Entscheidungsstichwort (Thema)
Einbringung einer Milchquote und von Feldinventar
Leitsatz (NV)
Bringt ein Gesellschafter im Wege der Sachgründung Wirtschaftsgüter, die bisher einem Einzelunternehmen gedient haben, in eine Personengesellschaft ein, so kann es sich um eine steuerbare Leistung gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen handeln (Anschluß an BFH-Urteil vom 8. November 1995 XI R 63/94, BFHE 179, 189, BStBl II 1996, 114).
Einer Lieferung steht in Fällen dieser Art nicht entgegen, daß deren Gegenstand nicht in der Bilanz ausgewiesen ist. Ebenso ist nicht notwendig, daß die einzelnen Lieferungen bereits im Gesellschaftsvertrag detailliert aufgeführt sind, soweit sich aus den weiteren Vereinbarungen und den weiteren Umständen mit hinreichender Deutlichkeit der Umfang der vereinbarten Lieferungen ergibt.
Normenkette
UStG 1980 § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 10 Abs. 2, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 24 Abs. 1
Tatbestand
Mit Vertrag vom 30. Juni 1989 gründeten die Eheleute G. S. und H. S., die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GbR. Zweck der Klägerin war die gemeinsame Bewirtschaftung des zuvor von H. S. geführten landwirtschaftlichen Betriebs. Nach § 4 des Gesellschaftsvertrags sollte H. S. die Nutzung des Grund und Bodens und der Gebäude, die restlichen Aktiva und Passiva, die Rechte und Pflichten aus den bestehenden Verträgen sowie die eigene Arbeitskraft einbringen. Soweit die Wirtschaftsgüter bilanziert waren, sollten sie zu Buchwerten eingebracht werden.
Der in § 6 des Gesellschaftsvertrags getroffenen Gewinnverteilungsabrede räumte H. S. einen Vorweggewinn von 10 000 DM für die Überlassung des Grund und Bodens und der Gebäude ein. Im übrigen sollte das Betriebsergebnis zu 70 % H. S. und zu 30 % G. S. zustehen.
Unter dem 6. Juli 1989 stellte H. S. der Klägerin die Überlassung einer Milchquote von 286 520 kg und die Übertragung von Feldinventar in Rechnung, in der er Umsatzsteuer auf das Feldinventar in Höhe von 7 257,69 DM und auf die Milchquote von 29 798,08 DM gesondert auswies.
Mit Schreiben vom 2. August 1989 verzichtete die Klägerin gemäß § 24 Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes in der für das Streitjahr maßgebenden Fassung (UStG 1980) auf die Besteuerung nach Durchschnittsätzen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) ließ den Vorsteuerabzug aus dem Bezug des Feldinventars und der Milchquote nicht zu. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab und führte im wesentlichen aus: Die Einbringung sei kein Leistungsaustausch gegen Entgelt. Der Leistungsaustausch zwischen einer Gesellschaft und ihren Gesellschaftern setze die Vereinbarung und Leistung eines Sonderentgeltes voraus.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Das FG habe § 15 Abs. 1 i. V. m. Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 und § 3 Abs. 1 UStG 1980 falsch ausgelegt, weil es für die von der Klägerin erworbene Milchreferenzmenge und die übernommene stehende Ernte den Vorsteuerabzug versagt habe.
Die streitbefangenen Wirtschaftsgüter seien von der Klägerin entgeltlich erworben worden. Die Sacheinlagen sollten auf das Gesellschaftskapital erfolgen. H. S. sollte mit der Einbringung der Wirtschaftsgüter steuerbare Leistungen -- gerichtet auf eine Gegenleistung der Klägerin -- ausführen (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 8. November 1995 XI R 63/94, BFHE 179, 189, BStBl II 1996, 114).
Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidungen aufzuheben und die Umsatzsteuer auf ... DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzu weisen.
Mangels eines Leistungsaustausches sei die Einbringung der Wirtschaftsgüter nicht steuerbar gewesen. Der Gesellschaftsvertrag habe keine Regelungen über die Einbringung der Milchreferenzmengen wie auch der stehenden Ernte enthalten. In diesem Punkt unterscheide sich der Streitfall von dem Sachverhalt, der dem BFH-Urteil in BFHE 179, 189, BStBl II 1996, 114 zugrunde gelegen habe.
Sollte der Senat zu dem Ergebnis kommen, daß die Übertragung von Gesellschaftsrechten auch eine anteilige Gegenleistung für die Einbringung der Milchreferenzmengen und der aufstehenden Ernte enthalte, müßte der gesamte Wert dieser Gesellschaftsrechte noch festgestellt werden. In der relevanten Rechnung vom 6. Juli 1989 habe H. S. insgesamt sechs verschiedene Positionen zu einem Gesamtbetrag von 962 232,42 DM (Nettoentgelt 882 160 DM; Umsatzsteuer zu verschiedenen Steuersätzen 80 072,42 DM) in Rechnung gestellt. Es sei nicht ersichtlich, daß H. S. tatsächlich Gesellschaftsrechte in dieser Höhe eingeräumt worden seien und die einzelnen Wirtschaftsgüter zum Zeitpunkt der Einbringung den gemeinen Wert gehabt hätten, zu dem sie in Rechnung gestellt worden seien.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet; sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Das FG hat den Begriff des entgeltlichen Leistungsaustausches bei Einbringung von Wirtschaftsgütern in eine Personengesellschaft verkannt; die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um über den Steueranspruch eine abschließende Entscheidung treffen zu können.
1. Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980 kann der Unternehmer die in Rechnungen gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmen für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abziehen.
Bei der Einbringung der Wirtschaftsgüter, die bisher den Einzelunternehmen der Gesellschafter gedient haben, in die neugegründete GbR kann es sich um eine entgeltliche Lieferung (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG 1980) gehandelt haben (vgl. BFH- Urteil in BFHE 179, 189, BStBl II 1996, 114, unter II.1). Sowohl die Milchquote wie auch die stehende Ernte können Gegenstand einer entgeltlichen Lieferung gewesen sein, sofern der Leistungsaustausch tatsächlich stattgefunden hat und vollzogen worden ist; die bloße Rechnungserteilung genügt nicht (vgl. BFH-Urteil in BFHE 179, 189, BStBl II 1996, 114, unter II.4. a). Nicht erforderlich ist hingegen, daß bereits im Gesellschaftsvertrag die einzelnen Lieferungen detailliert aufgeführt worden sind, soweit sich -- wie im Streitfall -- aus den weiteren Vereinbarungen und den weiteren Umständen mit hinreichender Deutlichkeit der Umfang der vereinbarten Lieferungen ergibt. Die Vorsteuerabzugsberechtigung muß scheitern, wenn die Lieferung als solche oder deren Zeitpunkt nicht nachgewiesen werden. Wird aber die Lieferung aus geführt und eine entsprechende Rechnung erteilt, ist eine zusätzliche Vereinbarung in einem besonderen Vertrag nicht erforderlich.
2. Sollte der Leistungsaustausch vollzogen und überdies umsatzsteuerrechtlich anzuerkennen sein (§ 42 der Abgabenordnung -- AO 1977 --), ist bei der Berechnung des Vorsteuerabzugs als Wert des übertragenen Vermögens dessen gemeiner Wert anzusetzen (dazu ebenfalls im einzelnen BFH-Urteil in BFHE 179, 189, BStBl II 1996, 114, unter II.4. b).
Fundstellen
Haufe-Index 421681 |
BFH/NV 1997, 313 |