Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die Anschaffung und Veräußerung von Grundstücken nach ihrer Bebauung dem notwendigen Betriebsvermögen (Umlaufvermögen) eines Bauunternehmens zuzurechnen sind.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1, § 15 Abs. 1; GewStDV § 1 Abs. 1
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute. Der Kläger ist Bauingenieur. Er betrieb vom 19. Februar 1960 bis zum 31. Dezember 1967 ein Baugeschäft, das er abmeldete, nachdem er zusammen mit seiner Ehefrau eine GmbH gegründet hatte. Der Kläger führte Bauarbeiten für Fremde aus, erwarb aber auch eigene Grundstücke, bebaute diese und verkaufte sie weiter. In den Jahren 1960 bis 1964 erwarb der Kläger insgesamt fünf Grundstücke, die er mit Mehrfamilienhäusern und Eigentumswohnungen bebaute und inzwischen bis auf ein Mehrfamilienhaus weiterverkaufte. Von diesen Grundstücken behandelte er zwei als Betriebsvermögen, nämlich ein Grundstück in R, das er 1961 erwarb, in den Jahren 1962 bis 1964 bebaute und im Jahr 1964 verkaufte, sowie das Grundstück in X, R-Straße, das er 1964 erwarb und 1966 mit in demselben Jahr und im Jahr danach veräußerten Eigentumswohnungen bebaute. Drei weitere Grundstücke behandelte der Kläger als Privatvermögen. Bei zweien dieser Grundstücke ist die Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen streitig. Es handelt sich einmal um ein Grundstück in Y, das der Kläger im Jahre 1960 als unbebautes Grundstück erwarb, anschließend mit einem Mehrfamilienhaus bebaute, durch Vertrag vom 16. September 1962 weiterverkaufte und am 2. Januar 1963 den Käufern zum Besitz übergab. Zum anderen geht es um ein Grundstück in X, W-Straße, das der Kläger im Jahre 1962 kaufte, auf dem er in den Jahren 1963 bis 1964 ein Mehrfamilienhaus errichtete und das er im Jahre 1964 weiterveräußerte. Nach dem Kaufvertrag handelte es sich um ein "fast fertiges Mehrfamilienhaus". - Schließlich erwarb der Kläger ebenfalls im Jahr 1964 ein Grundstück in X, S-Straße, das er in den Jahren 1965 bis 1967 mit einem Mehrfamilienhaus bebaute und bis zum Zeitpunkt der finanzgerichtlichen Entscheidung nicht verkauft hatte. In diesem Fall ist die Zugehörigkeit zum Privatvermögen nicht streitig.
Nach einer im Jahre 1969 beim Kläger erfolgten Betriebsprüfung sah der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) auch den Kauf, die Errichtung und den Verkauf des Mehrfamilienhauses in Y und des Mehrfamilienhauses in X, W-Straße, als betriebliche Vorgänge an. Demgegenüber sind die Kläger der Auffassung, der Kläger habe beim Kauf der streitigen Grundstücke nicht die Absicht gehabt, diese wieder zu veräußern. Er habe sie nur verkauft, weil er in X günstig Bauplätze habe erwerben können.
Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte nur insoweit Erfolg, als das FG - abweichend vom FA - den Verkauf des Grundstücks in Y als einen Vorgang des Jahres 1963, nicht des Jahres 1962, ansah. Im übrigen wies es die Klage ab. Zur Begründung führte das FG aus:
Nach § 344 HGB würden die von einem Kaufmann vorgenommenen Rechtsgeschäfte im Zweifel als zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehörig gelten. Grundsätzlich könne zwar auch ein Bauunternehmer privat Grundstücke kaufen und darauf Gebäude errichten oder bebaute Grundstücke in sein Privatvermögen überführen, wenn sie ihm künftig als private Vermögensanlage dienen sollen. Verkaufe er jedoch die Grundstücke bald nach dem Erwerb und der. Bebauung, so müsse er sich entgegenhalten lassen, daß der Verkauf als betrieblich angesehen werde, falls nicht besonders gewichtige Gründe nachgewiesen würden, die dafür sprächen, daß bestimmte Tätigkeiten nicht im Hinblick auf den schließlich erzielten Erfolg entfaltet worden seien. Im Streitfall hätten die Kläger solche besonderen Umstände nicht dargetan, noch hätten solche anderweitig festgestellt werden können.
