Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer Bankrecht Kreditrecht Berufsrecht Handelsrecht Gesellschaftsrecht Handelsrecht Gesellschaftsrecht Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
Kosten (Gebühren und Auslagen), die Rechtsanwälte, Notare und Angehörige verwandter Berufe bei Behörden und ähnlichen Stellen für ihre Auftraggeber auslegen und diesen in derselben Höhe gesondert in Rechnung stellen, können bei den Zwischenpersonen auch dann als durchlaufende Posten anerkannt werden, wenn dem Zahlungsempfänger Namen und Anschriften der Auftraggeber nicht mitgeteilt werden. Voraussetzung ist, daß die Kosten nach verbindlichen Kosten (Gebühren) ordnungen berechnet werden, die den Auftraggeber als Kosten (Gebühren) schuldner bestimmen.
Normenkette
UStG § 5 Abs. 3, § 10/1/4; BGB § 164; KostO § 2
Tatbestand
Streitig ist, ob ein Notar für seine Mandanten verauslagte konsularische Legalisationsgebühren sowie Kosten für Handelsregister- und Grundbuchauszüge auch dann als durchlaufende Posten im Sinne des § 5 Abs. 3 UStG behandeln kann, wenn er dem Konsulat bzw. Amtsgericht gegenüber nicht ausdrücklich erklärt, daß er im Namen eines genau bezeichneten Mandanten auftritt.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Stpfl.), eine Notargemeinschaft, bezahlt die genannten Gebühren und Kosten an die Konsulate und Amtsgerichte und läßt sie sich von ihren Mandanten in der gleichen Höhe auf Grund eines gesonderten Ansatzes in den Kostenrechnungen zurückerstatten. Die Legalisationsgebühren werden von den inländischen Konsulaten ausländischer Staaten für die konsularische Beglaubigung der Notarunterschrift auf Verträgen erhoben, die im Ausland Geltung haben sollen. Ein Bote der Stpfl. begleicht die Gebührenschuld auf dem jeweiligen Konsulat durch Kauf von Gebührenmarken. Die Kosten für angeforderte Handelsregister- oder Grundbuchauszüge werden nach Kostenaufgabe durch das zuständige Amtsgericht von der Stpfl. bezahlt. Eine Erklärung, daß die Stpfl. im Namen und für Rechnung eines bestimmten Auftraggebers handele, wird den Konsulaten und Gerichten gegenüber nicht abgegeben.
Der Beklagte und Revisionskläger (FA) sah die streitigen Beträge als Teile des Entgelts an und unterwarf sie für die Veranlagungszeiträume 1960 bis 1962 der Umsatzsteuer. Mit der hiergegen eingelegten Sprungberufung hatte die Stpfl. Erfolg. Das FG erkannte die verauslagten Gebühren und Kosten als durchlaufende Posten an und kürzte die Steuerschuld der Stpfl. um die auf sie entfallenden Steuerbeträge.
Entscheidungsgründe
Die Rb. des FA, die nach dem Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandeln ist (vgl. § 184 Abs. 2, §§ 115 ff. FGO), wird auf Verletzung von Bundesrecht gestützt. Sie ist unbegründet.
Zum Entgelt gehören nach § 5 Abs. 3 UStG nicht die Beträge, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt (durchlaufende Posten). Es spielt keine Rolle, ob die Vereinnahmung oder die Verausgabung zuerst erfolgt. Der Unternehmer muß aber namens einer bestimmten, für Dritte erkennbaren Person handeln. Anders als im Zivilrecht (vgl. § 164 BGB) genügt es auf dem Gebiet des Umsatzsteuerrechts nicht, für irgend jemand als Vertreter tätig werden zu wollen (sog. "Geschäfte, wen es angeht").
Die Anforderungen, die an die Eindringlichkeit der Bekanntgabe des Vertragspartners gestellt werden müssen, sind allerdings unterschiedlich je nach dem, ob der Dritte mit einem Handeln der Zwischenperson im eigenen oder im fremden Namen rechnet bzw. beide Möglichkeiten ins Auge fassen muß. Großzügig kann verfahren werden, wenn allen bekannt ist, daß die Zwischenperson ihrer beruflichen Wesensart nach in aller Regel in fremdem Namen und für fremde Rechnung auftritt. Das trifft in besonderem Maße für Rechtsanwälte und Notare zu, deren Beruf es ist, fremde Rechtsinteressen wahrzunehmen.
Es muß aber grundsätzlich daran festgehalten werden, daß Name und Anschrift des Vertretenen dem Zahlungsempfänger bekannt werden. Es ist regelmäßig erforderlich, daß dieser beim Abschluß des Geschäfts oder mindestens im Verlaufe seiner Abwicklung erfährt, wer sein Vertragspartner ist. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs, nach der ein Agent auch dann als Vertreter seines Auftraggebers angesehen werden kann, wenn er dessen Namen nicht nennt, sofern nur der Wille, im fremden Namen zu handeln, erkennbar hervortritt, kann für das Umsatzsteuerrecht nicht ohne weiteres übernommen werden. Die Grundsätze der Klarheit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung erfordern einen eindeutigen Nachweis der Betätigung als Vermittler (Vertreter). Im Umsatzsteuerrecht können unkontrollierbare und oft nur vorgeschobene Vereinbarungen im Innenverhältnis nicht den Ausschlag geben. Es muß vielmehr, um Manipulationen zum steuerlichen Nachteil der Konkurrenten und der Allgemeinheit auszuschließen, das Auftreten der Mittelsperson nach außen hin entscheidend sein. Umsatzsteuerlich kann daher grundsätzlich nur derjenige als Vermittler (Vertreter) anerkannt werden, der Namen und Anschrift des von ihm Vertretenen seinem Vertragspartner mitteilt (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - V 152/58 U vom 24. Mai 1960, BFH 71, 337, BStBl III 1960, 374).
