Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesellschaft mit Betriebsstätte in einem Drittstaat, Berücksichtigung der Verluste aus dieser Betriebsstätte
Leitsatz (amtlich)
Eine nationale Steuerregelung, wonach eine Gesellschaft, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat hat, bei der Ermittlung ihres Gewinns nicht die Verluste aus einer Betriebsstätte in einem Drittstaat abziehen kann, berührt vorwiegend die Ausübung der Niederlassungsfreiheit im Sinne der Art. 43 bis 48 EG. Diese Bestimmungen können bei einem Sachverhalt, der eine Betriebsstätte in einem Drittstaat betrifft, nicht geltend gemacht werden.
Normenkette
EGVtr Art. 43, 48
Beteiligte
Stahlwerk Ergste Westig GmbH |
Finanzamt Düsseldorf-Mettmann |
Verfahrensgang
Tatbestand
„Art. 104 § 3 Abs. 1 der Verfahrensordnung ‐ Antwort, die klar aus der Rechtsprechung abgeleitet werden kann ‐ Freier Kapitalverkehr ‐ Einkommensteuer ‐ Gesellschaft mit Betriebsstätten in einem Drittstaat ‐ Berücksichtigung der Verluste aus diesen Betriebsstätten“
In der Rechtssache C-415/06
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Bundesfinanzhof (Deutschland) mit Entscheidung vom 22. August 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 11. Oktober 2006, in dem Verfahren
Stahlwerk Ergste Westig GmbH
gegen
Finanzamt Düsseldorf-Mettmann,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)
unter Mitwirkung von R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Achten Kammer sowie der Richter E. Juhász und J. Malenovský,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: R. Grass,
gemäß Art. 104 § 3 Abs. 1 der Verfahrensordnung, wonach der Gerichtshof durch mit Gründen versehenen Beschluss entscheiden kann,
nach Anhörung der Generalanwältin
folgenden
Beschluss
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 56 EG bis 58 EG.
2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits der Stahlwerk Ergste Westig GmbH (im Folgenden: Stahlwerk Ergste Westig) gegen das Finanzamt Düsseldorf-Mettmann (im Folgenden: Finanzamt) wegen des Abzugs der Verluste aus in einem Drittstaat ansässigen Personengesellschaften, deren sämtliche Anteile von Stahlwerk Ergste Westig gehalten werden.
Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen
3
Stahlwerk Ergste Westig ist eine deutsche Gesellschaft, die in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist. Im Steuerjahr 1999, hielt sie 100 % der Anteile von zwei amerikanischen Personengesellschaften, die von dem vorlegenden Gericht als Betriebsstätten eingestuft werden.
4
Diese zwei Gesellschaften erlitten im genannten Steuerjahr 1999 Verluste in Höhe von 3 425 382 DM, die Stahlwerk Ergste Westig bei der Berechnung des Gesamtbetrags ihrer Einkünfte in Deutschland in diesem Steuerjahr abzog.
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Das Finanzamt lehnte einen solchen Verlustabzug ab. Es begründete dies vor allem damit, dass Einkünfte aus Betriebsstätten nach Art. 7 Abs. 1 und Art. 23 Abs. 2 Buchst. a Satz 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern vom 29. August 1989 (BGBl. 1991 II, S. 355, im Folgenden: deutsch-amerikanisches Doppelbesteuerungsabkommen) von der Steuer in Deutschland befreit sind.
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Die Klage von Stahlwerk Ergste Westig gegen diese Entscheidung des Finanzamts wies das Finanzgericht Düsseldorf mit Urteil vom 14. September 2004 ab.
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Der mit dem Rechtsstreit befasste Bundesfinanzhof, stellt fest, dass eine Unvereinbarkeit der nationalen Steuerregelung mit dem Gemeinschaftsrecht voraussetze, dass nicht nur die Niederlassungsfreiheit, sondern auch die Freiheit des Kapitalverkehrs verletzt sei.
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Der Bundesfinanzhof hat daher das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist es mit Art. 56 EG und Art. 58 EG vereinbar, wenn ein deutsches Unternehmen mit Einkünften aus Gewerbebetrieb Verluste aus einer Betriebsstätte in einem Drittstaat (hier: die Vereinigten Staaten von Amerika) bei der Gewinnermittlung nicht abziehen kann, weil nach dem maßgeblichen Doppelbesteuerungsabkommen entsprechende Betriebsstätteneinkünfte nicht der deutschen Besteuerung unterliegen?
2. Ist eine abkommensrechtliche Regelung mit dem vorgenannten Inhalt im Hinblick auf die Vorbehaltsklausel in Art. 57 Abs. 1 Satz 1 EG dann mit Gemeinschaftsrecht vereinbar, wenn die maßgeblichen Bestimmungen des Doppelbesteuerungsabkommens schon am 31. Dezember 1993 bestanden haben, der sich aus ihnen ergebende Ausschluss der Berücksichtigung von Verlusten aber bis zum Jahr 1998 durch das innerstaatliche deutsche Recht aufgehoben wurde?
Entscheidungsgründe
Zu den Vorlagefragen
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Der Gerichtshof kann gemäß Art. 104 § 3 Abs. 1 der Verfahrensordnung durch mit Gründen versehenen Beschluss entscheiden, wenn die Antwort auf die zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage klar aus d...