Entscheidungsstichwort (Thema)
Einlassungsobliegenheit des Fixkostenspediteurs. Frachtführerhaftung. Verlust und Beschädigung von Transportgut
Leitsatz (redaktionell)
Wer als Fixkostenspediteur seine generellen und konkreten Sicherheitsmaßnahmen nicht darlegt bzw. nicht darlegen kann, zeigt damit regelmäßig, dass seine Sicherheitsstandards so ungenügend sind, dass sie den Vorwurf des Vorsatzes oder jedenfalls der Leichtfertigkeit rechtfertigen. In solchen Fällen kann aus dem Schweigen des Fixkostenspediteurs auch auf das Bewusstsein eines wahrscheinlichen Schadenseintritts geschlossen werden.
Normenkette
HGB § 429 Abs. 1, §§ 435, 459; CMR Art. 17 Abs. 1, Art. 29 Abs. 1
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Urteil vom 26.10.2002) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des OLG Düsseldorf v. 26.10.2000 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Zahlung eines 75.300,33 DM übersteigenden Betrags sowie zur Zahlung von 5 % Zinsen aus 3.879 DM ab dem 4.3.1998 verurteilt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des LG Düsseldorf v. 16.12.1999 zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte, die einen Paketbeförderungsdienst betreibt, wegen Verlustes und Beschädigung von Transportgut in 21 Einzelfällen auf Schadensersatz in Anspruch.
Die hier in Rede stehenden Aufträge wurden der Beklagten in der Zeit v. 2.1.1997 bis 15.7.1998 erteilt. Sie betrafen in den Fällen 2, 4, 8, 10, 13, 19 und 21 innerdeutschen und im übrigen grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte hafte für die eingetretenen Schäden unbeschränkt. Sie könne sich nicht mit Erfolg auf die in Art. 23 Abs. 3 CMR und in ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen vorgesehenen Haftungsbeschränkungen berufen, da ihr grobe Fahrlässigkeit oder sogar Vorsatz anzulasten sei.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 79.435,27 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie beruft sich auf Folgende mit der Klägerin getroffene Vereinbarung:
"Die Firmen T. (u. a.) erklären ihr ausdrückliches Einverständnis, dass eine Kontrolle des Transportweges durch schriftliche Ein- und Ausgangsdokumentation an den einzelnen Umschlagstellen von U. nicht durchgeführt wird"
und meint, auf Grund des ausdrücklichen Einverständnisses der Klägerin, dass eine Kontrolle des Transportweges durch schriftliche Ein- und Ausgangsdokumentation an den einzelnen Umschlagstellen nicht durchgeführt werde, habe sie ihrer Einlassungsobliegenheit zu den einzelnen Schadensfällen in ausreichendem Maße genügt. Im Übrigen komme ohnehin weitgehend das seit dem 1.7.1998 geltende Transportrecht zur Anwendung mit der Folge, dass allein die Klägerin für qualifiziertes Verschulden die Darlegungs- und Beweislast treffe.
Das LG hat der Klage nur i. H. v. 1.000 DM nebst Zinsen stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 79.179,33 DM nebst Zinsen verurteilt und die weiter gehende Klage abgewiesen.
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat der Klägerin einen Anspruch auf Schadensersatz gem. § 429 Abs. 1, § 413 Abs. 1 HGB (in der bis zum 30.6.1998 geltenden Fassung, im Folgenden: HGB a. F.), § 429 Abs. 1, § 435, § 459 HGB sowie Art. 17 Abs. 1, Art. 29 Abs. 1 CMR zuerkannt. Dazu hat es ausgeführt:
Die Beklagte unterliege hinsichtlich der innerdeutschen Transporte nach § 413 Abs. 1 HGB a. F., § 459 HGB der Frachtführerhaftung. Für die grenzüberschreitenden Gütertransporte gelte dies ebenfalls, da insoweit über Art. 28 Abs. 4 EGBGB ergänzend deutsches Recht zur Anwendung komme.
