Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern
Leitsatz (amtlich)
Eine Erstattung der Grunderwerbsteuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang nach übergang des Eigentums auf den Erwerber kann nach § 17 Abs. 2 Ziff. 1 GrEStG bei einer Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs nur beansprucht werden, wenn die Rückauflassung und die Wiedereintragung des Rückerwerbers als Eigentümer im Grundbuch innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfinden und dadurch der Rückerwerb des Eigentums vollständig vollzogen wird.
Normenkette
GrEStG § 17 Abs. 2 Nrn. 1, 3, § 17/3/1
Tatbestand
Durch notariellen Vertrag vom 11. April 1949 (nachfolgend Vertrag I genannt) verkauften der Fabrikant Hans K. und seine Schwägerin, die Witwe Cl. K., ein ihnen in ungeteilter Erbengemeinschaft gehörendes Grundstück an die Beschwerdegegnerin (Bgin.). Als Gegenleistung wurden lebenslängliche Renten für Hans K. und seine Ehefrau sowie die Witwe Cl. K. vereinbart, außerdem eine zeitlich begrenzte Rente für den noch in Kriegsgefangenschaft befindlichen Sohn der Witwe Cl. K., Heinz K., den Neffen des Mitveräußerers Hans K.
Die Preisbehörde beanstandete die Höhe des Kaufpreises. Durch notariellen Vertrag vom 21. Juni 1949 (Vertrag II) setzten die Beteiligten die lebenslänglichen Renten nicht unerheblich herab, die zeitlich begrenzte Rente für Heinz K. wurde gestrichen; im übrigen ließen sie den Vertrag I unverändert bestehen.
Nunmehr erteilte die Preisbehörde die Genehmigung zu den Verträgen I und II.
Mit Bescheid vom 6. Juli 1949 setzte das Finanzamt nach einem angenommenen Wert der Gegenleistung von 48.900 DM eine Grunderwerbsteuer von 3.423 DM fest, die am gleichen Tage bezahlt wurde. Die Umschreibung des Eigentums auf die Bgin. sowie die Eintragung von Sicherungshypotheken für die Rentenansprüche im Grundbuch wurden anschließend vorgenommen.
In der Folgezeit verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage der Bgin., über deren Vermögen das Vergleichsverfahren eröffnet wurde. In einem notariellen Vertrag vom 30. April 1951 (Vertrag III) hoben die Erben des inzwischen verstorbenen Hans K. und die Witwe Cl. K. einerseits sowie die Bgin. andererseits die Verträge I und II wieder auf. Es heißt wörtlich in der Vertragsurkunde: "Die Käuferin (Bgin.) ist infolge der derzeitigen Wirtschafts- und Geldverhältnisse nicht mehr in der Lage, die vereinbarten Renten zu zahlen."
Die Bfin. verzichtete auf die Rückerstattung der bisher geleisteten Rentenzahlungen. Sie erklärte Rückauflassung an die Erben von Hans K. und die Witwe CL. K.; die Vertragsbeteiligten bewilligten und beantragten die Löschung der zugunsten von Hans K., seiner Witwe sowie der Witwe CL. K. zur Sicherung der Rentenansprüche eingetragenen Sicherungshypotheken.
Für Heinz K., der zur Hälfte Miterbe nach dem verstorbenen Hans K. ist, wurden die rechtsgeschäftlichen Erklärungen von seinem Abwesenheits- und Nachlaßpfleger abgegeben und entgegengenommen. Die Genehmigung des Amtsgerichts zu den Erklärungen des Pflegers wurde in der notariellen Urkunde, soweit erforderlich, vorbehalten und beantragt.
Die Wiedereintragung der das Grundstück zurückerwerbenden Erben K. als Eigentümer im Grundbuch ist bisher nicht erfolgt.
Die Bgin. beantragte ausdrücklich in der Vertragsurkunde III gemäß § 17 Abs. 2 Ziff. 1 und 3 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) Erstattung der 1949 gezahlten Grunderwerbsteuer.
Entsprechend einer Anweisung der Oberfinanzdirektion lehnte das Finanzamt durch Bescheid vom 9. August 1951 die Erstattung ab. Auf die Sprungberufung der Bgin. wies das Finanzgericht das Finanzamt zur Erstattung der gezahlten 3.423 DM Grunderwerbsteuer an.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts führt zur Aufhebung des Urteils der Vorinstanz und zur Bestätigung des die Erstattung ablehnenden Bescheids des Finanzamts.
