Leitsatz (amtlich)
Bei der Berechnung der Steuerermäßigung nach § 34e EStG sind nur laufende Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft, nicht nach §§ 14, 14a Abs.1 bis 3, 16, 34 EStG begünstigte Veräußerungsgewinne zu berücksichtigen.
Normenkette
EStG §§ 34e, 14, 14a Abs. 1-3, §§ 16, 34
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute.
Die Klägerin war als Miterbin zu 25 v.H. an einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb beteiligt.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) stellte die Einkünfte der Erbengemeinschaft aus Land- und Forstwirtschaft für das Streitjahr 1982 einheitlich und gesondert fest. Danach entfiel auf die Klägerin von den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft ein laufender Gewinn von 43 DM und ein Veräußerungsgewinn von 21 845 DM. Außerdem wurde der Anteil am Höchstbetrag nach § 34e Abs.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für die Klägerin auf 500 DM festgesetzt.
Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer für das Streitjahr errechnete das FA eine auf den laufenden Gewinn der Klägerin aus der genannten Beteiligung entfallende Steuer von 6 DM und gewährte in dieser Höhe den Steuerabzugsbetrag gemäß § 34e Abs.1 und 2 EStG. Die auf den Veräußerungsgewinn entfallende Steuer ließ es demgegenüber bei der Berechnung der Steuerermäßigung außer Betracht.
Dagegen wandten sich die Kläger mit ihrer nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage. Sie begehrten den Steuerabzug in Höhe des festgestellten Höchstbetrages von 500 DM.
Die Klage hatte Erfolg. Zur Begründung führte das Finanzgericht (FG) aus, für die Klägerin sei --entsprechend ihrer Beteiligung-- ein abzugsfähiger Höchstbetrag von 500 DM festgestellt worden. Bei der Ermittlung der Steuerermäßigung sei auch der erzielte Veräußerungsgewinn zu berücksichtigen. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 34e Abs.1 EStG, die auf den Gewinn des Veranlagungszeitraums aus einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb abstelle. Eine Beschränkung auf laufende Gewinne sei im Gesetz nicht vorgesehen. Da auf den danach anzusetzenden Gewinn der Klägerin aus dem landwirtschaftlichen Betrieb eine höhere Steuer als der anteilig auf sie entfallende Höchstbetrag von 500 DM entfalle, stehe ihr der geltend gemachte Abzugsbetrag in vollem Umfang zu.
Mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassenen Revision rügt das FA unrichtige Anwendung des § 34e EStG.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger haben keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage.
1. Gemäß § 34e Abs.1 EStG ermäßigt sich die Einkommensteuer eines Steuerpflichtigen vorbehaltlich weiterer Voraussetzungen des Abs.2 dieser Vorschrift um die Einkommensteuer, die auf den Gewinn oder Gewinnanteil des Veranlagungszeitraumes aus einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb entfällt (begünstigter Gewinn), höchstens um 2 000 DM. Voraussetzung ist, daß der Gewinn des im Veranlagungszeitraum beginnenden Wirtschaftsjahres des betreffenden land- und forstwirtschaftlichen Betriebes nicht nach § 13a EStG ermittelt worden ist und bestimmte Höchstbeträge nicht übersteigt. Auch für den Gewinn des einzelnen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ist ein Ermäßigungshöchstbetrag von 2 000 DM festgelegt (betriebsbezogener Höchstbetrag). Sind an einem solchen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb mehrere Steuerpflichtige beteiligt, so ist der Höchstbetrag für die Steuerermäßigung auf die Beteiligten nach ihrem Beteiligungsverhältnis aufzuteilen. Die Anteile der Beteiligten an dem Höchstbetrag für die Steuerermäßigung sind gesondert festzustellen.
Danach zerfällt die Prüfung der Voraussetzungen der Steuerermäßigung in zwei Stufen. Zunächst ist in einer betriebsbezogenen Stufe die Zulässigkeit der Steuerermäßigung für den Gewinn aus einem bestimmten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu prüfen, die pro Betrieb 2 000 DM nicht übersteigen darf. Die Steuerermäßigung setzt voraus, daß der Gewinn des Betriebes in dem im betreffenden Veranlagungszeitraum beginnenden Wirtschaftsjahr nicht nach § 13a EStG ermittelt wurde und 50 000 DM bzw. 60 000 DM nicht übersteigt. Bei mehreren Beteiligten am land- und forstwirtschaftlichen Betrieb sind außerdem die betragsmäßigen Anteile am jeweiligen betriebsbezogenen Höchstbetrag von 2 000 DM festzustellen, wie es auch im Streitfall geschehen ist.
