Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Anschaffungskosten eines von einem Hypothekengläubiger in der Zwangsversteigerung ersteigerten Grundstücks.
Normenkette
EStG § 23
Tatbestand
Streitig ist, in welcher Höhe die Anschaffungskosten eines zum Privatvermögen gehörigen Grundstücks anzusetzen sind und ob ein Spekulationsgewinn nach § 23 EStG entstanden ist.
Der Revisionskläger (Steuerpflichtiger) erwarb am 13. März 1962 gegen das Meistgebot von 42 215 DM in der Zwangsversteigerung das Grundstück in L. Das Grundstück veräußerte er am 7. Oktober 1963 für 68 500 DM.
Das FA nahm einen Spekulationsgewinn von zunächst 68 500 DM ./. 42 215 DM =26 285 DM, in der Einspruchsentscheidung von 68 500 DM ./. 57 700 DM = 10 800 DM an, weil der Verkehrswert des Grundstücks durch das LG im Zwangsversteigerungsverfahren auf 57 700 DM festgestellt worden war. Mit seiner Klage wendete sich der Steuerpflichtige gegen jegliche Erfassung eines Spekulationsgewinns, da die Anschaffungskosten außer im Meistgebot von 42 215 DM noch in den nicht ausgebotenen nachrangigen Eigenhypotheken von 37 887 DM bestanden, also insgesamt 80 102 DM betragen hätten. Die Begrenzung der Anschaffungskosten auf die ausgefallenen Hypotheken - neben dem Meistgebot -, soweit diese den Verkehrswert des Grundstücks nicht überstiegen, sei unzutreffend.
Die Klage blieb erfolglos. Das FG führte im wesentlichen zu dem allein streitigen Punkt der Höhe der Anschaffungskosten aus. Zu den Anschaffungskosten gehörten alle Aufwendungen, die der Steuerpflichtige für den Erwerb des Grundstücks in der Zwangsversteigerung gemacht habe. Dazu gehörten neben dem Meistgebot auch die ausgefallenen Eigenhypotheken des Steuerpflichtigen. Insoweit habe der Ersteher ein dingliches Verwertungsrecht gegenüber dem bisherigen Grundstückseigentümer aufgegeben. Der wirtschaftliche Wert dieses Rechts brauche aber nicht mit dem Nennbetrag der Hypothek übereinzustimmen; er hänge vielmehr in erster Linie vom Verkehrswert des belasteten Grundstücks ab. Würde ein dritter Käufer die Hypothek nicht ausbieten, so stelle sie keinen vorhandenen Wert mehr dar (Urteile des RFH VI A 1440/30 vom 1. Juli 1931, RStBl 1931, 742; I A 242/37 vom 31. August 1937, RStBl 1937, 1136; VI 411/42 vom 26. Mai 1943, RStBl 1943, 524). Nur soweit die Eigenhypotheken des Steuerpflichtigen noch durch den Wert des Grundstücks gedeckt gewesen seien, könnten sie als weitere Anschaffungskosten neben dem Meistgebot anerkannt werden. Es beständen keine Bedenken, den vom LG durch Sachverständige festgestellten Wert von 57 700 DM als maßgeblichen Wert anzusehen. Daß der Steuerpflichtige im Oktober 1963 erheblich mehr als diesen Betrag erlöst habe, lasse keinen Schluß auf den Wert am 13. März 1962 zu, reiche zumindest nicht aus, die Wertfeststellung des LG zu entkräften. Der höhere Preis könne durchaus durch nach dem Erwerb eingetretene Umstände, so etwa allgemeinen Preissteigerungen auf dem Grundstücksmarkt, verursacht sein. Es könnte sogar möglich sein, daß die Anschaffungskosten des Steuerpflichtigen niedriger seien, wenn nämlich seinen Hypotheken andere, ebenfalls ausgefallene Hypotheken vorgegangen wären. Das brauche jedoch nicht festgestellt zu werden, da es nur zu einer Änderung der Steuerfestsetzung zuungunsten des Steuerpflichtigen führen könne, die nach § 100 FGO nicht zulässig sei.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision der Steuerpflichtigen, mit der sie erneut beantragen, von der Festsetzung eines Spekulationsgewinns abzusehen, weil die Anschaffungskosten über dem Verkauferlös lägen, ist nicht begründet. Das FG hat, in Übereinstimmung mit der einschlägigen Rechtsprechung des RFH, die Anschaffungskosten des in der Zwangsversteigerung erstandenen Grundstücks richtig berechnet, sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht.
Ein Interessent, der in der Zwangsversteigerung ein Grundstück ersteht, und der nicht Hypothekengläubiger ist, wird nicht mehr bieten als das Grundstück am Versteigerungstag wert ist. Er wendet höchstens den gleichen Betrag für das Grundstück auf, den er auch beim vertraglichen Erwerb anlegen würde. Es ist aber kein einleuchtender Grund einzusehen, daß ein Hypothekengläubiger mehr aufwenden würde. Seine Aufwendungen können daher nur in dem tatsächlichen Gebot zuzüglich der Eigenhypotheken bestehen, soweit diese durch den Grundstückswert gedeckt sind. Denn nur insoweit gibt er einen Wert, den seine Hypothek wirtschaftlich noch hat, auf. War der Nominalbetrag der Hypothek höher, so hatte diese bereits bis zum Tag der Zwangsversteigerung an Wert eingebüßt. Es liegt hinsichtlich der Eigenhypothek ein tauschähnliches Geschäft vor. Der hingegebene Vermögensgegenstand, die Hypothek, muß mit ihrem gemeinen Wert angesetzt werden (Urteile des BFH I 175/60 U vom 11. Oktober 1960, BFH 71, 649, BStBl III 1960, 492; VI 318/65 vom 14. Juni 1967, BFH 89, 211, BStBl III 1967, 574). Der gemeine Wert der Hypothek aber richtet sich danach, was das Grundstück im Zeitpunkt der Ersteigerung noch wert war, nach Abzug der außerdem im Meistgebot für das Grundstück tatsächlich zu erbringenden Entgeltsleistung.
Dem FG kann auch darin gefolgt werden, wenn es mit dem FA als Wert des Grundstücks den vom LG festgestellten Verkehrswert ansetzte. Es handelt sich um eine tatsächliche Würdigung des FG. Sie wurde von der Revision nicht angegriffen. Da sie den Umständen nach möglich ist, nicht gegen die Lebenserfahrung und gegen das geltende Recht verstößt, auch nicht willkürlich ist, ist sie nach § 118 Abs. 2 FGO für den Senat bindend. Jedenfalls zwingt, wie die Vorinstanz zutreffend ausführte, der Umstand, daß der Steuerpflichtige bei dem 1 1/2 Jahre später erfolgenden Wiederverkauf des Grundstücks einen um etwa 20 % höheren Verkaufspreis erzielte, nicht zur Annahme, daß der vom LG festgestellte Verkehrswert unmöglich zutreffen konnte.
Fundstellen
Haufe-Index 413314 |
BStBl II 1972, 881 |
BFHE 1972, 535 |