Entscheidungsstichwort (Thema)
Stammkundenumsatzanteil im Tankstellen- und Waschstraßengeschäft. Schätzung. Vertragsbeendigung. Ausgleichsanspruch Tamkstellenhalter. Ausklammerung vermittlungsfremder Provisionsanteile
Leitsatz (amtlich)
a) Zur Schätzung des Stammkundenumsatzanteils im Rahmen der Berechnung des Ausgleichsanspruchs eines Tankstellenhalters (im Anschluß an BGH, Urteil vom 10. Juli 2002 – VIII ZR 58/00, WM 2003, 491).
b) Aus den Provisionen für werbende Tätigkeit, die der Handelsvertreter infolge der Vertragsbeendigung verliert, sind die Betriebskosten, die dem Handelsvertreter durch seine werbende Tätigkeit entstehen, nicht herauszurechnen; der ausgleichspflichtige Provisionsanteil bemißt sich nicht nach dem Reingewinn des Handelsvertreters (im Anschluß an BGHZ 29, 83).
c) Nach Vertragsbeendigung ersparte Betriebskosten können eine Minderung des Ausgleichsanspruchs unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit rechtfertigen, wenn eine besonders hohe Provision für die werbende Tätigkeit vereinbart worden war, um hohe Betriebskosten des Handelsvertreters abzugelten.
Normenkette
HGB § 89b
Verfahrensgang
OLG München (Urteil vom 21.03.2001; Aktenzeichen 7 U 1835/00) |
LG München I (Entscheidung vom 30.11.1999; Aktenzeichen 13 HKO 1947/98) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 21. März 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Mit Vertrag vom 21. Mai 1993 übernahm die Klägerin ab 1. August 1993 den Geschäftsbetrieb auf einem Grundstück der Beklagten in der K. straße in M., auf dem eine Tankstelle, ein Getränkemarkt, ein Stehausschank, eine Autowaschstraße und eine Hochdruckreinigungsanlage errichtet sind (im folgenden: Objekt). Nach den vertraglichen Vereinbarungen wurde die Klägerin als selbständiger Kaufmann im Namen und für Rechnung der Beklagten tätig. Ihr oblag insbesondere die Lagerung, der Verkauf und die Auslieferung oder Übergabe der von der Beklagten gelieferten und überlassenen, im Objekt zu vertreibenden Waren und die Erbringung der sonst durch die Art des Objekts gekennzeichneten Leistungen einschließlich der Einziehung der Barerlöse und der Entgegennahme etwaiger sonstiger Gegenleistungen. Die Klägerin hatte, soweit es der ordnungsgemäße Geschäftsbetrieb des Objekts erforderte, geeignete Mitarbeiter in eigenem Namen und für ihre Rechnung zu beschäftigen und sämtliche Kosten, die mit dem laufenden Geschäftsbetrieb des Objekts verbunden waren, zu tragen. Die Kosten für einen Umbau oder die Modernisierung der Bauten und Anlagen hatte die Beklagte aufzubringen.
Die umsatzabhängige Vergütung der Klägerin, durch die alle von ihr zu erbringenden Leistungen und Verpflichtungen abgegolten wurden, belief sich auf 2 DM je 100 Liter Kraftstoff und 7 % des Getränkeumsatzes sowie anfänglich 35 % des Umsatzes der Waschstraße und der Reinigungsanlage. Die zuletzt genannte Vergütung wurde ab 1. Januar 1995 erhöht auf 40 % des Waschstraßenumsatzes und 60 % des Staubsaugerumsatzes. Die Klägerin zahlte ihrerseits der Beklagten für die Überlassung des Objekts eine Vergütung von monatlich 3.000 DM und betrieb mit Zustimmung der Beklagten im Getränkemarkt noch einen sogenannten Shop, in dem sie Autozubehör, Tabak und Süßwaren sowie Zeitungen und Zeitschriften im eigenen Namen und auf eigene Rechnung verkaufte.
Im Jahre 1996 ließ die Beklagte die Tankstelle umbauen und eine neue Autowaschanlage errichten. Die Waschstraße konnte deshalb von Juli bis Oktober 1996 nicht betrieben werden. Als Ausgleich für die dadurch entgangenen Einnahmen zahlte die Beklagte an die Klägerin 85.100 DM.
Die Beklagte sprach mit Schreiben vom 29. Januar 1997 die ordentliche Kündigung des Vertragsverhältnisses zum 31. Juli 1997 aus. Sie übertrug den Geschäftsbetrieb auf einen anderen Vertragspartner, der auch das von der Klägerin eingestellte Personal übernahm. Die Klägerin forderte mit Schreiben vom 10. November 1997 Handelsvertreterausgleich in Höhe von 457.873,23 DM brutto.
Zur Berechnung ihres Anspruchs hat die Klägerin vorgetragen, von den im letzten Vertragsjahr erzielten Provisionsumsätzen der Tankstelle, der Waschstraße und des Getränkemarktes entfielen, wie sich aus entsprechenden Marktuntersuchungen ergebe, mindestens 93,4 % auf Geschäfte mit Stammkunden. 45 % dieser Stammkunden seien von der Klägerin für die Beklagte neu geworben worden. Davon ausgehend hat die Klägerin – nach Abzug unterschiedlich hoher Provisionsanteile für Verwaltungstätigkeiten in den drei Betriebszweigen und unter Berücksichtigung einer jährlichen Abwanderungsquote von 20 % – Provisionsverluste in einer den geltend gemachten Ausgleichsanspruch übersteigenden Höhe errechnet.
