Leitsatz (amtlich)
Zur Person des Erstattungsberechtigten im Falle der Überzahlung von Einkommensteuer für zusammenveranlagte Ehegatten.
Orientierungssatz
1. Obwohl zusammenveranlagte Ehegatten nach § 26b EStG als ein Steuerpflichtiger behandelt werden, sind sie für Erstattungsansprüche zu Unrecht gezahlter Einkommensteuer nicht Gesamtgläubiger. Auch hier steht der Erstattungsanspruch demjenigen Ehegatten zu, der die zu erstattende Steuer an das FA gezahlt hat bzw. auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt ist (vgl. BFH-Urteil vom 19.10.1982 VII R 55/80; Literatur). Eine Gesamtgläubigerschaft ergibt sich auch nicht aus § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG (umfangreiche Ausführungen zur Feststellung des Erstattungsberechtigten bei zusammenveranlagten Ehegatten, auch für den Fall, daß die überzahlten Beträge erst zu einem Zeitpunkt an das FA gezahlt worden sind, als die Ehe bereits geschieden war).
2. Erstattungsberechtigt nach § 37 Abs. 2 AO 1977 ist derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist. Das ist nicht derjenige, auf dessen Kosten die Zahlung erfolgt ist. Es kommt vielmehr darauf an wessen Steuerschuld nach dem Willen des Zahlenden, wie er im Zeitpunkt der Zahlung dem FA gegenüber erkennbar hervorgetreten ist, getilgt werden sollte (vgl. BFH-Rechtsprechung; Literatur).
3. Für den Fall, daß mehrere Personen als Gesamtschuldner eine überzahlte Steuer schuldeten, ist Erstattungsberechtigter der Gesamtschuldner, für dessen Rechnung gezahlt worden ist. Aus dem Umstand, daß regelmäßig jeder Gesamtschuldner die gesamte Leistung schuldet und im Zweifel deshalb davon ausgegangen werden kann, daß jeder nur seine eigene Schuld tilgt, folgt, daß nur derjenige Gesamtschuldner erstattungsberechtigt ist, der die Zahlung geleistet hat oder für dessen Rechnung von einem Dritten die Zahlung bewirkt worden ist (vgl. Literatur). Hat der Gesamtschuldner --oder ein Dritter-- dagegen nach dem erkennbar gewordenen Willen für Rechnung aller Gesamtschuldner gezahlt, so sind die Gesamtschuldner nach Köpfen erstattungsberechtigt (vgl. BFH-Rechtsprechung; Literatur).
Normenkette
AO 1977 § 37 Abs. 2; EStG § 36 Abs. 4 S. 3; AO 1977 § 44 Abs. 1
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) und der Beigeladene waren bis Ende 1972 miteinander verheiratet. Für die Jahre 1971 und 1972 wurden sie zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Die Einkommensteuerbescheide für die genannten Jahre wurden im Jahre 1979 berichtigt. Dadurch ergaben sich Erstattungsansprüche. Die Überweisung der überzahlten Steuern an den Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) war im Jahre 1974 über ein Konto bei der Deutschen Bank vom Beigeladenen als Auftraggeber veranlaßt worden. Die Klägerin beantragte im Mai 1979 die Hälfte der Erstattungsansprüche an sie auszuzahlen. Sie vertrat die Ansicht, sie sei zur Hälfte erstattungsberechtigt, weil die ursprünglichen Steuerzahlungen von beiden Ehegatten aus dem gemeinsamen Vermögen von dem gemeinsamen Bankkonto einer zwischen ihnen bestehenden BGB-Gesellschaft (Gesellschaft bürgerlichen Rechts --GbR--), die den Bau von Eigentumswohnungen zum Gegenstand hatte und noch nach der Ehescheidung weiterbestanden habe, für Rechnung der gemeinsamen Steuerschuld geleistet worden seien. Der Beigeladene widersprach einer Erstattung an seine geschiedene Ehefrau mit der Begründung, er habe die Einzahlungen persönlich geleistet.
Das FA lehnte die Erstattung an die Klägerin ab.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der der Klägerin erteilte Abrechnungsbescheid sei rechtmäßig, denn der gesamte Erstattungsanspruch stehe dem Beigeladenen zu. Bei zusammenveranlagten Ehegatten stehe ein etwaiger Erstattungsanspruch demjenigen Ehegatten zu, der die zu erstattende Steuer an das FA gezahlt habe. Das sei im Streitfall der Beigeladene gewesen.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sie ist der Auffassung, die Vorentscheidung verstoße gegen § 37 Abs.2 der Abgabenordnung (AO 1977). Nach dieser Vorschrift stehe ihr der Erstattungsanspruch zur Hälfte zu, da der Beigeladene nicht aus eigenen Mitteln, sondern durch Verfügung über das gemeinsame Gesellschaftskonto die Nachzahlungen in 1974 erbracht habe, jedenfalls aber für Rechnung beider Beteiligten die Zahlungen veranlaßt habe.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung einen Erstattungsbetrag für 1971 und für 1972 zu ihren Gunsten festzusetzen.