Ist danach die Zulässigkeit der Steuerermäßigung für den Gewinn aus einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu bejahen, sind bei der Einkommensteuer-Veranlagung in der zweiten personenbezogenen Stufe der oder die für den Steuerpflichtigen in Betracht kommenden Gewinne oder Gewinnanteile aus Land- und Forstwirtschaft im Veranlagungszeitraum festzustellen und anschließend die Einkommensteuer, die anteilsmäßig auf diese Gewinne oder Gewinnanteile aus Land- und Forstwirtschaft im Veranlagungszeitraum entfällt, um die zulässige Steuerermäßigung nach § 34e EStG, höchstens aber um 2 000 DM zu kürzen.
Bei beiden Stufen geht es danach um den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft; es ist aber nicht derselbe Gewinn. In der ersten Stufe geht es um die zulässige Höchstgrenze des land- und forstwirtschaftlichen Gewinns des im Veranlagungszeitraum beginnenden Wirtschaftsjahres eines oder mehrerer land- und forstwirtschaftlicher Betriebe als Zulässigkeitsvoraussetzung, in der zweiten personenbezogenen Stufe um die Ermäßigung der Einkommensteuer eines Steuerpflichtigen, die auf seinen Gewinn oder seine Gewinne oder Gewinnanteile aus Land- und Forstwirtschaft im betreffenden Veranlagungszeitraum entfällt; der Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft des Veranlagungszeitraums ist hier also Berechnungsgrundlage. In beiden Stufen stellt sich aber die Frage, ob zu dem anzusetzenden Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft auch begünstigte Veräußerungsgewinne i.S. der §§ 14, 14a Abs.1 bis 3, 16, 34 EStG oder nur laufende Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft gehören. Schon aus dem unterschiedlichen Zweck des Gewinnansatzes in den beiden Stufen ergibt sich, daß kein Zwang bestehen kann, die Streitfrage der Einbeziehung von Veräußerungsgewinnen für beide Stufen einheitlich zu beantworten. Da aber keine schwerwiegenden Gründe dagegen sprechen, dürfte es bei der an sich schon bestehenden Kompliziertheit der Vorschrift sinnvoll sein, in dieser Frage trotz unterschiedlicher Interessenlage der Steuerpflichtigen zwischen den beiden Stufen hinsichtlich des Begriffes Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nicht nochmals zu differenzieren.
Da im Streitfall die Frage für die erste Stufe --in einer allerdings nicht genau feststellbaren Weise-- schon in der einheitlichen und gesonderten Feststellung beantwortet werden mußte und beantwortet wurde, kann der Senat hier --wie auch beantragt-- nur über den Ansatz in der zweiten Stufe entscheiden, d.h. über die von der Einbeziehung des Veräußerungsgewinns abhängigen Höhe des für die Ermäßigung anzusetzenden Gewinnanteils der Klägerin am Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft im Streitjahr 1982 und die Höhe der darauf entfallenden Einkommensteuer, die nach § 34e EStG ermäßigt werden kann.
2. Der Wortlaut der Vorschrift legt zunächst die vom FG --entgegen Abschn.213d Abs.4 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR)-- vertretene Auffassung nahe, wonach der nach § 34e EStG zu ermäßigende Gewinn auch Veräußerungsgewinne i.S. der §§ 14, 14a Abs.1 bis 3, 16, 34 EStG umfaßt. Denn unter dem Gewinn aus einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb eines Veranlagungszeitraums (vgl. § 2 Abs.2 Ziff.1 EStG) wird im Einkommensteuerrecht allgemein nicht nur der laufende Gewinn, sondern auch der tarifermäßigte Veräußerungsgewinn verstanden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16.September 1966 VI 118-119/65, BFHE 87, 134, BStBl III 1967, 70).
Nach § 34e Abs.2 Satz 2 EStG ist allerdings die auf den begünstigten Gewinn entfallende Einkommensteuer ausdrücklich "nach dem durchschnittlichen Steuersatz der tariflichen Einkommensteuer" zu bemessen. Auch nach dem Sinn und Zweck der Ermäßigung ergeben sich erhebliche Zweifel, ob die Einbeziehung der an sich schon tarifermäßigten Veräußerungsgewinne in die Steuerermäßigung nach § 34e EStG vom Gesetzgeber gewollt ist.