Die Beklagte hat demgegenüber die Auffassung vertreten, der Umsatzanteil der von der Klägerin geworbenen Stammkunden könne nicht aufgrund statistischer Marktforschungsergebnisse geschätzt werden, sondern sei von der Klägerin konkret darzulegen. Zudem sei die von der Klägerin für den Anteil der Stammkunden am Tankstellengeschäft herangezogene Allensbach-Studie aus dem Jahre 1987 durch eine neuere Repräsentativbefragung des MAFO-Instituts aus dem Jahre 1996 überholt. Davon abgesehen dürften die Inhaber der Kundenkarte der Beklagten nicht als von der Klägerin geworbene Stammkunden berücksichtigt werden. Jedenfalls seien einem etwaigen Ausgleichsanspruch nicht die an die Klägerin gezahlten Provisionen zugrunde zu legen, sondern nur ein von ihr – nach Abzug aller Betriebskosten – erzielter Gewinn. Gewinn habe die Klägerin jedoch nicht im Agenturgeschäft, sondern nur in ihrem Shop-Geschäft erzielt. Durch die Provisionen – insbesondere die hohe Provision für das Autowaschgeschäft – seien nur die Kosten gedeckt worden, welche die Klägerin für den Betrieb der Tankstelle, der Waschstraße und des Getränkemarktes zu tragen gehabt habe. Deshalb stehe ihr ein Ausgleichsanspruch nicht zu. Jedenfalls erscheine es unbillig, der Klägerin einen Handelsvertreterausgleich zuzubilligen, da die Betriebskosten der Tankstelle, der Waschstraße und des Getränkemarktes mit der Vertragsbeendigung für die Klägerin entfallen seien und diese ihren Geschäftsbetrieb auch eingestellt habe.
Das Landgericht hat die Beklagte unter Berücksichtigung einer unstreitigen Aufrechnungsforderung der Beklagten von 4.604,21 DM zur Zahlung von 358.161,60 DM nebst Zinsen verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Auf die Anschlußberufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht die Beklagte verurteilt, 430.709,03 DM nebst Zinsen an die Klägerin zu zahlen. Im übrigen hat das Berufungsgericht die Anschlußberufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
A.
Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin sei als Handelsvertreter für die Beklagte tätig gewesen. Ihr stehe – ohne Berücksichtigung der unbestrittenen Gegenforderung – ein Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB in Höhe von 435.313,24 DM zu, wovon 60.385,40 DM auf den Verkauf von Kraftstoffen, 245.676 DM auf das Autowaschgeschäft und 129.251,84 DM auf den Getränkeverkauf entfielen.
Grundlage für die Berechnung des Anspruchs seien die von der Klägerin im letzten Vertragsjahr verdienten Provisionen, nicht der Gewinn der Klägerin. Hiervon sei der Anteil zu ermitteln, der auf Umsätze mit von der Klägerin geworbenen Stammkunden entfalle. Als Stammkunden seien auch die Inhaber der Kundenkarte der Beklagten anzusehen. Der Stammkundenumsatzanteil in den drei Betriebszweigen sei auf jeweils mindestens 90 % zu schätzen. Davon entfielen nach einer auch insoweit gebotenen Schätzung 45 % auf Umsätze mit von der Klägerin neu geworbenen Stammkunden. Von den so errechneten Beträgen seien als nicht ausgleichspflichtiger Verwaltungskostenanteil im Tankstellen- und Getränkemarktgeschäft jeweils 10 % abzuziehen, hinsichtlich des Autowaschgeschäfts wegen der höheren Betriebskosten dagegen 50 %. Höhere Anteile der verwaltenden im Verhältnis zur werbenden Tätigkeit der Klägerin habe die hierfür darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nicht dargetan.
Aus den verbleibenden Beträgen hat das Berufungsgericht Provisionsverluste in Höhe der oben genannten Teilbeträge für die drei Betriebszweige errechnet, die jeweils unterhalb der Kappungsgrenze (§ 89 b Abs. 2 HGB) liegen. Dabei hat es einen Prognosezeitraum von vier Jahren und eine Abwanderungsquote von 20 %, jeweils bezogen auf das Vorjahr, sowie eine pauschale Abzinsung von 10 % zugrunde gelegt. Weitere Abzüge aus Billigkeitsgründen (§ 89 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB) hat das Berufungsgericht nicht für gerechtfertigt gehalten.
B.
Die Revision der Beklagten hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Ausgleichsanspruch der Klägerin wegen Beendigung des Handelsvertretervertrages halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung hinsichtlich der Schätzung des für den Ausgleichsanspruch maßgeblichen Stammkundenumsatzanteils (§ 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB) nicht stand.
I.
1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß die Klägerin als Handelsvertreter für die Beklagte tätig war. Sie war als selbständige Gewerbetreibende ständig damit betraut, im Namen der Beklagten Kaufverträge über Kraftstoffe und über Getränke sowie Werkverträge mit den Kunden der Autowaschstraße abzuschließen (§ 84 Abs. 1 HGB). Für diese Tätigkeit steht der Klägerin nach Beendigung des Vertragsverhältnisses ein angemessener Ausgleich unter den in § 89 b HGB genannten Voraussetzungen zu. Dies wird auch von der Beklagten im Revisionsverfahren nicht mehr in Zweifel gezogen. Das von der Klägerin darüber hinaus im eigenen Namen und für eigene Rechnung betriebene Shop-Geschäft innerhalb des Getränkemarktes der Beklagten ist nicht Gegenstand des von der Klägerin geltend gemachten Ausgleichsanspruchs.
2. Vergeblich rügt die Revision, die vom Berufungsgericht vorgenommene Berechnung des Ausgleichs werde den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien insofern nicht gerecht, als die Klägerin ein zusammenhängendes Geschäft mit Tankstelle, Waschstraße und Getränkemarkt betrieben und dafür eine einheitliche Vergütung erhalten habe, während das Berufungsgericht Ausgleichsansprüche für die einzelnen Betriebszweige getrennt ermittelt und zu einem Gesamtanspruch addiert habe. Im Vertrag vom 21. Mai 1993 haben die Parteien selbst für die einzelnen Betriebszweige unterschiedlich hohe Umsatzprovisionen vereinbart. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs entsprechend zu differenzieren und die für die einzelnen Betriebszweige ermittelten Teilbeträge als Rechnungsposten in den Gesamtanspruch einzustellen.