Die Beklagte könne sich nicht mit Erfolg auf die Haftungsbeschränkungen in ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen und nach § 431 HGB, Art. 23 Abs. 3 CMR berufen, weil - wie das Berufungsgericht näher ausgeführt hat - davon auszugehen sei, dass die Schäden durch ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten oder ihrer Leute verursacht worden seien. Der Umstand, dass die Klägerin eine Wertdeklaration unterlassen habe, ändere nichts an der grundsätzlichen Einlassungspflicht der Beklagten und führe auch nicht dazu, dass der Klägerin in Bezug auf die streitgegenständlichen Schadensfälle der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs gemacht oder Mitverschulden angelastet werden könne.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat - mit Ausnahme des Schadensfalls Nr. 10, der eine Beschädigung von Transportgut betrifft - keinen Erfolg.
1. Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen einer vertraglichen Haftung der Beklagten für den Verlust der in Rede stehenden Sendungen nach § 429 Abs. 1 HGB a. F. i. V. m. § 51 Buchst. b S. 2 ADSp (Stand 1.1.1993, im folgenden ADSp a. F.), § 425 HGB und Art. 17 Abs. 1 CMR bejaht.
Es ist dabei zutreffend und von der Revision auch unbeanstandet davon ausgegangen, dass die Beklagte von der Klägerin als Fixkostenspediteurin i. S. v. § 413 Abs. 1 HGB a. F., § 459 HGB beauftragt worden ist und dass sich ihre Haftung daher grundsätzlich nach den Bestimmungen über die Haftung des Frachtführers (§§ 429 ff. HGB a. F., §§ 425 ff. HGB) und - auf Grund vertraglicher Einbeziehung - ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen sowie den Bestimmungen der ADSp a. F. und Art. 17 Abs. 1 CMR beurteilt.
2. Die Revision wendet sich in den Fällen des Verlustes von Transportgut ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte hafte für den eingetretenen Schaden, auch soweit neues Recht zur Anwendung komme, unbeschränkt.
Die Beklagte - so hat das Berufungsgericht ausgeführt - sei ihrer Einlassungsobliegenheit auch nicht ansatzweise nachgekommen. Dies begründe die Vermutung qualifizierten Verschuldens i. S. v. § 435 HGB. Wer als Fixkostenspediteur seine generellen und konkreten Sicherheitsmaßnahmen nicht darlege bzw. nicht darlegen könne, zeige damit regelmäßig, dass seine Sicherheitsstandards so ungenügend seien, dass sie den Vorwurf des Vorsatzes oder jedenfalls der Leichtfertigkeit rechtfertigten. In solchen Fällen könne aus dem Schweigen des Fixkostenspediteurs auch auf das Bewusstsein eines wahrscheinlichen Schadenseintritts geschlossen werden. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision stand.
a) Nach der für den Bereich der ADSp- und CMR-Haftung ergangenen Rechtsprechung des BGH trägt grundsätzlich der Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast für ein grob fahrlässiges Verhalten des Anspruchsgegners. Die ihm obliegende Darlegungslast erfüllt er aber bereits dann, wenn sein Klagevortrag nach den Umständen des Falles ein grob fahrlässiges Verschulden mit gewisser Wahrscheinlichkeit nahe legt und allein der Fixkostenspediteur zur Aufklärung des in seinem Bereich entstandenen Schadens zumutbarerweise beitragen kann. Gleiches gilt, wenn sich aus dem unstreitigen Sachverhalt Anhaltspunkte für das Verschulden ergeben. In diesem Fall darf sich der Anspruchsgegner zur Vermeidung prozessualer Nachteile nicht darauf beschränken, den Sachvortrag des Anspruchstellers schlicht zu bestreiten. Er ist vielmehr gehalten, dessen Informationsdefizit durch detaillierten Sachvortrag zum Ablauf seines Betriebs und zu den von ihm ergriffenen Sicherungsmaßnahmen auszugleichen (st. Rspr.; vgl. BGH v. 3.11.1994 - I ZR 100/92, BGHZ 127, 275 [283 f.] = MDR 1995, 807; v. 4.5.1995 - I ZR 70/93, BGHZ 129, 345 [349 f.] = MDR 1996, 269; Urt. v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, BGHReport 2003, 1405 = MDR 2004, 220 = NJW 2003, 3626 [3627], m. w. N.). Kommt er dem nicht nach, kann daraus je nach den Umständen des Einzelfalls der Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden gerechtfertigt sein (vgl. BGH, Urt. v. 6.10.1994 - I ZR 179/92, MDR 1995, 1019 = TranspR 1995, 106 [110] = VersR 1995, 320, zu § 15 Abs. 2 GüKUMT, m. w. N.; v. 3.11.1994 - I ZR 100/92, BGHZ 127, 275 [284] = MDR 1995, 807).