Mit ihrer Revision beantragen die Kläger, das Urteil des FG und die angefochtenen Einkommensteuer-Bescheide insoweit aufzuheben, als die Grundstücke in Y und X zum Betriebsvermögen gerechnet worden sind. Die Kläger berufen sich auf die eindeutige Behandlung dieser Grundstücke als Privatvermögen. Das Grundstück X, S-Straße, sei bis heute nicht verkauft worden. Daraus möge man ersehen, daß der Kläger Privatvermögen habe bilden wollen und auch gebildet habe. Der Kläger habe in den Jahren 1960 bis 1967 zu 90 v. H. für fremde Bauherren gebaut, also eine reine Maurertätigkeit ausgeübt, und lediglich in geringem Maße für die eigene Vermögensanlage gebaut. Die Bebauung und Veräußerung von Grundstücken bei einem Bauunternehmer könne nicht als für diesen Berufszweig typische Geschäftstätigkeit angesehen werden. Daß hinsichtlich der strittigen zwei Grundstücke innerhalb von sieben Jahren eine gewerbliche Tätigkeit erfüllt sein solle, finde in der Rechtsprechung des BFH keine Stütze. Mit der Zurechnung der strittigen zwei Grundstücke zu seinem Betriebsvermögen habe das FG gegen Art. 3 GG verstoßen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Die Ansicht des FG, die streitigen Grundstücke seien dem Gewerbebetrieb des Klägers (§ 15 Abs. 1 EStG, § 1 Abs. 1 GewStDV) zuzurechnen, begegnet keinen Bedenken. Die Grundstücke gehören zum notwendigen Betriebsvermögen (Umlaufvermögen) des Klägers (§ 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG).
1. Der BFH hat sich mehrfach mit der Frage befaßt, unter welchen Voraussetzungen branchenübliche Geschäfte eines Kaufmanns dem Gewerbebetrieb zuzurechnen oder als private Vermögensanlage anzusehen sind. Er hat dabei herausgestellt, daß für die Beurteilung dieser Frage die Nähe der Tätigkeit zu einer gleich- oder andersgearteten, bereits ausgeübten gewerblichen Tätigkeit und die Schwierigkeit der Aussonderung einzelner angeblich privater Geschäftsvorfälle aus den ständig im Gewerbebetrieb vorkommenden Geschäften eine wichtige Rolle spielen können (vgl. BFH-Urteile vom 15. Februar 1966 I 95/63, BFHE 85, 171, BStBl III 1966, 274; vom 11. Juli 1968 IV 139/63, BFHE 93, 281, BStBl II 1968, 775). Für Grundstücksgeschäfte eines Architekten oder Bauunternehmers hat der BFH folgende Grundsätze entwickelt:
a) Im Urteil vom 12. März 1964 IV 136/61 S (BFHE 79, 366, BStBl III 1964, 364) ist ausgeführt, daß die Errichtung von Häusern zum Zwecke späterer Vermietung bei Architekten und Bauunternehmern keine gewerbliche Tätigkeit darstelle. Das Urteil hat hervorgehoben, daß es auch Architekten und Bauunternehmern nicht verwehrt sein dürfe, ihr Vermögen zu nutzen oder zwecks Erzielung höherer Einnahmen umzuschichten. Auf die Ausnutzung einer besonderen Sachkunde wurde dabei nicht entscheidend abgestellt, ebensowenig auf die Heranziehung erheblicher Fremdmittel. Das Urteil hat indes die Frage, wie die Errichtung von Häusern zum Zwecke des Verkaufs zu beurteilen sei, ausdrücklich offengelassen.