3. Zutreffend ist das Berufungsgericht weiter davon ausgegangen, daß der Berechnung des Ausgleichsanspruchs grundsätzlich die letzte Jahresprovision der Klägerin zugrunde zu legen und davon nur der Teil zu berücksichtigen ist, den die Klägerin für Umsätze mit von ihr geworbenen Stammkunden erhalten hat, weil nur mit diesen Kunden eine Geschäftsverbindung im Sinne des § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB besteht (zum Tankstellenhalter: zuletzt Senatsurteile vom 10. Juli 2002 – VIII ZR 58/00, WM 2003, 491 unter B I m.w.Nachw. und VIII ZR 158/01, WM 2003, 499 unter II 1 a; zum Handelsvertreter allgemein: BGHZ 141, 248, 251). Als Stammkunden sind dabei Mehrfachkunden anzusehen, die innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes, in dem üblicherweise mit Nachbestellungen zu rechnen ist, mehr als nur einmal ein Geschäft mit dem Unternehmer abgeschlossen haben oder voraussichtlich abschließen werden (Senatsurteile vom 10. Juli 2002 aaO; BGHZ 141, 248, 252).
a) Ohne Erfolg macht die Revision insoweit geltend, aus der vom Berufungsgericht zugrunde gelegten (letzten) Jahresprovision in den einzelnen Betriebszweigen, deren Höhe unstreitig ist, seien die Provisionsumsätze auszuklammern, die auf Geschäfte mit den Inhabern einer von der Beklagten herausgegebenen Kundenkarte entfallen. Die Auffassung der Beklagten, sie selbst und nicht die Klägerin habe diese Kunden geworben, trifft nicht zu. Geworben im Sinne des § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB ist ein Kunde durch den Handelsvertreter dann, wenn dessen Tätigkeit zumindest mitursächlich für eine Geschäftsverbindung zwischen dem Kunden und dem Unternehmer geworden ist (Senatsurteil vom 10. Juli 2002 – VIII ZR 58/00, aaO unter B I 1 c). Diese Voraussetzung ist, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, auch hinsichtlich der Kunden erfüllt, die mit der Kundenkarte der Beklagten deren Waren und sonstigen Leistungen bargeldlos erwerben und mit denen die Beklagte monatlich abrechnet.
Die Verträge über die Ausgabe und Verwendung der von der Beklagten herausgegebenen Kundenkarte, die zwischen der Beklagten und dem Kunden bereits vor den einzelnen Geschäftsabschlüssen und damit ohne Mitwirkung der Klägerin geschlossen wurden, stellen lediglich Rahmenverträge dar, in denen die Vertragskonditionen – insbesondere die Zahlungsmodalitäten – für zukünftige Geschäfte mit der Kundenkarte festgelegt sind, verpflichten den Kunden aber nicht dazu, Waren oder sonstige Leistungen der Beklagten zu beziehen. Kauf- und Werkverträge zwischen den Kunden und der Beklagten kommen erst in dem von der Klägerin geführten Betrieb unter deren Mitwirkung zustande. Deshalb ist ihre Tätigkeit für den Abschluß von Kaufverträgen an der Tankstelle und im Getränkemarkt und von Werkverträgen an der Waschstraße auch insoweit mitursächlich, als es um Geschäfte mit den Karteninhabern geht. Erst dadurch und nicht bereits durch den Besitz der Karte wird der Kunde als Vertragspartner der Beklagten für einen konkreten Geschäftsabschluß geworben (vgl. Senatsurteil vom 10. Juli 2002 – VIII ZR 58/00, aaO).
b) Vergeblich rügt die Revision darüber hinaus, daß das Berufungsgericht den auf 45 % geschätzten Anteil der letzten Jahresprovision, der auf von der Klägerin geworbene Stammkunden entfällt, fehlerhaft und widersprüchlich ermittelt habe, indem es seiner Schätzung eine Abwanderungsquote von 20 %, jeweils bezogen auf den im Vorjahr verbliebenen Altkundenbestand, zugrunde gelegt hat.
Die Annahme einer solchen Abwanderungsquote liegt, wenn ausreichende Anhaltspunkte für die tatsächliche Kundenfluktuation während der Vertragszeit nicht vorliegen, im Rahmen des tatrichterlichen Schätzungsermessens (§ 287 Abs. 2 ZPO) und wird auch von der Revision nicht als erfahrungswidrig angegriffen. Die Revision meint jedoch, die vom Berufungsgericht vorgenommene Berechnung des Anteils neuer Stammkunden stehe im Widerspruch zu der vom Berufungsgericht selbst durchgeführten Kontrollrechnung hinsichtlich des Tankstellengeschäfts, in der das Berufungsgericht alternativ das Vorbringen der Beklagten, daß ein Stammkunde bei seiner Stammtankstelle durchschnittlich 6 1/2 Jahre bleibe, zugrunde gelegt hat. Ein solcher Widerspruch besteht jedoch nicht. Das Berufungsgericht hat rechnerisch zutreffend dargelegt, daß dem Vorbringen der Beklagten eine gleichmäßige Abwanderung von 15 % – jeweils bezogen nicht auf das Vorjahr, sondern auf das Basisjahr – entspricht und eine solche lineare Abwanderung nach vier Jahren Vertragszeit zu einem gleich hohen Anteil neuer Stammkunden führt, wie das Berufungsgericht auf der Grundlage der von ihm zugrunde gelegten Quote errechnet hat. Darauf hat die Revisionserwiderung zutreffend hingewiesen.
Entgegen der Auffassung der Revision ist es auch nicht rechtsfehlerhaft, daß das Berufungsgericht den Anteil der letzten Jahresprovision, der auf die von der Klägerin neu geworbenen Stammkunden entfällt, nicht nur im Tankstellengeschäft, sondern auch hinsichtlich der Umsätze der Waschstraße und des Getränkemarktes auf der Grundlage einer Abwanderungsquote von 20 %, jeweils bezogen auf das Vorjahr, berechnet hat. Soweit die Revision in diesem Zusammenhang darauf verweist, daß sich die Umsätze der Tankstelle, der Waschstraße und des Getränkemarktes während der Vertragszeit nicht parallel, sondern zum Teil sogar gegenläufig entwickelt hätten, vermag sie selbst nicht aufzuzeigen, welche Folgerung sich daraus für die Abwanderung von Altkunden des Getränkemarktes und im Autowaschgeschäft im Gegensatz zum Tankstellengeschäft ergeben soll und welche Abwanderungsquote in diesen beiden Betriebszweigen sachgerechter wäre als die vom Berufungsgericht zugrunde gelegte.