Diese Darlegungs- und Beweislastgrundsätze hat der BGH auch im Bereich des internationalen Luftverkehrs hinsichtlich der verschärften Haftung des Luftfrachtführers nach Art. 25 des Warschauer Abkommens i. d. F. von Den Haag 1955 (WA 1955) anerkannt (vgl. BGH v. 21.9.2000 - I ZR 135/98, BGHZ 145, 170 [183 ff.] = MDR 2001, 577 = BGHReport 2001, 5), dessen Umschreibung qualifizierten Verschuldens in der deutschen Übersetzung in § 435 HGB übernommen worden ist (vgl. Begr. z. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 13/8445, 71).
b) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Darlegungs- und Beweislastgrundsätze auch hinsichtlich der Voraussetzungen für den Wegfall der zu Gunsten des Fixkostenspediteurs bestehenden vertraglichen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gem. §§ 435, 461 Abs. 1 S. 2 HGB Anwendung finden. Danach trägt der Anspruchsteller die Beweislast dafür, dass der Fixkostenspediteur oder seine "Leute" i. S. v. § 428 HGB leichtfertig und in dem Bewusstsein gehandelt haben, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde (vgl. Begr. z. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 13/8445, 72). Hinsichtlich der Einlassungsobliegenheit des Fixkostenspediteurs und der insoweit bestehenden Beweislastverteilung hat das Transportrechtsreformgesetz ebenfalls keine sachliche Änderungen mit sich gebracht (vgl. BGH v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, BGHReport 2003, 1405 = MDR 2004, 220 = NJW 2003, 3626 [3627]).
Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe die Grundsätze zur Einlassungsobliegenheit des Fixkostenspediteurs im Streitfall nicht zur Anwendung bringen und damit auch nicht annehmen dürfen, dass die Beklagte ihrer Obliegenheitsverpflichtung nicht einmal ansatzweise genügt habe, weil die Klägerin ihr Einverständnis erklärt habe, "dass eine Kontrolle des Transportweges durch schriftliche Ein- und Ausgangsdokumentation an den einzelnen Umschlagstellen von U. nicht durchgeführt wird". Der Senat hat in seinem Urteil v. 15.11.2001 (BGH, Urt. v. 15.11.2001 - I ZR 284/99, BGHReport 2002, 725 = MDR 2002, 1078 = TranspR 2002, 306 [308] = VersR 2003, 1012) ausgesprochen, dass die in Rede stehende Vereinbarung unklar gefasst ist und ihr nicht entnommen werden kann, dass der Kunde eines Paketdienstunternehmens auf die Durchführung von Kontrollen im Schnittstellenbereich verzichtet. Dementsprechend kann der Dokumentationsverzicht auch keinen Einfluss auf die Einlassungsobliegenheit der Beklagten haben.
c) Entgegen der Auffassung der Revision war das Berufungsgericht nicht gem. § 139 Abs. 1, § 278 Abs. 3 ZPO a. F. verpflichtet, die Beklagte darauf hinzuweisen, dass sie ihrer Einlassungspflicht nicht in ausreichendem Maße nachgekommen sei. Denn es besteht jedenfalls dann keine Hinweispflicht des Gerichts, wenn das Verhalten einer Partei den Schluss zulässt, dass sie nicht näher vortragen kann oder will (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 139 Rz. 3). So liegt der Fall hier.
