Leitsatz (amtlich)
1. Das FG darf die Zulassung der Revision, auf die Frage des mit dem Grunderwerbsteuerbescheid zusammen festgesetzten Zuschlags nach § 3 Abs.5 GrEStWoBauG (NW), beschränken.
2. Die Frist zur Berechnung des Zuschlags gemäß § 3 Abs.5 GrEStWoBauG (NW) endet nicht bereits mit Ablauf der Verwendungsfrist.
Orientierungssatz
Dem Zuschlag zur Grunderwerbsteuer nach § 3 Abs. 4, 5 GrEStWoBauG (NW) kommt kein Zinscharakter zu; er dient vielmehr als Ausgleich dafür, daß der Steuergläubiger die Steuer aufgrund Eingreifens der materiell vorläufigen Befreiung nicht früher erhoben hat (vgl. Rechtsprechung: BFH, FG Köln).
Normenkette
FGO § 115 Abs. 1; GrEStWG NW § 3 Abs. 5 Fassung: 1970-07-20, Abs. 4 Fassung: 1970-07-20; BFHEntlG Art. 1 Nr. 5
Tatbestand
Streitig ist der Zeitraum für die Berechnung des Zuschlags gemäß § 3 Abs.4, 5 des Nordrhein-Westfälischen Gesetzes über Grunderwerbsteuerbefreiung für den Wohnungsbau --GrEStWoBauG (NW)-- i.d.F. der Bekanntmachung vom 20.Juli 1970 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen --GVBl NW-- 620).
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) erwarb am 29.Oktober 1979 mehrere Grundstücke. Antragsgemäß wurden die Grunderwerbe gemäß § 1 Nr.1 GrEStWoBauG (NW) von der Steuer ausgenommen, da die Klägerin erklärte, steuerbegünstigte Wohnungen auf den Grundstücken errichten zu wollen. Die Unbedenklichkeitsbescheinigung wurde am 22.November 1979 erteilt. Am 17.Dezember 1984 besichtigte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die dort erbauten Häuser. Das FA stellte fest, daß die Fliesen- und Sanitärinstallationsarbeiten noch nicht durchgeführt waren.
Mit Bescheid vom 10.September 1986 setzte das FA daraufhin Grunderwerbsteuer fest. Die Festsetzung enthielt einen Zuschlag gemäß § 3 Abs.5 GrEStWoBauG (NW) in Höhe von 42 v.H. (7 Jahre x 6 v.H. = 42 v.H. = 3 819 DM).
Der Einspruch blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage nur insoweit statt, als es die Höhe des Zuschlags auf 30 v.H. (5 Jahre x 6 v.H. = 30 v.H. = 2 728 DM) begrenzte. Der Zeitraum für die Berechnung des Zuschlags ende mit dem Ablauf der Verwendungsfrist.
Das FG ließ die Revision für das beklagte FA zu.
Mit der Revision beantragt das FA, den streitigen Zuschlag unter Änderung der Vorentscheidung auf 3 273 DM (*= 36 v.H. der Grunderwerbsteuer) festzusetzen.
Die Klägerin hat sich zur Revision nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil war dahingehend abzuändern, daß der Zuschlag zur Grunderwerbsteuer auf 36 v.H. der festgesetzten Grunderwerbsteuer (9 095 DM) = 3 273 DM festgesetzt wird.
1. Gegenstand der revisionsrechtlichen Prüfung ist im vorliegenden Fall nur die Frage, in welcher Höhe ein Zuschlag gemäß § 3 Abs.5 GrEStWoBauG (NW) festzusetzen ist. Denn die Zulassung der Revision durch das FG betraf nur diese Frage. Eine Beschränkung der Revisionszulassung ist dann zulässig, wenn eine Klagenhäufung oder eine Klagenverbindung vorliegt (vgl. z.B. Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25.April 1985 IV R 342/84, BFH/NV 1987, 79; ferner Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Tz.73). Dies gilt auch im vorliegenden Fall, in dem sowohl die Grunderwerbsteuer als auch der gegenüber der Grunderwerbsteuer selbständige Zuschlag nach § 3 Abs.4, 5 GrEStWoBauG (NW) im Streit war.
2. Der erkennende Senat vermag dem FG nicht dahin zu folgen, daß ein Zuschlag gemäß § 3 Abs.4, 5 GrEStWoBauG (NW) nur bis zum Ablauf der Verwendungsfrist zu zahlen ist. Eine vorzeitige Beendigung der Zuschlagsfrist ist im Gesetz nur für den Fall vorgesehen, daß die Aufgabe des steuerbegünstigten Zwecks vom Grundstückserwerber angezeigt wird. Dazu ist dieser gemäß § 19 Abs.3 Nr.2 des Grunderwerbsteuergesetzes --GrEStG (NW)-- verpflichtet. Somit steht es in seiner Hand, den Zeitraum für die Berechnung des Zuschlags durch eine entsprechende Anzeige abzukürzen.
Angesichts des klaren Wortlauts des Gesetzes in § 3 Abs.4, 5 GrEStWoBauG (NW) kommt es nicht darauf an, ob die Zuschlagsregelung wie eine Vollverzinsung wirkt, wie das FG angenommen hat. Wie bereits im Urteil vom 16.Februar 1956 II 277/55 U (BFHE 62, 281, BStBl III 1956, 104) in einem vergleichbaren Fall ausgesprochen, kommt dem Zuschlag kein Zinscharakter zu; er dient vielmehr als Ausgleich dafür, daß der Steuergläubiger die Steuer aufgrund Eingreifens der materiell vorläufigen Befreiung nicht früher erhoben hat (vgl. auch FG Köln, Entscheidung vom 17.Dezember 1981 V 152/80 E, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1982, 477).
3. Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen. Aus diesem Grunde kann die Vorentscheidung keinen Bestand haben. Die Sache ist entscheidungsreif. Das FG hat die für die Berechnung des Zuschlagszeitraums notwendigen Daten (Tag der Ausstellung der Unbedenklichkeitsbescheinigung --22.November 1979--; Besichtigung der Häuser am 17.Dezember 1984 im sechsten Jahr) festgestellt. Der Zuschlag beträgt somit 6 x 6 v.H. = 36 v.H. der Grunderwerbsteuer. Dies entspricht dem Revisionsantrag des FA vom 7.November 1988.
Fundstellen
Haufe-Index 62917 |
BFH/NV 1989, 40 |
BStBl II 1989, 852 |
BFHE 157, 447 |
BFHE 1990, 447 |
BB 1989, 1817-1817 (L1-2) |
HFR 1989, 631 (LT) |
StRK, NRW GrESWG 1970 § 3 R.1 (LT) |