Den Umsatzrückgang, der in den drei Betriebszweigen insgesamt während der Vertragszeit eingetreten ist, hat das Berufungsgericht darüber hinaus im Rahmen seines Schätzungsermessens zu Lasten der Klägerin angemessen berücksichtigt, indem es den Neukundenanteil von 60 %, der sich rechnerisch aus der vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Abwanderungsquote ergibt, nochmals um ein Viertel auf verbleibende 45 % reduziert und nur diesen Anteil der Ausgleichsberechnung zugrunde gelegt hat. Dies wird auch von der Revision – als ihr günstig – nicht beanstandet.
II.
Zu Recht rügt die Revision jedoch, daß das Berufungsgericht den Stammkundenumsatzanteil und den entsprechenden Provisionsanteil im Tankstellen- und Autowaschgeschäft im Rahmen einer Schätzung (§ 287 Abs. 2 ZPO) auf der Grundlage der Ergebnisse von Marktuntersuchungen fehlerhaft berechnet hat.
1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings dagegen, daß das Berufungsgericht den auf Stammkunden entfallenden Umsatzanteil der Tankstelle, der Waschstraße und des Getränkemarktes nach § 287 Abs. 2 ZPO geschätzt hat. Zu Unrecht meint die Revision, das Berufungsgericht hätte eine Schätzung nicht vornehmen dürfen und die Klage abweisen müssen, weil die Klägerin den Anteil ihrer Stammkunden nicht konkret dargelegt habe. Eine Schätzung des Stammkundenumsatzanteils einer Selbstbedienungs-Tankstelle hat der Senat bereits wiederholt für zulässig erachtet (zuletzt Senatsurteile vom 10. Juli 2002, aaO, m.Nachw.). Für das ebenfalls weitgehend anonyme Geschäft einer Autowaschstraße und eines Getränkemarktes gilt insoweit nichts anderes.
Die vom Berufungsgericht vorgenommene Schätzung des Stammkundenumsatzanteils hinsichtlich des Getränkemarktes, bei der sich das Berufungsgericht nicht auf statistisches Material gestützt hat, ist frei von Rechtsfehlern und wird auch von der Revision im einzelnen nicht angegriffen.
2. Nicht zu beanstanden ist auch, daß das Berufungsgericht für die Schätzung des Stammkundenumsatzanteils hinsichtlich der Tankstelle und der Waschstraße auf Ergebnisse von Marktuntersuchungen zurückgegriffen hat.
a) Der Senat hat die Verwertung der vom Berufungsgericht herangezogenen Ergebnisse der MAFO-Studie als Schätzungsgrundlage für den Stammkundenumsatzanteil im Tankstellengeschäft in seinem Urteil vom 10. Juli 2002 (VIII ZR 58/00, aaO unter B I 1 b) gebilligt. Zugleich hat der Senat aber bereits darauf hingewiesen, daß in Zukunft die Darlegung konkreter Anhaltspunkte für eine Schätzung des Stammkundenumsatzanteils an einer bestimmten Tankstelle aufgrund fortschreitender elektronischer Erfassung der Zahlungsvorgänge sich weniger schwierig gestalten und daher von dem Tankstellenhalter auch zu verlangen sein wird, so daß sich eine Heranziehung des weniger aussagekräftigen statistischen Materials weitgehend erübrigen kann (dazu näher Senatsurteile vom 10. Juli 2002 – VIII ZR 58/00, aaO unter B I 1 b aa, und VIII ZR 158/01, aaO unter II 1 b dd). Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht jedoch nicht festgestellt, daß die Möglichkeit einer konkreten, fallbezogenen Schätzung des Stammkundenumsatzanteils an der Tankstelle der Klägerin anhand einer elektronischen Auswertung der Zahlungsbelege bereits bestand. Entgegenstehenden Sachvortrag, den das Berufungsgericht übergangen hätte, zeigt die Revision nicht auf. Das Berufungsgericht durfte deshalb seiner Schätzung des Stammkundenumsatzanteils an der Tankstelle der Klägerin die Ergebnisse der MAFO-Studie noch zugrunde legen.
b) Aus dem gleichen Grund konnte sich das Berufungsgericht auch bei der Schätzung des auf Stammkunden entfallenden Anteils des Umsatzes der Waschstraße auf veröffentlichte Marktforschungsergebnisse über das Autowaschgeschäft stützen. Die Einwände der Beklagten gegen die Verwertung der von der Klägerin hierzu vorgelegten Presseveröffentlichung sind vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei für nicht durchgreifend erachtet worden. Die Annahme des Berufungsgerichts, daß der in einer Fachzeitschrift veröffentlichte Bericht über eine Marktuntersuchung zum Autowaschgeschäft für eine Schätzung des Stammkundenumsatzanteils einer Autowaschstraße ebenso geeignet erscheint wie die MAFO-Studie für den Kraftstoffbereich, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht war deshalb nicht daran gehindert, aufgrund des durch die Presseveröffentlichung gestützten Vorbringens der Klägerin die Überzeugung zu gewinnen, daß im Autowaschgeschäft 80 % aller Kunden von Autowaschstraßen Stammkunden einer bestimmten Anlage sind.