Nach § 17 Abs. 1 Ziff. 1 GrEStG wird bei Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs vor übergang des Eigentums auf den Erwerber die Steuer auf Antrag erstattet, wenn die Aufhebung des Erwerbsvorgangs durch Vereinbarung innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld stattfindet. Nach § 17 Abs. 2 Ziff. 1 GrEStG ist bei einem Rückerwerb, der nach Eintragung des Erwerbers als Eigentümer in das Grundbuch erfolgt, Voraussetzung für die Erstattung, daß
"der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet".
Das Finanzgericht vertritt die Auffassung, daß als "Rückerwerb" im Sinne der Ziff. 1 des Abs. 2 des § 17 GrEStG die "Rückauflassung" genüge. Daher hält es den Erstattungsanspruch für begründet, weil die Rückauflassung durch den Vertrag III (30. April 1951) innerhalb von zwei Jahren seit der durch den Vertrag II (21. Juni 1949) ausgelösten Steuerpflicht erfolgt sei.
Der Senat vermag der Auslegung, die das Finanzgericht dem Begriff "Rückerwerb" im Sinne der Ziff. 1 des Abs. 2 des § 17 GrEStG gibt, nicht beizutreten.
Allerdings ist dem Finanzgericht darin zuzustimmen, daß der Aufbau des Grunderwerbsteuergesetzes 1940 (ß 1 Abs. 1) dafür sprechen könnte, als "Rückerwerb" im Sinne des § 17 Abs. 2 Ziff. 1 a. a. O. die Rückauflassung genügen zu lassen; denn in Abweichung von dem Grunderwerbsteuergesetz 1927 stellt § 1 GrEStG 1940 die Steuerpflicht nicht mehr in erster Linie auf die Grundbucheintragung, sondern auf den Kaufvertrag bzw. die Auflassung ab.
Andererseits spricht aber die Gegenüberstellung des Abs. 2 mit dem Abs. 1 der speziellen Vorschrift des § 17 GrEStG eindeutig für die Auslegung, daß unter "Rückerwerb" im Sinne des Abs. 2 Ziff. 1 der vollständige Rückerwerb des Eigentums zu verstehen ist. Für diese Auslegung ist auch die maßgebende Stelle der Begründung zu § 17 GrEStG (Reichssteuerblatt - RStBl. - 1940 S. 411 rechte Spalte oben) entscheidend:
"In den Fällen, in denen der Erwerber Eigentümer des Grundstücks geworden ist, muß also auch das Eigentum innerhalb der bezeichneten Frist auf den Veräußerer zurückübertragen sein. Die unterschiedliche Behandlung im § 23 Abs. 1 Buchst. a Ziff. 3 und im Abs. 1 Buchst. b Ziff. 2 des bisherigen Gesetzes (1927) ist damit beseitigt."
Bei dieser Fassung der Begründung muß davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber des Grunderwerbsteuergesetzes 1940 für den "Rückerwerb" Rückauflassung und Grundbucheintragung verlangen wollte, wenn die Zweijahresfrist für die Erstattung als gewahrt angesehen werden soll.
Zu unrecht beruft sich das Finanzgericht für seine entgegengesetzte Auffassung auf eine Bemerkung in der Begründung (S. 411 linke Spalte oben), wo von der Rückauflassung oder dem sonstigen Rechtsvorgang die Rede ist, durch den der ursprüngliche Rechtszustand wiederhergestellt wird. Aus dem Zusammenhang der Ausführungen des Absatzes, in dem sich diese Worte befinden, geht hervor, daß es sich hier nur darum handelte, im Zuge einer erläuternden Darstellung die Rückauflassung als einen - für die Erstattung in Betracht kommenden - an sich steuerpflichtigen Tatbestand zu erwähnen. Im Hinblick auf die eindeutige Fassung der wörtlich zitierten Stelle aus der Begründung, die sich allein mit der Wahrung der Frist befaßt, kann dem vom Finanzgericht angeführten Satz (S. 411 linke Spalte oben) nicht die ihm von der Vorinstanz beigelegte Bedeutung zukommen.
Im übrigen hat es auch seine innere Berechtigung - nach Durchführung der Eigentumseintragung des Erwerbers -, die Erstattung von dem objektiven Tatbestandsmerkmal der Wiedereintragung des Rückerwerbers im Grundbuch abhängig zu machen.
