Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuer
Leitsatz (amtlich)
Entgelte für die überlassung einer Fährgerechtigkeit sind als Pachtzinsen für die Benutzung eines nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsguts des Anlagevermögens dem Gewinn des Pächters aus Gewerbebetrieb zuzurechnen. GewStG 1950 und 1955 § 8 Ziff. 8; GewStG 1957 § 8 Ziff. 7; GewStG § 2 Abs. 1 Satz 1.
Normenkette
GewStG § 8 Ziff. 7
Tatbestand
Es ist zu entscheiden, ob die 1953 bis 1957 gezahlten Entgelte für die überlassung einer Fährgerechtigkeit Pachtzinsen für die Benutzung eines nicht im Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsguts des Anlagevermögens im Sinn des § 8 Ziff. 8 GewStG (bis 1956) und des § 8 Ziff. 7 GewStG (1957) sind.
Der Bf. betrieb eine Elbfähre. Das Recht hierzu wurde ihn vertraglich von den berechtigten Ländern gegen Entrichtung eines Entgelts übertragen. Nach der als "Pachtvertrag" bezeichneten Vereinbarung setzt sich der Pachtzins aus einer Grundpacht von 400 DM jährlich bei einer Roheinnahme bis zu 10.000 DM und einer prozentual ansteigenden Beteiligung an den über 10.000 DM hinausgehenden Roheinnahmen zusammen. Das jährliche Pachtentgelt betrug in den Streitjahren 1953 bis 1957 9.153 DM, 7.440 DM. 13.708 DM, 13.866 DM und 18.444 DM.
Das Finanzamt berücksichtigte diese Beträge bei der Ermittlung der Gewerbeerträge zunächst nicht. Im Juni 1959 fand bei dem Bf. eine Betriebsprüfung für die Jahre 1953 bis 1957 statt. Der Betriebsprüfer vertrat die Ansicht, daß die Pachtzinsen dem Gewerbeertrag hinzuzusetzen seien. Das Finanzamt folgte den Vorschlägen des Betriebsprüfers und berichtigte die Gewerbesteuermeßbescheide nach § 222 Abs. 1 Ziff. q AO.
Die Wegen der Hinzurechnung der Pachtzinsen mit Zustimmung des Vorstehers des Finanzamts eingelegte Sprungberufung des Bf. blieb ohne Erfolg. Zur Begründung führte das Finanzgericht aus, die Hinzurechnung der Pachtzinsen für die überlassung des Fährrechts sei berechtigt. Bei der Fährgerechtigkeit handele es sich um ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens. Das Fährrecht sei dem Bf. im Rahmen eines Pachtvertrags überlassen worden. Die Pachtzinsen gehörten auch bei keinem der beiden beteiligten Länder zum Gewinn aus Gewerbebetrieb. Es könne dahingestellt bleiben, ob das Fährregal ein Hoheitsrecht sei und die beiden Länder deshalb nicht der Gewerbesteuer unterlägen (ß 2 Abs. 2 GewStDV). Denn die Gewerbesteuerpflicht der verpachtenden Länder entfalle auch deshalb, weil die Verpachtung der Fährgerechtigkeit kein stehender Gewerbebetrieb sei (ß 2 Abs. 1 GewStDV). Daran ändere auch die Tatsache nichts, daß die Verpächter dem Bf. zwei Fährrampen und ein hölzernes Bohlenwerk überlassen hätten und daß der Pachtzins nach der Höhe der Roheinnahmen bemessen worden sei. Auch wenn die Verwaltung aller Fährpachtverträge bei den Ländern eine erhebliche Verwaltungsarbeit mit sich brächten, sei damit keine Beteiligung am allgemeinen Wirtschaftsverkehr gegeben. Schließlich seien die Länder mit der Verpachtung der Fährregalien auch nicht deshalb gewerbesteuerpflichtig, weil sie insoweit nach § 1 Ziff. 6 KStG körperschaftsteuerpflichtig seien. Die Körperschaftsteuerpflicht löse nicht automatisch die Gewerbesteuerpflicht aus. Das KStG lasse für die Steuerpflicht einen "Betrieb gewerblicher Art" genügen, während das GewStG das Vorhandensein eines "Gewerbebetriebs" verlange.
Entscheidungsgründe
Die Rb. des Bf. ist unbegründet.
Der Vertrag, auf Grund dessen der Bf. berechtigt und verpflichtet ist, das Recht der öffentlichen überfahrt über die Elbe auszuüben, ist ein Pachtvertrag (vgl. Urteil des Reichsgerichts IV 31/37 vom 22. April 1937, Juristische Wochenschrift - JW - 1937 S. 2106). Die Fährgerechtigkeit ist ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens im Sinn des § 8 Ziff. 8 GewStG in den für 1953 bis 1956 geltenden Fassungen und des § 8 Ziff. 7 GewStG 1957, weil sie als solche einer wirtschaftlichen Nutzung fähig ist (vgl. Urteil des Senats IV 372/59 vom 1. Dezember 1960, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1961 S. 225). Sie gehört zum Anlagevermögen, weil sie dazu bestimmt war, dem Betrieb des Bf. nicht nur vorübergehend zu dienen. Dem steht nicht entgegen, daß der Bf. die ihm nicht zustehende Fährgerechtigkeit nicht in seine Bilanz aufnehmen konnte und daß die Fährgerechtigkeit keiner Abnutzung unterliegt. Wem die Fährgerechtigkeit zusteht, ist nur für die Bilanzierung, nicht aber für die Anwendbarkeit des § 8 Ziff. 7 GewStG bedeutsam.
