Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung des An- und Verkaufs eines Kfz durch Nichthändler
Leitsatz (NV)
Wenn der Unternehmer unter der Anschrift und Bezeichnung, unter der er seine Umsatztätigkeit ausführt, einen ihm gelieferten und für sein Unternehmen objektiv nützlichen Pkw sogleich weiterliefert und darüber mit gesondertem Steuerausweis abrechnet, behandelt er den Pkw regelmäßig als "für sein Unternehmen" bezogen.
Normenkette
UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 14 Abs. 3, § 15 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betrieb eine Bäckerei und Konditorei. Im Juli 1986 bestellte er bei A ein Kombifahrzeug des Typs ... Der Kaufpreis betrug ... DM; hierin waren ... DM Umsatzsteuer enthalten. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) war der Pkw ursprünglich für das Unternehmen des Klägers bestimmt. Wegen unvorhergesehener Investitionen entschloß sich der Kläger dann aber, das Fahrzeug nicht in Gebrauch zu nehmen; er veräußerte es an die Firma C zum Preis von ... DM weiter. Seine Kaufpreisschuld gegenüber A beglich er durch Abtretung seiner Kaufpreisforderung gegenüber C; die Kaufpreisdifferenz erhielt er nicht ausgezahlt. Der Wagen wurde im Streitjahr 1987 geliefert; im September 1987 wurde er dem Kläger unter der Bezeichnung "Firma ... , Bäckerei" in Rechnung gestellt; dieser stellte den Weiterverkauf an C im Oktober 1987 unter Verwendung seines Firmenstempels in Rechnung; in beiden Rechnungen ist die Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen.
Der Kläger erfaßte den An- und Verkauf des Fahrzeugs weder in der Buchführung noch in seinen Steueranmeldungen. Zur Erläuterung legte er dar, daß er die steuerliche Behandlung der Vorgänge völlig seinem damaligen Steuerberater überlassen habe.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --), der von diesem Sachverhalt durch eine Kontrollmitteilung erfahren hatte, berücksichtigte in dem angefochtenen Umsatzsteuerbescheid für 1987 den der Firma C in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbetrag von ... DM als Steuerschuld gemäß § 14 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980. Mit dem dagegen eingelegten Einspruch machte der Kläger vergebens geltend, er schulde die Umsatzsteuer nicht nach § 14 Abs. 3 UStG 1980, da er den Wagen im Rahmen seines Unternehmens veräußert habe; ihm sei noch der Vorsteuerabzug aus dem Ankauf zu gewähren. Das FA folgte dem nicht.
Auf die Klage setzte das FG die Umsatzsteuer antragsgemäß herab. Es folgte dem Vorbringen des Klägers, wonach er das bezeichnete Fahrzeug für sein Unternehmen erworben und es im Rahmen seines Unternehmens geliefert habe.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980 und von § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980. Es macht geltend, das FG habe den An- und Verkauf des Fahrzeugs rechtsfehlerhaft der unternehmerischen Tätigkeit des Klägers zugeordnet. Die Zuordnung zum Unternehmen müsse vom Unternehmer dokumentiert worden sein. Das FG habe die Anforderungen an die Dokumentation auf die Verwendung eines Rechnungsvordrucks des Unternehmers verkürzt. Da der Kläger das Fahrzeug C unter gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer in Rechnung gestellt habe, habe ihm klar sein müssen, daß der Vorgang sowohl in der Buchführung als auch der Steuererklärung zu erfassen gewesen sei. Seine Entscheidung, den Vorgang nicht in die Buchführung und die Umsatzsteuererklärung aufzunehmen, zeige deutlich, daß er von Anfang an nicht von einer unternehmerischen Zuordnung ausgegangen sei. Diese Zuordnung könne nicht mehr im Nachhinein korrigiert werden, nachdem die Umsatzsteuer nach § 14 Abs. 3 UStG 1980 angefordert worden sei.
Das FA beantragt Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage.
Der Kläger ist der Revision entgegenge treten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Die Vorentscheidung hält den Revisionsangriffen stand.
Das FG hat in nicht zu beanstandender Würdigung des Sachverhalts den Erwerb des Fahrzeugs als für das Unternehmen (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1980) und dessen Lieferung als im Rahmen des Unternehmens (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1980) des Klägers ausgeführt beurteilt. Der Kläger war daher zum Abzug der ihm berechneten Umsatzsteuer als Vorsteuer und zur Ausstellung einer Rechnung mit gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer über die Lieferung des Fahrzeugs berechtigt. Er schuldete aus der Rechnung keine Umsatzsteuer nach § 14 Abs. 3 UStG 1980.
