Entscheidungsstichwort (Thema)
Anschaffungsnaher Aufwand - Abgrenzung zum Erhaltungsaufwand
Leitsatz (NV)
1. Fallen im Rahmen von anschaffungsnahem Aufwand auch Schönheitsreparaturen (Erneuerung von Teppichboden und Textiltapete) an, können diese Erhaltungsaufwendungen nicht gesondert als Werbungskosten sofort abgezogen werden; sie sind vielmehr bei den Gebäude-AfA zu berücksichtigen (Anschluß an BFH-Urteil vom 30. Juli 1991 IX R 67/90, zur Veröffentlichung bestimmt).
2. In den anschaffungsnahen Aufwand sind auch Kosten der Erneuerung von Herd und Spüle einzubeziehen, wenn diese Maßnahme in einem engen räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit den übrigen Renovierungsmaßnahmen steht.
3. Zu den Anforderungen an die Darlegung versteckter Mängel.
Normenkette
EStG 1979 § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 7, § 21
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute. Sie erwarben am 12. Oktober 1979 ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück. Noch vor ihrem Einzug am 19. Januar 1981 ließen die Kläger das Gebäude mit einem Aufwand von . . . DM renovieren. Es wurden folgende Arbeiten ausgeführt:
Installierung einer Abwasserpumpe, Einbau eines neuen Tauchbeckens mit Isolierung, Verlegung neuer Marmorfliesen, Glasabtrennung zwischen Naßbereich und den übrigen Räumen, neue Armaturen, Erneuerung von Teppichboden und Textiltapete im Treppenhaus, Erneuerung des Gäste-WC und Materialkosten für Renovierung.
Außerdem entstanden den Klägern Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Einbau einer neuen Küche. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1980 machten die Kläger diese Kosten als sofort abziehbaren Erhaltungsaufwand geltend. Nachdem der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Kläger mit dem unter Vorbehalt der Nachprüfung erlassenen Einkommensteuerbescheid zunächst erklärungsgemäß veranlagt hatte, erließ er aufgrund einer Außenprüfung einen Änderungsbescheid und behandelte die Renovierungsaufwendungen und die Kosten für den Einbau der Küche als lediglich über die Absetzung für Abnutzung (AfA) steuerlich zu berücksichtigenden anschaffungsnahen Aufwand.
Die nach insoweit erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte zum Teil Erfolg. Das Finanzgericht (FG) behandelte die Kosten für den Einbau der Wasserpumpe, die neue Trennwand und die Armaturen sowie die Erneuerung des Gäste-WC und der Marmorfliesen als Herstellungsaufwand, die übrigen Renovierungskosten und die Aufwendungen für die Einbauküche als Erhaltungsaufwand.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§§ 7, 12, 21 des Einkommensteuergesetzes - EStG -).
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat die strittigen Aufwendungen zu Unrecht als Erhaltungsaufwand zum sofortigen Werbungskostenabzug (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG in der Fassung des Streitjahres) bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zugelassen.
1. Bei den strittigen Renovierungskosten handelt es sich um anschaffungsnahen Aufwand, der nur im Rahmen der AfA für das Gebäude zu berücksichtigen ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) scheidet der sofortige Werbungskostenabzug für erhebliche Instandsetzung und Modernisierungsaufwendungen aus, wenn diese in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem entgeltlichen Erwerb eines bebauten Grundstücks erbracht werden und dadurch das Wesen des Gebäudes verändert oder dessen Nutzungswert oder dessen Nutzungsdauer wesentlich erhöht wird (vgl. das Urteil des erkennenden Senats vom 11. August 1989 IX R 44/86, BFHE 158, 240, BStBl II 1990, 53 m. w. N.). Soweit abziehbar sind insoweit Aufwendungen zur Beseitigung versteckter Mängel (Senatsurteil vom 11. August 1989 IX R 160/87, BFH/NV 1990, 285), jährlich regelmäßig anfallender Erhaltungsaufwand (Urteil des BFH vom 26. Oktober 1962 VI 212, 213/61 U, BFHE 76, 104, BStBl III 1963, 39, 40; Beschluß des erkennenden Senats vom 23. Juni 1988 IX B 178/87, BFH/NV 1989, 165) und Aufwendungen für üblicherweise anfallende Schönheitsreparaturen (Urteil des erkennenden Senats vom 11. August 1989 IX R 87/86, BFHE 158, 326, BStBl II 1990, 130). Stehen Schönheitsreparaturen jedoch in einem engen räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit anderen Renovierungs- und Modernisierungsmaßnahmen, so sind alle erbrachten Aufwendungen nach dem Urteil des erkennenden Senats vom heutigen Tage IX R 67/90, zur amtl. Veröffentlichung bestimmt, einheitlich als anschaffungsnaher Aufwand zu beurteilen.