Das FA und der Beigeladene beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs.3 Nr.2 FGO).
1. Aufgrund der Berichtigung der gegen die Klägerin und den Beigeladenen als zusammenveranlagte Ehegatten (§ 26b des Einkommensteuergesetzes --EStG--) ergangenen Einkommensteuerbescheide 1971 und 1972 ergaben sich Erstattungsansprüche gegen das FA, weil die im Jahre 1974 auf die ursprünglichen Veranlagungen gezahlten Steuern die Steuerschulden, die nunmehr im Jahre 1979 festgesetzt worden sind, erheblich übersteigen (§§ 37 Abs.2, 218 Abs.1 AO 1977).
a) Nach § 37 Abs.2 AO 1977 ist erstattungsberechtigt (Erstattungsgläubiger), derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist. Das ist nicht derjenige, auf dessen Kosten die Zahlung erfolgt ist. Es kommt also nicht darauf an, von wem und mit wessen Mitteln gezahlt worden ist, sondern nur darauf, wessen Steuerschuld nach dem Willen des Zahlenden, wie er im Zeitpunkt der Zahlung dem FA gegenüber erkennbar hervorgetreten ist, getilgt werden sollte (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 13.Aufl., § 37 AO 1977 Tz.19; Offerhaus in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 8.Aufl., § 37 AO 1977 Anm.60, 62; Drenseck, Das Erstattungsrecht der Abgabenordnung 1977, S.78; Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25.September 1963 I 383/60 U, BFHE 77, 619, BStBl III 1963, 545, und vom 7.Oktober 1970 I R 145/68, BFHE 100, 346, BStBl II 1971, 119, 120). Den Finanzbehörden wird damit nicht zugemutet, im Einzelfall die zivilrechtlichen Beziehungen zwischen dem Steuerschuldner und einem zahlenden Dritten daraufhin zu überprüfen, wer von ihnen --im Innenverhältnis-- auf die zu erstattenden Beträge materiell-rechtlich einen Anspruch hat (vgl. BFH-Urteil vom 9.Dezember 1959 II 189/56 U, BFHE 70, 480, BStBl III 1960, 180, 181; Tipke/Kruse, a.a.O., § 37 AO 1977 Tz.19; Offerhaus, a.a.O., § 37 AO 1977 Anm.62).
b) Die vorstehenden Rechtsgrundsätze gelten auch für den Fall, daß mehrere Personen als Gesamtschuldner (§ 44 Abs.1 AO 1977) die überzahlte Steuer schuldeten. Erstattungsberechtigter ist der Gesamtschuldner, für dessen Rechnung gezahlt worden ist. Da regelmäßig jeder Gesamtschuldner die gesamte Leistung schuldet (§ 44 Abs.1 Satz 2 AO 1977), kann nach überwiegender Meinung im Zweifel davon ausgegangen werden, daß jeder nur seine eigene Schuld tilgt. Daraus folgt, daß nur derjenige Gesamtschuldner erstattungsberechtigt ist, der die Zahlung geleistet hat oder für dessen Rechnung von einem Dritten die Zahlung bewirkt worden ist (vgl. Tipke/Kruse, a.a.O., § 37 AO 1977 Tz.20; Offerhaus, a.a.O., § 37 AO 1977 Anm.63; Schwarz, Abgabenordnung, § 37 Anm.13, m.w.N.).
Andere Fallgestaltungen sind allerdings möglich. Hat der Gesamtschuldner --oder ein Dritter-- nach dem erkennbar gewordenen Willen für Rechnung aller Gesamtschuldner gezahlt, so sind die Gesamtschuldner nach Köpfen erstattungsberechtigt (BFH-Urteile vom 23.September 1964 I 362/62, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1965, 111, und in BFHE 100, 346, BStBl II 1971, 119, 120; Offerhaus, a.a.O., § 37 AO 1977 Anm.63; Tipke/Kruse, a.a.O., § 37 AO 1977 Tz.20 a Beispiel d; Kühn/Kutter/Hofmann, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 15.Aufl., § 37 AO 1977 Anm.6; Drenseck, a.a.O., S.80).
