Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückwirkende Anwendung der Steuerstundungsmodelle nach § 15b EStG auf sämtliche Kapitaleinkünfte im Veranlagungszeitraum 2006 auch bei bereits im Dezember 2005 erfolgter Beteiligung nicht verfassungswidrig. § 15b EStG insgesamt nicht verfassungswidrig. fremdfinanzierter Erwerb einer „Asset Link Note” von einer Fondsgesellschaft als Steuerstundungsmodell im Bereich der Kapitaleinkünfte
Leitsatz (redaktionell)
1. § 15b EStG ist verfassungsgemäß. Insbesondere ist die Vorschrift bezogen auf das Tatbestandsmerkmal einer „modellhaften Gestaltung” hinreichend bestimmt; dieser Begriff wird in § 15b Abs. 2 EStG legal definiert und ist einer Auslegung zugänglich.
2. Die in § 15b EStG vorgesehene eingeschränkte Verlustverrechnung gilt gem. § 20 Abs. 2b S. 1 EStG in der Fassung des JStG 2007 vom 13.12.2006 (BGBl 2006 I S. 2878) auch für sämtliche Kapitaleinkünfte, und zwar erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2006 (§ 52 Abs. 37d EStG i. d. F. des JStG 2007). Die zeitliche Anwendungsregelung des § 52 Abs. 37d EStG i. d. F. des JStG 2007 bewirkt eine sog. unechte Rückwirkung und keine verfassungsrechtlich unzulässige echte Rückwirkung; das gilt auch dann, wenn sich der Steuerpflichtige schon vor dem Veranlagungszeitraum 2006 (im Streitfall: 20.12.2005) an einem Steuerstundungsmodell im Zusammenhang mit Kapitaleinkünften beteiligt hat (im Streitfall: Erwerb einer „Asset Link Note”).
3. Eine modellhafte Gestaltung i. S. d. § 15b EStG liegt vor, wenn eine von einem Anbieter/Initiator abstrakt entwickelte Investitionskonzeption für Interessierte am Markt zur Verfügung steht, auf die der Investor/Anleger „nur” noch zugreifen muss, nicht hingegen, wenn der Investor/Anleger eine von ihm selbst oder dem in seinem Auftrag – nicht aber im Auftrag eines Anbieters/Initiators – tätigen Berater entwickelte oder modifizierte und individuell angepasste Investition umsetzt (vgl. Rspr. zum Begriff des „vorgefertigten Konzepts” i. S. d. § 15b Abs. 2 S. 2 EStG). Bei Erwerb einer „Asset Link Note” spricht es für ein vorgefertigtes Konzept, wenn der Erwerb einer Schuldverschreibung mit befristeter Laufzeit und die Aufnahme eines Darlehens mit identischer Laufzeit zum Erwerb von derselben Bank angeboten werden und die Anleihebedingungen für den Erwerb der Schuldverschreibungen und die Darlehensverträge zur 100%-igen Fremdfinanzierung des Erwerbs so aufeinander abgestimmt sind, dass bezogen auf den Anlagebetrag ein höchstmöglicher, sich bei der Besteuerung des Anlegers zu Beginn der Investition auswirkender Verlust erzielt werden kann, der zum Ende des Investitionszeitraums zumindest wieder ausgeglichen wird.
Normenkette
EStG 2006 § 15b Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 2 Sätze 1-2, Abs. 3, 4 S. 1, § 20 Abs. 2b S. 1, § 36 Abs. 1, § 52 Abs. 37d; GG Art. 20 Abs. 3, 19, 4; AO § 38
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtstreits.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Feststellung eines verrechenbaren Verlustes gemäß § 15b Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Die Beigeladene, die X GmbH & Co KG i.L., ist eine Fondsgesellschaft, die am 12. August 2005 von der YC-GmbH als Komplementärin und Herrn Z. als geschäftsführendem Kommanditisten gegründet wurde. Die Komplementärin ist weder am Kapital noch am Gewinn oder Verlust der KG beteiligt. Der Gesellschaftsvertrag wurde am 30. September 2005 geändert. Zu diesem Zeitpunkt ist die YA GmbH als Treuhandkommanditistin der Beigeladenen beigetreten. Insgesamt waren im Streitjahr 2006 521 Personen an der Beigeladenen beteiligt.
Dem Beteiligungsfonds der Beigeladenen lag folgendes Konzept zu Grunde: Die Anleger beteiligten sich zunächst mittelbar über die YA GmbH an der KG. Jeder Anleger konnte später seine eigene Eintragung als Kommanditist in das Handelsregister beantragen, frühestens jedoch mit Wirkung zum 1. Januar 2006. Die Beigeladene erwarb von der Y Bank eine emitierte Asset Link Note. Die Asset Link Note stellt eine Schuldverschreibung mit einem festen, jährlich zahlbaren Zins dar mit einer zusätzlichen variablen Bonusverzinsung, die am Ende der Laufzeit vergütet wird.
Die Anleger hatten die Möglichkeit, ihre Beteiligung an der Beigeladenen und damit mittelbar ihren Anteil an der Asset Link Note über die Aufnahme eines Darlehens fremd zu finanzieren. Für die Gewährung entsprechender Darlehen lag ein verbindliches Angebot der Y Bank vor. Der einzelne Anleger konnte, wenn er sich hierfür entschied, mit der Unterzeichnung eines dem Beteiligungsprospekt beiliegenden Darlehensvertrags dieses Angebot annehmen. Das Darlehen diente der Finanzierung der Kapitaleinlage und damit mittelbar der Beteiligung am Nominalbetrag der Asset Link Note. Das Darlehen umfasste ein Disagio von 5 % und optional Zinszahlungen, die in den Jahren 2006 bis 2011 fällig waren und nicht mit den auf die Asset Link Note zu zahlenden Zinsen gedeckt waren.
Das Fondsangebot richtete sic...