Die Klägerin hatte bereits in der Klageschrift auf die Senatsrechtsprechung zur Einlassungsobliegenheit des Fixkostenspediteurs hingewiesen. Die Beklagte hätte sich daher in ihrer Klageerwiderung und in ihrer Berufungserwiderung nicht auf den Vortrag beschränken dürfen, sie bestreite, dass sie ihre Einlassungspflicht verweigere und weder bereit noch in der Lage sei, konkret zu den Schadensfällen vorzutragen. Ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter hätte damit rechnen müssen, dass das einfache Bestreiten der Beklagten auch auf der Grundlage des seit dem 1.7.1998 geltenden Transportrechts nicht zur Erfüllung der dem Fixkostenspediteur obliegenden Einlassungspflicht genügen würde. Dies gilt umso mehr deshalb, weil die prozessuale Darlegungslast des Fixkostenspediteurs zu seiner Betriebsorganisation grundsätzlich nichts mit der Frage zu tun hat, welche materiell-rechtlichen Anforderungen an ein qualifiziertes Verschulden i. S. d. § 435 HGB [n. F.] zu stellen sind. Die Beklagte konnte sich für ihren abweichenden Standpunkt auch nicht auf entsprechende Stimmen in der Rechtsprechung oder im Schrifttum stützen. Den Umstand, dass sie vor diesem Hintergrund jegliche Darlegung zu ihrer Betriebsorganisation und insbesondere zu den von ihr zum Schutz der ihr anvertrauten Güter ergriffenen Maßnahmen unterlassen hat, durfte das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei dahingehend werten, dass die Beklagte hierzu keinen Vortrag halten konnte oder wollte.
d) Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht angenommen hat, der von der Klägerin vorgetragene Sachverhalt biete hinreichende Rückschlüsse auf ungenügende Sicherheitsstandards, die den Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten auch nach neuem Recht rechtfertigten.
Wenn wie im Streitfall der Schadenshergang völlig ungeklärt ist und der Frachtführer sich weigert, auch nur ansatzweise zum Organisationsablauf in seinem Betrieb vorzutragen, ist der Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden schon auf Grund einer generalisierenden Betrachtungsweise geboten, weil der Anspruchsteller von den näheren Umständen der Behandlung des Transportgutes im Gewahrsamsbereich des Fixkostenspediteurs keine Kenntnis hat und eine solche Kenntnis auch nicht haben kann, während der Spediteur nähere Informationen in zumutbarem Umfang unschwer erteilen könnte. Unterlässt er dies, ist nicht nur der Schluss auf das objektive Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit, sondern - entgegen der Auffassung der Revision - auch der Schluss auf das subjektive Erfordernis des Bewusstseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts gerechtfertigt. Denn in einem solchen Fall ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung regelmäßig nicht nur von einer Organisation des Betriebsablaufs auszugehen, die keinen hinreichenden Schutz der zu befördernden Güter gegen ein Abhandenkommen gewährleistet und sich in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen des Vertragspartners hinwegsetzt (vgl. BGH v. 21.9.2000 - I ZR 135/98, BGHZ 145, 170 [183] = MDR 2001, 577 = BGHReport 2001, 5), sondern auch von einer sich dem Handelnden aus seinem leichtfertigen Verhalten aufdrängenden Erkenntnis, es werde mit Wahrscheinlichkeit ein Schaden entstehen (vgl. BGH v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, BGHReport 2003, 1405 = MDR 2004, 220 = NJW 2003, 3626 [3628]).
Die Revision weist zwar zutreffend darauf hin, dass nicht mit jedem leichtfertigen Verhalten ein Bewusstsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts verbunden sein muss (vgl. BGH v. 16.2.1979 - I ZR 97/77, BGHZ 74, 162 [168]). Das ändert jedoch nichts daran, dass der Schluss auf das Bewusstsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts auch im Rahmen typischer Geschehensabläufe nahe liegen kann. Von einem solchen typischen Geschehensablauf, der den Schluss auf das Bewusstsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zulässt, ist auszugehen, wenn - wie im Streitfall - der Fixkostenspediteur über sichernde Maßnahmen in der Organisation seines Betriebs und zum Schadenshergang keinen Vortrag hält (vgl. BGH v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, BGHReport 2003, 1405 = MDR 2004, 220 = NJW 2003, 3626 [3628]; Herber, TranspR 2003, 164 [165 f.]).