c) Gesamtschuldnerschaft liegt hinsichtlich der Einkommensteuer und der daran anknüpfenden Steuern auch bei zusammenveranlagten Ehegatten vor (vgl. §§ 44 Abs.1, 268 AO 1977). Obwohl sie nach § 26b EStG als ein Steuerpflichtiger behandelt werden, sind sie für Erstattungsansprüche zu Unrecht gezahlter Einkommensteuer nicht Gesamtgläubiger. Auch hier steht der Erstattungsanspruch demjenigen Ehegatten zu, der die zu erstattende Steuer an das FA gezahlt hat bzw. auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt ist (Urteil des Senats vom 19.Oktober 1982 VII R 55/80, BFHE 137, 146, BStBl II 1983, 162, m.w.N.; Tipke/Kruse, a.a.O., § 37 AO 1977 Tz.20 b).
Wie der Senat in BFHE 137, 146, BStBl II 1983, 162, 164 entschieden hat, ergibt sich eine Gesamtgläubigerschaft auch nicht aus § 36 Abs.4 Satz 3 EStG. Danach wirkt bei zusammenveranlagten Ehegatten die Auszahlung eines überzahlten Einkommensteuerbetrages an einen Ehegatten auch für und gegen den anderen Ehegatten. Die Bestimmung besagt nur, daß das FA befugt ist, nach seiner Wahl an den einen oder den anderen Ehegatten auszuzahlen; sie regelt aber nicht, welcher der Ehegatten die Auszahlung des Erstattungsbetrags fordern darf. Im Streitfall kommt diese Vorschrift ohnehin nicht zur Anwendung. Denn das FA hat nach den Feststellungen des FG bisher den Erstattungsbetrag weder an den Beigeladenen noch an die Klägerin ausgezahlt. Es kann auch nicht mehr ohne Prüfung der Erstattungsberechtigung von der nach dieser Vorschrift bestehenden Wahlmöglichkeit Gebrauch machen und an einen der früheren Ehegatten auszahlen, weil ihm --spätestens seit dem Erstattungsantrag der Klägerin-- bekannt ist, daß die Klägerin und der Beigeladene geschieden sind und sie hinsichtlich des Erstattungsbetrages widerstrebende Interessen verfolgen (vgl. Conradi in Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, 15.Aufl., § 36 Rdnr.91; Pump, Feststellung des Erstattungsberechtigten bei zusammenveranlagten Ehegatten, Die Information über Steuer und Wirtschaft --Inf-- 1988, 4, 5; Gmach, Rechtsverhältnisse bei zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Ehegatten im Erstattungsfall, Betriebs-Berater --BB-- 1981, 726, 729).
Für die Ermittlung des erstattungsberechtigten Ehegatten muß also auch in Fällen der Zusammenveranlagung darauf abgestellt werden, für wessen Rechnung der zu Unrecht geleistete Steuerbetrag gezahlt worden ist. Dies läßt sich bei Ehegatten häufig schwer feststellen. Wie oben ausgeführt, kommt es nicht darauf an, auf wessen Kosten bzw. mit wessen Mitteln die Zahlung bewirkt worden ist, sondern darauf, wessen Steuerschuld getilgt werden sollte. Dafür kann nicht allein entscheidend sein, welcher Ehegatte den Zahlungsvorgang tatsächlich bewirkt hat, d.h. als Barzahler oder als Auftraggeber gegenüber der bezogenen Bank in Erscheinung getreten ist (vgl. Schwarz, a.a.O., Anm.13 a; Pump, Inf 1988, 5). Denn im Rahmen einer bestehenden Ehe als Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hängt es oft von Zufälligkeiten wie der Aufgabenverteilung und der Zeiteinteilung der Ehegatten ab, welcher von ihnen die Zahlung der Einkommensteuer durch Bareinzahlung oder Überweisung vom eigenen oder gemeinsamen Bankkonto tatsächlich besorgt. Von der Zufälligkeit des jeweils handelnden Ehegatten kann aber nicht auf einen bestimmten Tilgungswillen geschlossen werden.