3. Die vom Berufungsgericht auf dieser Grundlage vorgenommene Schätzung des Stammkundenumsatzanteils hinsichtlich der Tankstelle und der Waschstraße auf jeweils 90 % kann jedoch keinen Bestand haben.
a) Der Senat hat in seinen Urteilen vom 10. Juli 2002 eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm gebilligt, die für das Tankstellengeschäft aus der MAFO-Studie einen Stammkundenumsatzanteil von 58,4 % errechnet hat (VIII ZR 58/00, aaO unter B I 1 b dd), und er hat ein Berufungsurteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg aufgehoben, das aus derselben Untersuchung einen Stammkundenumsatzanteil von mindestens 92 % hergeleitet hat (VIII ZR 158/01, aaO unter II 1 c aa). Ebenso wie in der zuletzt genannten Entscheidung liegt auch dem Berufungsurteil in der vorliegenden Sache die fehlerhafte Gleichsetzung des in der MAFO-Studie ermittelten prozentualen Anteils der „Stammtanker” – der befragten Pkw-Fahrer, die an einer oder bis zu drei Stammtankstellen tanken – mit dem prozentualen Anteil der Stammkunden an der Gesamtkundschaft einer einzelnen Tankstelle zugrunde (dazu näher Senatsurteil vom 10. Juli 2002 – VIII ZR 158/01, aaO).
Auf dieser fehlerhaften Grundlage errechnet das Berufungsgericht in der vorliegenden Sache aus der MAFO-Studie einen Stammkundenumsatzanteil von 92,79 %, den es unter Abzug eines Sicherheitsabschlages auf 90 % schätzt. Dabei hat das Berufungsgericht nicht beachtet, daß bei einer Übertragung der Ergebnisse der MAFO-Studie auf die Verhältnisse einer einzelnen Tankstelle in Deutschland (einer „Durchschnittstankstelle”) der prozentuale Umsatzanteil, der an dieser Tankstelle auf eine der drei Kundengruppen (Mehrfachkunden mit einer Stammtankstelle, Mehrfachkunden mit zwei oder drei Stammtankstellen, Laufkunden) entfällt, unter den dabei zu unterstellenden Voraussetzungen nicht größer sein kann, als der in der Repräsentativbefragung ermittelte Anteil dieser Kundengruppe an der Gesamtheit der Pkw-Fahrer (näher dazu Senatsurteile vom 10. Juli 2002 – VIII ZR 58/00, aaO unter B I 1 b dd aaa, und VIII ZR 158/01, aaO unter II 1 c aa). Deshalb kann der prozentuale Umsatzanteil, der an einer Durchschnittstankstelle auf „Stammtanker” im Sinne der MAFO-Umfrage entfällt (also Pkw-Fahrer mit bis zu drei Stammtankstellen), 73 % nicht übersteigen. Hinzu kommt, daß auch Stammkunden nicht ihren gesamten Bedarf an ihrer Stammtankstellen decken (können), weil sie (z.B. auf Reisen) einen Teil ihres Bedarfs woanders decken (müssen). Nach der MAFO-Studie tanken auch die Pkw-Fahrer, die eine oder mehrere Stammtankstellen haben, an diesen nur vier von fünfmal. Dieser Umstand rechtfertigt einen entsprechenden Abzug von 20 % bei der Berechnung des Stammkundenumsatzanteils auf der Grundlage der MAFO-Studie (vgl. Senatsurteil vom 10. Juli 2002 – VIII ZR 58/00, aaO unter B I 1 b dd bbb).
b) Die vorstehenden Überlegungen, die bei der Verwertung statistischer Ergebnisse der vorliegenden Art zu beachten sind, gelten für die vom Berufungsgericht vorgenommene Schätzung des Stammkundenumsatzanteils hinsichtlich der Waschstraße entsprechend. Hier hat das Berufungsgericht aus dem zugrunde gelegten Untersuchungsergebnis, daß 80 % der Kunden im Autowaschgeschäft Stammkunden einer bestimmten Autowaschanlage sind, ebenfalls fehlerhaft gefolgert, daß damit eine durchschnittliche Autowaschstraße 80 % Stammkunden und 20 % Laufkunden hat und auf die 80 % Stammkunden ein Umsatzanteil von 92,3 % entfalle. Zu einem höheren Stammkundenumsatzanteil als 80 % können die Ergebnisse der von der Klägerin vorgelegten Presseveröffentlichung unter den dabei zu unterstellenden Voraussetzungen nicht führen, wenn man diese Ergebnisse über die gedankliche Brücke einer „Durchschnittswaschstraße” auf die von der Klägerin betriebene Waschstraße überträgt (näher dazu hinsichtlich des Tankstellengeschäfts: Senatsurteile vom 10. Juli 2002, aaO).
III.
Vergeblich rügt die Revision hingegen, das Berufungsgericht habe in zu geringem Umfang vermittlungsfremde Provisionsanteile aus der Berechnung des Ausgleichsanspruchs ausgeklammert.
Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß bei der Ermittlung der Höhe des Ausgleichsanspruchs nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nur solche Provisionen oder Provisionsanteile zugrunde zu legen sind, die der Handelsvertreter für seine Vermittlungs- und Abschlußtätigkeit erhält, nicht dagegen Provisionen für vermittlungsfremde (sogenannte „verwaltende”) Tätigkeiten (Senatsurteile vom 10. Juli 2002, aaO unter B II bzw. II 2). Deren Anteil hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei in Höhe von 10 % der Provisionen für das Tankstellen- und Getränkemarktgeschäft sowie 50 % der Provisionen für das Autowaschgeschäft aus der Berechnung des Ausgleichsanspruchs ausgeklammert. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
Die Revision meint, im vorliegenden Fall sei für die Annahme eines die werbende Tätigkeit abgeltenden Vergütungsanteils überhaupt kein Raum, weil es sich bei den an die Klägerin gezahlten Provisionen – insbesondere im Autowaschgeschäft – um einen „reinen Kostendeckungsbeitrag” der Beklagten gehandelt habe, der nur dazu bestimmt gewesen sei, die hohen Betriebskosten der Klägerin zu decken. Die gezahlten Provisionen seien von diesen „Verwaltungskosten” im wesentlichen „aufgezehrt” worden, so daß die Klägerin in den drei Betriebszweigen, die sie als Handelsvertreter übernommen habe, keinen Gewinn erzielt habe. Der Klägerin stehe deshalb kein Ausgleichsanspruch zu.
Mit diesem Vorbringen kann die Revision nicht durchdringen. Sie verkennt, daß sich der Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters nicht nach dem betriebswirtschaftlichen Gewinn bemißt, den der Handelsvertreter mit den Provisionen nach Abzug seiner Betriebskosten als selbständiger Gewerbetreibender erwirtschaftet, und daß diese Betriebskosten, welche die Beklagte als „Verwaltungskosten” bezeichnet, nicht mit dem nach § 89 b HGB nicht ausgleichspflichtigen Provisionsanteil für „verwaltende Tätigkeiten” gleichzusetzen sind und von den Provisionen bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs deshalb auch nicht als vermittlungsfremder Provisionsanteil ohne weiteres abgezogen werden können.
1. Für den Ausgleichsanspruch nicht zu berücksichtigende Provisionen oder Provisionsanteile sind nur solche, die der Handelsvertreter für Tätigkeiten erhält, die über seine „werbende” (vermittelnde, abschließende) Tätigkeit hinausgehen und mit denen der Handelsvertreter zusätzliche, für die Schaffung eines Kundenstammes nicht ausschlaggebende Aufgaben erfüllt, die ihm der Unternehmer überträgt und vergütet (Senatsurteil vom 10. Juli 2002 – VIII ZR 58/00, aaO unter B II 1 m.Nachw.). Für die Erfüllung solcher zusätzlicher Aufgaben hat sich in der Rechtsprechung der Begriff „verwaltende Tätigkeiten” herausgebildet (zuletzt Senatsurteile vom 10. Juli 2002 – VIII ZR 58/00 aaO unter B II 2 a bb m.Nachw. und vom 25. September 2002 – VIII ZR 253/99, WM 2003, 504 = NJW 2003, 290 unter B II 3 b aa). Ob und inwieweit in der Provision eines Handelsvertreters auch Vergütungsanteile für vermittlungsfremde Tätigkeiten enthalten sind, richtet sich grundsätzlich nach der vertraglichen Vereinbarung, die der Tätigkeit des Handelsvertreters zugrunde liegt (st.Rspr., BGH, Urteil vom 15. November 1984 – I ZR 79/82, NJW 1985, 860 unter II 4; Urteil vom 28. April 1988 – I ZR 66/87, NJW-RR 1988, 1061 = WM 1988, 1204 unter II 2 b; zuletzt Senatsurteil vom 10. Juli 2002 – VIII ZR 58/00, aaO unter B II 2 b).
In dem Vertrag vom 21. Mai 1993 und den Zusatzvereinbarungen zu diesem Vertrag haben die Parteien jedoch keine Vereinbarung darüber getroffen, mit welchem Anteil der an die Klägerin zu zahlenden Provisionen werbende Tätigkeiten der Klägerin einerseits und verwaltende Tätigkeiten andererseits vergütet werden. Nach der Bestimmung unter III Nr. 6 des Vertrages sollen vielmehr durch die – im folgenden nach den einzelnen Betriebszweigen aufgeschlüsselte – umsatzabhängige Vergütung, welche die Klägerin erhält, alle von ihr im Rahmen des Vertrages zu erbringenden Leistungen und Verpflichtungen abgegolten werden, ohne daß an dieser oder einer anderen Stelle des Vertrages eine Aufteilung der Provision in Vergütung für werbende und Vergütung für verwaltende Leistungen der Klägerin erfolgt. Es ist deshalb davon auszugehen, daß nach der Vorstellung der Parteien die Provisionsanteile dem tatsächlichen Verhältnis von werbenden zu verwaltenden Tätigkeiten entsprechen sollen (st. Rspr., Senatsurteile vom 6. August 1997 – VIII ZR 150/96, NJW 1998, 66 unter B I 3, und VIII ZR 92/96, NJW 1998, 71 unter B I 1 a; zuletzt Senatsurteil vom 10. Juli 2002 – VIII ZR 58/00, aaO).
a) Für die Agenturtätigkeit eines Tankstellenhalters hat der Senat entschieden, daß Lagerung und Auslieferung, aber auch das Inkasso keine (nur) verwaltenden Tätigkeiten darstellen, sondern der Vermittlungstätigkeit des Handelsvertreters zuzurechnen sind, weil diesen Tätigkeiten jedenfalls auch eine werbende Funktion zukommt, was für eine Berücksichtigung der auf sie entfallenden Vergütungsanteile im Rahmen des Ausgleichsanspruchs ausreichend ist (zuletzt Senatsurteil vom 10. Juli 2002, aaO unter B II 2 b m.Nachw.). Dies bedeutet, daß auch die bei dem Tankstellenhalter für Lagerung, Auslieferung und Inkasso anfallenden Personal- und sonstigen Betriebskosten im Rahmen des § 89 b HGB nicht aus der Vergütung des Handelsvertreters herauszurechnen sind.
Die Vergütung, die ein Handelsvertreter als selbständiger Unternehmer für seine werbende Tätigkeit erhält, dient stets auch dazu, die dem Handelsvertreter hierfür entstehenden Betriebskosten zu decken (BGHZ 29, 83, 92). Für den Tankstellenhalter gilt nichts anderes. Mit der an ihn gezahlten Provision deckt auch er Kosten ab, die ihm durch seine werbende Tätigkeit entstehen. Von der Gesamtprovision ist deshalb für den Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB als Vermittlungsprovision der Vergütungsanteil, der auf werbende Tätigkeit des Tankstellenhalters entfällt und damit auch die für Lagerung, Auslieferung und Inkasso entstehenden Kosten abdeckt (z.B. Personalkosten), voll zu berücksichtigen. Nicht dagegen ist in die Berechnung des Ausgleichsanspruchs, wie die Revision meint, nur der Vergütungsanteil einzubeziehen, der dem Tankstellenhalter – nach Abzug seiner gesamten Betriebs- und Personalkosten – als Gewinn verbleibt. In dem Verhältnis zwischen Handelsvertreter und Unternehmer, auf das es in § 89 b HGB ankommt, ist nicht auf die Nettoeinnahme des Handelsvertreters abzustellen, die sich aus der Gesamtprovision nach Abzug der Unkosten ergibt, sondern auf dessen Bruttoprovision (BGHZ 29, 83, 92; BGHZ 41, 129, 134). Selbst wirtschaftliche Verluste bei der Führung des Geschäftsbetriebs schließen einen Ausgleichsanspruch im allgemeinen nicht aus (BGH, Urteil vom 2. Juli 1987 – I ZR 188/85, WM 1987, 1462 unter II A 5). Nur ausnahmsweise können besonders hohe, den Verdienst schmälernde Betriebskosten, die der Handelsvertreter nach Vertragsbeendigung erspart, zu einer Kürzung seines Ausgleichsanspruchs unter Billigkeitsgesichtspunkten führen (dazu unter IV).