Dieser Grundsatz gilt aber, wie der Senat in seinem Urteil V 13/64 vom 11. August 1966 (BFH 86, 721, BStBl III 1966, 647) ausgeführt hat, nur für die Regelfälle. Er findet auf Abgaben und Beiträge (soweit es sich um Bagatellbeträge handelt) keine Anwendung. Der Senat hat dies insbesondere damit begründet, daß in diesen Fällen mangels eines Leistungsaustausches zwischen dem Zahlenden und dem Zahlungsempfänger Zweifel, ob eine zwischengeschaltete Person an dem Leistungsaustausch teilnimmt oder nur Vermittler ist, nicht aufkommen können; ein steuerliches Bedürfnis, die Zurechnungsverhältnisse klarzustellen, bestehe daher nicht.
Bei der Verauslagung von Kosten (Gebühren und Auslagen) durch Rechtsanwälte, Notare und Angehörige verwandter Berufe liegen die Dinge ähnlich. Zwar steht hier der Zahlung eine konkrete Gegenleistung des Zahlungsempfängers (im Streitfalle: Legalisierung der Notarunterschrift, Anfertigung von Handelsregister- und Grundbuchauszügen) gegenüber. Das Tätigwerden des Notars gegenüber den zuständigen Behörden vollzieht sich aber - ebenso wie im Falle des oben angeführten Urteils V 13/64 - nur am Rande seiner Haupttätigkeit und in der Regel als Nebengeschäft (vgl. §§ 35 und 147 Abs. 2 des Gesetzes über die Kosten in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Kostenordnung) vom 26. Juli 1957 (BGBl I 1957, 861, 960). Schuldner der Kosten (Gebühren und Auslagen) gegenüber den Behörden ist nicht der Notar, sondern dessen Auftraggeber. Der Notar ist nicht befugt, seinen Mandanten höhere Beträge in Rechnung zu stellen, als er verauslagt hat. Er hat an den Kosten kein eigenes finanzielles Interesse. Die Person des Schuldners und die Höhe der Schuld beruhen nicht auf Vereinbarungen zwischen den Beteiligten, sondern ergeben sich aus Gesetzen, Verordnungen, Statuten, Satzungen, Erlassen und dergleichen und sind für die tätigwerdenden Behörden verbindlich. Ein Bedürfnis, aus steuerlichen Gründen durch Mitteilung der Person und Anschrift des Vertretenen die Zurechnungsverhältnisse klarzustellen und deshalb von der Rechtsprechung der Zivilgerichte abzuweichen, besteht in diesen Fällen nicht. Eine solche überflüssige Mitteilung würde eine bloße Förmlichkeit bedeuten.
Zusammengefaßt vertritt der Senat die Auffassung, daß Kosten (Gebühren und Auslagen), die Rechtsanwälte, Notare und Angehörige verwandter Berufe bei Behörden und ähnlichen Stellen für ihre Auftraggeber auslegen und diesen in derselben Höhe gesondert in Rechnung stellen, bei den Zwischenpersonen auch dann als durchlaufende Posten anerkannt werden können, wenn dem Zahlungsempfänger Namen und Anschriften der Auftraggeber nicht mitgeteilt werden. Voraussetzung ist, daß die Kosten nach verbindlichen Kosten (Gebühren) ordnungen berechnet werden, die den Auftraggeber als Kosten (Gebühren) schuldner bestimmen.
Im Streitfalle sind diese Voraussetzungen gegeben. Nach § 2 der Kostenordnung ist zur Zahlung der Kosten (Gebühren und Auslagen) verpflichtet (= Kostenschuldner)
bei Geschäften, die nur auf Antrag vorzunehmen sind, jeder, der die Tätigkeit des Gerichts veranlaßt, bei der Beurkundung von Rechtsgeschäften insbesondere jeder Teil, dessen Erklärung beurkundet wird;
bei Geschäften, die von Amts wegen vorgenommen werden, derjenige, dessen Interesse wahrgenommen wird.
Veranlasser bzw. Interessent der Geschäfte des Gerichts, mithin Kostenschuldner, ist nicht der Vertreter, also nicht der Notar, sondern der Vertretene, also der Auftraggeber des Notars (vgl. Lauterbach, Kostengesetze, 15. Auflage, § 2 Anm. 2, S. 262/263; Rohs-Wedewer, Kostenordnung, 2. Auflage, § 2 Anm. 2). Für die Legalisierungsgebühren, die ebenfalls auf Grund von Gebührenordnungen berechnet werden, gilt entsprechendes (vgl. Rohs-Wedewer, a. a. O.). Der Notar haftet auch in diesen Fällen nicht selbst. Zutreffend führt das FG aus, daß die von der Stpfl. in ihren Schreiben an das Gericht gebrauchte Wendung, ihr die Kosten aufzugeben, keine Erklärung, die Kosten zu übernehmen, im Sinne des § 3 Nr. 2 der Kostenordnung darstellt (vgl. Küntzel- Kersten, Kostenordnung, 5. Aufl. Anm. 6 Abs. 2 zu § 2 der Kostenordnung). Die streitigen Kosten und Gebühren sind von der Stpfl. in der verauslagten Höhe ihren Auftraggebern gesondert in Rechnung gestellt worden.
Die Revision des FA war daher mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 2 FGO als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
BStBl III 1967, 719 |
BFHE 1967, 494 |
BFHE 89, 494 |
StRK, UStG:5/3 R 49 |
NJW 1968, 423 |