Entgegen der Auffassung der Revision widerlegt die von ihr behauptete, im Verhältnis zu der Anzahl der bei der Beklagten umgeschlagenen Pakete äußerst geringe Verlustquote für sich allein nicht die Annahme des Bewusstseins der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Dies folgt schon daraus, dass die Beklagte verpflichtet ist, jeglichem Verlust des in ihre Obhut gelangten Gutes durch geeignete und ausreichende Sicherheitsvorkehrungen entgegenzuwirken. Aus der geringen Verlustquote ergeben sich im Übrigen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, dass im hier maßgeblichen Zeitraum keine schwer wiegenden Mängel in der theoretischen oder praktischen Durchführung der Organisation der Beklagten vorgelegen haben (vgl. BGH, Urt. v. 25.9.1997 - I ZR 156/95, MDR 1998, 788 = TranspR 1998, 262 [264 f.] = VersR 1998, 657; v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, BGHReport 2003, 1405 = MDR 2004, 220 = NJW 2003, 3626 [3629]).
3. Im Ergebnis ohne Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin müsse sich die unterlassene Wertdeklaration bei den in Verlust geratenen Sendungen nicht als Mitverschulden anrechnen lassen.
Die Berücksichtigung eines mitwirkenden Schadensbeitrags kommt zwar grundsätzlich auch dann in Betracht, wenn dem Frachtführer ein qualifiziertes Verschulden i. S. v. § 435 HGB anzulasten ist (vgl. BGH v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, BGHReport 2003, 1405 = MDR 2004, 220 = NJW 2003, 3626 [3629]).
Im vorliegenden Fall kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass die unterlassene Wertdeklaration den Schaden tatsächlich mitverursacht hat (vgl. dazu BGH v. 15.11.2001 - I ZR 158/99, BGHZ 149, 337 [355] = BGHReport 2002, 633 = MDR 2002, 956; Urt. v. 8.5.2003 - I ZR 234/02, MDR 2003, 1361 = BGHReport 2003, 946 = TranspR 2003, 317 [318]). Voraussetzung hierfür wäre, dass die Beklagte bei richtiger Wertangabe ihre Sorgfaltspflichten besser erfüllt hätte und es dann zumindest zu einer Verringerung des Verlustrisikos gekommen wäre (vgl. BGH, Urt. v. 8.5.2003 - I ZR 234/02, MDR 2003, 1361 = BGHReport 2003, 946 = TranspR 2003, 317 [318]). Dazu lässt sich den Feststellungen im Berufungsurteil nichts entnehmen. Die Revision macht nicht geltend, dass das Berufungsgericht einen entsprechenden Sachvortrag der Beklagten in den Tatsacheninstanzen verfahrensfehlerhaft übergangen hat.
4. Mit Erfolg wendet sich die Revision jedoch dagegen, dass das Berufungsgericht der Klägerin im Schadensfall Nr. 10, bei dem es um eine Beschädigung von Transportgut geht, wegen groben Organisationsverschuldens vollen Schadensersatz zuerkannt hat.
Die Rechtsprechungsgrundsätze des BGH zum grob fahrlässigen Organisationsverschulden des Spediteurs sind nicht ohne weiteres auf während des Transports eingetretene Sachschäden übertragbar, da die gebotenen Kontrollmaßnahmen beim Warenumschlag nicht darauf abzielen, den Spediteur zu einem sorgfältigeren Umgang mit den ihm anvertrauten Gütern anzuhalten. Überdies kann eine Schnittstellenkontrolle ohnehin nur äußerliche Beschädigungen der Sendungen erfassen und trägt zur Vermeidung von Sachschäden nichts wesentliches bei, wenn das Packstück äußerlich unbeschädigt geblieben ist. Bei dieser Sachlage hätte die Kausalität des vom Berufungsgericht festgestellten Organisationsverschuldens der Beklagten im Schadensfall Nr. 10 gesondert festgestellt werden müssen (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2001 - I ZR 182/99, BGHReport 2002, 630 = MDR 2002, 957 = TranspR 2002, 302 [305]). Daran fehlt es jedoch gerade. Daher braucht die Beklagte im Schadensfall Nr. 10 gemäß Nr. 10 Abs. 1 ihrer Allgemeinen Beförderungsbedingungen nur i. H. v. 1.000 DM Ersatz zu leisten. Dieser Betrag ist der Klägerin zuerkannt worden.
III. Danach war das Berufungsurteil insoweit aufzuheben, als die Beklagte zur Zahlung eines 75.300,33 DM übersteigenden Betrags sowie zur Zahlung von 5 % Zinsen aus 3.879 DM ab dem 4.3.1998 verurteilt worden ist. Im Umfang der Aufhebung war die Berufung der Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 a. F., § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen