Leitsatz (amtlich)
Der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung muss für eine Organisation sorgen, die ihm die zur Wahrnehmung seiner Pflichten erforderliche Übersicht über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft jederzeit ermöglicht (Bestätigung von BGH, Urt. v. 20.2.1995 - II ZR 9/94, ZIP 1995, 560).
Normenkette
GmbHG § 64 Abs. 2 aF
Verfahrensgang
KG Berlin (Urteil vom 10.06.2010; Aktenzeichen 19 U 125/09) |
LG Berlin (Entscheidung vom 25.08.2009; Aktenzeichen 91 O 17/09) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 19. Zivilsenats des KG vom 10.6.2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Der Beklagte war alleiniger Geschäftsführer der K. & K. Produktions GmbH (im Folgenden: Schuldnerin), über deren Vermögen auf Eigenantrag vom 15.10.2004 am 16.11.2004 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Er verlangt mit der Behauptung, die Schuldnerin sei bereits seit Ende 2003 zahlungsunfähig und überschuldet gewesen, von dem Beklagten gem. § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. Zahlungen i.H.v. insgesamt 523.722,39 EUR ersetzt, die zwischen dem 1.1. und dem 15.10.2004 zu Lasten des Gesellschaftsvermögens geleistet wurden. Das LG hat der auf Zahlung von 523.722,39 EUR zzgl. vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten von 4.305 EUR (insgesamt 528.027,39 EUR) nebst Zinsen gerichteten Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision des Klägers, mit der er seinen Zahlungsantrag weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
Rz. 2
Über die Revision des Klägers ist, da der Beklagte und seine Streithelferin trotz ordnungsgemäßer Ladung im Verhandlungstermin vor dem Senat nicht vertreten waren, durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil beruht aber inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer sachlichen Prüfung des Revisionsantrags (BGH, Urt. v. 4.4.1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81).
Rz. 3
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Rz. 4
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Rz. 5
Es könne nicht festgestellt werden, dass die Schuldnerin zum 31.12.2003 zahlungsunfähig gewesen sei. Die Forderungen der M. M. GmbH und der C. F. GmbH, auf die sich der Kläger zur Darlegung einer 10 % übersteigenden Liquiditätslücke berufen habe, hätten nach dem für die Berufungsentscheidung zugrunde zu legenden Sachverhalt Ende 2003 (noch) nicht bestanden oder seien nicht ernsthaft eingefordert worden. Die gleichfalls vom Kläger angeführten Beitragsforderungen der Berufsgenossenschaft für die Jahre 2002 und 2003i.H.v. insgesamt 251.855,19 EUR seien bei der Beurteilung der Liquiditätslage Ende 2003 nicht zu berücksichtigen, weil der Betrag erst mit Bescheid vom 30.4.2004 angefordert und außerdem eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen worden sei. Auch für einen späteren Zeitpunkt im Jahr 2004 habe der Kläger eine Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nicht dargetan.
Rz. 6
Ob die Schuldnerin zum 31.12.2003 überschuldet gewesen sei, könne offen bleiben, da der Beklagte zu diesem Zeitpunkt - unabhängig von seinen kaufmännischen Kenntnissen - eine etwaige Überschuldung nicht habe erkennen können. Anzeichen einer Krise hätten zum Jahreswechsel 2003/2004 nicht vorgelegen. Aus betriebswirtschaftlichen Auswertungen habe eine Überschuldung nicht entnommen werden können, da dort grundsätzlich keine Rückstellungen für künftige Verbindlichkeiten ausgewiesen würden. Frühestens Anfang Mai 2004, nach dem Zugang des Bescheids der Berufsgenossenschaft, habe für den Beklagten Anlass bestanden, die Vermögenslage der Schuldnerin näher zu überprüfen. Dass die Schuldnerin zu diesem späteren Zeitpunkt (noch) überschuldet gewesen sei, habe der Kläger aber nicht dargetan.
Rz. 7
II. Diese Ausführungen halten revisionsgerichtlicher Nachprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Das Berufungsgericht hat für den Zeitraum bis Anfang Mai 2004 ein Verschulden des Beklagten mit rechtsfehlerhaften Erwägungen verneint und im Hinblick auf den nachfolgenden Zeitraum rechtsfehlerhaft angenommen, der Kläger habe eine Überschuldung der Schuldnerin zum Zeitpunkt Anfang Mai 2004 auch dann darzulegen, wenn - was das Berufungsgericht offen gelassen hat - eine Überschuldung für den Zeitpunkt Ende 2003 festgestellt werden kann.
Rz. 8
1. Nach § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG in der bis 31.10.2008 gültigen Fassung ist der Geschäftsführer der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Feststellung der Überschuldung geleistet wurden. Nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalt sind die objektiven Anspruchsvoraussetzungen erfüllt. Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die Schuldnerin Ende 2003 überschuldet war, so dass für das Revisionsverfahren dem Vortrag des Klägers entsprechend davon auszugehen ist, dass zu diesem Zeitpunkt Insolvenzreife unter dem Gesichtspunkt der Überschuldung bestand. Mit dem Eintritt der Insolvenzreife begann das aus § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG a.F. folgende Zahlungsverbot (vgl. BGH, Urt. v. 16.3.2009 - II ZR 280/07, ZIP 2009, 860 Rz. 12). Auf eine Feststellung der Überschuldung durch den Geschäftsführer kommt es ungeachtet der scheinbar abweichenden Formulierung des Gesetzes nicht an (vgl. BGH, Urt. v. 29.11.1999 - II ZR 273/98, BGHZ 143, 184, 185).
Rz. 9
a) Das Berufungsgericht ist im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass die Haftung des Geschäftsführers nach § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG a.F. Verschulden voraussetzt. Einfache Fahrlässigkeit genügt. Maßstab ist nach § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG a.F. die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns. Auf die individuellen Fähigkeiten des in Anspruch genommenen Geschäftsführers kommt es nicht an; mangelnde Sachkenntnis entschuldigt ihn nicht (Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 10. Aufl., § 64 Anh. Rz. 48; Haas in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 64 Rz. 84).
Rz. 10
Zu Lasten eines Geschäftsführers, der in der in § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. beschriebenen Lage der Gesellschaft Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen leistet, wird vermutet, dass er dabei schuldhaft, nämlich nicht mit der von einem Vertretungsorgan einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu fordernden Sorgfalt gehandelt hat (vgl. nur BGH, Urt. v. 27.3.2012 - II ZR 171/10, ZIP 2012, 1174, Rz. 13 m.w.N.). Als Ausgangspunkt des subjektiven Tatbestands des § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. reicht die Erkennbarkeit der Insolvenzreife aus, wobei die Erkennbarkeit als Teil des Verschuldens vermutet wird (BGH, Urt. v. 29.11.1999 - II ZR 273/98, BGHZ 143, 184, 185; Urt. v. 15.3.2011 - II ZR 204/09, ZIP 2011, 1007 Rz. 38; Urt. v. 27.3.2012 - II ZR 171/10, ZIP 2012, 1174 Rz. 13).
Rz. 11
Wie das Berufungsgericht gleichfalls noch zu Recht angenommen hat, wird von dem Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung erwartet, dass er sich über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft stets vergewissert. Hierzu gehört insb. die Prüfung der Insolvenzreife. Bei Anzeichen einer Krise hat er sich durch Aufstellung eines Vermögensstatus einen Überblick über den Vermögensstand zu verschaffen. Der Geschäftsführer handelt fahrlässig, wenn er sich nicht rechtzeitig die erforderlichen Informationen und die Kenntnisse verschafft, die er für die Prüfung benötigt, ob er pflichtgemäß Insolvenzantrag stellen muss. Sofern er nicht über ausreichende persönliche Kenntnisse verfügt, muss er sich ggf. fachkundig beraten lassen (BGH, Urt. v. 6.6.1994 - II ZR 292/91, BGHZ 126, 181, 199; Urt. v. 20.2.1995 - II ZR 9/94, ZIP 1995, 560, 561; Urt. v. 14.5.2007 - II ZR 48/06, ZIP 2007, 1265 Rz. 16; Urt. v. 27.3.2012 - II ZR 171/10, ZIP 2012, 1174, Rz. 15).