Die vom Senat - in Anlehnung an die Begründung zum Grunderwerbsteuergesetz (RStBl. 1940 S. 411 rechte Spalte oben) - vorgenommene Auslegung des Begriffs "Rückerwerb" im Sinne des § 17 Abs. 2 Ziff. 1 GrEStG entspricht auch der vorwiegend in der Steuerrechtsliteratur vertretenen Rechtsauffassung (vgl. u. a. die Kommentare zum Grunderwerbsteuergesetz 1940 von Boruttau-Klein, 3. Aufl. Anm. 22 Abs. 3 zu § 17 S. 394, Jahn, 1940, Anm. 55 b zu § 17 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG S. 368, und Neumann, 3. Aufl. Anm. 5 zu § 17 GrEStG S. 78).
Da die Eintragung der Rückerwerber K. unstreitig am 21. Juni 1951 (Vertrag II: 21. Juni 1949) noch nicht erfolgt war, ist die Frist des § 17 Abs. 2 Ziff. 1 GrEStG im Streitfalle nicht gewahrt.
Die vom Senat beigezogenen Nachlaßpflegschaftsakten ergeben überdies, daß die Frist des § 17 Abs. 2 Ziff. 1 GrEStG auch dann nicht innegehalten wäre, wenn - entsprechend der vom Senat nicht bestätigten Auffassung der Vorinstanzen - für den "Rückerwerb" die "Rückauflassung" genügen würde.
Die Erklärungen, die der Nachlaßpfleger in der Vertragsurkunde III für den vermißten Heinz K. abgegeben hat, bedurften hinsichtlich der Löschungsbewilligung für die zuungunsten des verstorbenen Hans K. eingetragene Sicherungshypothek und hinsichtlich des Rückerwerbs des Grundstücks der Genehmigung des Nachlaßgerichts (ß 1821 Abs. 1 Ziff. 1 und 5, § 1915 Abs. 1, § 1960 Abs. 1, § 1962 BGB).
Das Amtsgericht hat diese Genehmigung zwar schon am 26. Mai 1951 erteilt; die Ausfertigung des Genehmigungsbeschlusses mit dem Vermerk über die Zustellung an den Nachlaßpfleger ist aber erst am 6. Juni 1951 an den Notar abgeschickt worden. Bereits am 16. Juni 1951 haben die Vertragsbeteiligten, darunter auch der Nachlaßpfleger, vor demselben Notar den Vertrag III in wesentlichen Punkten abgeändert. Die Vertragsurkunde vom 16. Juni 1951 (Vertrag IV) besagt u. a.: "Der Aufhebungsvertrag vor dem beurkundenden Notar vom 30. April 1951" - (Vertrag III) - "mit dieser Abänderung wird hiermit abhängig gemacht von der Zustimmung der Gläubigerversammlung." Auch die Genehmigung des Nachlaßgerichts für den vermißten Heinz K. wird in dem Vertrag IV ausdrücklich vorbehalten und beantragt.
Es kann dahingestellt bleiben, wann die für das Vergleichsverfahren der Bgin. zuständige Gläubigerversammlung zu der Vertragsabrede vom 16. Juni 1951 (Vertrag IV) ihre Zustimmung erteilt hat und ob nicht durch die Abhängigmachung der Rechtswirksamkeit des Vertrags III von dieser Zustimmung die in diesem Vertrag (III) enthaltene Rückauflassung gemäß § 295 Abs. 2 BGB rechtsungültig geworden ist, da eine Auflassung nach dieser Vorschrift nicht unter einer Bedingung erklärt werden kann. Jedenfalls bedurfte der Vertrag IV hinsichtlich der Erklärungen des Nachlaßpflegers der auch ausdrücklich vorbehaltenen Genehmigung des Nachlaßgerichts, zumal das Grundstück nunmehr nach dem Rückerwerb - in Abänderung des Vertrags III - mit einer von der Bgin. zugunsten einer Bank eingetragenen Grundschuld von 20.000 DM weiter belastet bleiben sollte. Die Genehmigung des Nachlaßgerichts zu dem Vertrag IV ist erst durch Beschluß vom 18. Juli 1951 erteilt worden. Es lag daher erst zu diesem Zeitpunkt, wenn überhaupt, eine endgültig genehmigte Rückauflassung vor, die zur Grundlage einer Wiedereintragung der Erben K. in das Grundbuch dienen konnte. Unbeschadet der zivilrechtlichen Rückwirkung der Genehmigung würde steuerrechtlich nach § 3 Abs. 5 Ziff. 5b in Verbindung mit § 3 Abs. 3 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) eine für den Erstattungsanspruch rechtsbegründende Rückauflassung - wenn sie überhaupt entgegen der Ansicht des Senats für die Fristwahrung im Sinne des § 17 Abs. 2 Ziff. 1 GrEStG ausreichen würde -, erst im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Genehmigungsbeschlusses vom 18. Juli 1951 gegeben sein. Zu dieser Zeit war aber die seit dem 21. Juni 1949 (Vertrag II) laufende Zweijahresfrist bereits verstrichen.