Ist die im Zeitpunkt der Zahlung bestehende Willensrichtung des zahlenden Ehegatten für das FA nicht erkennbar, so kann auch nicht --wie die herrschende Meinung für die sonstigen Fälle der Gesamtschuldnerschaft annimmt (z.B. Schuldner und Haftender für denselben Steuerbetrag)-- ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß jeder Gesamtschuldner nur seine eigene Steuerschuld tilgen will (vgl. Gmach, BB 1981, 726, 729). Solange die Ehe besteht und intakt ist, entspricht es vielmehr natürlicher Betrachtungsweise und der regelmäßigen Absicht der Ehegatten, daß derjenige, der die Zahlung auf die gemeinsame Steuerschuld (§ 26b EStG) bewirkt, nicht nur sich selbst, sondern auch den anderen Ehegatten von seiner Steuerschuld befreien will. Soweit also Anhaltspunkte für eine bestimmte andere Tilgungsabsicht des zahlenden Ehegatten fehlen, ist davon auszugehen, daß die Zahlung der Einkommensteuer für Rechnung beider Ehegatten als Gesamtschuldner bewirkt worden ist. Das hat zur Folge, daß beide Ehegatten nach § 37 Abs.2 AO 1977 erstattungsberechtigt sind. Der Erstattungsbetrag ist dann zwischen ihnen nach der bisherigen Rechtsprechung --wie oben ausgeführt-- nach Köpfen aufzuteilen (vgl. 1.b) am Ende mit den dort aufgeführten Rechtsprechungs- und Schrifttumsnachweisen).
2. Im Streitfall schuldeten die Klägerin und der Beigeladene die nunmehr zu erstattenden Steuerbeträge aufgrund ihrer Zusammenveranlagung für die Jahre 1971 und 1972 als Gesamtschuldner. Die Erstattungsbeträge sind aber erst im Jahre 1974, d.h. zu einem Zeitpunkt, als die Ehe der Steuerpflichtigen bereits geschieden war, an das FA gezahlt worden. Die tatsächlichen Feststellungen des FG reichen nicht aus, um nach den vorstehend dargestellten Rechtsgrundsätzen abschließend entscheiden zu können, auf wessen Rechnung die im Jahre 1974 geleisteten Steuerzahlungen bewirkt worden sind und welchem der früheren Ehegatten demgemäß der Erstattungsanspruch nach § 37 Abs.2 AO 1977 zusteht. Darin liegt ein Rechtsfehler, der zur Aufhebung der Vorentscheidung führt (vgl. Gräber, Finanzgerichtsordnung, 1.Aufl., § 118 Anm.13). Der Senat braucht daher auf die Zulässigkeit und Begründetheit der mit der Revision geltend gemachten Verfahrensrügen nicht einzugehen.
a) Das FG begründet seine Entscheidung, der Erstattungsanspruch stehe dem Beigeladenen (geschiedenen Ehemann der Klägerin) zu, damit, daß dieser die zu erstattende Steuer an das FA gezahlt habe. Es geht mit Recht davon aus, daß es für die Erstattungsberechtigung nicht darauf ankommt, daß die Zahlungen --wie die Klägerin vorträgt-- aus einem Bankkonto erbracht worden sind, das für den Geschäftsbetrieb einer zwischen den früheren Ehegatten bestehenden GbR eingerichtet war, und ob der Beigeladene im Innenverhältnis für die Bezahlung der privaten Steuerschulden über dieses Konto verfügen durfte. Denn --wie oben ausgeführt-- ist es unerheblich, mit wessen Mitteln und aus welchem Vermögen die zu erstattenden Steuern gezahlt worden sind. Zutreffend hat das FG auch ausgeführt, daß sich ein Erstattungsanspruch zugunsten der Klägerin nicht daraus ergibt, daß die Erstattungen auf gewerblichen Verlusten beruhten, die ihr hälftig zuzurechnen seien (vgl. Urteil des Senats in BFHE 137, 146, BStBl II 1983, 162, 164).
Das FG hat aber verkannt, daß die Erstattungsberechtigung in den Fällen der Gesamtschuldnerschaft nicht davon abhängt, wer den tatsächlichen Zahlungsvorgang bewirkt hat, sondern davon, auf wessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist. Wenn das FG unter Hinweis auf Sinn und Zweck des § 36 Abs.4 Satz 3 EStG ausführt, das FA brauche nicht zu ermitteln, auf wessen Rechnung gezahlt worden sei, so verstößt seine Entscheidung gegen den klaren Wortlaut des § 37 Abs.2 AO 1977. Zwar hat auch der erkennende Senat wiederholt ausgeführt, bei zusammenveranlagten Ehegatten stehe ein etwaiger Erstattungsanspruch demjenigen Ehegatten zu, der die zu erstattende Steuer an das FA gezahlt habe (vgl. Urteile vom 11.Oktober 1961 VII 157/60, HFR 1962, 235; vom 9.Dezember 1969 VII R 83/67, BFHE 98, 9, BStBl II 1970, 351, und in BFHE 137, 146, BStBl II 1983, 162, 163). An dieser Formulierung kann aber jedenfalls seit der Geltung des § 37 Abs.2 AO 1977 nur festgehalten werden, soweit erkennbar ist, daß der Zahlende auch nur auf eigene Rechnung zahlen wollte (vgl. die Ausführungen in BFHE 137, 146, BStBl II 1983, 162, 163). Auch aus der Rechtsprechung der anderen Senate des BFH ergibt sich, daß für die Erstattungsberechtigung nicht allein der tatsächliche Zahlungsvorgang und die Person des Zahlenden maßgeblich ist, sondern zu wessen Gunsten bzw. auf wessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist (vgl. I.Senat in BFHE 77, 619, BStBl III 1963, 545, HFR 1965, 111, 112, und BFHE 100, 346, BStBl II 1971, 119, 120; ebenso II.Senat in BFHE 70, 480, BStBl III 1960, 180).
Der Beigeladene hat als Auftraggeber gegenüber der bezogenen Bank die Überweisung der nunmehr zu erstattenden Steuerbeträge an das FA veranlaßt. Ob er dabei die Absicht hatte, allein auf seine Rechnung zu zahlen oder ob er --wie die Klägerin behauptet-- auch deren Steuerschulden tilgen wollte, hat die Vorinstanz nicht festgestellt. Das FG wird bei Aufhebung seiner Entscheidung und Zurückverweisung der Sache diese Feststellungen nachzuholen haben. Dabei hat es auf den Willen des Zahlenden abzustellen, wie er im Zeitpunkt der Zahlung dem FA gegenüber erkennbar hervorgetreten ist. Eine spätere Interpretation dieses Willens kann keine Rolle spielen (vgl. BFHE 77, 619, BStBl III 1963, 545, 547), weshalb es hierzu der von der Klägerin beantragten Vernehmung des Beigeladenen nicht bedarf.
b) Im Streitfall spricht vieles dafür, daß der Beigeladene mit seinen Überweisungen im Jahre 1974 von dem gemeinsamen für die GbR eingerichteten Bankkonto nur seine eigenen Steuerschulden zahlen wollte. Denn im Zeitpunkt der Zahlungen war die Ehe der für die Veranlagungszeiträume 1971 und 1972 zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Eheleute bereits seit längerer Zeit geschieden (vgl. Schwarz, a.a.O., § 37 Anm.13 a). In diesem Falle kann --anders als bei bestehenden und intakten Ehen-- wie auch in den sonstigen Fällen der Gesamtschuldnerschaft im Zweifel davon ausgegangen werden, daß der Zahlende nur auf eigene Rechnung leisten will. Da aber eine andere Willensbekundung des Gesamtschuldners, der die Zahlung bewirkt, stets möglich bleibt und auch eine Zahlung für gemeinsame Rechnung im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung zwischen geschiedenen Ehegatten ihren Sinn behält, zumal die früheren Eheleute im Streitfall noch gesellschaftsrechtlich verbunden blieben, kann der Senat mangels jeglicher Feststellungen zu einer erkennbaren Willensäußerung des Zahlenden die o.g. Vermutung nicht zur Grundlage seiner Entscheidung machen.
Das FG wird bei seinen Feststellungen darüber, ob der Beigeladene nach dem zur Zeit der Zahlung erkennbaren Willen nicht nur seine eigenen, sondern auch die Steuerschulden der Klägerin tilgen wollte, u.a. folgende Anhaltspunkte (Indizien) zu berücksichtigen haben:
- der auf den Überweisungsträgern angegebene Verwendungszweck (nur Angabe
der Steuern oder Angabe der Namen beider Ehegatten als Steuerschuldner),
- die Abwicklung sonstiger, vorausgegangener Steuerzahlungen,
- Kenntnis des FA von der Inhaberschaft und der gemeinsamen
Verfügungsberechtigung der früheren Eheleute über das Bankkonto, von dem
die Überweisungen erfolgt sind,
- evtl. auch Angabe des Erstattungsberechtigten (Erstattungsanschrift, Erstattungskonto) in den Steuererklärungen.
Für den Fall, daß sich Feststellungen über die Tilgungsabsicht des Beigeladenen nicht treffen lassen, verbleibt es bei der Vermutung, daß dieser nur Zahlungen auf eigene Rechnung leisten wollte und ihm deshalb gemäß § 37 Abs.2 AO 1977 der Erstattungsanspruch allein zusteht.
Fundstellen
Haufe-Index 62484 |
BFH/NV 1989, 41 |
BStBl II 1990, 41 |
BFHE 157, 326 |
BFHE 1990, 326 |
BB 1989, 1973-1973 (L1) |
DB 1989, 2361-2363 (LT) |
DStR 1989, 743 (KT) |
HFR 1989, 655 (LT) |