Rz. 12
b) Mit rechtsfehlerhafter Begründung ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, die an den Entlastungsbeweis des Geschäftsführers zu stellenden Anforderungen seien im Streitfall erfüllt.
Rz. 13
aa) Ob der Geschäftsführer seiner Pflicht zur laufenden Beobachtung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens und näheren Überprüfung im Falle krisenhafter Anzeichen hinreichend nachgekommen ist, kann nur unter umfassender Berücksichtigung der für die Gesellschaft wirtschaftlich relevanten Umstände beurteilt werden, die dem Geschäftsführer bekannt waren oder bekannt sein mussten. Dem Geschäftsführer, der die Vermutung schuldhaften Verhaltens zu widerlegen hat, obliegt es, die Gründe vorzutragen und zu erläutern, die ihn gehindert haben, eine tatsächlich bestehende Insolvenzreife der Gesellschaft zu erkennen. Bei der Bewertung dieses Vorbringens ist zu berücksichtigen, dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung für eine Organisation sorgen muss, die ihm die zur Wahrnehmung seiner Pflichten erforderliche Übersicht über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft jederzeit ermöglicht (BGH, Urt. v. 20.2.1995 - II ZR 9/94, ZIP 1995, 560, 561; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl., § 43 Rz. 23; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 35 Rz. 33).
Rz. 14
Gemessen hieran sind die Erwägungen unzureichend, mit denen das Berufungsgericht angenommen hat, die - mögliche - Überschuldung der Schuldnerin Ende 2003 sei für den Beklagten nicht erkennbar gewesen. Allerdings ist es Sache tatrichterlicher Würdigung, im Einzelfall zu beurteilen, ob der Geschäftsführer die Insolvenzreife der Gesellschaft erkennen konnte. Revisionsrechtlich ist nur zu prüfen, ob der Tatrichter hierbei alle maßgeblichen Umstände berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat (vgl. BGH, Urt. v. 16.3.2009 - II ZR 280/07, ZIP 2009, 860 Rz. 19 [zu § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG]). Solche Rechtsfehler sind hier aber gegeben. Die Würdigung des Berufungsgerichts erfasst nicht alle für die Erkennbarkeit einer Überschuldung im Streitfall wesentlichen Gesichtspunkte.
Rz. 15
bb) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Bilanz zum 31.12.2002 sei ausgeglichen gewesen und die Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2002 habe einen Gewinn von knapp 160.000 EUR ausgewiesen. Liquidität sei ausweislich der Bilanz zum 31.12.2003 in einer Höhe von ca. 300.000 EUR und damit ausreichend vorhanden gewesen. Die Schuldnerin habe ihre laufenden Zahlungen nicht einstellen oder beschränken müssen. Sie habe unstreitig fortlaufend weitere Einnahmen erzielt, die ihr in dieser Zeit eine Erfüllung der im laufenden Geschäftsbetrieb entstehenden Verbindlichkeiten innerhalb der gesetzten Zahlungsziele ermöglicht hätten.
Rz. 16
Diese Feststellungen betreffen einerseits die bilanzielle Situation der Schuldnerin ein Jahr vor dem hier maßgeblichen Zeitpunkt und andererseits die Frage der Zahlungsfähigkeit. Sie schließen eine mögliche Überschuldung zum 31.12.2003 und deren Erkennbarkeit für den Beklagten nicht aus. Offen bleibt insb., ob (nicht sofort fällige) Verbindlichkeiten in beträchtlicher Größenordnung aufgelaufen waren und der Beklagte dies hätte bemerken müssen. Weiter zieht das Berufungsgericht zwar in Betracht, dass die - mögliche - Überschuldung für den Beklagten mit Zugang des Bescheids der Berufsgenossenschaft vom 30.4.2004 erkennbar geworden sei, befasst sich aber nicht mit der naheliegenden Frage, ob der Beklagte mit dem Bestehen und der ungefähren Höhe der aus den Jahren 2002 und 2003 herrührenden Beitragsforderungen nicht schon zum Jahreswechsel 2003/2004 rechnen musste.
