Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzbesteuerung von Reiseleistungen
Leitsatz (redaktionell)
In dem Verfahren ging es um die Auslegung von Artikel 26 der 6. EG-Richtlinie (Sonderregelung für Reisebüros). Streitig war die Frage des Orts der Leistung eines Reiseveranstalters, der seine Zentrale in Dänemark hat und Pauschalreisen über eine hundertprozentige Tochtergesellschaft mit Sitz in Großbritannien verkauft. Die britische Finanzverwaltung war der Auffassung, die Gewinnmarge der dänischen Muttergesellschaft unterliege in Großbritannien der Mehrwertsteuer, weil die Gesellschaft den Sitz ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit dort habe bzw. Dienstleistungen von einer dort gelegenen Betriebsstätte aus erbracht habe.
Der EuGH hat entschieden, daß die Reiseleistungen der dänischen Muttergesellschaft nicht am Ort ihres Sitzes in Dänemark, sondern am Ort der Betriebsstätte in Großbritannien zu versteuern sind. Diese Betrachtungsweise setzt nach dem Urteil voraus, daß die britische Tochtergesellschaft als bloße Hilfsperson der dänischen Muttergesellschaft handelt, die über Personal- und Sachmittel verfügt, die eine feste Niederlassung (Betriebsstätte) im Sinne des Artikels 9 Abs. 1 bzw. Artikels 26 der 6. EG-Richtlinie kennzeichnen.
Beteiligte
Commissioners of Customs & Excise |
Gründe
Urteil des Gerichtshofes
(Fünfte Kammer)
„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie – Sonderregelung für Reisebüros – Ort der
Besteuerung einer DienstIeistung”
In der Rechtssache C-260/95
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag vom High Court of Justice (Queen's Bench Division) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Commissioners of Customs & Excise
gegen
DFDS A/S
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 26 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABI. L 145, S. 1)
erläßt
Der Gerichtshof
(Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. C Moitinho de Almeida, der Richter L. Sevón, D. A. O. Edward, J.-P. Puissochet (Berichterstatter) und M. Wathelet,
Generalanwalt: A. La Pergola
Kanzler L. Hewlett, Verwaltungsrätin
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
der DFDS A/S, vertreten durch Queen's Counsel K. P. E. Lasok, beauftragt von Solicitor A. FishIeigh,
der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Braviner vom Treasury Solicitor's Department als Bevollmächtigten, Beistand: Barrister S. Richards und P. Mantle,
der italienischen Regierung, vertreten durch Professor U. Leanza, Leiter des Servizio del contenzioso diplomatico des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigten, Beistand: Avvocato dello Stato M. Fiorilli,
der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch P. Oliver und E. Traversa, beide Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der DFDS A/S, vertreten durch K. P. E. Lasok, der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Ridley vom Treasury Solicitor's Department als Bevollmächtigte, Beistand: S. Richards und P. Mantle, der deutschen Regierung, vertreten durch Ministerialrat E. Röder, Bundesministerium für Wirtschaft, als Bevollmächtigten, und der Kommission, vertreten durch P. Oliver und E. Traversa, in der Sitzung vom 7. November 1996,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. Januar 1997,
folgendes
Urteil
1 Der High Court of Justice (Queen's Bench Division) hat mit Beschluß vom 18. Juli 1995, beim Gerichtshof eingegangen am 4. August 1995, gemäß Artikel 177 EG Vertrag eine Frage nach der Auslegung des Artikels 26 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1971 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige BemessungsgrundIage (ABI. L 145, S. 1; im folgenden: Sechste Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2 Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen den Commissioners of Customs & Excise und der dänischen GeseIlschaft DFDS A/S (im folgenden: DFDS) über die Frage, ob die Letztgenannte für Pauschalreisen, die ihre englische Tochtergesellschaft DFDS Ltd in ihrem Namen verkauft, im Vereinigten Königreich mehrwertsteuerpflichtig ist.
3 ArtikeI 26 der Sechsten Richtlinie sieht eine Sonderregelung für die Umsätze von Reisebüros und Reiseveranstaltern vor, soweit diese gegenüber den Reisenden im eigenen Namen auftreten und für die Durchführung der Reise Lieferungen und Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger in Anspruch nehmen. Artikel 26 Absatz 2 hat folgenden Wortlaut:
„Die bei Durchführung der Reise vom Reisebüro erbrachten Umsätze gelten als eine einheitliche Dienstleistung des Reisebüros an den Reisenden. Sie wird in dem Mitgliedstaat besteuert, in dem das Reisebüro den Sitz seiner wirtschaftliche...