b) Für den von der Klägerin als Handelsvertreter der Beklagten neben der Tankstelle übernommenen Betrieb der Waschstraße und des Getränkemarktes gilt im Grundsatz nichts anderes. Auch hier sind die Personal- und sonstigen Betriebskosten, die dadurch anfallen, daß die Klägerin durch das Offenhalten der betriebsbereiten Waschstraße und des Getränkemarktes um Kunden für die Beklagte wirbt, ein aus der Provision nicht herauszurechnender Teil der Vergütung für werbende Tätigkeit der Klägerin in diesen Geschäftsbereichen.
Das Berufungsgericht hat hinsichtlich des Autowaschgeschäfts zugunsten der Beklagten berücksichtigt, daß in diesem Betriebszweig – anders als im Tankstellen- und Getränkemarktgeschäft – besonders kostenintensive verwaltende Tätigkeiten anfielen und daß die Klägerin zur Abdeckung der damit verbundenen Kosten eine besonders hohe Umsatzprovision von zunächst 35 % und später 40 % erhielt. Daraus hat das Berufungsgericht zugunsten der Beklagten hergeleitet, daß der Berechnung des Ausgleichsanspruchs, soweit es um die Provisionen für die Umsätze der Waschstraße geht, ein Verwaltungsanteil von nicht lediglich 20 %, wie ihn die Klägerin zugestanden hat, sondern von 50 % zugrunde zu legen ist. Damit hat das Berufungsgericht die Besonderheiten der vertraglichen Vereinbarungen hinsichtlich des Autowaschgeschäfts zugunsten der Beklagten in diesem Zusammenhang ausreichend berücksichtigt. Das Vorbringen der Revision, der Verwaltungsanteil sei noch höher – mit 100 % – zu veranschlagen, weil die bei der Klägerin anfallenden Betriebskosten im Autowaschgeschäft vollständig von der Provision abzuziehen seien und diese „aufgezehrt” hätten, ist – wie dargelegt – im rechtlichen Ansatz unzutreffend und deshalb hier unerheblich. Für eine Bestimmung der Höhe des Vergütungsanteils für werbende Tätigkeit einerseits und des nicht ausgleichspflichtigen Vergütungsanteils für verwaltende Tätigkeit andererseits kommt es auf die Nettoeinnahmen des Handelsvertreters nicht an.
2. Davon abgesehen hat das Berufungsgericht das Vorbringen der Beklagten, die bei der Klägerin anfallenden Betriebskosten im Autowaschgeschäft seien insgesamt der verwaltenden Tätigkeit zuzuordnen und ebenso hoch gewesen wie die an die Klägerin für diesen Betriebszweig gezahlte Provision, zu Recht als auch in tatsächlicher Hinsicht unsubstantiiert angesehen. Dies geht zu Lasten der Beklagten.
a) Ohne Erfolg hält die Revision dem entgegen, es sei Sache der Klägerin und nicht der Beklagten, darzulegen und zu beweisen, in welchem Umfang die von der Klägerin vereinnahmte Gesamtprovision als Entgelt für werbende Tätigkeiten anzusehen war.
Wenn – wie hier – in dem von dem Unternehmer vorgegebenen Vertrag nicht geregelt ist, in welchem Umfang mit den Provisionen bestimmte Tätigkeiten vergütet werden, dann obliegt es dem Unternehmer, im Fall einer Auseinandersetzung um die Auslegung des von ihm vorformulierten Vertrages im einzelnen darzulegen, welche Aufteilung der Provision nach dem Vertrag angemessen ist, wenn er von der Beurteilung seines Vertragspartners abweichen will (st.Rspr., zuletzt Senatsurteile vom 10. Juli 2002 – VIII ZR 158/01, aaO unter II 2, und 25. September 2002 – VIII ZR 253/99, aaO unter B II 3 b bb). Die Beklagte hätte deshalb substantiiert darlegen müssen, welche Aufteilung der an die Klägerin gezahlten Vergütung auf die vertraglich übernommenen „verwaltenden” Tätigkeiten der Klägerin und die mit diesen Tätigkeiten verbundenen und durch die Provision abgegoltenen Betriebskosten einerseits und die werbende Tätigkeit der Klägerin (einschließlich der darauf entfallenden und mit der Provision abgegoltenen Betriebskosten) andererseits dem tatsächlichen Verhältnis von werbenden Tätigkeiten (einschließlich Betriebskostenanteil) zu verwaltenden Tätigkeiten (einschließlich Betriebskostenanteil) entspricht. Daran fehlt es jedoch.
b) Übergangenen Sachvortrag der Beklagten, aus dem herzuleiten wäre, daß auf verwaltende Tätigkeiten der Klägerin höhere Vergütungsanteile entfallen als die vom Berufungsgericht zugunsten der Beklagten angesetzten jeweils 10 % im Tankstellen- und Getränkemarktgeschäft sowie 50 % im Autowaschgeschäft, zeigt die Revision nicht auf. Sie rügt vergeblich, daß sich das Berufungsgericht nicht mit dem Vorbringen der Beklagten in deren Schriftsatz vom 18. Oktober 2000 auseinandergesetzt habe (§ 286 ZPO). Hieraus ist ein höherer Vergütungsanteil für verwaltende Tätigkeiten, als ihn das Berufungsgericht zugunsten der Beklagten angesetzt hat, schon deshalb nicht herzuleiten, weil die Beklagte die Betriebskosten für werbende und verwaltende Tätigkeiten nicht trennt, sondern – wie dargelegt – in rechtlich verfehlter Weise insgesamt der verwaltenden Tätigkeit der Klägerin zuschlägt. Es bedarf deshalb keiner näheren Prüfung, welche der von der Klägerin in II Nr. 4 und 5 des Vertrages vom 21. Mai 1993 übernommenen Verpflichtungen im einzelnen der verwaltenden und nicht auch der werbenden Tätigkeit der Klägerin zuzuordnen sind.