Rz. 17
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist eine Erkennbarkeit der (möglichen) Überschuldung aufgrund der betriebswirtschaftlichen Auswertungen nicht deshalb von vornherein auszuschließen, weil dort grundsätzlich keine Rückstellungen für künftige Verbindlichkeiten ausgewiesen werden. Denn derartige Rückstellungen müssen, worauf die Revision zu Recht hinweist, dem mit der gebotenen Sorgfalt handelnden Geschäftsführer ohnehin bekannt sein. Es obliegt dem Beklagten, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass sich aus dem Inhalt der betriebswirtschaftlichen Auswertungen in Verbindung mit dem Kenntnisstand, der von ihm als Geschäftsführer außerdem zu erwarten war, keine Anhaltspunkte für eine Überschuldung ergaben.
Rz. 18
2. Nicht frei von Rechtsfehlern ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger müsse die behauptete Überschuldung der Schuldnerin, die es für den Zeitpunkt Ende 2003 hat dahinstehen lassen, für einen späteren Zeitpunkt im Laufe des Jahres 2004, zu dem die Erkennbarkeit der Insolvenzreife für den Beklagten in Betracht zu ziehen sei, erneut darlegen.
Rz. 19
Das Berufungsgericht hat insoweit nicht berücksichtigt, dass bei Annahme einer Überschuldung zum 31.12.2003 eine tatsächliche Vermutung dafür spricht, dass die Schuldnerin auch in der Folgezeit bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 16.11.2004 überschuldet war (vgl. BGH, Urt. v. 12.3.2007 - II ZR 315/05, ZIP 2007, 1060 Rz. 15; Urt. v. 27.4.2009 - II ZR 253/07, ZIP 2009, 1220 Rz. 10; Urt. v. 15.3.2011 - II ZR 204/09, ZIP 2011, 1007 Rz. 10).
Rz. 20
3. Da das Berufungsurteil bereits wegen der aufgezeigten Rechtsfehler der Aufhebung unterliegt, kommt es auf die Rügen der Revision, die die Feststellungen des Berufungsgerichts zur Frage der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin betreffen, nicht mehr an.
Rz. 21
III. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit das Berufungsgericht - ggf. nach ergänzendem Parteivortrag - die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Rz. 22
Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht auch Gelegenheit, sich mit dem Revisionsvorbringen des Klägers zu befassen, die Forderung der Berufsgenossenschaft sei schon lange vor dem Bescheid vom 30.4.2004 geltend gemacht worden und dem Beklagten bekannt gewesen. Der Kläger hat hierzu nach der Verkündung des Berufungsurteils den Beitragsbescheid der Berufsgenossenschaft vom 3.4.2003, das Widerspruchsschreiben der Schuldnerin vom 30.4.2003 und den weiteren Bescheid vom 30.5.2003 vorgelegt.
Rz. 23
Sollte die Berufsgenossenschaft die Beiträge für 2002 und 2003 noch im Laufe des Jahres 2003 festgesetzt und angefordert haben, könnte dies auch bei einer erneuten Überprüfung der Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin ab dem Jahreswechsel 2003/2004 zu berücksichtigen sein.
Rz. 24
Gegebenenfalls kann auch die Anwendung des § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO in Betracht kommen. Danach ist Zahlungsunfähigkeit in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Dafür reicht ein nach außen hervortretendes Verhalten, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für eine Zahlungseinstellung aus, auch wenn noch geleistete Zahlungen beträchtlich sind, aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen. Sogar die Nichtzahlung einer einzigen Verbindlichkeit kann eine Zahlungseinstellung begründen, wenn die Forderung von insgesamt nicht unbeträchtlicher Höhe ist. Haben im fraglichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht beglichen worden sind, ist regelmäßig von Zahlungseinstellung auszugehen (BGH, Urt. v. 30.6.2011 - IX ZR 134/10, ZIP 2011, 1416 Rz. 12, 15; Urt. v. 24.1.2012 - II ZR 119/10, ZIP 2012, 723 Rz. 13; Urteil vom 27.3.2012 - II ZR 171/10 Rz. 25). Auch der Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung kann auf eine Zahlungseinstellung hinweisen (BGH, Urt. v. 30.6.2011 - IX ZR 134/10, ZIP 2011, 1416 Rz. 17).
Fundstellen
Haufe-Index 3219281 |
BB 2012, 1997 |
BB 2012, 2527 |
DB 2012, 1797 |