b) Im Urteil vom 16. Januar 1969 IV R 34/67 (BFHE 95, 219, BStBl II 1969, 375) hat der BFH die Errichtung von Häusern durch einen Architekten, der gewerblichen Grundstückshandel betrieb, deshalb als gewerbliche Tätigkeit angesehen, weil die Gebäude mit Verkaufsabsicht errichtet worden waren. Da die hierbei ausschlaggebende subjektive Willensrichtung in einem solchen Fall nur schwer nachweisbar sei, komme den objektiven Beweisanzeichen besondere Bedeutung zu. Habe der Steuerpflichtige eine Anzahl von Tätigkeiten entfaltet, die die objektiven Tatbestandsmerkmale einer gewerblichen Tätigkeit erfüllten, so müßten schon besonders gewichtige Gründe nachgewiesen werden, die dafür sprächen, daß bestimmte Tätigkeiten nicht im Hinblick auf den schließlich realisierten Erfolg entfaltet worden seien. Auf dieser Linie liegt es, wenn der erkennende Senat im Urteil vom 28. Februar 1973 I R 153/71 (BFHE 109, 431, BStBl II 1973, 661) Grundstücksgeschäfte dem Gewerbebetrieb eines Bauunternehmers zugerechnet hat, weil in diesem Falle innerhalb eines Zeitraums von 5 1/2 Jahren vier Grundstücke zum Teil bebaut, zum Teil unbebaut weiterveräußert wurden, nachdem sie der Bauunternehmer jeweils nur zwei bis drei Jahre in Besitz gehabt hatte.
2. Nach diesen Grundsätzen muß ein Bauunternehmer einwandfrei dartun, er habe einzelne Grundstücke zum Zwecke privater Vermögensanlage gekauft, bebaut und veräußert. Bei der Beurteilung, ob dies zutrifft, kann auf Maßnahmen, deren Gestaltung im Belieben des Steuerpflichtigen stehen, nicht das entscheidende Gewicht gelegt werden. Im Streitfall bedeutet dies, daß die bloße Behandlung der strittigen Grundstücksgeschäfte als private Vorgänge nicht ausschlaggebend sein kann. Es bleibt daher letztlich lediglich die Behauptung des Klägers, er habe eine private Vermögensanlage bezweckt. Dem stehen als objektive Umstände gegenüber, daß sich der Kläger bei der Abwicklung der streitigen Objekte in ähnlicher Weise verhalten hat wie bei Kauf, Bebauung und Veräußerung der beiden unstreitig zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstücke. Das gilt insbesondere für die kurze Zeitspanne zwischen Kauf und Veräußerung. In den streitigen wie in den unstreitigen Fällen wurden die Geschäfte innerhalb zweier Jahre abgewikkelt. Wenn Kauf, Bebauung und Veräußerung eines Grundstücks zeitlich so rasch aufeinanderfolgen, so spricht dies schon für sich betrachtet gegen eine private Vermögensanlage, die bei Grundbesitz ihrem Wesen nach auf eine gewisse Dauer angelegt ist.
Schon aufgrund dieser vom FG unwidersprochen festgestellten Tatsachen, von denen der Senat gem. § 118 Abs. 2 FGO auszugehen hat, ist der von der Vorinstanz gezogene Schluß, daß die Art der Abwicklung der strittigen Grundstücksgeschäfte von vornherein in dieser Weise geplant war, mindestens möglich. Daß er sich als zwingend erweist, ist aus der Sicht revisionsgerichtlicher Prüfung nicht erforderlich. Dann ist aber die weitere Schlußfolgerung des FG, daß es sich bei den Grundstücksgeschäften um einen Teil der gewerblichen Tätigkeit des Klägers gehandelt habe, rechtlich einwandfrei. Da die Grundstücke somit von vornherein zur Veräußerung bestimmt gewesen sind, dienten sie unmittelbar dem Betrieb. Weshalb diese Beurteilung gegen Art. 3 GG verstoßen soll, ist nicht ersichtlich. Andere Steuerpflichtige, bei denen vergleichbare Verhältnisse vorliegen, müßten ebenso behandelt werden wie im Streitfall die Kläger.
Fundstellen
BStBl II 1975, 850 |
BFHE 1976, 537 |