Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermittlungsprovision für einen Versicherungsvertrag nach § 22 Nr. 3 EStG steuerbar
Leitsatz (NV)
Die Provision für die Vermittlung eines Lebensversicherungsvertrags zwischen der Versicherung und einem Dritten führt auch dann zu Einkünften nach § 22 Nr. 3 EStG, wenn der Dritte ebenfalls einen Lebensversicherungsvertrag zwischen dem Provisionsempfänger und der Versicherung vermittelt und dafür eine Provision erhält.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 3; HGB § 255 Abs. 1 S. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Ehegatten, die für das Streitjahr 1996 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Im August 1996 schloss der Kläger mit einer Versicherungsgesellschaft eine schriftliche Vereinbarung für eine Einmalvermittlung ab. Danach verpflichtete sich das Versicherungsunternehmen, dem Kläger für den Abschluss einer kapitalbildenden Lebensversicherung durch seinen Bruder als Versicherungsnehmer eine Vermittlungsprovision von … DM zu zahlen. Versicherte Person war der Sohn seines Bruders.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erhielt von diesem --in der Einkommensteuererklärung der Kläger unberücksichtigt gebliebenen-- Sachverhalt durch eine Kontrollmitteilung Kenntnis, erfasste die dem Kläger im September 1996 überwiesene Provision als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und setzte die Einkommensteuer 1996 mit Einkommensteueränderungsbescheid vom 17. April 2000 entsprechend höher fest.
Die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 1936 veröffentlichten Urteil als unbegründet zurück.
Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das FG habe unberücksichtigt gelassen, dass der Kläger die Vermittlungsleistung ohne entsprechende Vermittlungsleistung seines Bruders mit der Folge einer wechselseitigen Auskehrung der dafür erhaltenen Provisionen nicht erbracht hätte und damit die wechselseitig getroffenen Abreden im Ergebnis nur zu einer Rückzahlung der Versicherungsprovision durch den Vermittler an den Versicherungsnehmer geführt hätten.
Ergänzend haben sie erstmals mit dem Antrag auf mündliche Verhandlung vorgetragen, die wechselseitig vermittelten Lebensversicherungsverträge des Klägers und seines Bruders hätten ursprünglich von ihren Ehefrauen zur Finanzierung betrieblicher Investitionen abgeschlossen werden sollen.
Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben und den angefochtenen Einkommensteueränderungsbescheid vom 17. April 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung durch Festsetzung der Einkommensteuer für 1996 auf … DM (… €) zu ändern.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet und deshalb nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.
1. Zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führende Verfahrensmängel liegen nicht vor.
Das FG hat entgegen der Auffassung der Kläger nicht gegen den klaren Inhalt der Akten verstoßen und damit § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht verletzt. Denn das FG hat die von den Klägern vorgetragene Wechselbezüglichkeit der Vermittlungsleistungen des Klägers einerseits und des Bruders andererseits sowohl im Tatbestand seines Urteils wiedergegeben als auch dazu in den Entscheidungsgründen mit der Erwägung Stellung genommen, "das Erstreben eines sogenannten Rabatts auf die Versicherungsprämien" vollziehe "sich indes auf der steuerlich unbeachtlichen Vermögensebene". Das Vorbringen der Kläger betrifft deshalb insoweit keinen Verfahrensmangel, sondern allein die materiell-rechtliche Würdigung des FG.
Von einer weitergehenden Begründung sieht der Senat gemäß § 126 Abs. 6 FGO ab.
2. Zu Recht hat das FG die Einnahmen des Klägers aus der Provision der Besteuerung unterworfen.
Nach § 22 Nr. 3 EStG sind sonstige Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 EStG) Einkünfte aus Leistungen, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten noch zu den Einkünften i.S. der Nummern 1, 1a, 2 oder 4 der Vorschrift gehören, z.B. Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen. Um eine solche gelegentliche Vermittlung handelt es sich im Streitfall; sie ist als sonstige Leistung steuerbar.
a) Eine (sonstige) Leistung i.S. des § 22 Nr. 3 EStG ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und das eine Gegenleistung auslöst. Entscheidend ist danach, ob die Gegenleistung (das Entgelt) durch das Verhalten des Steuerpflichtigen veranlasst ist (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 21. September 2004 IX R 13/02, BFHE 207, 284, BStBl II 2005, 44, m.w.N.). Dafür genügt bereits, dass der Steuerpflichtige im wirtschaftlichen Zusammenhang mit seinem Tun, Dulden oder Unterlassen die gewährte Gegenleistung als solche annimmt (BFH in BFHE 207, 284, BStBl II 2005, 44).
b) Nach diesen Grundsätzen erfüllt das Verhalten des Klägers den Tatbestand des § 22 Nr. 3 EStG schon deshalb, weil es Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages war und sich nicht als Veräußerungs- oder veräußerungsähnlicher Vorgang im privaten Bereich darstellt (vgl. BFH-Urteil vom 26. Oktober 2004 IX R 53/02, BFHE 207, 305, BStBl II 2005, 167, m.w.N.). Denn die Provision stellt sich nach den getroffenen Vereinbarungen als Gegenleistung der Versicherung an den Kläger für die Mitwirkung am Zustandekommen des Versicherungsvertrages zwischen seinem Bruder und der Versicherung dar.
Die Einmaligkeit dieser (Mitwirkungs-Leistung) schließt die Verwirklichung des Tatbestands des § 22 Nr. 3 EStG nicht aus (vgl. BFH-Urteil vom 21. September 1982 VIII R 73/79, BFHE 137, 251, BStBl II 1983, 201). Diese Leistung hat das FG auch zu Recht dem Kläger zugerechnet, weil sie auf dessen willensgetragenem und zielgerichtetem Verhalten beruhte (vgl. zu dem erforderlichen Zusammenhang von Leistung und ausbedungener Provision: BFH-Urteil vom 20. April 2004 IX R 39/01, BFHE 206, 105, BStBl II 2004, 1072). Denn nach dem Vortrag der Kläger war die Zahlung der streitigen Provision an ihn im Zusammenhang mit dem Lebensversicherungsvertrag des Bruders unabdingbare Voraussetzung für den Vertragsabschluss.
c) Die Provisionszahlung (für den Lebensversicherungsvertrag des Bruders) kann auch nicht als Minderung der Aufwendungen des Klägers für den zeitgleich abgeschlossenen eigenen Lebensversicherungsvertrag angesehen werden.
aa) Zwar können Rückflüsse von Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Erwerb von Wirtschaftsgütern nach Maßgabe des § 255 Abs. 1 Satz 3 des Handelsgesetzbuches (HGB) als Anschaffungspreisminderungen abzusetzen sein, selbst wenn sie von Dritten erstattet oder vergütet werden (vgl. BFH-Urteil vom 26. Februar 2002 IX R 20/98, BFHE 198, 425, BStBl II 2002, 796). Ein derartiger Rückfluss ist allerdings nicht anzunehmen, wenn die Zahlung ein Entgelt für eine (eigenständige) Leistung des Empfängers ist (vgl. BFH-Urteil vom 14. Juli 1988 IV R 78/85, BFHE 154, 212, BStBl II 1989, 189). Eine solche eigenständige Leistung des Klägers liegt hier vor. Denn die streitige Provision ist ausschließlich Entgelt für die Mitwirkung am Abschluss des Lebensversicherungsvertrags für den Bruder und damit nach der getroffenen Vermittlungsvereinbarung unmittelbar durch diesen Vertrag --und nicht durch den für den Kläger selbst abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag-- veranlasst.
bb) Der Umstand, dass der Bruder für den zeitgleich abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag des Klägers ebenfalls eine Provision erhalten hat und die Provisionszahlungen für beide Verträge nach dem Revisionsvorbringen wesentliches Motiv für beide Brüder waren, die Verträge bei dieser und nicht bei einer anderen Versicherung abzuschließen, ändert an diesem unmittelbaren Veranlassungszusammenhang zwischen Vermittlungstätigkeit und Provisionszahlung für jeden der abgeschlossenen Lebensversicherungsverträge nichts. Maßgebend ist nämlich insoweit die jeweils eigenständige rechtliche und tatsächliche Bedeutung der beiden Verträge. Denn sowohl der Kläger als auch sein Bruder wollten je für sich einen Lebensversicherungsvertrag abschließen. Die gewählten Abschlussmodalitäten entsprachen diesem Interesse der Versicherungsnehmer wie auch den Interessen des Versicherungsunternehmens. Das Versicherungsunternehmen wollte nämlich nach den Darlegungen der Kläger die Versicherungsverträge nur im Rahmen seiner festgelegten Versicherungsbedingungen --auch im Hinblick auf die Grenzen der Rabattmöglichkeiten-- abschließen und konnte infolgedessen lediglich einem Fremdvermittler die vorgesehene Provision bei Abschluss des Vertrages einräumen. Spiegelbildlich wollten sowohl der Kläger als auch der Bruder je für sich einen eigenen Lebensversicherungsvertrag abschließen und dabei --unabdingbar für den Vertragsabschluss-- jeweils für den anderen als Vermittler tätig werden, um den versicherungsrechtlich zustehenden Provisionsanspruch zu begründen. Sowohl der Kläger als auch sein Bruder haben damit jeder einen Versicherungsvertrag --für den jeweils anderen-- vermittelt (vgl. BFH-Urteil vom 27. Mai 1998 X R 94/96, BFHE 186, 259, BStBl II 1998, 619).
Diese Feststellung wird durch den neuen Sachvortrag der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht widerlegt, selbst wenn man von seiner revisionsrechtlichen Zulässigkeit ausgehen wollte. Die Behauptung, die wechselseitig vermittelten Lebensversicherungsverträge des Klägers und seines Bruders hätten ursprünglich von ihren Ehefrauen abgeschlossen werden sollen, ändert ersichtlich schon deshalb nichts an der rechtlichen Beurteilung der geleisteten Zahlung der Versicherung als Provision für die Vermittlung des vom Bruder des Klägers abgeschlossenen Versicherungsvertrages, weil diese Planung tatsächlich nicht umgesetzt wurde. Abgesehen davon hätte sie lediglich den Provisionsanspruch in einer anderen Person entstehen lassen, ohne dessen Steuerbarkeit dem Grunde nach zu berühren.
Entsprechendes gilt für den neuen Vortrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, die wechselseitig vermittelten Kapitallebensversicherungen seien zur Finanzierung betrieblicher Investitionen bestimmt gewesen. Auch wenn man diesen Vortrag als wahr unterstellte, hätte dies keine Auswirkung auf die Sachentscheidung. Denn der Provisionsanspruch wurde durch die Vermittlung der Lebensversicherung ausgelöst und wäre gleichermaßen ausgelöst worden, wenn die Versicherungen der Finanzierung anderer Investitionen oder der privaten Vermögensbildung gedient hätten.
cc) Bei dieser Sach- und Rechtslage hat das FG hinsichtlich der Provisionsabrede zu Recht das Vorliegen eines Scheingeschäfts (§ 41 Abs. 2 der Abgabenordnung --AO 1977--) verneint. Ein Scheingeschäft liegt nur vor, wenn sich die Vertragsbeteiligten über den Scheincharakter des Rechtsgeschäfts einig sind, indem sie die notwendigen Folgerungen aus dem Vertrag bewusst nicht ziehen (vgl. BFH-Urteil vom 21. Oktober 1988 III R 194/84, BFHE 155, 232, BStBl II 1989, 216). Eine Scheinhandlung im Sinne dieser Vorschrift kann auch dann gegeben sein, wenn ein Zahlungsempfänger die ihm zugeflossenen Beträge in Verwirklichung eines gemeinsamen Gesamtplanes alsbald dem Schuldner wieder zuwendet (vgl. BFH-Urteile vom 5. Dezember 1990 I R 5/88, BFHE 163, 87, BStBl II 1991, 308; vom 28. Januar 1997 IX R 23/94, BFHE 182, 542, BStBl II 1997, 655). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall ersichtlich nicht vor, da die Provisionsvereinbarungen unabdingbare Voraussetzungen der Provisionszahlungen waren und diese dauerhaft an den Kläger wie auch an den Bruder geflossen sind.
Fundstellen
Haufe-Index 1683674 |
BFH/NV 2007, 657 |
HFR 2007, 557 |
NWB 2007, 11 |
EStB 2007, 135 |