzahlungskredites ein geeignetes Mittel, den Kundenkreis zu vergrößern und den Umsatz zu steigern. Zur Durchführung dieses Verkaufssystems stehen dabei zwei Verfahren zur Verfügung: Die eigene Finanzierung und Abwicklung oder die Einschaltung von Spezialinstituten, den Teilzahlungsbanken."
Die Stpfl. haftete weiterhin ihren Lieferfirmen gegenüber für den Eingang der Forderungen. In den Forderungsbeträgen waren die Teilzahlungszuschläge enthalten. Fiel der Käufer als Zahlender aus, so mußte die Stpfl. dieses Entgelt leisten und erwarb damit gegen den Käufer einen Regreßanspruch in gleicher Höhe. Für den Käufer stellten Kaufpreisrest, Teilzahlungszuschlag und Nebenkosten das Entgelt dar (ß 10 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz - UStDB -), das im Falle der Zahlung also in dieser Höhe, d. h. einschließlich der Zuschläge usw., die Stpfl. von ihrer Verpflichtung befreite, auch für die Kreditkosten neben dem Kaufpreisrest einzustehen. Ihre Verpflichtung blieb aber so lange bestehen, bis der Käufer alle Teilzahlungen geleistet hatte, auch wenn die Lieferfirma der Stpfl. bereits den Kaufpreisrestbetrag (ohne die Teilzahlungszuschläge usw.) überwiesen hatte. Infolgedessen kann man nicht sagen, daß die Forderungen zu einem festen Preise in Höhe des Kaufpreisrestbetrages abgetreten worden wären und das Entgelt der Stpfl. darstellten. Der Senat tritt nach alledem der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs, insbesondere dem Urteil V 14/39 vom 21. Juni 1940 (RStBl. S. 712), bei.
In anderen Fällen sind zunächst ebenso wie im Falle unter 1. von dem Kaufpreise für die Waren die Anzahlungsbeträge abgesetzt und den Restkaufpreisbeträgen die Teilzahlungszuschläge und Nebenspesen zugerechnet worden. Für den dann errechneten Betrag haben der Käufer und die Stpfl. als Gesamtschuldner ein Darlehen durch ein Finanzierungsinstitut beantragt. Die Stpfl. hat sich neben dem Käufer als Gesamtschuldner verpflichtet, das Darlehen in den angegebenen Teilbeträgen und an bestimmten Zeitpunkten zu entrichten.
Der Bf. hat auch hier die Auffassung vertreten, daß es sich in diesen Fällen um Kreditkäufe handele, und insbesondere die Ansicht des Finanzgerichts, das § 46 UStDB 1938 analog herangezogen hatte, als unzulässig bezeichnet.
Der Rechtsbeschwerde ist auch insoweit stattzugeben. Die hier in Betracht kommenden Fälle sind von den unter 1. erwähnten Fällen nicht sehr verschieden, da auch dort eine Haftung der Stpfl. vorlag. Der Unterschied besteht darin, daß hier die Stpfl. neben dem Käufer als Darlehnsnehmer auftritt. Ein Kreditkauf liegt aus den bereits unter 1. dargelegten Gründen auch in diesen Fällen vor. Da die Kosten der Kreditaufnahme (die Teilzahlungszuschläge usw.) bei einem einheitlichen Kreditkauf einen Teil des Kaufpreises darstellen, so schuldete ein Käufer der Stpfl. auch die Teilzahlungszuschläge und Nebenkosten. Daß die Stpfl. neben den Käufer als Darlehnsnehmer auftritt, ändert daran nichts, sondern hebt im Gegenteil die Tatsache noch besonders hervor, daß der Stpfl. auch die Teilzahlungszuschläge usw. geschuldet werden. Die Ausführungen unter 1. gelten also auch hier. Da die Stpfl. als Gesamtschuldner selbst eine Verpflichtung neben dem Käufer übernimmt, sind infolgedessen die Teilzahlungszuschläge usw. bei ihr auch keine durchlaufenden Posten. Mit Recht hat der Bf. auch ausgeführt, daß § 46 UStDB auf einem anderen Rechtsgrunde beruht und in Fällen der vorliegenden Art, bei denen Wechsel nicht in Betracht kommen, nicht analog angewandt werden kann. Das deckt sich auch mit der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs in dem Urteil V 82/42 vom 25. Juni 1943 (RStBl. S. 721), dem ebenfalls beigetreten wird.
Auch die Erwägung, daß der Einzelhändler bei einem Zahlungsverzuge des Käufers für eine oder einige Teilzahlungen nur in Höhe der rückständigen Teilzahlungsbeträge, nicht aber in Höhe der darauf entfallenden Finanzierungskosten in Anspruch genommen werde, weil das Darlehen nunmehr vorzeitig fällig geworden sei, kann zu keiner anderen Auffassung führen. Auch daß der Einzelhändler nicht wisse, in welcher Höhe ein Käufer Finanzierungskosten an das Finanzierungsinstitut gezahlt hat, kann an seiner Verpflichtung, die Finanzierungskosten bei der Umsatzsteuer mit zu versteuern, nichts ändern. Das Finanzierungsinstitut wird ihm, spätestens nach Ablauf der für die Teilzahlungen eingeräumten Frist, den jeweiligen Betrag auf eine Anfrage hin stets mitteilen. Selbstverständlich kann der Einzelhändler nur hinsichtlich der Finanzierungskostenbeträge zur Umsatzsteuer herangezogen werden, die er selbst bei einem Zahlungsverzuge des Käufers und die der Käufer an das Finanzierungsinstitut geleistet hat.
Auch § 778 BGB (Kreditauftrag) kommt in Fällen der hier vorliegenden Art nicht in Betracht, weil das Finanzierungsunternehmen dem Einzelhändler gegenüber nicht zur Darlehnsgewährung verpflichtet ist.
Allgemein sei noch bemerkt, daß das Urteil des Bundesfinanzhofs II 24/51 vom 3. August 1951 (Der Betrieb 1951, S. 911) einen etwas anderen Sachverhalt betraf. Insoweit, als aus jenem Urteil eine andere Auffassung als die hier vertretene gefolgert werden könnte, wird an ihm nicht festgehalten.
Nach alledem ist die Vorentscheidung aufzuheben und die Berufung der Stpfl. gegen die Einspruchsentscheidung des Finanzamts vom 26. Juni 1951 zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 407979 |
BStBl III 1954, 276 |
BFHE 1955, 178 |
BFHE 59, 178 |