IV.
Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif und deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit das Berufungsgericht Gelegenheit hat, die Schätzung des Stammkundenumsatzanteils im Tankstellen- und Autowaschgeschäft erneut vorzunehmen.
Hinsichtlich der Billigkeitsprüfung nach § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB weist der Senat auf folgendes hin:
1. Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht hätte anspruchsmindernd berücksichtigen müssen, daß die Beklagte das Objekt mit hohem Kostenaufwand modernisiert und der Klägerin die umbaubedingten Einnahmeverluste durch Zahlung von 85.100 DM ausgeglichen habe. Die Beklagte hat nicht dargelegt, inwiefern die Klägerin von dieser Modernisierungsmaßnahme in einer Weise profitiert haben soll, die eine Kürzung ihres Ausgleichsanspruchs rechtfertigen würde. Dagegen spricht, daß die Beklagte den Vertrag mit der Klägerin bereits kurz nach dem Umbau des Objektes gekündigt hat.
2. Das Berufungsgericht hatte entgegen der Auffassung der Revision im Rahmen der Billigkeitsprüfung auch nicht nochmals zu berücksichtigen, daß die vierjährige Geschäftstätigkeit der Klägerin durch einen Rückgang des Gesamtumsatzes um 25 % geprägt war. Unter diesem Gesichtspunkt hat das Berufungsgericht den Anspruch der Klägerin bereits bei der Ermittlung der von der Klägerin neu geworbenen Stammkunden erheblich gekürzt (oben unter I 3 b).
3. Ebenfalls zu Unrecht meint die Revision, ein Ausgleichsanspruch stehe der Klägerin unter Billigkeitsgesichtspunkten deshalb nicht zu, weil die Klägerin ihren Geschäftsbetrieb nach Vertragsbeendigung eingestellt habe. Dieser Umstand schließt einen Ausgleichsanspruch nicht aus (BGH, Urteil vom 2. Juli 1987 – I ZR 188/95, WM 1987, 1462 unter II A 4). Der Berechnung des Ausgleichsanspruchs liegt die Fiktion zugrunde, daß der Handelsvertreter seine Tätigkeit für den Unternehmer fortgesetzt hätte, wenn der Vertrag nicht beendet worden wäre (st.Rspr.; BGHZ 24, 223, 227; BGHZ 141, 248, 253 m.Nachw.).
4. Hinsichtlich des Autowaschgeschäfts weist die Revision aber zu Recht darauf hin, daß die Klägerin infolge der Vertragsbeendigung erhebliche Betriebskosten erspart habe und dies vom Berufungsgericht nicht hinreichend berücksichtigt worden sei. In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß die Ersparnis von Betriebskosten, die den Verlust des Handelsvertreters nach Vertragsbeendigung mildert, im Rahmen der Billigkeit anspruchsmindernd zu berücksichtigen ist, wenn die während der Vertragsdauer vom Handelsvertreter zu tragenden Betriebskosten, die nunmehr entfallen, besonders hoch waren (BGHZ 41, 129, 135; BGHZ 56, 242, 249). Dabei ist allerdings auch im Rahmen der Billigkeitserwägungen nicht auf den Reinverdienst des Handelsvertreters etwa in der Weise abzustellen, daß alle Betriebskosten abzusetzen wären (BGHZ 41, 129, 134 f.).
Das Berufungsgericht hat sich bei der Billigkeitsprüfung zwar mit der Ersparnis von Betriebskosten auseinandergesetzt, eine Kürzung des Ausgleichsanspruchs unter diesem Gesichtspunkt aber nicht für geboten erachtet, weil ein hoher Verwaltungsanteil von 50 % bereits bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs für die Waschanlage abgesetzt worden sei. Bei der erneuten Entscheidung wird das Berufungsgericht aber zu erwägen haben, ob darüber hinaus eine weitere Kürzung des Ausgleichsanspruchs der Klägerin für das Autowaschgeschäft unter dem Gesichtspunkt ersparter Betriebskosten angemessen und billig ist. Im Autowaschgeschäft hat die Klägerin eine Provision von zuletzt 40 % erhalten, deren außergewöhnliche Höhe darauf beruht, daß die Klägerin nach der vertraglichen Vereinbarung alle laufenden Betriebskosten der Waschanlage zu tragen hatte. Auch nach Abzug des Verwaltungsanteils von 50 % verbleibt im Autowaschgeschäft eine Vermittlungsprovision von 20 % des Umsatzes in diesem Betriebszweig, die im Vergleich zur Höhe der Vermittlungsprovision in den beiden anderen Betriebszweigen aus dem Rahmen fällt. Dies legt die Annahme nahe, daß mit der weiterhin hohen Vermittlungsprovision im Autowaschgeschäft auch hohe Betriebskosten für die werbende Tätigkeit der Klägerin in diesem Betriebszweig abgegolten wurden, deren Ersparnis eine Minderung des Ausgleichsanspruchs unter den Gesichtspunkten der Angemessenheit und Billigkeit rechtfertigen kann. Das Berufungsgericht war deshalb nicht, wie es gemeint hat, daran gehindert, im Rahmen seiner Billigkeitsprüfung zu erwägen, ob sich nicht die jetzt entfallenden hohen Betriebskosten im Autowaschgeschäft – bezogen auf den Vergütungsanteil für werbende Tätigkeit der Klägerin – nochmals anspruchsmindernd auswirken.
Unterschriften
Dr. Deppert, Ball, Wiechers, Dr. Wolst, Dr. Frellesen
Fundstellen