1. Der Kläger, der eine Bäckerei und Konditorei betrieb, war Unternehmer. Er hat den Pkw gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1980 "für sein Unternehmen" erworben.
a) Ein Unternehmer erwirbt einen Gegenstand, der -- wie ein Pkw -- sowohl unternehmerisch als auch nichtunternehmerisch verwendet werden kann, insgesamt für das Unternehmen, wenn er eine entsprechende Zuordnungsentscheidung trifft. Seine Entscheidung, einen Gegenstand seinem Unternehmen zuzuordnen, ist statthaft, wenn der Gegenstand im Umfang des vorgesehenen Einsatzes für unternehmerische Zwecke in einem objektiven und erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit steht und diese fördern soll (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 27. Juli 1995 V R 44/94, BFHE 178, 482, BStBl II 1995, 853, m. w. N.). Maßgebend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse (vgl. § 15 Abs. 4 UStG 1980) des Unternehmers im Zeitpunkt des Leistungsbezugs. Er muß in Zweifelsfällen darlegen, daß die bezogene Leistung seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit hat fördern sollen. Insbesondere durch die Abrechnung wird erkennbar, wie der Abrechnende die Leistung behandelt (vgl. § 9 UStG 1980). Liefert er unter der Anschrift und Bezeichnung, unter der er seine Umsatztätigkeit ausführt, einen ihm gelieferten, für seine Umsatztätigkeit objektiv nützlichen Pkw sogleich weiter und rechnet er darüber mit gesondertem Steuerausweis ab, behandelt er den Pkw regelmäßig als "für sein Unternehmen" bezogen (BFH in BFHE 178, 482, BStBl II 1995, 853).
b) Von diesen Grundsätzen ist das FG bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "für sein Unternehmen" in § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1980 ausgegangen. Es ist revisionsrechtlich unangreifbar aufgrund einer umfassenden Ermittlung des Sachverhalts in tatsächlicher Hinsicht zu der Schlußfolgerung gelangt, daß der Kläger das Fahrzeug für sein Unternehmen erworben hat.
Der Kläger war bei seiner Unternehmertätigkeit als Bäcker und Konditor auf ein Fahrzeug angewiesen. Er hat das Kombifahrzeug für sein Unternehmen bestellt, es dann aber wegen unvorhergesehener Investitionen sofort weiterveräußert. Die Rechnungen über den An- und Verkauf enthielten einen Hinweis auf das Unternehmen des Klägers und wiesen die Umsatzsteuer gesondert aus. Unter diesen Umständen behandelte der Kläger den Pkw als "für sein Unternehmen" bezogen.
Daß der Kläger den Ankauf nicht in seiner Buchführung erfaßt und den Vorsteuerabzug -- zunächst -- nicht geltend gemacht hatte, steht dem nicht entgegen. Zwar hat die Rechtsprechung die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs als gewichtiges Beweisanzeichen für und die Unterlassung des Vorsteuerabzugs als Indiz gegen eine Zuordnung (vgl. BFH-Urteil vom 25. März 1988 V R 101/83, BFHE 153, 171, BStBl II 1988, 649 -- Gastwirt ordnet einen unternehmerisch und nichtunternehmerisch verwendeten Pkw nicht dem Unternehmen zu --) gewürdigt. Diesem Merkmal kommt jedoch -- wie der Senat in BFHE 178, 482, BStBl II 1995, 853 näher begründet hat -- bei der Abwägung der gesamten Umstände keine unwiderlegbare Beweiswirkung zu. Die Unterlassung des Vorsteuerabzugs hat keinen besonderen Beweiswert gegen eine Zuordnung, wenn sie -- wie im Streitfall von dem Kläger -- plausibel erklärt wird.
Der Kläger hat die Nichterfassung des An- und Verkaufs des Pkw in der Buchführung und den Steuererklärungen damit erklärt, daß er die buchhalterische und steuerliche Behandlung der Vorgänge völlig seinem damaligen Steuerberater überlassen habe und die Differenz zwischen dem Ankaufspreis und dem Verkaufspreis infolge der Abtretung seines Kaufpreisanspruchs gegen C nicht erhalten habe. Diese Erklärung ist plausibel, mag sie auch die Verletzung der steuerlichen Pflichten des Klägers nicht entschuldigen. Das FG durfte ihr ohne Verstoß gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze folgen.
2. Der Kläger setzt das Fahrzeug für eine steuerpflichtige Lieferung im Rahmen seines Unternehmens ein (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1980). Da er das Fahrzeug beim Erwerb wirksam seinem Unternehmen zugeordnet hatte, konnte er die Lieferung nur im Rahmen seines Unternehmens ausführen, es sei denn, daß er das Fahrzeug zuvor entnommen hätte (Eigenverbrauch), wofür hier jeglicher Anhalt fehlt. Die Lieferung des für den eigenen Gebrauch als Anlagegegenstand vorgesehenen Fahrzeugs ist als Hilfsgeschäft zu beurteilen (vgl. BFH in BFHE 178, 482, BStBl II 1995, 853).
3. Der Kläger war als Unternehmer über den im Rahmen seines Unternehmens ausgeführten Umsatz zur Ausstellung einer Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis berechtigt. Er schuldet die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer nicht nach § 14 Abs. 3 UStG 1980.
Fundstellen