Auch ergeben die aus den Nachlaßpflegschaftsakten getroffenen Feststellungen, insbesondere der Vertrag IV, die Unrichtigkeit der Darlegung der Bgin., ausschließlich das Finanzamt habe durch die nach Ansicht der Bgin. unsachgemäße Behandlung des Steuerfalls die Verspätung der Grundbucheintragung verursacht.
Im übrigen zeigt gerade auch im Streitfalle die spätere Abänderung des Vertrags III durch die Beteiligten selbst, daß entgegen der Auffassung des Finanzgerichts eine innere Berechtigung dafür gegeben ist, die Fristwahrung für die Erstattung auf den eindeutig feststellbaren Tatbestand der Wiedereintragung der Rückerwerber im Grundbuch und nicht auf die der Abänderung unterliegenden Parteierklärungen über die Rückauflassung abzustellen.
Der Erstattungsantrag kann auch nicht mit Erfolg auf die Bestimmung des § 17 Abs. 2 Ziff. 3 GrEStG gestützt werden. Diese unbefristete Vorschrift setzt voraus, daß das in Frage kommende Rechtsgeschäft auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird. Als solcher Rechtsanspruch käme hier nur die Geltendmachung eines Rücktrittsrechts aus den §§ 325 oder 326 BGB in Betracht. Wie der frühere Reichsfinanzhof in seinem Urteil II A 338/29 vom 31. Juli 1929 zu der ähnlichen Befreiungsvorschrift des § 23 Abs. 1a Nr. 2 GrEStG 1927 (Mrozek-Kartei, GrEStG § 23 Abs. 1a Nr. 2 Rechtsspr. 15) mit zutreffender Begründung ausgeführt hat, erfordert der Rücktritt - abgesehen von den sonstigen Voraussetzungen - eine bestimmte unzweideutige Rücktrittserklärung. Im Streitfalle ist ein Rücktrittsrecht, das erst den Rechtsanspruch auf Rückauflassung begründen würde, nicht geltend gemacht. Vielmehr haben die Beteiligten durch eine besonders geartete Vereinbarung die Aufhebung der früheren Verträge (I und II) ohne Rücksicht auf ein etwaiges Rücktrittsrecht vorgenommen, wie auch die Abrede über die bisher schon geleisteten Renten erkennen läßt, die nach den Grundsätzen des Rücktritts zurückgezahlt werden müßten. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob ein Rücktrittsrecht aus den §§ 325, 326, BGB im vorliegenden Falle nicht außerdem durch die Sondervorschrift des § 454 BGB ausgeschlossen wäre, da in der Vereinbarung von Rentenzahlungen eine Stundung des Kaufpreises zu erblicken ist (vgl. von Staudinger, Kommentar zum BGB, Aufl. 1930, Bem. I 2b zu § 325 S. 504).
Die Bgin. beruft sich auch zu Unrecht auf die Vorschrift des § 17 Abs. 3 Ziff. 1 GrEStG, da keine Herabsetzung der Gegenleistung aus den Verträgen I und II, sondern eine Aufhebung dieser Verträge durch den Vertrag III (in Verbindung mit IV) erfolgt ist.
Nach alledem ist der Erstattungsantrag nicht begründet. Die Entscheidung des Finanzgerichts ist daher aufzuheben und die Sprungberufung der Bgin. gegen den die Steuererstattung ablehnenden Bescheid des Finanzamts als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 407537 |
BStBl III 1953, 16 |
BFHE 1954, 41 |
BFHE 57, 41 |