Mit diesen Rechtsgrundsätzen steht das FG-Urteil nicht in Einklang. Denn es hat einkommensteuerrechtlich insgesamt als anschaffungsnaher Aufwand zu wertende Maßnahmen rechtsfehlerhaft zum Teil als Erhaltungsaufwand gewürdigt. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG haben die Kläger das erworbene Einfamilienhaus aufgrund einer einheitlichen Baumaßnahme umfassend renoviert. Das ganze Haus sollte den veränderten Wohnbedürfnissen angepaßt werden. Die Einordnung als anschaffungsnaher Aufwand ist nicht nur bei dem vom FG als solchen gewerteten Maßnahmen (Einbau der Wasserpumpe, der neuen Trennwand, der Armaturen, der Erneuerung des Gäste-WC und der Anbringung der Marmorfliesen), sondern auch bei den übrigen Renovierungskosten geboten. Denn auch diese Baumaßnahmen dienten dazu, das erworbene Einfamilienhaus für die Zwecke des eigenen Wohnens nutzbar zu machen. Es handelt sich hierbei nicht um jährlich üblicherweise anfallende Erhaltungsaufwendungen. Der Senat kann unerörtert lassen, ob einzelne Renovierungsmaßnahmen als Schönheitsreparaturen anzusehen sein könnten; denn eine getrennte steuerrechtliche Behandlung der einzelnen Arbeiten verbietet sich wegen des engen räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs mit den Instandhaltungsreparaturen.
Die von den Klägern veranlaßte Renovierung hat den Nutzungswert des erworbenen Einfamilienhauses auch erheblich erhöht. Dies ist wegen der Art der Baumaßnahmen und der Höhe des dadurch bedingten Aufwands im Verhältnis zur Höhe des Kaufpreises (31 v. H.) offenkundig.
Die Aufwendungen der Kläger sind auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Beseitigung versteckter Mängel als sofort abziehbare Werbungskosten zu beurteilen. Das Vorbringen der Kläger ist insoweit nicht schlüssig. Die Kläger wußten nach den tatsächlichen Feststellungen des FG bei der Übergabe des Hauses von dem Schaden des Abwasserleitungsnetzes im Keller, so daß ihnen der Mangel im Zeitpunkt des Gefahrenüberganges bekannt war. Nichts anderes ergibt sich, wenn man auf das Wissen des Käufers im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abstellt (vgl. Urteil des erkennenden Senats in BFH/NV 1990, 285); denn hinreichende Anhaltspunkte dafür, daß die jetzt vorgebrachten Mängel bei der vor dem Abschluß des Kaufvertrags vorgenommenen Grundstücksbesichtigung nicht bemerkbar gewesen und sonst unbemerkt geblieben waren, liegen nicht vor. Allein die Einlassung in der mündlichen Verhandlung vor dem FG, das Haus habe sich bei Übergabe in einem Zustand befunden, der nicht mit dem übereingestimmt habe, den sie bei der Besichtigung in Erinnerung gehabt hätten, reicht nicht aus.
2. Das FG hat ferner zu Unrecht die Aufwendungen für die Einbauküche als Erhaltungsaufwand beurteilt. Nach der Entscheidung des erkennenden Senats vom 13. März 1990 IX R 104/85 (BFHE 160, 29, BStBl II 1990, 514) gehören Aufwendungen für eine Einbauküche nur insoweit zu den Herstellungskosten des Gebäudes, als sie auf die Spüle und den - nach der regionalen Verkehrsauffassung erforderlichen - Kochherd entfallen.
Einer Zurückverweisung der Sache gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO an das FG zur Feststellung der Höhe der Aufwendungen für Spüle und Herd bedarf es nicht. Das FA hatte die Aufwendungen der Kläger für die Einbauküche bereits als Herstellungskosten berücksichtigt. Ein sofortiger Abzug dieser Kosten als Erhaltungsaufwand schiede selbst dann aus, wenn diese für die Erneuerung von Herd und Spüle aufgewandt worden wären. Denn die Maßnahme stünde in einem engen räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit den übrigen Renovierungsmaßnahmen und müßte wie diese als anschaffungsnaher Aufwand behandelt werden.
Fundstellen
Haufe-Index 417926 |
BFH/NV 1991, 818 |