Diese Zweifel sind nach Auffassung des Senats begründet:
Durch die Besteuerung nach Durchschnittsätzen gemäß § 13a EStG werden die Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft grundsätzlich und gewollt nicht in voller Höhe erfaßt (vgl. Kutscher, Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 1980, 299, 306). Mit der Steuerermäßigung des § 34e EStG soll deshalb das im Vergleich zu der Gewinnermittlung nach § 13a EStG mit der Ermittlung des tatsächlichen Gewinns nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften verbundene sprunghafte Ansteigen der Steuerbelastung ausgeglichen werden (vgl. Scholtz, Die Information über Steuer und Wirtschaft --Inf-- 1981, 1; vgl. auch BTDrucks 8/3673, 17). Die Anwendung der Ermäßigungsvorschrift kann somit sinnvoll nur insoweit in Betracht kommen, als die Gewinne nach § 13a EStG einerseits und die Gewinne nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften andererseits zu einer unterschiedlichen Belastung führen. Dies trifft aber nur für den laufenden Gewinn zu. Bei Veräußerungsgewinnen i.S. der §§ 14, 14a Abs.1 bis 3, 16, 34 EStG richtet sich dagegen die Besteuerung unabhängig von der Art der Gewinnermittlung einheitlich nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften, wie sie in den §§ 14, 16 EStG niedergelegt sind, so daß für solche Veräußerungsgewinne wegen der unterschiedlichen steuerlichen Belastung bei der Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen einerseits und der Gewinnermittlung nach den allgemeinen Vorschriften andererseits kein Bedürfnis für eine Steuerermäßigung für die Gewinnermittlung außerhalb des § 13a EStG besteht. Daß der Gesetzgeber diesen Umstand gesehen hat, wird bestätigt durch die steuerliche Behandlung der --bei der Gewinnermittlung nach § 13a EStG gesondert anzusetzenden-- außerordentlichen Gewinne i.S. des § 13a Abs.8 EStG, die auch in tatsächlicher Höhe --meist als Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben-- ermittelt werden. Zum Ausgleich für den Steuerabzugsbetrag nach § 34e EStG, der hier nicht gewährt werden kann, sieht die genannte Vorschrift einen Freibetrag von 3 000 DM vor (vgl. BTDrucks 8/3673, 17). Für Veräußerungsgewinne eines 13a-Landwirts i.S. der §§ 14, 14a Abs.1 bis 3, 16, 34 EStG, die außerhalb des § 13a EStG, auch des § 13a Abs.8 EStG ermittelt werden, fehlt dagegen eine entsprechende Regelung. Dies läßt sich logisch nur damit erklären, daß solche Veräußerungsgewinne im Rahmen des § 34e EStG überhaupt nicht berücksichtigt werden sollen, und es daher eines Ausgleichs für den Landwirt, der seinen Gewinn nach § 13a EStG ermittelt --anders als in den Fällen des § 13a Abs.8 EStG-- insoweit nicht bedarf.
Entscheidend spricht gegen die Einbeziehung der Veräußerungsgewinne i.S. der §§ 14, 14a Abs.1 bis 3, 16, 34 EStG vor allem aber der schon oben erwähnte Umstand, daß diese Gewinne bereits durch die Gewährung des halben Steuersatzes begünstigt werden (§ 34 EStG). Im Zweifel kann eine vom Gesetzgeber gewollte doppelte Begünstigung nicht angenommen werden.
Schließlich ist noch zu bedenken, daß bei Einbeziehung der begünstigten Veräußerungsgewinne der zulässige Höchstbetrag in der ersten Stufe häufig überschritten werden dürfte und somit die Vergünstigung in derartigen Fällen ganz versagt werden müßte. Auch das dürfte nicht dem Sinn und Zweck des Gesetzes entsprechen.
Die Auffassung des FA ist daher zutreffend.
Die Klage konnte somit keinen Erfolg haben und war als unbegründet abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 62807 |
BFH/NV 1989, 32 |
BStBl II 1989, 709 |
BFHE 157, 47 |
BFHE 1990, 47 |
BB 1989, 1544-1544 (L) |
DB 1989, 1855 (ST) |
HFR 1989, 551 (LT) |