Die Fährgerechtigkeit steht zwar nicht im Eigentum der Länder, weil es Eigentum nur an Sachen, nicht an Rechten gibt (ß 903 BGB). Das schließt die Hinzurechnung nach § 8 Ziff. 7 GewStG 1957 nicht aus. Da der Begriff "Wirtschaftsgut" nicht nur Sachen im Sinn des bürgerlichen Rechts umfaßt, sondern auch Gegenstände verpachtet werden können (ß 581 Abs. 1 Satz 1 BGB), kann der Begriff des Eigentums in § 8 Ziff. 7 Satz 1 GewStG 1957 nicht im formalrechtlichen Sinn des bürgerlichen Rechts verstanden werden. Entscheidend ist, daß das Wirtschaftsgut einem anderen zusteht.
Die Hinzurechnung der Hälfte der Pachtzinsen zu den Gewinnen aus Gewerbebetrieb entfällt nicht deshalb, weil die Länder mit den Pachtzinsen zur Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen wären (ß 8 Ziff. 8 Satz 2 GewStG in den für 1953 bis 1956 geltenden Fassungen und § 8 Ziff. 7 Satz 2 GewStG 1957). Das ist bei diesen beiden Ländern nicht der Fall. Im GewSt in den für die Streitjahre geltenden Fassungen heißt es zwar, daß die Hinzurechnung beim Pächter unterbleibt, wenn die "Pachtzinsen beim Empfänger zum Gewinn aus Gewerbebetrieb gehören". Ob das der Fall ist, d. h. ob sie körperschaftsteuerpflichtig waren, braucht jedoch nicht entschieden zu werden. Denn diese Vorschrift ist in der Weise auszulegen, daß es nicht darauf ankommt, ob die Pachtzinsen "zum Gewinn aus Gewerbebetrieb" gehören, sondern ob der Empfänger mit diesen Beträgen zur Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen ist. Denn die Einschränkung der Hinzurechnung bezweckt, die doppelte Erfassung der Miet- und Pachtzinsen in Gewerbeerträgen zu vermeiden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs I 83/61 S vom 4. September 1962, BStBl 1962 III S. 514, Slg. Bd. 75 S. 679). Dieser Erwägung trug der Gesetzgeber durch eine entsprechende änderung des § 8 Ziff. 7 GewStG 1961 Rechnung.
Mit Recht nahm das Finanzgericht an, daß die Länder mit den Pachtentgelten nicht zur Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen waren. Denn die Verpachtung des Fährregals an den Bf. begründete keinen stehenden Gewerbebetrieb (ß 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStDV). Dabei ist es unerheblich, ob die überlassung des Fährregals mit zwei Fährrampen und einem hölzernen Bohlenwerk an den Bf. als eine überlassung mehrerer Wirtschaftsgüter oder als die nach § 1 Abs. 1 KStDV 1953 körperschaftsteuerpflichtige Verpachtung eines Gewerbebetriebs anzusehen ist. In beiden Fällen ist die Verpachtung kein stehender Gewerbebetrieb (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs I 53/60 S vom 17. Januar 1961, BStBl 1961 III S. 233, Slg. Bd. 72 S. 637, und des Reichsfinanzhofs I 230/39 vom 31. Oktober 1939, RStBl 1950 S. 347). Denn ein Betrieb gewerblicher Art der öffentlichen Hand unterliegt nur dann der Gewerbesteuer, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, die zum Begriff des Gewerbebetriebs gehören. Das ist nicht der Fall, wenn eine öffentlich-rechtliche Körperschaft nur Gegenstände ihres Vermögens vermietet oder verpachtet. Insoweit verwaltet sie nur ihr Vermögen, übt aber keine gewerbliche Tätigkeit aus. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verpachtung eines Gewerbebetriebs handelt.
Dem Finanzgericht ist auch darin beizupflichten, daß an diesem Ergebnis die Bemessung des Pachtzinses nach der Höhe der Roheinnahmen, die Festsetzung des Fährtarifs durch die Länder sowie Auflagen in den Pachtverträgen, die die Kontrolle der Einnahmen aus dem Fährbetrieb und dessen Sicherheit gewährleisten sollen, nichts ändern. Der Pachtzins wird auch sonst oft nach dem Umsatz, Gewinn oder ähnlichen Größen bemessen (patriarische Pacht), ohne daß sich an der Rechtsnatur des Pachtvertrages etwas ändert. Die Festsetzung des Fährtarifs durch die Länder geht nicht über die Aufsichtsbefugnisse hinaus, die sich die Verpächter bei solchen Verträgen üblicherweise vorbehalten (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs I 230/39). Daß dem Verpächter bestimmte Kontrollmöglichkeiten eingeräumt werden, wenn die Pacht nicht in bestimmter Höhe festgesetzt, sondern nach dem Umsatz oder Gewinn bemessen ist, ist üblich.
Fundstellen
Haufe-Index 411457 |
BStBl III 1965, 293 |
BFHE 1965, 129 |
BFHE 82, 129 |